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Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.07.1975, Az.: II ZR 154/72

Umfang des Auskunftsanspruchs eines Pflichtteilsberechtigten; Anforderungen an die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft durch in einer Gütergemeinschaft lebende Ehegatten; Voraussetzungen für die Begründung von Vorbehaltsgut

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
10.07.1975
Aktenzeichen
II ZR 154/72
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1975, 12488
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 24.11.1971
LG München I - 04.03.1971

Fundstellen

  • BGHZ 65, 79 - 86
  • DB 1975, 1643-1646 (Volltext mit amtl. LS)
  • DNotZ 1976, 113-116
  • GmbHR 1976, 112 (amtl. Leitsatz)
  • JR 1975, 509
  • JZ 1975, 671-675 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1975, 908-911 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1975, 1774-1778 (Volltext mit amtl. LS) "keine unbeschränkte Pflicht des Erben zur Vorlage von Geschäftsbilanzen"
  • NJW 1975, 2191 (amtl. Leitsatz) "keine unbeschränkte Pflicht zur Vorlage von Geschäftsbilanzen"

Prozessführer

Marta Pf., M., Gr.

Prozessgegner

Georg Pf., Ho.-K., A. d. Ro.

Amtlicher Leitsatz

In Gütergemeinschaft lebende Ehegatten können unter sich eine offene Handelsgesellschaft rechtswirksam nur durch Begründung von Vorbehaltsgut errichten.

Zum Umfang des Auskunftsanspruchs des Pflichtteilsberechtigten, wenn zum Nachlaß ein Handelsgeschäft gehört.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Stimpel und
die Richter Dr. Schulze, Fleck, Dr. Bauer und Dr. Skibbe
für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 24. November 1971 wird auf die Revision der Beklagten - unter Zurückweisung ihres Rechtsmittels im übrigen - aufgehoben, soweit ihre Berufung gemäß Ziff. I der Urteilsformel zurückgewiesen und sie gemäß Ziff. III mit den Kosten des Berufungsverfahrens belastet worden ist.

Auf die Berufung der Beklagten wird Ziff. I der Formel des Urteils der 11. Zivilkammer des Landgerichts München I vom 4. März 1971 abgeändert: Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnungen der Firma Alexander Pf. in M. für die Geschäftsjahre 1962/63 bis 1966/67 nebst den dazugehörenden Geschäftsbüchern und Belegen zur Einsicht vorzulegen und die Einsichtnahme in diese Unterlagen und deren Prüfung durch einen öffentlich beeidigten Wirtschaftsprüfer zu gestatten. Soweit die Beklagte in Ziff. I des Teilurteils des Landgerichts in weiterem Umfange verurteilt worden ist, wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Tatbestand

1

Der Kläger und sein Bruder Richard Pf. sind die Kinder aus erster Ehe des am ... 1968 verstorbenen Kaufmanns Alexander Pf.. In dritter Ehe von 1948 bis zu seinem Tod war der Erblasser mit der Beklagten verheiratet. Im Jahre 1958 hatten die Eheleute Gütergemeinschaft vereinbart; gleichzeitig hatten sie sich erbvertraglich gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Am 1. Oktober 1964 schlossen sie ferner einen privatschriftlichen Vertrag zur Gründung einer offenen Handelsgesellschaft, wonach die Beklagte in die vom Erblasser seit 1949 betriebene Fischgroßhandlung Alexander Pf. als persönlich haftende Gesellschafterin eintrat. Es wurde vereinbart, daß der Erblasser am Gewinn und Verlust mit 51 % beteiligt war, die Beklagte, die "ihr bisheriges Darlehn in Höhe von 85.000 DM als Kapitaleinlage einbrachte", mit 49 %. Beim Tod eines Gesellschafters sollte die Gesellschaft nicht aufgelöst, sondern vom verbleibenden Gesellschafter als Einzelfirma fortgeführt werden (Ziffer 7 des Gesellschaftsvertrags). Dazu war in Ziffer 9 des Vertrags weiter bestimmt:

"Scheidet ein Gesellschafter durch Tod aus, so geht sein Kapitalguthaben in vorweggenommener Erbfolge an den verbleibenden Gesellschafter über. Eine Auszahlung an die Erben erfolgt nicht. Auch ... sind weder stille Reserven noch ein Geschäftswert anzusetzen."

2

Nach dem Tod des Erblassers hat der Kläger gegenüber der Beklagten einen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend gemacht und hierzu über den Bestand des Nachlasses Auskunft verlangt. Die Beklagte hat im Verlauf des Rechtsstreits ein notarielles Verzeichnis der Nachlaßgegenstände aufgestellt und weitere Auskünfte erteilt. Außerdem hat sie Bilanzen der Firma Pf. zum 30. September 1967 und 31. August 1968 und einen Firmenstatus zum ... 1968 vorgelegt sowie dem vom Kläger beauftragten Wirtschaftsprüfer Dr. Kr. Gelegenheit gegeben, den Status per ... 1968 zu prüfen. Dem Wirtschaftsprüfer wurden außer den genannten Bilanzen Buchführung und Belege für die Zeit vom 1. Oktober 1967 bis 31. August 1968 zur Verfügung gestellt.

3

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - auch die Vorlage der Firmenbilanzen und sonstigen Unterlagen für die Zeit vor dem 30. September 1967 verlangt. Er vertritt die Ansicht, daß Ziff. 9 des Gesellschaftsvertrages - abgesehen von der Unwirksamkeit des Vertrages insgesamt - nichtig sei, zumindest aber eine gemäß § 2325 BGB ausgleichspflichtige Schenkung enthalte. Daher falle der hälftige Wert des Gesellschaftsunternehmens einschließlich der stillen Reserven und des Firmenwerts in den Nachlaß. Zu deren Feststellung sei aber die Vorlage auch der früheren Bilanzen und Unterlagen erforderlich. Ferner müsse der Geschäftswert festgestellt werden, den die Firma im Jahre 1958 gehabt habe; denn die damalige Vereinbarung der Gütergemeinschaft, durch die die Beklagte zur Hälfte an der Firma beteiligt worden sei, stelle ebenfalls eine gemäß § 2325 BGB ausgleichspflichtige Schenkung dar. Schließlich sei die Einsichtnahme in die früheren Unterlagen zur Klärung erforderlich, ob die Beklagte die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Einlage von 85.000 DM tatsächlich erbracht habe, sowie zur Feststellung, worauf die unterschiedliche Entwicklung der Kapitalkonten des Erblassers und der Beklagten zurückzuführen sei.

4

Landgericht und Oberlandesgericht haben die Beklagte antragsgemäß verurteilt, dem Kläger die Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen und Umsatzzahlen einschließlich der Geschäftsbücher und verkehrsüblichen Originalbelege

  1. a)

    der Firma des Einzelkaufmanns Alexander Pf.,

  2. b)

    der Firma Alexander Pf. oHG für die Geschäftsjahre 1964 bis zum 30. September 1967

5

zur Einsicht vorzulegen und die Einsichtnahme in diese Unterlagen und deren Prüfung durch einen öffentlich beeidigten Wirtschaftsprüfer zu gestatten.

6

Mit der Revision, die der Kläger zurückzuweisen beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag weiter, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

I.

Beide Vorinstanzen nehmen an, daß bei der Berechnung der Pflichtteilsansprüche des Klägers der Anteil des Erblassers am Vermögen der Firma Pf. zum vollen Wert, einschließlich stiller Reserven und Firmenwert, zu berücksichtigen sei; dies gelte trotz Ziff. 7 und 9 des Gesellschaftsvertrags, wonach beim Tode eines Gesellschafters das Geschäft auf den Überlebenden übergehen und Abfindungsansprüche der Erben ausgeschlossen oder zumindest auf das nach den Buchwerten berechnete Kapitalguthaben beschränkt sein sollten. Nach der Auffassung des Landgerichts enthält die in Ziff. 9 vereinbarte Abfindungsbeschränkung eine Schenkung zugunsten der Beklagten, die gemäß § 2325 BGB einen Pflichtteilsergänzungsanspruch begründe. Demgegenüber hält das Berufungsgericht die Abfindungsvereinbarung für unwirksam, da sie nicht Abfindungsansprüche des Gesellschafter-Erben gegen die Gesellschaft und die Mitgesellschafter beschränke - was in einem Gesellschaftsvertrag geregelt werden könne -, sondern gegen den Gesellschafter-Erben gerichtete Pflichtteilsansprüche.

8

Dem Ergebnis des Landgerichts und Oberlandesgerichts, daß der Anteil des Erblassers am Geschäftsvermögen einschließlich stiller Reserven und goodwill wertmäßig zum Nachlaß Alexander Pf. zu rechnen und daher bei der Bemessung des Pflichtteilsanspruchs des Klägers zu berücksichtigen ist, ist zuzustimmen. Dies ist aber bereits eine Auswirkung des güterrechtlichen Tatbestandes, auf den die Vorinstanzen nicht eingegangen sind.

9

1.

Durch den Abschluß des Gütergemeinschaftsvertrages im Jahre 1958 wurde das Vermögen der Eheleute Pf. - abgesehen von einigen hier nicht interessierenden Gegenständen, die zu Vorbehaltsgut erklärt worden sind - eheliches Gesamtgut. Dies gilt auch für das bis dahin vom Ehemann allein betriebene Handelsgeschäft. Dieses wurde zwar zunächst weiterhin auf den Namen des Ehemannes geführt, dem nach dem Ehevertrag die Verwaltung des Gesamtgutes zustand. Dennoch wurden die Geschäfte kraft zwingenden Rechts - wie jede im eigenen Namen des Gesamtgutverwalters vorgenommene Handlung - mit Wirkung für die Gütergemeinschaft erledigt; das vorhandene und später erworbene Geschäftsvermögen gehörte zum Gesamtgut (§ 1416 BGB).

10

2.

Ob der im Jahre 1964 zur Fortführung des Handelsgeschäfts in einer offenen Handelsgesellschaft von den Eheleuten abgeschlossene Gesellschaftsvertrag an diesem Zustand etwas geändert hat, stößt - weil der Vertrag nur in einfacher Schriftform niedergelegt worden ist - auf eine Anzahl von Rechtsfragen, die im Schrifttum umstritten sind.

11

Ein solcher Vertrag zielt in der Regel - und gerade im vorliegenden Fall muß das angenommen werden - darauf ab, das Geschäft in jeder Hinsicht aus der Gütergemeinschaft herauszulösen: Die zum Gesamtgut gehörenden und später zu erwerbenden Vermögensgegenstände sollen fortan in eine weitere von den Ehegatten zu bildende Gesamthandsgemeinschaft einfließen, die Anteile an dieser - in Abweichung von § 1416 BGB - jedem von ihnen allein zustehen; und in bezug auf dieses Sondervermögen sollen die Rechtsbeziehungen der Ehegatten untereinander und nach außen hin den Regeln der §§ 105 ff HGB und des Gesellschaftsvertrages unterworfen werden, also nicht mehr den Vorschriften der §§ 1416 ff BGB und des Ehevertrages unterliegen. Ein solches Ergebnis käme der Bildung von Vorbehaltsgut gleich. Zu Vorbehaltsgut können aber Vermögensgegenstände der Ehegatten nach den zwingenden Vorschriften der §§ 1415, 1418 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur durch Ehevertrag, d.h. zur Niederschrift eines Notars unter gleichzeitiger Anwesenheit beider Ehegatten erklärt werden (§ 1410 BGB). Die Beklagte und Alexander Pf. haben aber nur einen privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen. Dieser ist daher nichtig (§ 125 BGB).

12

3.

Der formlos geschlossene Gesellschaftsvertrag läßt sich auch nicht in anderer Weise mit den Vorschriften über die Gütergemeinschaft in Einklang bringen.

13

Im Schrifttum wird allerdings die Ansicht vertreten, in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten könnten auch ohne ehevertragliche Vereinbarung von Vorbehaltsgut - und infolgedessen formlos - unter sich eine offene Handelsgesellschaft begründen. Das sei - so wird teilweise angenommen - in der Weise möglich, daß das in die Gesellschaft eingebrachte oder anderweit erworbene Vermögen unmittelbar oder mittelbar zum Gesamtgut gehöre (Gildemeister, ZHR 54 (1904), 99, 110 ff und 141 f; Düringer/Hachenburg/Geiler, HGB 3. Aufl. Bd. I Allg. Einleitung Anm. 86; Daimer, BayNotV 1924, 85, 89; Gernhuber, Familienrecht 2. Aufl. § 38 II 6, S. 401 vor Fn. 1; Soergel/Gaul, BGB 10. Aufl. § 1416 Anm. 6). Zum Teil nimmt man an, die Gesellschaftsanteile würden Sondergut der Ehegatten (Mü-Fr. in E. für Ma. Bd. II S. 357, 379; Beck, DNotZ 1962, 348, 349; Würdinger in RGRK z. HGB, 2. Aufl. Vorbem. 34 vor § 1; Brüggemann in Großkomm. HGB 3. Aufl. Vorbem. 35 vor § 1). Keiner dieser Auffassungen vermag sich jedoch der Senat anzuschließen.

14

a)

Zu einer (in dem Rechtsverkehr eingetretenen) offenen Handelsgesellschaft gehört, weil sie Außengesellschaft ist, unter gemeinschaftlicher Firma betrieben wird, Rechtsgeschäfte in ihrem Namen abgeschlossen werden und Ansprüche hieraus für die Gesellschaft entstehen, notwendig ein Gesellschaftsvermögen, und zwar, wie sich aus zahlreichen Vorschriften des Gesetzes ergibt (§§ 718, 719, 720, 725, 730 ff BGB, 124 Abs. 2, 131, 144, 145 ff HGB, §§ 209 ff KO), ein gegenüber dem Privatvermögen der Gesellschafter verselbständigtes Sondervermögen. Eine unmittelbare Zugehörigkeit der Gegenstände des Handelsgeschäfts zu einem Gesellschaftsvermögen und zum Gesamtgut ist aber nicht möglich, denn ein und derselbe Gegenstand kann nicht zugleich zu mehreren Gesamthandsgemeinschaften gehören.

15

Ebensowenig kann man die formlose Begründung einer offenen Handelsgesellschaft damit rechtfertigen, daß die Gesellschaftsanteile Gesamtgut würden. Der voneinander getrennte Bestand von zwei selbständig bleibenden Mitgliedschaftsrechten (als dem Inbegriff aller Rechtsbeziehungen eines Gesellschafters zur Gesellschaft, zu deren Vermögen und zum Mitgesellschafter) im Gesamtgut, also innerhalb ein und desselben Vermögens, ist aus Rechtsgründen nicht möglich - nämlich wegen der zwangsläufigen Vereinigung aller zum Gesamtgut gehörenden Vermögensgegenstände. Die Rechtslage ist ähnlich, wie wenn eine Einzelperson sämtliche Anteile an einer Gesellschaft von deren Gesellschaftern erwirbt: Sämtliche zur Mitgliedschaft gehörenden Rechte, Pflichten, Ansprüche und Schulden vereinigen sich, und da es im Recht der Personengesellschaften eine "Ein-Mann-Gesellschaft" nicht gibt, hört die Gesellschaft als solche auf zu bestehen. Fallen in ein Gesamthandsvermögen sämtliche Anteile an einer Gesellschaft, ist es nicht anders: Es kommt zu einer "Verschmelzung durch Aufnahme", jene Gesellschaft erlischt. Aus denselben Gründen kann auch keine Gesellschaft entstehen, wenn zwei in Gütergemeinschaft lebende Eheleute keine selbständigen Mitgliedschaftsrechte begründen, die aus der gütergemeinschaftlichen Verbundenheit herausgelöst wären: Es könnte kein selbständiges Gesellschaftsvermögen gebildet werden, das Handelsgeschäft bliebe Gegenstand des Gesamtguts, und der "Gesellschaftsvertrag" wäre nur eine bloße Sonderregelung hinsichtlich des gütergemeinschaftlichen Handelsgeschäfts, die - soweit sie nicht nur dessen Verwaltung betrifft und insoweit ganz oder teilweise von § 1431 (oder § 1456) BGB gedeckt wäre -, im Widerspruch zum ehelichen Güterrecht stehen würde, ohne daß dafür eine ehevertragliche Grundlage vorhanden wäre.

16

b)

Die zweite Auffassung, nach der es zum Abschluß eines Gesellschaftsvertrages auf die Form des § 1410 BGB nicht ankommen soll, geht davon aus, die Anteile an einer offenen Handelsgesellschaft seien - wenn insoweit Vorbehaltsgut nicht vereinbart worden sei - Sondergut der beiden Ehegatten (RGZ 146, 282, 283/84; BGH, Urt. v. 6.3.52 - IV ZR 45/50, IV ZR 16/51 = LM BGB § 260 Nr. 1 Bl. 3 R; BGHZ 57, 123, 128). Für den Anteil eines Ehegatten an einer mit Dritten gebildeten Gesellschaft wird diese Ansicht teils nur mit der sich aus § 719 BGB ergebenden allgemeinen Unübertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen oder, zumal diese durch Zustimmung der Mitgesellschafter aufgehoben werden kann, damit begründet, daß die Gütergemeinschaft eine schlichte Gesamthandsgemeinschaft sei und als solche nicht als geschlossene Einheit selbständig am Rechtsverkehr teilnehmen könne (vgl. hierzu u.a. RGZ 123, 366, 369; Lutter, AcP 161, 163, 170 ff; Wiedemann, Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten pp S. 205 ff; Brüggemann a.a.O. Vorbem. 15 vor § 1; Fischer in Großkomm. HGB 3. Aufl. § 105 Anm. 25 f); Harry Westermann in Hdb. d. Personengesellschaften I Rn. 121; a.A. OLG Stuttgart, DRpfl. 1936, RSprBeil. Nr. 124; Daimer, BayNotV 1924, 85, 87; 1925, 52 ff; Kipp/Wolff, Familienrecht 7. Aufl. § 60 IV vor 1; Planck/Unzner, BGB 4. Aufl. § 1439 Anm. 6; Weipert in RGR Komm. z. HGB 2. Aufl. § 105 Anm. 25; Schlegelberger/Geßler, HGB 4. Aufl. § 105 Anm. 55 d); Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit S. 157 f; Staudinger/Felgentraeger, BGB 11. Aufl. § 1416 Anm. 12, § 1417 Anm. 34; Dolle, Familienrecht Bd. I § 67 III 8 vor Fn. 88; Soergel/Gaul a.a.O.; Gernhuber a.a.O. S. 400 Fn. 1). Mit beiden rechtlichen Gesichtspunkten läßt sich jedoch bei der reinen Ehegattengesellschaft die Entstehung von Sondergut nicht begründen. Da es hier nur um die Rechtsform geht, in der Ehegatten ein Handelsgeschäft betreiben, kommt § 719 BGB gar nicht zum Zuge. Die Vorschrift bezweckt nur, daß den Gesellschaftern ohne ihre Zustimmung keine fremde Person als Mitgesellschafter aufgedrängt wird, und der Gedanke der Unfähigkeit der Gütergemeinschaft zur Beteiligung an einer offenen Handelsgesellschaft ist hier gegenstandslos. Denn die Eheleute können, wie oben dargelegt, in ihrer gütergemeinschaftlichen Verbundenheit wegen der zwangsläufigen Vereinigung ihrer Mitgliedschaftsrechte im Gesamtgut gar nicht Träger von Anteilen einer nur aus ihnen selbst gebildeten Gesellschaft sein. Die Frage lautet daher lediglich, ob sie Sondergut auf die Weise zur Entstehung bringen und eine offene Handelsgesellschaft gründen können, daß sie in einem Gesellschaftsvertrag ausdrücklich oder schlüssig die Zugehörigkeit der Anteile zum Gesamtgut ausschließen. Das wäre aber nichts anderes als eine rechtsgeschäftliche Erklärung bestimmter Vermögensgegenstände zu Sondergut, die aus Rechtsgründen nicht zulässig ist; denn § 1417 BGB enthält einen Auffangtatbestand, nach dem nur kraft Gesetzes Vermögensgegenstände Sondergut werden können, nämlich solche, die nicht gemäß § 1418 BGB zu Vorbehaltsgut erklärt worden sind und deren Zugehörigkeit zum Gesamtgut aus vorrangigen rechtlichen Gründen ausnahmsweise nicht möglich ist (vgl. Lutter, AcP 161, 163, 167 unter Hinweis auf die Materialien zum BGB). Der Zwang zur Wahl, ein Handelsgeschäft entweder in Gütergemeinschaft oder in der Form einer offenen Handelsgesellschaft - dann aber durch Begründung von Vorbehaltsgut - zu betreiben, ist kein rechtlicher Grund in diesem Sinne. Der Senat stimmt daher im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes zu, der in zwei Entscheidungen die Begründung von Sondergut durch formlosen Gesellschaftsvertrag der Ehegatten ebenfalls nicht für möglich gehalten hat (BFHE 74, 400, 402/3 und BFHE 94, 165, 167).

17

4.

Die sich alsdann noch weiterhin ergebende Frage, ob eine von Eheleuten gewollte, aber unter Verstoß gegen § 1418 Abs. 2 Nr. 1 BGB errichtete offene Handelsgesellschaft von Anfang an nichtig ist oder bis zu ihrer Auflösung als fehlerhafte Gesellschaft Bestand hat, kann für die Entscheidung des vorliegenden Falles dahingestellt bleiben. Wäre die Gesellschaft von Anfang an nichtig gewesen, wäre das Handelsgeschäft Gegenstand des Gesamtgutes geblieben und für dessen Rechnung betrieben worden. Da der Anteil des Ehemannes am Gesamtgut mit seinem Tode in den Nachlaß fiel, wäre unter dieser Voraussetzung das Handelsgeschäft mittelbarer Bestandteil dieses Nachlasses und daher schon aus diesem Grunde bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruches, den der Kläger gegen die Beklagte als Alleinerbin hat, zu berücksichtigen.

18

Nimmt man dagegen an, die offene Handelsgesellschaft habe als fehlerhafte Gesellschaft Bestand gehabt, so wären doch jedenfalls Ziff. 7 und 9 des Gesellschaftsvertrages nicht anzuwenden. Die Abwicklung einer fehlerhaften - hier durch den Tod des Ehemannes Pf. aufgelösten - Gesellschaft vollzieht sich zwar grundsätzlich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen und deshalb in der Regel auch nach den Bestimmungen des abgeschlossenen Gesellschaftsvertrages. Der Gesellschaftsvertrag kann aber nicht angewandt werden, wenn und soweit ein Bedürfnis, die Gesellschaft nicht mit rückwirkender Kraft aus dem Rechtsleben zu streichen, für einzelne Bestimmungen nicht besteht und mit diesen Bestimmungen ein mit dem Gesellschaftsvertrag bezweckter Erfolg herbeigeführt werden würde, den das Gesetz, das bei Vertragsschluß nicht beachtet wurde, mißbilligt. Das ist hier der Fall, soweit gemäß Ziff. 7 und 9 das Geschäft beim Tode Alexander Pf. schon kraft Gesellschaftsvertrages auf die Beklagte übergehen sollte und Abfindungsansprüche ausgeschlossen worden waren. Denn bei Anerkennung dessen würde der die Gütergemeinschaft bestimmende Grundsatz der gleichmäßigen Beteiligung der Ehegatten am gemeinschaftlichen Vermögen über die Auflösung der Gesellschaft hinaus für die Zukunft und damit zu Lasten der Erben des benachteiligten Ehegatten durchbrochen, ohne daß dafür eine gesellschaftsrechtliche Notwendigkeit bestehen würde. Als Folge der danach zumindest anzunehmenden Unanwendbarkeit der Ziff. 7 und 9 würde somit bei Anerkennung einer fehlerhaften Gesellschaft im übrigen jedenfalls ein Auseinandersetzungsanspruch des Erblassers dem Nachlaß zuzurechnen sein; auf die Bewertung des Handelsgeschäfts käme es daher für die Ansprüche des Klägers auch in diesem Falle an.

19

II.

Damit stellt sich - da der Wert des Geschäftes einschließlich goodwill und stiller Reserven bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs des Klägers mitzuberücksichtigen ist - die weitere Frage, ob und inwieweit der Kläger aufgrund dessen gemäß § 2314 BGB die Vorlage der Geschäftsbilanzen und sonstigen Unterlagen verlangen kann.

20

1.

Wie das Reichsgericht und der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung entschieden haben, kann der gemäß § 2314 BGB Auskunftsberechtigte, sofern zum Nachlaß ein Unternehmen oder eine Unternehmensbeteiligung gehört, nicht nur Auskunft über den Wert des Unternehmens und der Unternehmensgegenstände verlangen, sondern er kann darüber hinaus die Vorlage der notwendigen Geschäftsunterlagen fordern, die ihn in den Stand setzen, die Ermittlung jener Werte selbst vorzunehmen. Zu den danach vorzulegenden Unterlagen gehören außer den Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen des Unternehmens (hieraus ergeben sich zugleich dessen Umsatzzahlen) die zugrundeliegenden Geschäftsbücher und Belege. Diese Unterlagen können, da für die Ermittlung des Geschäftswerts im allgemeinen die Ertragslage des Unternehmens in der Vergangenheit von Bedeutung ist, für einen länger zurückliegenden Zeitraum verlangt werden (RG WarnRspr. 1918 Nr. 229; 1933 Nr. 64; BGHZ 33, 373, 378; BGH LM BGB § 260 Nr. 1 Bl. 2/2 R; Urt. v. 21.12.64 - III ZR 226/62, FamRZ 1965, 135, 136; Urt. v. 30.10.74 - IV ZR 41/73, WM 1975, 28, 31).

21

2.

Gegenüber dem danach grundsätzlich bestehenden Vorlegungsanspruch hat die Beklagte eingewandt, mit der Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen beabsichtige der Kläger in Wirklichkeit gar nicht, sich die Grundlagen für die Ermittlung des Unternehmenswertes zu verschaffen; vielmehr gehe es ihm um die Ausforschung von Geschäftsgeheimnissen, um die Geschäftsbeziehungen der Firma an sich zu bringen oder das Unternehmen in der Hand der Beklagten zu zerstören. Dieser Einwand kann jedoch schon aus tatsächlichen Gründen keinen Erfolg haben. Dafür, daß der Kläger das Recht auf Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen mißbrauchen, insbesondere die gewonnenen Kenntnisse für eigene Wettbewerbszwecke ausnutzen oder sie in sonstiger Weise zum Schaden des Unternehmens verwenden werde - was zu einer Beschränkung oder zum Ausschluß des Vorlegungsanspruchs nach Treu und Glauben führen könnte (BGHZ 10, 385, 387; Urt. v. 15.12.69 - II ZR 82/68, LM VerlG § 6 Nr. 1 Abschn. III Bl. 2) -, hat die Beklagte nichts dargetan. Der Kläger ist weder Inhaber oder Angestellter eines Geschäfts, das mit dem Unternehmen der Beklagten in Wettbewerb steht, noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, daß er ein solches Geschäft zu eröffnen beabsichtigt. Die bloße Äußerung, er werde das Fischgeschäft, wenn er es nicht erbe, zugrunderichten, die der Kläger nach Angaben der Beklagten im Winter 1957/58 getan haben soll, und die damals bestehenden Streitigkeiten zwischen dem Kläger und seinem Vater sind keine stichhaltigen Anhaltspunkte für eine heute bestehende Befürchtung, der Kläger werde nunmehr die Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen zum Schaden des Unternehmens mißbrauchen.

22

3.

Weiter wendet sich die Beklagte gegen den zeitlichen und gegenständlichen Umfang der Klage und der darauf ergangenen Urteile der Vorinstanzen. Der Urteilsausspruch, "die Bilanzen nebst Gewinn- und Verlustrechnungen und Umsatzziffern einschließlich der Geschäftsbücher und der verkehrsüblichen Originalbelege zur Einsicht vorzulegen", sei zu unbestimmt und gehe zu weit; die Verurteilung habe auf die Vorlage derjenigen Unterlagen beschränkt werden müssen, die zur Bewertung des Pflichtteilsanspruchs erforderlich seien. Dieser Angriff ist zum Teil berechtigt.

23

a)

Auszugehen ist allerdings davon, daß bei einem Vorlegungsanspruch der vorliegenden Art der Klageantrag normalerweise nur sehr allgemein gehalten sein kann; denn der Pflichtteilsberechtigte ist regelmäßig nicht in der Lage, die vorzulegenden Geschäftsunterlagen, insbesondere die den Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen zugrundeliegenden Geschäftsbücher und Belege genau zu bezeichnen (vgl. BGH WM 1975, 31). Dem kann nicht mit der Revision entgegengehalten werden, ein spezifizierter Vorlegungsantrag lasse sich dadurch erreichen, daß der Pflichtteilsberechtigte gegen den Erben zunächst auf Auskunft über den Bestand der vorhandenen Bücher und Unterlagen klagt und erst nach dieser Auskunft die Vorlegung der angegebenen Urkunden verlangt. Daß die vorzulegenden Geschäftspapiere normalerweise nicht im einzelnen bezeichnet werden können, beruht nicht allein darauf, daß der Pflichtteilsberechtigte nicht weiß, welche Geschäftsbücher und Papiere vorhanden sind, was durch eine Auskunft der Erben geklärt werden könnte; für ihn ist darüber hinaus ungewiß, welche Geschäftsunterlagen für eine sachgerechte Prüfung der Bilanzen und der Ertragslage des Unternehmens jeweils erforderlich sind. Dies läßt sich nicht von vornherein und ganz allgemein sagen, sondern hängt im Einzelfall von der Art des jeweiligen Unternehmens ab, von dessen geschäftlicher Entwicklung, der im Unternehmen verfolgten Bilanzpolitik und nicht zuletzt auch von der gewählten Bewertungsmethode. Das sind jedoch Umstände, die sich erst im Verlauf der Prüfung der Geschäftsunterlagen ergeben oder auch - wie die Wahl der Bewertungsmethode - vom Sachverständigen abhängig sind.

24

b)

Gleichwohl ist der Revision recht zu geben, daß die Klage auf Vorlegung der Geschäftsunterlagen nicht völlig unbeschränkt erhoben werden kann, sondern sowohl in zeitlicher wie in gegenständlicher Hinsicht begrenzt sein muß.

25

aa)

Maßgebend für die zeitliche Begrenzung des Klageantrags muß der Zweck des Vorlegungsanspruchs sein. Dieser ist darauf gerichtet, dem Pflichtteilsberechtigten die tatsächlichen Grundlagen für die Ermittlung des Unternehmenswerts, insbesondere des Ertragswerts des Unternehmens zu verschaffen, wofür neben anderen Umständen die Ertragslage des Unternehmens in der Vergangenheit von Bedeutung ist. Freilich besteht im betriebswirtschaftlichen Schrifttum keine völlige Einigkeit darüber, wieviele und welche Geschäftsjahre der Vergangenheit insoweit zugrunde zu legen sind (vgl. die Angaben bei Schmitz-Herscheidt, Unternehmernachfolge in der OHG 1969, S. 19 f). Doch wird in der Bewertungspraxis im allgemeinen eine Zeitspanne von drei bis fünf Jahren als ausreichend angesehen (Schmalenbach/Bauer, Beteiligungsfinanzierung 8. Aufl. 1954 S. 44; Kolbe, Ermittlung von Gesamtwert und Geschäftswert der Unternehmung 1959 S. 64; Potthoff/Zintzen/Halft, Hdb. d. Gesellschaftsverträge pp 3. Aufl. 1965 S. 350; Dörner in VP-Handbuch 1973, 1089/1111). Hiervon ist auch für den Vorlegungsanspruch gemäß § 2314 BGB auszugehen. Mag vielleicht vom Standpunkt einer besonders exakten Bewertung die Einbeziehung einer größeren Anzahl von Vergleichsjahren im Einzelfall wünschenswert erscheinen, so steht dem auf der anderen Seite die erhebliche Belastung entgegen, die jede zeitliche Ausweitung der Einsichtnahme in die Geschäftsunterlagen für den laufenden Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Für den Normalfall muß daher gelten, daß der Pflichtteilsberechtigte die Einsichtnahme in die für die letzten fünf Geschäftsjahre maßgeblichen Geschäftsunterlagen verlangen kann. Nur in Ausnahmefällen - wenn etwa die Gewinne der letzten Jahre durch extreme konjunkturelle oder betriebliche Entwicklungen beeinflußt waren - kann auch die Einbeziehung früherer Geschäftsjahre gefordert werden. Für eine solche Notwendigkeit, die der Pflichtteilsberechtigte darzulegen und zu beweisen hat, ist jedoch im vorliegenden Fall nichts dargetan.

26

bb)

Auch die gegenständliche Begrenzung des Vorlegungsanspruchs muß sich nach dem Zweck bestimmen, dem die Vorlegungspflicht gemäß § 2314 BGB dient. Dies bedeutet, daß der Erbe zur Vorlage der den Bilanzen zugrundeliegenden Geschäftsbücher und Papiere nur insoweit verpflichtet ist, als der Pflichtteilsberechtigte sie zur Ermittlung des Wertes des Unternehmens und der Unternehmensgegenstände in einem bestimmten Zeitpunkt benötigt.

27

In diesem Zusammenhang erhebt sich allerdings die Frage - zu der der Senat bereits in dem ähnlichen Fall des Einsichtsrechts des Kommanditisten gemäß § 166 HGB Stellung zu nehmen hatte (BGHZ 25, 115, 120 f m. Anm. Fischer in LM HGB § 166 Nr. 1) -, wer im Verhältnis zwischen Pflichtteilsberechtigten und Erben den gegenständlichen Umfang des Einsichtsrechts grundsätzlich zu bestimmen hat, ob der Pflichtteilsberechtigte zunächst die Geschäftsunterlagen auswählen kann und es Aufgabe des Erben ist, im einzelnen Fall darzutun, daß die Einsicht in bestimmte Bücher und Papiere zum Zweck einer sachgerechten Unternehmensbewertung nicht erforderlich ist, oder ob umgekehrt der Erbe zunächst das Recht der Auswahl hat und sodann für den Pflichtteilsberechtigten die Möglichkeit besteht, die Berechtigung seines weitergehenden Einsichtsverlangens darzutun. Im ersteren Fall wäre die Urteilsformel - abgesehen von der zeitlichen Begrenzung - unbeschränkt zu fassen; der Zweck, durch den der Vorlageanspruch begrenzt ist, wäre lediglich in den Gründen des Urteils hervorzuheben, und der Erbe könnte gegen eine zu weitgehende Vollstreckung mit der Erinnerung gemäß § 766 ZPO vorgehen (Fischer a.a.O.; zust. Schilling in Großkomm. HGB 3. Aufl. § 166 Anm. 3). Im zweiten Fall dagegen wäre die Zweckbegrenzung schon in den Urteilsausspruch aufzunehmen, und der Pflichtteilsberechtigte, der im Vollstreckungsverfahren gemäß § 888 ZPO den Erben zur Vorlage bestimmter Unterlagen zwingen will (vgl. BGH WM 1975, 31), müßte die Notwendigkeit der Urkundenvorlegung entsprechend dem Urteilstenor im Einzelfall darlegen und beweisen.

28

Wie für das Einsichtsrecht des Kommanditisten - und zwar aus den gleichen praktischen Erwägungen wie dort - muß auch beim Vorlegungsanspruch gemäß § 2314 BGB dem außenstehenden Pflichtteilsberechtigten hinsichtlich des Auswahlrechts der Vorzug gegeben und dem Erben die Darlegungslast im Vollstreckungsverfahren auferlegt werden. Wäre der Pflichtteilsberechtigte bei der Vollstreckung darlegungspflichtig, so wäre er - ähnlich wie zur Zeit der Klageerhebung - vielfach nicht in der Lage, die einzelnen Unterlagen genau zu bezeichnen; außerdem würde es ihm schwerfallen oder unmöglich sein, hinsichtlich der ihm bis dahin unbekannten Unterlagen den Nachweis zu führen, daß sie für eine sachgerechte Prüfung der Bilanzen und zur Feststellung des Unternehmenswertes notwendig sind. Für den Erben dagegen, ist es ohne weiteres möglich, diejenigen Geschäftspapiere auszusondern und anzugeben, deren Einsicht vom Prüfungsrecht des Pflichtteilsberechtigten nicht mehr gedeckt ist, und insoweit die Zweckwidrigkeit des Vorlagebegehrens darzutun. Im übrigen läßt es sich - abgesehen von den unterschiedlichen Spezifizierungs- und Beweismöglichkeiten der Beteiligten - eher hinnehmen, daß der Pflichtteilsberechtigte von seinem Einsichtsrecht unter Umständen einen zu weitgehenden Gebrauch macht, als der umgekehrte Fall, daß nämlich - falls der Erbe bestrebt ist, die Vorlagevollstreckung zu behindern - der Pflichtteilsberechtigte, der die von ihm benötigten Unterlagen vielfach im Verlauf seiner Prüfung nur jeweils sukzessiv feststellen kann, immer wieder gezwungen wäre, das Vollstreckungsgericht anzurufen und damit eine dauernde Verzögerung der Wertfeststellung in Kauf zu nehmen.

29

c)

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die von den Vorinstanzen ausgesprochene Verurteilung, soweit sie der Bewertung des Handelsgeschäfts zum ... 1968 dient, zu weit gefaßt ist. Die Beklagte ist insoweit zur Vorlage der Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen für die Geschäftsjahre 1962/63 bis 1966/67 nebst den zugehörigen Geschäftsbüchern und Belegen zu verurteilen; für den 28. August 1968 ist der Firmenstatus bereits vorgelegt. Außerdem ist die Verurteilung in gegenständlicher Hinsicht - was freilich nicht in den Urteilstenor aufzunehmen ist - dahin begrenzt, daß die Vorlage der den Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen zugrundeliegenden Geschäftsunterlagen nur verlangt werden kann, soweit dies zur Ermittlung des Unternehmenswertes per 28. August 1968 notwendig ist.

30

III.

Damit kommt es, da der Vorlegungsklage nicht in vollem Umfang stattgegeben wird, auf die sonstigen vom Kläger geltend gemachten Zwecke an, auf die er den Vorlegungsanspruch gemäß § 2314 BGB gestützt hat. Insoweit hat jedoch die Klage keinen Erfolg.

31

1.

Nicht begründet ist der Anspruch auf Vorlage von Geschäftsunterlagen, soweit der Kläger damit eine Klärung erreichen will, ob die Beklagte die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Einlage von 85.000 DM erbracht hat und worauf die unterschiedliche Entwicklung der Kapitalkonten des Erblassers und der Beklagten zurückzuführen ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob und in welcher Hinsicht sich aus den vom Kläger angegebenen Sachverhalten überhaupt weitergehende Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsansprüche ergeben können. Jedenfalls würde eine etwaige Ungewißheit des Klägers über Bestand und Umfang der Ansprüche nicht auf der Unsicherheit der Bewertung des Geschäftsvermögens insgesamt oder einzelner Gegenstände des Geschäftsvermögens beruhen, sondern auf sonstigen Umständen. Insoweit besteht aber gemäß § 2314 BGB kein Anspruch auf Einsicht in die Geschäftsunterlagen, sondern nur der allgemeine Anspruch auf Auskunft.

32

2.

Ebenfalls unbegründet ist der Vorlageanspruch des Klägers, soweit er den Unternehmenswert des Handelsgeschäfts im Jahre 1958 ermitteln möchte, um feststellen zu können, ob und in welcher Höhe die damalige Vereinbarung der Gütergemeinschaft eine gemäß § 2325 BGB ausgleichspflichtige Schenkung war. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, daß der Erblasser im Jahre 1958 ein Vermögen von rund 1 Mio. DM besessen habe - davon das Handelsgeschäft mit einem Wert von 700.000 DM -, während die Beklagte allenfalls 18.000 DM in das Gesamtgut eingebracht habe. Der daraus gezogenen Folgerung, daß unter diesen Voraussetzungen die Vereinbarung der Gütergemeinschaft eine Schenkung zugunsten der Beklagten gewesen sei, kann jedoch nicht zugestimmt werden. Wie in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt ist, enthält die Vereinbarung einer Gütergemeinschaft - anders als eine Schenkung - nicht einfach eine Bereicherung des minderbegüterten Ehegatten aus dem Vermögen des anderen Teils, sondern sie begründet ein familienrechtliches Verhältnis, das in einer besonderen Weise zur Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft auf dem Gebiete der Vermögensverhältnisse bestimmt ist und die Vermögensbeziehungen der Ehegatten umfassend und auf Dauer gestaltet. Daraus ergibt sich, daß der Abschluß eines solchen Ehevertrages auch bei großer Verschiedenheit der beiderseitigen Vermögensverhältnisse im allgemeinen nicht als Schenkung anzusehen ist (RG Recht 1908 Nr. 2549; BayObLGZ Bd. IX (1909), 603, 614; OLG Augsburg, LZ 1919, 117, 118; OLG Nürnberg, Urt. v. 22.9.53 DNotZ 1955, 202 u. Beschl. v. 30.9.59, FamRZ 1960, 150; BFHE 78, 532, 533; BFHE 86, 314; BGB RGRK 10./11. Aufl. § 1408 Anm. 72; Soergel/Gaul a.a.O. § 1408 Anm. 21; Dölle a.a.O. § 43 C IV 3; Gernhuber a.a.O. § 32 I 6 S. 322). Etwas anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen werden, in denen die Parteien in Wahrheit nicht eine Gestaltung der ehelichen Güterverhältnisse beabsichtigen, sondern von vornherein lediglich eine bestimmte unentgeltliche Zuwendung bezwecken (wie beispielsweise im Falle RGZ 87, 301, 303, in dem die vereinbarte Gütergemeinschaft bereits nach fünf Tagen wieder aufgehoben wurde). Dafür, daß im vorliegenden Fall ein solcher Ausnahmetatbestand gegeben wäre, hat jedoch der Kläger nichts dargetan.

Stimpel
Dr. Schulze
Fleck
Dr. Bauer
Dr. Skibbe