Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.09.1975, Az.: VI ZR 62/73
Verjährung von Ansprüchen aus unerlaubter Handlung; Zeitpunkt der erforderlichen Kenntnis für den Beginn einer Verjährungsfrist; Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung über die zeitweise Nichtgeltendmachung einer Schadensersatzforderung ; Verschulden von Erfüllungsgehilfen; Art und Umfang von Sorgfaltspflichten im Rahmen von Schweissarbeiten
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 23.09.1975
- Aktenzeichen
- VI ZR 62/73
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1975, 11404
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 11.01.1973
Rechtsgrundlagen
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Über die Anforderungen an die für § 852 maßgebende Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen.
- 2.
Zu den vertraglichen Nebenpflichten eines Werkunternehmers gehört, bei Ausführung gefährlicher Arbeiten die hierbei erforderliche Sorgfalt zu beachten. Diese ist bei Schweißarbeiten an Rohrleitungen verletzt, wenn verabsäumt wird, brennbare Isolierstoffe aus dem Gefahrenbereich zu entfernen.
- 3.
Brandverhütungsvorschriften sind der Niederschlag langer Erfahrungen von Fachleuten; die darin geforderten Schutzmaßnahmen dürfen nicht nach Gutdünken durch andere, als ausreichend angesehene Vorkehrungen ersetzt werden.
- 4.
Vertragliche Ansprüche verjähren, soweit nichts anderes bestimmt ist, unabhängig von der Verjährung konkurrierender Ansprüche erst in 30 Jahren; das gilt auch für Schadenersatzansprüche aus positiver Vertragsverletzung.
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Weber und
die Richter Dunz, Dr. Steffen, Dr. Kullmann und Dr. Ankermann
für Recht erkannt:
Tenor:
- I.
Die Revision des klagenden Landes gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München mit dem Sitz in Augsburg vom 11. Januar 1973 wird zurückgewiesen, soweit die Klage sich gegen den Erstbeklagten richtet.
- II.
Im übrigen wird auf die Revision das genannte Urteil aufgehoben.
- III.
Die dem Erstbeklagten erwachsenen außergerichtlichen Kosten sämtlicher Rechtszüge fallen dem klagenden Land zur Last.
- IV.
Im Umfang der Aufhebung wird der Rechtsstreit, auch zur Entscheidung über die Kosten im übrigen, zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Das klagende Land beauftragte im Juni 1967 die Zweitbeklagte mit dem Einbau automatischer Regleranlagen für die Zentralheizung im Schloßgebäude von Marktoberdorf. Diese benannte den bei ihr angestellten Ingenieur S. zur Entgegennahme von Anordnungen des Bauherren (§ 4 Nr. 1 Abs. 3 VOB [B]). Sie ließ die Arbeiten im September/Oktober 1967 durchführen. Unmittelbar nach deren Beendigung am Nachmittag des 5. Oktober 1967 bat der Regierungsoberinspektor B. vom Landbauamt Kempten den Ingenieur S., noch einen Trichter in die Überlaufleitung der Heizungsanlage im oberen Dachgeschoß des Schloßgebäudes einbauen zu lassen. S. sagte zu und wies den bei der Zweitbeklagten beschäftigten Heizungsmonteur G., den Erstbeklagten, an, zusammen mit dem Hilfsarbeiter H. diese Arbeiten durchzuführen. G. und H. schnitten das Heizungsrohr 50 cm über dem Holzfußboden des oberen Dachgeschosses ab und entfernten die aus sog. Seidenzopf und einer sog. Kupferfolienumhüllung bestehende Isolierung bis zum Fußboden. In die so freiliegende Isolierung gossen sie Wasser, stellten einen Eimer Wasser und zwei Handfeuerlöscher bereit und befeuchteten den Boden um das Heizungsrohr. Dann begannen sie den Trichter auf das Rohrstück autogen aufzuschweißen. Dabei fielen Schweißfunken in die Isolierung. Von den Arbeitern zunächst unbemerkt entstand so ein Glimmbrand des Seidenzopfes im unteren Bereich des Dachbodens, der die Kupferfolie zündete. Diese ging in Flammen auf und setzte Teile des Dachgeschosses in Brand.
Das klagende Land hat den entstandenen Schaden zuletzt auf 944.470,10 DM beziffert. Davon macht es, nachdem es im ersten Rechtszug noch Zahlung von 356.680,23 DM und Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für allen weiteren Schaden verlangt hatte, jetzt noch einen Teilbetrag von 200.000 DM geltend. Nach seiner Ansicht hat der Erstbeklagte den Brand infolge Nichtbeachtung der Brandverhütungsvorschriften fahrlässig verursacht. Die Zweitbeklagte habe für die Handlungsweise des Erstbeklagten, der ihr Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe gewesen sei, einzustehen.
Die Beklagten haben geltend gemacht, Ansprüche aus unerlaubter Handlung seien bei Klageerhebung im Dezember 1970 verjährt gewesen, weil der damalige Vertreter des klagenden Landes, der Regierungsdirektor Dr. D. von der zuständigen Bezirksfinanzdirektion, sich schon Anfang Oktober 1967 sicher gewesen sei, daß der Brand auf die von den Arbeitern der Zweitbeklagten ausgeführten Schweißarbeiten zurückzuführen sei. Sie bestreiten ferner ein Verschulden des Erstbeklagten an der Entstehung des Brandes. Die Zweitbeklagte hat darüber hinaus vertragliche Beziehungen zu dem klagenden Land in Abrede genommen und dazu bestritten, daß Ingenieur S. bevollmächtigt gewesen sei, den zusätzlichen Auftrag zum Anschweißen des Trichters in ihrem Namen anzunehmen.
Landgericht und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt das klagende Land seine Schadensersatzansprüche gegen beide Beklagte weiter.
Entscheidungsgründe
1.
Zur Haftung des Erstbeklagten
I.
Das Berufungsgericht hat etwaige Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen beide Beklagte als verjährt angesehen, weil Dr. D. als Vertreter des klagenden Landes schon Anfang Oktober 1967 Kenntnis vom Schaden und der Person der Ersatzpflichtigen gehabt habe. Dr. D. habe schon am 6. Oktober 1967 am Brandort erfahren, daß die Brandursache vermutlich auf Schweißarbeiten im Dachgeschoß zurückzuführen sei und daß die Kriminalpolizei Ermittlungen gegen die beiden mit der Durchführung der Schweißarbeiten beauftragt gewesenen Arbeiter eingeleitet habe. Anhaltspunkte für eine sonstige Brandursache hätten nicht vorgelegen. Schon am 9. Oktober 1967 habe Dr. D. die Zweitbeklagte aufgesucht, um sich über die Größe ihres Betriebes und ihre Leistungsfähigkeit zu unterrichten und die Höhe des Versicherungsschutzes zu klären. Die Namen der beteiligten Arbeiter hätte er dabei ohne Schwierigkeiten erfahren können. Der Lauf der Verjährungsfrist sei nicht durch vertragliche Vereinbarungen gehemmt worden; die Beklagten handelten nicht arglistig, wenn sie Verjährung einwendeten; das klagende Land sei nicht in den Glauben versetzt worden; daß die Beklagten die Einrede der Verjährung nicht erheben würden.
II.
Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
1.
Das Berufungsgericht hat nicht übersehen, daß der Geschädigte erst dann die für den Beginn der Verjährungsfrist erforderliche Kenntnis von der Person des Ersatzpflichtigen hat, wenn ihm Tatsachen bekannt werden, die auf den Schädiger und auf ein schuldhaftes Verhalten hinweisen. Diese Kenntnis braucht sich aber nicht auf alle Einzelheiten der schädigenden Tat erstrecken; sie muß so weit gehen, daß der Geschädigte in der Lage ist, eine Schadensersatzklage erfolgversprechend zu begründen (BGHZ 6, 195, 202; Senatsurteil v.6. November 1973 - VI ZR 199/71 - VersR 1974, 197, 198 m.w.Nachw.). Daher genügt es, wenn er so viel an Tatsachen erfahren hat, daß ihm die Erhebung der Klage mit hinreichender Erfolgsaussicht zuzumuten ist. Hinsichtlich der Person des Ersatzpflichtigen genügt es grundsätzlich, wenn der Geschädigte Umstände kennt, die ohne nennenswerte Mühe zur Feststellung von Namen und Adresse des Schädigers führen (Senatsurteil vom 29. Mai 1973 - VI ZR 68/72 - VersR 73, 841 = NJW 73, 1496 m.w.Nachw.).
2.
Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht angenommen, Dr. D. habe sich die Überzeugung aufdrängen müssen und aufgedrängt, daß der Brand durch Schweißarbeiten der Zweitbeklagten hervorgerufen worden war. Daran hat von Anfang an keiner der Beteiligten gezweifelt, obwohl das eigentliche Feuer im unteren Dachboden ausgebrochen war. Es gab keinen Hinweis auf eine andere Brandursache. Dann liegt aber der Schluß des Berufungsgerichts auf die Kenntnis des Dr. D. von den wesentlichen Umständen, wie es zu dem Brand gekommen war, und auf die in Frage kommenden ersatzpflichtigen Personen im Bereich möglicher tatrichterlicher Würdigung. Ob den beim Schweißen beschäftigt gewesenen beiden Arbeitern letztlich ein Verschulden am Ausbruch des Brandes nachzuweisen sein werde, berührte die in § 852 BGB vorausgesetzte Kenntnis nicht; denn der Beginn der Verjährung hängt nicht davon ab, ob der anzustrengende Prozeß mehr oder weniger risikolos erscheint (BGHZ 6, 195, 202; Senatsurteil vom 28. November 1972 - VI ZR 126/71 - VersR 73, 232). Dem Zusammenhang der Urteilsgründe ist zu entnehmen, daß das Berufungsgericht davon überzeugt ist, Dr. D. habe alle wesentlichen Umstände alsbald nach dem Brandausbruch gekannt. Daß noch Gutachten zur Sicherung und Untermauerung der Einzelheiten des Brandausbruches ausstanden, ist für die Kenntnis i. S. von § 852 BGB ohne Belang.
Ohne Rechtsirrtum und in möglicher tatrichterlicher Würdigung des vorprozessualen Schriftwechsels hat das Berufungsgericht ferner das Zustandekommen einer vertraglichen Vereinbarung über die zeitweise Nichtgeltendmachung der Schadensersatzforderung (sog. pactum de non petendo), die den Verjährungsablauf gehemmt haben könnte, verneint. Ihm ist auch darin zuzustimmen, daß die Beklagten das klagende Land nicht durch ihr Verhalten in den Glauben versetzt haben, sie würden auf die Einrede der Verjährung verzichten, so daß das klagende Land sich nicht auf Arglist der Beklagten berufen kann. Da der Erstbeklagte allenfalls aus unerlaubter Handlung haftet, ist mithin die gegen ihn gerichtete Klage zu Recht wegen des Eintritts der Verjährung abgewiesen.
2.
Zur Haftung der Zweitbeklagten
I.
Das Berufungsgericht verneint auch einen Anspruch gegen die Zweitbeklagte wegen schuldhafter Vertragsverletzung. Es würdigt das Vorbringen der Parteien und das Beweisergebnis zwar dahin, Ingenieur S. sei bevollmächtigt gewesen, im Rahmen des Gesamtauftrages den kleinen Zusatzauftrag zum Einschweißen des Trichters für die Zweitbeklagte anzunehmen, so daß ein Werkvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen ist. Es meint indessen, ein Verschulden von Erfüllungsgehilfen der Zweitbeklagten, wozu außer dem Erstbeklagten auch Ingenieur S. und der Hilfsarbeiter H. gehören könnten, liege nicht vor. Diese hätten allerdings objektiv die Vorschriften der Bayerischen Landesverordnung über die Verhütung von Bränden vom 21. April 1961 (BayGVOBl 1961 S. 136) verletzt, wonach bei Schweißarbeiten an Rohrleitungen brennbare Umhüllungen und Wärmeisolierungen aus dem Gefahrenkreis entfernt werden müßten, ebenso leicht entzündbare Stoffe, welche die zu bearbeitenden Metallteile berühren, in einem Umkreis von 3 m von der Schweißstelle. Sie hätten jedoch auch bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht mit dem Vorhandensein der besonders brandgefährlichen sog. Kupferfolie als Isolierung der Heizungsrohre rechnen müssen. Ohne die nicht erkennbare Brandgefährlichkeit der Kupferfolie hätte nur ein Glimmbrand der Seidenzopfisolierung entstehen können, der mit den vorhandenen Löschmitteln leicht hätte gelöscht werden können.
II.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten, wie die Revision mit Recht rügt, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Vielmehr fällt nach den Feststellungen im angefochtenen Urteil mindestens dem Erstbeklagten bei der Verursachung des Brandes Fahrlässigkeit zur Last.
1.
Ohne Rechtsirrtum hat das Berufungsgericht das Zustandekommen eines Werkvertrages zwischen dem klagenden Lande und der Zweitbeklagten angenommen. Die dagegen noch in der Revisionserwiderung aufrechterhaltenen Bedenken der Zweitbeklagten sind unbegründet.
a)
Das Berufungsgericht hat aus dem Gesamtinhalt der Verhandlung die Überzeugung gewonnen, Ing. S. sei bevollmächtigt gewesen, im Rahmen des ursprünglichen Auftrages den hier in Rede stehenden "kleinen Zusatzauf trag" für die Zweitbeklagte anzunehmen. Es hat sich dabei auch damit auseinandergesetzt, daß dieser Zusatzauftrag keinen unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem Einbau der Regleranlagen hatte und daß es sich um risikobehaftete Schweißarbeiten handelte. Was die Zweitbeklagte dagegen vorbringt, bewegt sich auf dem ihr verschlossenen Gebiet tatrichterlicher Würdigung. Das gilt auch für die Erwägung, die Schweißarbeiten könnten eine bloße (außervertragliche) Gefälligkeitsleistung gewesen sein.
b)
Soweit die Zweitbeklagte auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen verweist, die für zusätzliche Aufträge Schriftform vorschreiben und Haftungsausschlüsse sowie Haftungsbegrenzungen enthalten, hat sie nicht dargetan, daß diese Inhalt des Werkvertrages der Parteien geworden sind. Die Zweitbeklagte hat sich nur auf sog. "Regieberichte", d.h. Arbeits- und Stundennachweise über frühere Arbeiten im Auftrag des klagenden Landes bezogen, die am unteren Formularrand einen Hinweis auf Allgemeine Geschäftsbedingungen enthalten.
Durch ihre bloße Erwähnung in den Regieberichten konnten diese indessen nicht zum Bestandteil künftiger Verträge werden.
2.
Der Erstbeklagte hat bei den Schweißarbeiten die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen (§ 276 Abs. 1 Satz 2 BGB) und so eine vertragliche Nebenpflicht des Werkvertrages verletzt.
a)
Art und Umfang der Sorgfaltspflichten ergaben sich für ihn im wesentlichen aus den Brandverhütungsvorschriften, wie sie in der Bayerischen Landesverordnung für die Verhütung von Bränden niedergelegt sind. Gegen diese Vorschriften hat er verstoßen, wie das Berufungsgericht nicht verkennt. Schweißarbeiten dürfen danach nur ausgeführt werden, wenn ausreichende Maßnahmen gegen die Entzündung brennbarer Stoffe getroffen sind. Dazu gehört bei Schweißarbeiten an Rohrleitungen die Entfernung brennbarer Isolierungen aus dem Gefahrenbereich. Die Isolierung des Rohres, an dem der Erstbeklagte zu schweißen hatte, lag jedoch in einem Abstand von etwa 50 cm von der Schweißstelle am Holzfußboden offen und konnte von Schweißfunken und Schweißperlen getroffen werden. Das verstieß gegen die Vorschriften und brachte die Gefahr mit sich, daß wegspritzende Schweißfunken in die Isolierung fallen und diese entzünden konnten. Der Erstbeklagte selbst hatte die Möglichkeit, daß dadurch ein Glimmbrand des Seidenzopfes entstehen konnte, nicht ausgeschlossen. Solche Glimm- oder Schwelbrände können besonders tückisch und gefährlich sein, weil sie mitunter nicht alsbald nach ihrer Entstehung entdeckt werden, sich unbemerkt weiterfressen und dann erfahrungsgemäß zum unvermuteten Ausbruch eines offenen Brandes an unüberwachten und ungesicherten Stellen führen können. Der Erstbeklagte hätte mithin alles tun müssen, um die Entzündung des Seidenzopfes zu verhindern. Er hätte die Rohrisolierung entweder durch den Bretterboden hindurch noch weiter in den unteren Dachbodenbereich entfernen müssen oder sie, etwa mit einem nassen Tuch, so abdecken müssen, daß sie nicht von Schweißfunken oder -perlen getroffen werden konnte. Eine erwatzweise ausreichende Brandverhütungsmaßnahme stellte es nicht dar, daß er zwei Feuerlöscher und Löschwasser bereitgestellt und in die mit dem Fußboden abschließende freigelegte Isolierung etwa 1 Liter Wasser hineingegossen hatte. Das war keine Sicherung gegen die Entstehung eines Brandes in der Isolierung, weil winzige und kaum sichtbare Schweißfunken trotzdem durch Lücken in der wenn auch angefeuchteten Seidenzopfisolierung durchfallen und die Isolierungsmasse nebst der sog. Kupferfolienummantelung entzünden konnten, wie es auch tatsächlich geschehen ist. Brandverhütungsvorschriften sind der Niederschlag langer Erfahrungen von Fachleuten. Sie dürfen nicht nach Gutdünken von einem schweißenden Arbeiter durch andere, von ihm als ausreichend angesehene Maßnahmen ersetzt werden, etwa weil die Befolgung der Vorschriften technische Schwierigkeiten bereiten könnte. Gerade Schweißarbeiten sind wegen der außerordentlich hohen Temperaturen und des in seinem Ausmaß nicht voraussehbaren Verspritzens kaum sichtbarer Schweißperlen und Schweißfunken besonders gefährlich; deshalb müssen die einschlägigen Sicherungsvorschriften streng befolgt werden.
b)
Den Erstbeklagten vermag es nicht entlasten, daß er die leichte Entflammbarkeit der Kupferfolie, die als Ummantelung der Seidenzopfisolierung diente, nicht kannte und nach seinen Erfahrungen meinte, er werde eines etwaigen Glimmbrandes des Seidenzopfes ohne weiteres Herr werden können. Es kommt für seine zivilrechtliche Haftung nicht darauf an, ob gerade er nach seinen besonderen persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten in der Lage war, die konkrete Brandgefahr abzuschätzen. Maßgebend ist vielmehr, was von einem Schweißer objektiv an Sorgfalt erwartet werden kann und muß; die Beobachtung der üblichen Sorgfalt reicht nicht (BGHZ 8, 138, 140). Das ist zu allererst die Kenntnis und Beachtung der Brandverhütungsvorschriften. Ihre Außerachtlassung stellt bereits eine vorwerfbare Verletzung der konkreten Sorgfaltspflicht dar und begründet in der Regel für sich allein den Vorwurf der Fahrlässigkeit. Daß die Unterlassung vorgeschriebener Sicherungsmaßnahmen zur Entstehung eines Brandes führen kann, ist voraussehbar, und die Ersetzung dieser vorgeschriebenen Maßnahmen durch andere, subjektiv für ausreichend gehaltene, schließt die Voraussehbarkeit nicht aus. Fahrlässigkeit setzt nur die Fähigkeit voraus, bei Anspannung der im Verkehr erforderlichen Aufmerksamkeit Gründe und Anlaß der Sorgfaltspflichten zu erkennen und sein Verhalten nach dieser Einsicht zu bestimmen. Damit muß nur die Pflichtensituation als solche erkennbar sein, nicht aber die konkrete Schädigungsart oder gar etwa die Schadenshöhe. Deswegen ist es ohne Belang, wie der Erstbeklagte die (ihm bis dahin unbekannte) leichte Entflammbarkeit der vorgefundenen Isolierung einschätzte, selbst wenn diese für einen Fachmann überraschend gewesen sein sollte. Gerade die Fremdheit des vorgefundenen Materials, noch dazu bei Arbeiten auf einem besonders brandgefährdeten Holzdachboden eines alten Gebäudes, legte die strikte Befolgung der Brandverhütungsvorschriften nahe.
c)
Die vom Erstbeklagten nicht erkannte leichte Entflammbarkeit der sog. Kupferfolie rechtfertigt es auch nicht, den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen seiner Handlung und dem Brandausbruch zu verneinen. Die Entstehung eines (nicht mit den vom Erstbeklagten für ausreichend gehaltenen Mitteln zu erstickenden) Brandes lag keineswegs außerhalb jeder Voraussehbarkeit. Eher handelt es sich um den typischen Verlauf eines Brandes aufgrund fahrlässig ausgeführter Schweißarbeiten.
3.
Der Schadenseratzanspruch des klagenden Landes wegen schuldhafter Vertragsverletzung unterliegt entgegen der von der Zweitbeklagten in der Revisionsverhandlung vertretenen Ansicht nicht deshalb der kurzen Verjährungsfrist des § 852 BGB, weil der Sachverhalt gleichzeitig einen Anspruch aus unerlaubter Handlung rechtfertigen könnte. Vertragliche Ansprüche verjähren, soweit nichts anderes bestimmt ist, unabhängig von der Verjährung konkurrierender Ansprüche aus unerlaubter Handlung erst in 30 Jahren; das gilt auch für den hier gegebenen Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung für (entfernte) Mangelfolgeschaden (vgl. u.a. BGHZ 46, 238, 239). Die durch den Abschluß eines Vertrages hergestellte besondere Beziehung zwischen den Vertragspartnern rechtfertigt für sich allein schon eine unterschiedliche Behandlung der Rechtsfolgen (einschließlich der Bemessung der Verjährungsfristen) von Ansprüchen aus Verletzung der Vertragspflichten gegenüber den für unerlaubte Handlungen geltenden Rechtsfolgen, bei denen diese Beziehung vor dem Eingriff in die Sphäre des Verletzten fehlt. Die hier und da im neueren Schrifttum vertretene abweichende Ansicht (vgl. Arens AcP 1970, 392, 401 m.w.Nachw.) gibt dem Senat keine Veranlassung, von der insoweit gefestigten Rechtsprechung abzugehen.
III.
Mithin ist die Zweitbeklagte, die für den Erstbeklagten nach § 278 BGB einzustehen hat, wegen fahrlässiger Verletzung ihrer Sorgfaltspflichten aus dem Werkvertrag dem klagenden Land zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Eine abschließende Entscheidung über die geltendgemachte Teilforderung kann der Senat jedoch derzeit nicht treffen. Das Berufungsgericht hat, von seinem Standpunkt aus mit Recht, bisher nicht geprüft, ob das klagende Land sich ein Mitverschulden seiner Bediensteten an dem Ausbruch des Brandes entgegenhalten lassen muß, wie die Zweitbeklagte meint. Die Entscheidung darüber, ob deren Vorbringen zu diesem Punkt die Schadensersatzansprüche des klagenden Landes mindern könnte, bleibt zweckmäßigerweise dem Tatrichter überlassen. In der erneuten Verhandlung wird das klagende Land auch Gelegenheit haben klarzustellen, in welcher Reihenfolge es die einzelnen Schadensposten zur Ausfüllung der Teilklage geltend machen will.
Richter Dunz
Richter Dr. Steffen
Richter Dr. Kullmann
Richter Dr. Ankermann