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Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.10.1977, Az.: 4 StR 404/77

Verurteilung wegen Diebstahl; Betreten eines Juweliergeschäfts zwecks Wegnahme eines Ringes; Aufgabe des Diebstahlsentschlusses

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
06.10.1977
Aktenzeichen
4 StR 404/77
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1977, 12683
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Bielefeld - 17.02.1977

Verfahrensgegenstand

Diebstahl

Prozessgegner

Fotograf Klaus-Peter P. aus M. Landkreis H., geboren am ... 1941 in W.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 6. Oktober 1977,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Mayr,
die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Dr. Spiegel, Albrecht, Mayer, Zipfel, Dr. Knoblich als beisitzende Richter,
Staatsanwalt ... in der Verhandlung,
Bundesanwältin ... bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellter ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Bielefeld vom 17. Februar 1977 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Angeklagte im Fall II 2 der Urteilsgründe (versuchter Diebstahl zum Nachteil des Juweliergeschäfts Schrader) freigesprochen worden ist.

In diesem Umfang wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Von dem Vorwurf, sich in weiteren 15 Fällen des Diebstahls oder des versuchten Diebstahls schuldig gemacht zu haben, hat es ihn freigesprochen. Die Revision der Staatsanwaltschaft, die vom Generalbundesanwalt vertreten wird, beanstandet mit der Sachbeschwerde den Freispruch im Fall II 2 der Urteilsgründe (versuchter Diebstahl zum Nachteil des Juweliergeschäfts Schrader in Hannover).

2

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

3

Die Ansicht des Landgerichts, das Stadium des strafbaren Versuchs sei noch nicht erreicht gewesen, als der Angeklagte nach seinem Vorbringen den Diebstahlsentschluß aufgab, hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

4

Es kann offen bleiben, ob die Meinung des Landgerichts zutrifft, das Betreten des Juweliergeschäfts in der Absicht, dort einen Ring zu entwenden, sei noch nicht als Diebstahlsversuch zu werten. Es kann auch dahinstehen, ob die Annahme des Landgerichts, dem Angeklagten sei nicht zu widerlegen, daß er den Diebstahlsentschluß aufgegeben habe, mit dem festgestellten Sachverhalt vereinbar ist. Bedenken könnten sich insoweit immerhin daraus ergeben, daß der Angeklagte die angeblichen Kaufverhandlungen etwa eine Viertelstunde bis zum Eintreffen der Polizei fortgeführt hat. Nach den Urteilsfeststellungen hat er die Ausführung des beabsichtigten Diebstahls allenfalls erst zu einem Zeitpunkt aufgegeben, als das Versuchsstadium bereits erreicht war. Die Feststellungen legen auch die Annahme nahe, daß er von dem Diebstahlsversuch nicht freiwillig zurückgetreten ist.

5

1.

Das Landgericht ist zu dem Ergebnis gelangt, es sei nicht auszuschließen, daß der Angeklagte den Diebstahlsentschluß "sofort aufgab", als er bemerkte, daß die Verkäuferin, die ihn als den gesuchten Trickdieb erkannt hatte, ihn hinzuhalten versuchte. Nach den Feststellungen vermutete die Verkäuferin "insbesondere auf Grund der Erklärung des Angeklagten, er sei Zahnarzt und wolle für seine Mutter ein Schmuckstück kaufen", in ihm diesen Trickdieb und war deshalb bestrebt, ihn bis zum Eintreffen der Polizei, die der Geschäftsinhaber auf ihre Mitteilung hin benachrichtigt hatte, hinzuhalten. Der Angeklagte hat demnach nicht unmittelbar nach dem Eintreten in das Geschäft die Tatausführung aufgegeben, sondern frühestens nachdem er die genannte Erklärung abgegeben hatte. Damit hat er die Tat aber bereits versucht.

6

Nach § 22 StGB fallen in das Versuchsstadium die Handlungen, mit denen der Täter "nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt". Ein noch nicht tatbestandsmäßiges Verhalten ist danach in den Bereich des Versuchs einbezogen, wenn es nach der Vorstellung des Täters der Verwirklichung eines Tatbestandsmerkmals unmittelbar vorgelagert ist, in die tatbestandliche Ausführungshandlung unmittelbar einmündet (BGHSt 26, 201, 202, 203). Das ist hier der Fall. Mit seinem Auftreten als Kunde und der Erklärung, er sei Zahnarzt und wolle für seine Mutter ein Schmuckstück kaufen, wollte der Angeklagte - wie beim vorangegangenen Schmuckdiebstahl - bewirken, daß ihm für den Diebstahl geeignet erscheinende Schmuckstücke vorgelegt würden. Damit hat er aber subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht es los" überschritten und objektiv zur Tatausführung angesetzt, denn sein Tun sollte ohne weitere Zwischenakte in die Tatbestandsverwirklichung, die Wegnahme eines dieser Schmuckstücke, übergehen (vgl. BGH a.a.O., 203, 204).

7

2.

Ob ein strafbefreiender Rücktritt von diesem Diebstahlsversuch vorliegt, bedarf näherer Prüfung. Nach den Urteilsfeststellungen liegt die Annahme nahe, daß der Angeklagte die weitere Tatausführung nur deshalb aufgegeben hat, weil er bemerkt hatte, daß man ihn hinzuhalten versuchte, und nun der Meinung war, die Tatausführung sei nicht mehr möglich. In diesem Fall liegt ein freiwilliger Rücktritt vom Versuch nicht vor (vgl. Dreher 37. Aufl. § 24 StGB Rdn. 6 und die dort angegebenen Rechtsprechungsnachweise).

8

Das Urteil muß deshalb aufgehoben werden, soweit der Angeklagte im Fall II 2 der Urteilsgründe freigesprochen worden ist.

Mayr
Spiegel
Mayer
Zipfel
Knoblich