Bundesgerichtshof
Urt. v. 15.10.1975, Az.: VIII ZR 62/74
Voraussetzungen für die Duldung der Zwangsvollstreckung in einen Gesellschaftsanteil ; Anforderungen an die Geltendmachung eines Wertersatzanspruches; Anforderungen an die Auslegung eines Pachtvertrages
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 15.10.1975
- Aktenzeichen
- VIII ZR 62/74
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1975, 12920
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Düsseldorf - 24.01.1974
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DB 1976, 673-674 (Volltext)
- MDR 1976, 221 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Gesellschaft für V. und M. mbH in M., W. Straße ...,
gesetzlich vertreten durch ihre Geschäftsführer, den Kaufmann Ernst R. in S., M.straße ... und den Ingenieur (grad.) Werner S. in M., G.
Prozessgegner
Rechtsanwalt Wolf Dieter K. in H., L.straße ...
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage der Gläubigeranfechtung der Ausübung eines Optionsrechts oder eines Drittbenennungsrechts.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 15. Oktober 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Haidinger und
die Richter Claßen, Braxmaier, Hoffmann und Wolf
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Januar 1974 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
Der Kläger hatte gegen die Firma Hugo S. T. S. GmbH (künftig Schuldnerin) am 4. August 1971 ein Urteil des Arbeitsgerichts Oberhausen auf Zahlung von 21.714,32 DM nebst Zinsen erstritten, am 13. Juli 1972 ein Versäumnisurteil über 4.560 DM nebst Zinsen und am 16. Oktober 1972 einen Kostenfestsetzungsbeschluß über 1.217 DM erwirkt. Da die Schuldnerin zahlungsunfähig und am 24. September 1971 aufgrund des Gesetzes über die Auflösung und Löschung von Gesellschaften und Genossenschaften vom 9. Oktober 1934 im Handelsregister gelöscht worden war, nimmt der Kläger die Beklagte aufgrund des Anfechtungsgesetzes in Anspruch.
Der Kläger stützt die Anfechtungsklage auf folgenden Sachverhalt:
Die Gesellschafter der L. & W. KG (künftig KG) machten am 23. August 1961 der Firma M. M. K. GmbH (künftig M.), die damals zum S.-Konzern gehörte, ein unwiderrufliches Angebot auf Abtretung der Gesellschafteranteile der KG, das bis zum 30. September 1971 angenommen werden konnte. In dieser Urkunde heißt es u.a.:
"§ 1
Die Veräußerer treten mit Wirkung vom 1. Oktober 1971 alle Rechte, welche ihnen als Gesellschaftern der L. & W. KG zustehen, an die Erwerberin oder an von ihr bezeichnete Dritte ab und übertragen ihre Mitgliedschaft an der Kommanditgesellschaft auf diese.
Die Abtretung dieser Rechte wird wirksam, wenn
1.
die Annahmeerklärung des Angebotes bis zum 30.9.1971 erklärt ist und2.
der heute gleichzeitig abgeschlossene Mietvertrag von beiden Parteien erfüllt ist und3.
die in § 2 in Verbindung mit § 3 vereinbarte Vergütung gezahlt ist ..."
Die Vergütung für die Gesellschafteranteile betrug 600.000 DM und war durch eine Wertsicherungsklausel gesichert.
Mit Vertrag vom gleichen Tage verpachtete die KG vier Grundstücke mit Gebäuden und Einrichtung der Firma S. P. GmbH (künftig P. GmbH), ebenfalls einer Gesellschaft des S.-Konzern, für jährlich 250.000 DM bis 30. September 1971. Falls der Vertrag nicht ein Jahr vor Ende der Pachtzeit gekündigt wurde, sollte er sich jeweils um zwei Jahre verlängern. Die P. GmbH durfte den vorhandenen Waren- und Materialbestand der KG übernehmen und verpflichtete sich, die von der KG abgeschlossenen und noch nicht abgewickelten Werk- und Werklieferungsverträge zu erfüllen.
Nachdem die M. aus dem S.-Konzern ausgeschieden war, wurde am 18. April 1966 zwischen ihr und der zum S.-Konzern gehörenden Schuldnerin folgende Vereinbarung getroffen:
"... Die M. M. K. GmbH verpflichtet sich ohne weitere Gegenleistung, das in Abschrift beigefügte Angebot der Gesellschafter der L. & W. KG, M., vom 23. August 1961 dann mit Wirkung für von ihr zu bezeichnende Dritte anzunehmen, wenn die Hugo S. T.-S. GmbH ihr mitteilt, zu welchem Zeitpunkt und mit Wirkung für welche Dritte die Annahme erklärt werden soll. Die M. übernimmt keinerlei Gewährleistung für Bestand, Umfang und Durchsetzbarkeit der sich aus dem Angebot vom 23.8.1961 ergebenden Rechte.
Die Vergütijng an die Gesellschafter der Lauf-B. & W. KG ist von dem oder den zu benennenden Dritten zu leisten.
Die Hugo S. T. GmbH stellt die M. von allen Kosten, Steuern und sonstigen Aufwendungen frei, die sich aus dieser Vereinbarung und ihrer Durchführung ergeben.
Die M. gibt der Hugo S. T. S. GmbH oder dem oder den vdn ihr bezeichneten Dritten alle erforderlichen Vollmachten, um die Rechte aus dem Angebot vom 23. August 1961 auf dem Rechtswege durchzusetzen."
Am 30. Januar 1970 wurde zwischen den Gesellschaftern der KG und der Schuldnerin vereinbart:
"...
1.
Der Erschienene zu 1) als persönlich haftender Gesellschafter und die übrigen unter 1 b) genannten und durch ihn vertretenen Gesellschafter haben das als Anlage I diesem Vertrag beigefügte Angebot der M. M. K. GmbH gemacht. Die M. hat ihre Rechte aus diesem Angebot in vollem Umfang an die Hugo S. T.-S. GmbH oder an von ihr zu benennende Dritte abgetreten, wie sich aus der dieser Verhandlung als Anlage II beigefügten Erklärung in Verbindung mit dem ebenfalls beigefügten Schiffsregisterauszug (Anlage III) ergibt.2.
Die Beteiligten machen das als Anlage I beigefügte Angebot vom 23.8.1961 durch Verlesen zum Gegenstand dieses Vertrages und sind darüber einig, daß sich das Endgehalt im Sinne des § 3 des Angebots aus dem Grundgehalt, dem Ortszuschlag und dem Weihnachtsgeld zusammensetzt. ..."
Die Schuldnerin richtete am 17. Februar 1971 an die M. folgendes Schreiben:
"... Wir nehmen Bezug auf die am 18. April 1966 zwischen der M. M. K. GmbH und uns getroffene Vereinbarung, nach der Sie sich verpflichten, mit Wirkung für von uns zu benennende Dritte ein Vertragsangebot der L. & W. KG vom 23. August 1961 anzunehmen.
Die im Angebot vom 23. August 1961 aufgeführten Gesellschaftsrechte werden zum 1. Oktober 1971 übernommen von der Hugo S. P. M. GmbH ... und Herrn Wolfgang M. ...
Der Entwurf eines von Ihnen an die Firma L. & W. KG zu Händen Herrn Hans W. ... zu richtenden Einschreibens gegen Rückschein liegt an."
Das im Entwurf beigefügte Einschreiben hat folgenden Wortlaut:
"... Wir nehmen Bezug auf die Vereinbarung vom 30. Januar 1970 (UR-Nr. 65/70, Notar Sch.).
Hiermit nehmen wir Ihr Vertragsangebot vom 30.1.1970 an mit Wirkung für
1.
Hugo S. P. M. GmbH...,2.
Herrn Wolfgang M."
Die M. nahm am 14. Mai 1971 das Vertragsangebot der Gesellschafter der KG vom 23. August 1961 mit Wirkung für und auf Rechnung der Firma Hugo S. P. M. GmbH (künftig M. GmbH) und Wolfgang M. an. Die M. GmbH, deren Firma im Sommer 1971 geändert wurde, ist mit der Beklagten identisch. Diese zahlte 1.116.081,80 DM an die Gesellschafter der KG für deren Gesellschaftsanteile. Am 4. Oktober 1971 wurde die Beklagte als persönlich haftende Gesellschafterin der KG im Handelsregister eingetragen. Seit 18. Februar 1971 ist die Firma S.-S. GmbH persönlich haftende Gesellschafterin der M. GmbH bzw. der Beklagten.
Der Kläger beantragte,
die Beklagte zu verurteilen, wegen eines Betrages von 26.274,32 DM nebst 9,5 % Zinsen von 2.000 DM ab 30.4.1971, 8 % Zinsen von 3.000 DM ab 31.5.1971, 8 % Zinsen von 5.500 DM ab 30.6.1971 und 8 % Zinsen von 4.560 DM ab 30.8.1971, sowie wegen eines weiteren Betrages von 1.217 DM die Zwangsvollstreckung der Klägerin in das Auseinandersetzungsguthaben zu dulden, das der Beklagten als der persönlich haftenden Gesellschafterin an der Firma L. & W. KG, M. und E., M., bei Auflösung dieser Gesellschaft zukommt, hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, an ihn die im Hauptantrag genannten Beträge zu zahlen.
Die Beklagte begehrte Klagabweisung. Das Landgericht wies die Klage ab. In der Berufungsinstanz ermäßigte der Kläger die Klage um 15.000 DM, weil er diesen Betrag am 26. März 1973 aus dem Konkursverfahren der Firma Hugo S. I. und H. GmbH erhalten hatte, und verzichtete gegenüber der Beklagten auf den Anspruch aus dem Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 13. Juli 1972 in Höhe von 4.560 DM. Er beantragte nunmehr,
die Beklagte zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in ihren Anteil als persönlich haftender Gesellschafterin der Firma L. & W. KG, M. und E. in M. wegen eines Betrages von 21.714, 32 (26.274, 32 ./. 4.560 DM) nebst 9,5 % Zinsen von 2.000 DM ab 30. April 1971, 8 % Zinsen von 3.000 DM ab 31. Mai 1971 und 8 % Zinsen von 5.500 DM ab 30. Juni 1971 - abzüglich am 26. März 1973 erhaltener 15.000 DM -, ferner wegen 1.217 DM zu dulden,
hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, wegen der im Hauptantrag bezeichneten Beträge die Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Kommanditgesellschaft in der Firma L. & KG
zu dulden,
weiter hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, wegen der im Hauptantrag genannten Beträge die Zwangsvollstreckung in das Auseinandersetzungsguthaben zu dulden, das der Beklagten als der persönlich haftenden Gesellschafterin an der Firma L. & W. KG bei Auflösung mit dieser Gesellschaft zukommt,
äußerst hilfsweise,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn die im jetzigen Hauptantrag aufgeführten Beträge zu zahlen,
im Falle seines Unterliegens die Revision zuzulassen und ihm zu gestatten, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung auch in Form einer Bankbürgschaft abzuwenden.
Das Berufungsgericht verurteilte die Beklagte an den Kläger zu zahlen:
- 1.
nach Maßgabe des rechtskräftigen Urteils des Arbeitsgerichtes Oberhausen vom 4. August 1971 - 1 Ca 499/71 -, u.a. erlassen gegen die Firma Hugo S. T.-Schiffahrt GmbH i.L., einen Betrag von 21.714 DM mit 9,5 % Zinsen von 2.000 DM seit dem 30. April 1971, 8 % Zinsen von 3.000 DM seit dem 31. Mai 1971 und 8 % Zinsen von 5.500 DM seit dem 30. Juni 1971, abzüglich der am 26. März 1973 erhaltenen 15.000 DM;
- 2.
nach Maßgabe des unanfechtbaren Kostenfestsetzungsbeschlusses des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 16. Oktober 1972 - 1 Ca 499/71 -, gleichfalls erlassen gegen die Firma Hugo S. T.-S. GmbH, einen Betrag von 1.217 DM.
Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht ist rechtsirrtumsfrei davon ausgegangen, daß der Kläger nicht Duldung der Zwangsvollstreckung in den Gesellschaftsanteil der Beklagten an der KG bzw. in deren Vermögen bzw. in das der Beklagten bei Auflösung der KG zukommende Auseinandersetzungsguthaben beanspruchen, sondern lediglich einen Wertersatzanspruch geltend machen kann. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
II.
Die Revision rügt in erster Linie, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, stellten der Pachtvertrag der KG mit der P. GmbH vom 23. August 1961 und das Angebot der Gesellschafter der KG an die M. vom gleichen Tage eine rechtliche Einheit dar. Bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise hätten sowohl die Rechte aus dem Pachtvertrag wie aus dem Angebot dem S.-Konzern bzw. der P. GmbH zugestanden. Eine Anfechtung gegenüber der Beklagten komme daher nicht in Betracht. Diese Rüge ist unbegründet.
1.
Der Revision ist zwar zuzugeben, daß der Pachtvertrag vom 23. August 1961 und das Angebot der Gesellschafter der KG vom gleichen Tage in wirtschaftlichem Zusammenhang standen. Das erlaubt aber nicht die Schlußfolgerung, das der M. gemachte Angebot habe in Wirklichkeit dem S.-Konzern bzw. der Persönlich GmbH zugestanden. Denn die P. GmbH und die MaK waren selbständige juristische Personen, auch wenn beide dem S.-Konzern angehörten.
2.
Die von der Revision angeführten Umstände rechtfertigen keine andere Beurteilung.
a)
Daraus, daß die P. GmbH den Waren- und Materialbestand der KG übernehmen durfte und sich verpflichtete, die noch nicht abgewickelten Werk- und Werklieferungsverträge der KG zu erfüllen, ergibt sich nichts dafür, daß auch das Angebot der Gesellschafter der KG dem S.-Konzern bzw. der P. GmbH zugute kommen sollte. Daß die M. GmbH am 10. Juni 1968 dem Pachtvertrag beitrat, läßt keinen Schluß auf den Willen der Vertragschließenden im Jahre 1961 zu.
b)
Der Umstand, daß die Erfüllung des Pachtvertrages Voraussetzung für eine Annahme des Angebots war, macht zwar den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Pachtvertrag und Angebot deutlich, erlaubt indessen nicht die Folgerung, daß es sich bei Pachtvertrag und Angebot um eine rechtliche Einheit handelte.
c)
Das läßt sich auch nicht daraus schließen, daß im Jahre 1961 sowohl die B. GmbH wie die M. dem S.-Konzern angehörten. Es mag sein, daß die am Pachtvertrag und am Angebot Beteiligten wirtschaftlich gesehen die S. Pächterin und Angebotsempfängerin betrachteten. Das rechtfertigt es aber nicht, die rechtliche Selbständigkeit der Persönlich GmbH und der M. die rechtlich von Weisungen der "Konzernspitze" unabhängig waren, deshalb unberücksichtigt zu lassen, weil der mit dem Pachtvertrag und dem Angebot erstrebte Erfolg möglicherweise dem Konzern zugute kommen sollte. Nicht ersichtlich ist, inwiefern die in Aussicht genommene Abtretung einer Eigentümergrundschuld an den Grundstücken der KG an die M. für die rechtliche Einheit von Pachtvertrag und Angebot sprechen soll.
d)
Es bedarf keiner Erörterung, inwieweit im Anfechtungsgesetz eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten ist. Denn über die rechtliche Selbständigkeit Juristischer Personen kann grundsätzlich auch im Rahmen des Anfechtungsgesetzes nicht hinweggegangen werden.
e)
Es kann schließlich auch dahingestellt bleiben, ob die im Jahre 1961 gewählte Vertragsgestaltung vor allem steuerliche Gründe hatte. Denn die Vertragschließenden konnten die gewünschten Steuervorteile nur dann erreichen, wenn die Aufspaltung des Vertragswerks gewollt war.
III.
Die Revision beanstandet nicht, daß nach Ansicht des Berufungsgerichts die Gesellschafter der KG mit ihrem Angebot vom 23. August 1961 der M. ein Optionsrecht eingeräumt hatten, daß die M. also durch Annahme des Angebots die Übertragung der Gesellschafteranteile der KG erreichen konnte. Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen insoweit auch einen Rechtsirrtum nicht erkennen.
1.
Die Revision wendet sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die M. habe durch die Vereinbarung vom 18. April 1966 bzw. diejenige vom 30. Januar 1970 ihr Optionsrecht der Schuldnerin übertragen. Sie meint, das Optionsrecht sei der M. verblieben, der Schuldnerin sei lediglich ein Benennungsrecht eingeräumt worden.
2.
Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob die Schuldnerin aufgrund der ihr übertragenen Option oder aufgrund des ihr mit Vertrag vom 18. April 1966 eingeräumten Benennungsrechts die Gesellschafteranteile der KG der Beklagten "zuschob". Denn es können nicht nur Verfügungen im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs angefochten werden. Nach §§ 1 und 3 Abs. 1 Nr. 1 AnfG sind Rechtshandlungen des Schuldners anfechtbar, also Willenserklärungen und geschäftsähnliche Handlungen (Böhle/Stamschräder, AnfG 3. Aufl. § 1 Anm. 11). Eine unentgeltliche Verfügung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG muß ebenfalls nicht eine Verfügung im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs sein. Der Zweckgedanke des § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG (Schutz des Gläubigers gegen unentgeltliche Vermögensentäußerungen des Schuldners) erfordert eine weitgehende Ausdeutung des Begriffs der unentgeltlichen Zuwendung (Böhle/Stamschräder, a.a.O. § 3 Anm. III 1). So können beispielsweise sogar das Unterlassen eines Widerspruchs gegen einen Zahlungsbefehl, die Nichtunterbrechung einer Verjährung, einer Ersitzung oder einer Ausschlußfrist nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG anfechtbar sein (Jaeger, Die Gläubigeranfechtung 2. Aufl. § 3 Anm. 47).
IV.
Eine Rechtshandlung oder eine unentgeltliche Zuwendung des Schuldners begründet indessen einen Rückgewähranspruch bzw. einen Wertersatzanspruch nur dann und nur insoweit, als ein Gläubiger beeinträchtigt wird, also dessen Befriedigung vereitetelt oder erschwert wird. Die Benachteiligung eines Gläubigers im Sinne einer Minderung der Befriedigungsmöglichkeit ist ein objektives Merkmal jedes Anfechtungstatbestandes (Jaeger, a.a.O. § 1 Anm. 53).
1.
Hier hätte die Schuldnerin das Benennungsrecht verwerten können.
a)
Denn es handelte sich nicht um ein unveräußerliches Recht. Die M. hatte der Schuldnerin ohne jede Einschränkung das Recht eingeräumt, ihr den Erwerber der Gesellschafteranteile der KG zu benennen, und sich verpflichtet, der Weisung der Schuldnerin zu folgen. Der M. war es also gleichgültig, wer die Gesellschafteranteile der KG erwarb. Dann muß aber angenommen werden, daß die Schuldnerin das Recht, der M. den Erwerber der Gesellschafteranteile der KG zu benennen, auch veräußern konnte.
b)
Tat sie das nicht, sondern schob die Gesellschafteranteile der KG der Beklagten zu, so wurden dadurch ihre Gläubiger benachteiligt. Denn das Benennungsrecht stellte einen erheblichen Vermögenswert dar. Obwohl allein der Grundbesitz der KG 2 bis 2,5 Mio DM wert war, zahlte die Beklagte für die Gesellschafteranteile der KG nur 1.116.081,80 DM.
2.
Eine Benachteiligung eines Gläubigers liegt auch dann vor, wenn dieser zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts noch nicht Gläubiger war, indessen später benachteiligt wird (BGH Urt. v. 28. September 1964 - VIII ZR 21/61 = WM 1964, 1166 = LM AnfG § 3 Nr. 11). Der Kläger ist daher auch hinsichtlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 10. Juni 1972 durch die Benennung der Beklagten als Erwerberin der Gesellschafteranteile benachteiligt.
V.
Ob, wie das Berufungsgericht gemeint hat, die Schuldnerin rechtlich befugt war, sich selbst als Erwerberin der Gesellschafteranteile der KG zu benennen, ist unerheblich. In jedem Fall konnte sie das Benennungsrecht verwerten. Daher kann die Benennung der Beklagten als Erwerberin der Gesellschafteranteile der KG eine anfechtbare unentgeltliche Verfügung wie eine anfechtbare Rechtshandlung der Schuldnerin darstellen.
1.
Ob eine Anfechtung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 AnfG begründet ist, kann dahingestellt bleiben.
2.
Denn das Berufungsgericht hat jedenfalls in seiner Hilfserwägung zu Recht angenommen, daß eine Anfechtung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1 begründet ist.
a)
Es ist nicht erforderlich, daß die Gläubigerbenachteiligung das ausschließliche Motiv des Handelns des Schuldners ist. Es genügt, daß der Schuldner die Benachteiligung als mutmaßliche Folge seines Handelns erkannt und gebilligt hat (Böhle/Stamschräder, a.a.O. § 3 Anm. I, 5) und daß der andere Teil dies gewußt hat.
b)
Davon ist das Berufungsgericht rechtsirrtumsfrei ausgegangen und hat zutreffend ausgeführt, daß der Geschäftsführer der Schuldnerin die Absicht gehabt hatte, deren Gläubiger zu benachteiligen, und daß die Beklagte von der Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin Kenntnis hatte.
Entgegen der Ansicht der Revision ist die Benachteiligungsabsicht nicht deshalb zu verneinen, weil die Schuldnerin lediglich Treuhänderin für den S.-Konzern gewesen sei und den Weisungen des Konzerns habe nachkommen müssen. Auch dann, wenn die Schuldnerin, eine selbständige juristische Person, das Benennungsrecht auf Weisung der "Konzernspitze" ausübte, hatte sie die Benachteiligung der Gläubiger als wahrscheinliche Folge ihres Handelns erkannt und gebilligt.
Daß, wie die Revision meint, die Lage der Gläubiger der Schuldnerin die gleiche gewesen wäre, wenn diese nicht die Beklagte als Erwerberin der Gesellschafteranteile benannt hätte, ist unzutreffend. Wie dargelegt wurde, hätte nämlich die Schuldnerin das Benennungsrecht verwerten und unter den gegebenen Umständen einen erheblichen Erlös erzielen können.
c)
Das Berufungsgericht hat auch darin recht, daß eine sog. kongruente Deckung auch dann zu verneinen ist, wenn die Schuldnerin mit der Zuwendung der Gesellschafteranteile an die Beklagte Verbindlichkeiten gegenüber der Firma S.-S. GmbH tilgte. Denn weder die Firma S.-S. GmbH noch die Beklagte hatten einen Anspruch auf deren Benennung als Erwerberin. Insoweit erhebt auch die Revision keine Rüge.
VI.
Das Berufungsgericht hat gemeint, es brauche nicht berücksichtigt zu werden, daß die Beklagte für den Erwerb der Gesellschafteranteile 1.116.081,80 DM gezahlt hatte, weil es sich um einen Wertersatzanspruch handle. Das ist zweifelhaft. Auch nach Auffassung des Berufungsgerichts hätte bei einer Rückgewähr in Natur der Beklagten eine Vorwegbefriedigung wegen ihrer Zahlung an die Gesellschafter der KG gestattet werden müssen. Denn der Anfechtungsgegner hat nur das zurückzugewähren, was er aus dem Schuldnervermögen erlangt hat. Dem Berufungsgericht ist jedoch jedenfalls deshalb beizupflichten, weil die aufgrund der anfechtbaren Rechtshandlung erlangten Gesellschafteranteile der KG weit mehr wert sind als die Zahlung der Beklagten mit 1.116.081,80 DM zuzüglich des geltend gemachten Wertersatzanspruches.
VII.
Die Revision war mithin mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Claßen
Braxmaier
Hoffmann
Wolf