Bundesgerichtshof
Urt. v. 10.04.1975, Az.: VII ZR 183/74
Zahlung einer restlichen Werklohnforderung; Abdichtung eines Daches; Vorliegen fehlerhafter Arbeiten
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 10.04.1975
- Aktenzeichen
- VII ZR 183/74
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1975, 12811
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamburg - 22.05.1974
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DB 1975, 1072-1073 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1975, 657-658 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1975, 1217-1218 (Volltext mit amtl. LS) "hier: bei mündlicher Mitteilung über Bedenken"
- ZfBR 1998, 296
Prozessführer
Firma H. B. GmbH,
vertreten durch ihre beiden Geschäftsführer Harry und Horst J., Ha., Ch.straße ...
Prozessgegner
Firma D. De. W. GmbH & Co Mü.,
vertreten durch die Firma W. Ha. GmbH & Co KG, Ha.,
diese vertreten durch die Beteiligungsgesellschaft W. Ha. GmbH,
diese vertreten durch ihre beiden Geschäftsführer Ernst Peter Sch., Ma. und Ewald Dieter F., Ha., O. Straße ...
Amtlicher Leitsatz
Beachtet der Auftragnehmer nicht die in VOB/B §§ 13 Nr. 4, 4 Nr. 3 vorgeschriebene Schriftform, so verletzt er den Vertrag und hat die sich daraus ergebenden Folgen zu tragen.
In der Nichtbefolgung einer zuverlässigen mündlichen Belehrung kann jedoch ein mitwirkendes Verschulden des Auftraggebers liegen (§ 254 BGB).
Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 10. April 1975
durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Vogt sowie
die Richter Erbel, Dr. Girisch, Dr. Recken und Bliesener
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts zu Hamburg vom 22. Mai 1974 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Klägerin führte 1971 gemäß Vertrag vom 8. Dezember 1969, dem die Bestimmungen der VOB zugrunde liegen, an acht Häusern des Bauvorhabens Od. II der Beklagten die Dachdecker- und Klempnerarbeiten aus. Den ihr ebenfalls erteilten Auftrag, die Dachterrassen mit Betonplatten zu belegen, gab die Klägerin an eine Fachfirma als Subunternehmerin weiter. Einige Abdeckungen waren nicht dicht. Nachbesserung lehnte die Klägerin trotz Fristsetzung ab. Die Beklagte ließ darauf für 49.631,97 DM Abdichtungsarbeiten ausführen.
Die Klägerin hat eine - unstreitige - Restwerklohnforderung von 15.630,11 DM nebst Zinsen eingeklagt, die Beklagte mit einer auf Ersatz der Instandsetzungskosten gehenden Gegenforderung aufgerechnet. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin die Klageforderung weiter.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsgericht stellt auf Grund der Beweisaufnahme fest, daß ein erheblicher Teil der von der Klägerin hergestellten Dächer undicht war.
I.
In der Berufungsbegründung hat die Klägerin selbst als mögliche Ursachen für die Wasserdurchlässigkeit der Dächer angeführt, daß die Repanolstreifen sich vom Mauerwerk gelöst hatten, die zur Abdeckung der Repanolstreifen am aufgehenden Mauerwerk angebrachten Zinkstreifen nicht in eingefräste Mauerschlitze eingelassen waren, die Pappdeckung auf den Dachflächen undichte Stellen aufwies und die Betonplatten der Terrassenbeläge unsachgemäß verlegt waren.
1.
Das Berufungsgericht läßt die Klägerin nach § 13 Nr. 1 VOB (B) für die Undichtigkeit der Dächer haften, weil sie ihre Verpflichtung, diese regendicht zu machen, nicht erfüllt habe. Auf die Ursache komme es nicht an, es sei denn, daß die Beklagte als Auftraggeberin den Mangel nach § 13 Nr. 3 VOB (B) zu vertreten habe.
Zu Unrecht meint die Revision, das Berufungsgericht hätte die Schadensursache klären, insbesondere prüfen müssen, ob undichte Stellen in der Pappabdeckung dafür infrage kamen. Das Berufungsgericht brauchte nicht festzustellen, auf welchem der von der Klägerin selbst genannten Fehler die Wasserdurchlässigkeit der Dächer beruhte. Da die Klägerin sowohl die Platten zu verlegen als auch die Wandanschlüsse am aufgehenden Mauerwerk abzudichten hatte, muß sie für jeden der von ihr genannten Ausführungsfehler einstehen. Sie würde allerdings für diese Fehler nach § 13 Nr. 3 VOB (B) nicht haften, wenn sie auf die Leistungsbeschreibung oder Anordnungen der Beklagten zurückzuführen wären. Dieser Haftungsausschluß entfiele wiederum, wenn die Klägerin eine ihr nach § 4 Nr. 3 VOB (B) obliegende Mitteilung an die Beklagte über zu befürchtende Mängel unterlassen hätte.
2.
Die Klägerin hat im Schriftsatz vom 7. November 1972 sowie in der Berufungsbegründung durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt, daß die vom Sachverständigen Kamlott festgestellten undichten Stellen in der Pappdeckung der Dachflächen auf nachträglichen mechanischen Einwirkungen beruhen müßten.
Diesen Beweis brauchte das Berufungsgericht nicht zu erheben; denn die Klägerin hatte den Gesamtaufbau der Dächer übernommen und hätte deshalb substantiiert darlegen müssen, inwiefern sie für Beschädigungen der Pappdecke, die vor der Verlegung der Betonplatten erfolgt sein müßten, nicht verantwortlich sei. Ihre weitere Behauptung, die Schäden in der Dachhaut seien auf unsachgemäßes Verlegen der Betonplatten zurückzuführen, vermag die Klägerin ebenfalls nicht von ihrer Haftung zu befreien, denn die Platten sind von ihrer Subunternehmerin verlegt worden und für deren fehlerhafte Arbeiten muß die Klägerin einstehen (§ 278 BGB).
II.
Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte sei mündlich darauf hingewiesen worden, daß die Betonplatten nicht, wie vorgesehen, auf der Neopren-Unterlage, sondern in einem Kiesbett hätten verlegt und die Zinkstreifen, mit denen die Repanolfolien abgedeckt wurden, in Mauerschlitze eingelassen werden müssen. Die hierfür benannten Zeugen hat das Berufungsgericht nicht vernommen, weil nach §§ 13 Nr. 3, 4 Nr. 3 VOB (B) nur schriftliche Hinweise geeignet seien, die Klägerin von ihrer Haftung für die Ausführungsfehler freizustellen. Das Berufungsgericht meint, diese seine Auffassung stehe im Gegensatz zu dem Urteil des erkennenden Senats vom 22. März 1962 - VII ZR 255/60 = MDR 1962, 472 = BB 1962, 428. Es hat deshalb die Revision zugelassen.
1.
Das Berufungsgericht hat das angeführte Urteil mißverstanden. Ihm kann nicht entnommen werden, der Auftragnehmer könne bei zuverlässiger mündlicher Erläuterung seiner Bedenken überhaupt nicht haftbar gemacht werden. Es besagt lediglich, dab der Auftragnehmer dann, wenn der Auftraggeber trotz zuverlässiger mündlicher Belehrung die Hinweise des Auftragnehmers nicht befolgt, sich hinsichtlich der daraus ergebenden Mängel des Bauwerks auf ein mitwirkendes Verschulden des Auftraggebers (§ 254 BGB) berufen kann. Das mag im Einzelfall einmal dazu führen, daß der Auftraggeber, der trotz ausreichender Belehrung bei seiner gegenteiligen Anordnung bleibt, die sich daraus ergebenden Folgen allein tragen muß. Der Senat hat jedoch wiederholt ausgesprochen, daß der Auftragnehmer, der einen schriftlichen Hinweis unterläßt, dadurch den Vertrag verletzt und die sich daraus ergebenden Folgen zu tragen hat; denn die schon aus § 242 BGB folgende Hinweispflicht des Auftragnehmers ist in §§ 13 Nr. 4, 4 Nr. 3 VOB (B) dahin verstärkt, daß die Bedenken schriftlich mitzuteilen sind, damit sie dadurch das erforderliche Gewicht erhalten (BGH NJW 1960, 1813; 1973, 518; Urteil vom 4. Juni 1973 - VII ZR 112/71 = Baurecht 1973, 313; das von der Revision angeführte Urteil des Senats in NJW 1974, 188 besagt nichts anderes; ferner Ingenstau/Korbion VOB 7. Aufl. B § 4 Rdn. 104 a).
2.
Die Belehrung muß in Anbetracht ihrer erheblichen Bedeutung grundsätzlich vom Auftragnehmer selbst oder dessen vertragsgemäß befugten Vertreter gegenüber dem Auftraggeber selbst oder dessen befugten Vertreter erfolgen. Sie muß so eindeutig sein, daß die Tragweite einer Nichtbefolgung klar wird. Wird nicht der Auftraggeber, sondern sein befugter Vertreter belehrt und verschließt dieser sich den vorgebrachten Bedenken, so muß sich der Auftragnehmer unmittelbar an den Auftraggeber selbst wenden. Das gilt besonders dann, wenn ein Architekt trotz ihm gegenüber geäußerter Bedenken von seiner Planung nicht abzugehen bereit ist (BGH NJW 1973, 518). An diesen Grundsätzen hält der Senat fest.
3.
Der Ansicht des Berufungsgerichts, mündliche Belehrungen des vom Auftragnehmer beauftragten Subunternehmers seien in keinem Fall geeignet, die Haftung des Auftragnehmers einzuschränken, kann nicht beigetreten werden. Es kommt auf die Umstände des Einzelfalls, insbesondere darauf an, inwieweit, für den Auftraggeber erkennbar, der Auftragnehmer den Subunternehmer als seinen befugten Vertreter an der Baustelle auftreten läßt.
Ob das hier der Fall war, braucht nicht entschieden zu werden. Der nach der Behauptung der Klägerin vom Geschäftsführer B. des Subunternehmers der Klägerin als Vertreter der Beklagten angesprochene Bauleiter Ho. hat den behaupteten Hinweis, daß die Betonplatten auf Kies verlegt werden müßten, nicht befolgt, sondern hat nach der Darstellung der Klägerin in ganz unangemessener Weise darauf reagiert. B. hätte deshalb die Klägerin veranlassen müssen, seine Bedenken einem Ho. übergeordneten Vertreter der Beklagten mitzuteilen, gegebenenfalls dies auch selbst tun können. Beides ist nicht geschehen. Aus diesem Grunde brauchte das Berufungsgericht die von der Klägerin für die von B. gegenüber Ho. geäußerten Bedenken genannten Zeugen nicht zu vernehmen.
III.
Für die Abdichtung der Wandanschlüsse am aufgehenden Mauerwerk hatte die Klägerin der Beklagten zwei Angebote wahlweise unterbreitet. Entweder sollten Wandanschlüsse aus Zinkblech in einzufräsenden Mauerschlitzen mit Putzhaken angebracht und die Schlitze mit dauerelastischem Kitt abgedichtet oder Wandanschlüsse aus Repanol-Folie am Mauerwerk angeklegt, mechanisch befestigt und mit Zinkblech abgedeckt werden. Die Beklagte entschied sich für letztere Ausführung.
Die Parteien sind, wie das Berufungsgericht feststellt, darüber einig, daß die als Abdeckung für die Repanol-Folien am Mauerwerk dienenden Zinkbleche in eingefräste Mauerschlitze hätten eingelassen werden müssen. Das Nebenangebot der Klägerin sah jedoch, anders als das Hauptangebot (§ 9 Nr. 8 VOB (A) 1952), diese Ausführung nicht vor.
Die mangelhafte Ausführung ist demnach nicht auf die Leistungsbeschreibung der Beklagten oder deren Anordnung zurückzuführen, sondern die Klägerin selbst hat die mangelhafte Ausführung angeboten. Ein Fall des § 13 Nr. 3 VOB (B) liegt somit nicht vor. Was jedoch für die Mitteilung von Bedenken gegenüber der Leistungsbeschreibung und Anordnung des Auftraggebers gilt, muß um so mehr gelten, wenn der Auftragnehmer nachträglich auf Bedenken gegen sein eigenes vom Auftraggeber bereits angenommenes Angebot hinweisen will. Hierfür genügten deshalb nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen nicht die von der Klägerin unter Beweis gestellten mündlichen Hinweise ihres Werkmeisters R. und ihres Arbeiters L. gegenüber dem hierauf nicht eingehenden Bauleiter der Beklagten. Aus diesem Grunde brauchte das Berufungsgericht auch die hierfür benannten Zeugen nicht zu vernehmen.
IV.
Im Ergebnis hat das Berufungsgericht somit der Klage zu Recht nicht stattgegeben.
Nach § 97 ZPO hat die Klägerin die Kosten ihrer unbegründeten Revision zu tragen.
Erbel
Girisch
Recken
Bliesener