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Bundesgerichtshof
Urt. v. 31.05.1974, Az.: V ZR 111/72

Anspruch auf Nachzahlung rückständiger Leibrentenbeträge aus einem Grundstückskaufvertrag; Wirksames Zustandekommen eines Vertrages; Beachtung der notariellen Form; Schuldrechtliche Übernahme einer Bierbezugspflicht als Vertragsbestandteil; Umfang des Beurkundungszwanges bei einem Grundstückskaufvertrag; Abhängigkeit von zwei an sich selbstständigen Verträgen; Untergang von Ansprüchen; Auslegung einer Vertragsklausel durch das Gericht; Einwand missbräuchlicher Rechtsausübung (venire contra factum proprium)

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
31.05.1974
Aktenzeichen
V ZR 111/72
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1974, 12002
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Bremen - 05.05.1972

Fundstelle

  • DNotZ 1975, 87-91

Prozessführer

Hotelier Armin F. in B., S.straße ...

Prozessgegner

Witwe Margarete B. geb. G. in H., H., als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen bisherigen Klägers Gustav B.

Sonstige Beteiligte

Rechtsanwalt und Notar ... in ...

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 17. Mai 1974
durch
den Vorsitzenden Richter Hill und
die Richter Dr. Rothe, Offterdinger, Dr. Grell und von der Mühlen
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 1. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 5. Mai 1972 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der während des Prozesses verstorbene Kläger Gustav B. (im folgenden weiter als "Kläger" bezeichnet) verkaufte am 3. Juni 1969 sein mit einem Hotel bebautes Grundstück H. straße ... in B. an den Beklagten und ließ es an ihn auf. Laut notariellem Kaufvertrag war das Kaufobjekt frei von dinglichen Belastungen und Nutzungsrechten Dritter am 1. Juni 1969 zu liefern, mit welchem Tage auch die Lasten und Nutzungen auf den Erwerber übergehen sollten. Mitverkauft wurden das gesamte Inventar und das Recht, das Hotel auf dem Grundstück unter dem Firmennamen "Hotel B." weiterzubetreiben. Der Beklagte verpflichtete sich, für das Grundstück ab 1. Juni 1969 eine monatliche Leibrente von 1.200 DM an den Kläger und nach dessen Tod eine solche von 1.000 DM an die Ehefrau des Klägers zu entrichten. Den Kaufpreis für das Inventar einschließlich des Rechtes zur Fortführung des Firmennamens setzten die Vertragschließenden auf 35.000 DM fest; hiervon sollte ein bestimmter Teilbetrag nicht an den Kläger, sondern an den beurkundenden Notar W. gezahlt werden, der von den Parteien mit der Durchführung des Vertrags beauftragt und insbesondere angewiesen wurde, mit diesem Geld die eingetragenen Grundpfandrechte zur Löschung zu bringen.

2

Nachdem der Beklagte Grundstück und Hotelbetrieb übernommen hatte, kam es zwischen den Parteien zu Unstimmigkeiten, weil zwei Hotelzimmer nach wie vor von der geschiedenen ersten Ehefrau des Klägers bewohnt wurden; diese zog am 15. September 1969 aus. Ferner stieß Notar W. als er mit dem vom Beklagten gezahlten Geldbetrag die Grundstücksbelastungen abzulösen suchte, auf unerwartete Schwierigkeiten: eine Grundschuldgläubigerin, die H.-B.-Brauerei, berief sich auf eine vom Kläger früher ihr gegenüber eingegangene, bis Ende 1978 befristete Getränkeabnahmepflicht, die der Beklagte als nunmehriger Hotelinhaber nicht gegen sich gelten lassen wollte; die Brauerei, an die W. zur Tilgung ihrer durch drei Grundschulden gesicherten Darlehensforderung im Juli 1969 bereits 13.766,54 DM überwiesen hatte, verweigerte ihm die erbetene Löschungsbewilligung mit der Begründung, ihr sei infolge Nichtabnahme ihres Bieres durch den Beklagten ein Anspruch gegen den Kläger auf Vertragsstrafe von rund 33.000 DM erwachsen, für den die Grundschulden ebenfalls hafteten. Nach ergebnislosem Verhandeln verklagte Notar W. im Dezember 1969 die Brauerei auf Rückzahlung der überwiesenen Summe, hilfsweise auf Löschung der Grundschulden (10 O 1781/69 LG Bremen); der Rechtsstreit endete dann, nachdem sich der Kläger seinerseits wegen der Vertragsstrafe mit der Brauerei verglichen und diene daraufhin im März 1970 Löschungsbewilligung erteilt hatte, mit der Rücknahme jener Klage.

3

In der Zwischenzeit hatten die Parteien sich im Rahmen eines Briefwechsels gegenseitig vertragswidrigen Verhaltens beschuldigt. Der Beklagte verlangte wegen verspäteter Räumung der beiden Hotelzimmer Schadensersatz und drohte, weil der Kläger der Pflicht zur lastenfreien Übertragung des Grundstückseigentums bisher nicht nachgekommen sei, mit der Einstellung der Leibrentenzahlungen, während der Kläger ihm vorwarf, entgegen seiner bei den Kaufverhandlungen mündlich gegebenen Zusage die Bierbezugsverpflichtung gegenüber der Brauerei nicht eingehalten und dadurch die Löschung der Grundschulden verhindert zu haben. Eine solche Zusage bestritt der Beklagte. Er setzte schließlich mit Schreiben vom 8. Februar 1970 dem Kläger zur Beseitigung der dem Eigentumsübergang ohne Belastungen noch entgegenstehenden Hindernisse eine Frist bis zum 10. März 1970 mit der Ankündigung, daß er danach die ihm geschuldete Leistung ablehnen werde; gleichzeitig machte er hinsichtlich der Leibrentenbeträge ein Zurückbehaltungsrecht geltend und erklärte hilfsweise die Aufrechnung mit seinen Schadensersatzansprüchen. Am 16. März 1970 ging die Löschungsbewilligung der Brauerei bei Notar W. ein. Dieser trug Bedenken, sie an das Grundbuchamt weiterzuleiten und dort die Eigentumsumschreibung zu beantragen, weil die vom Beklagten gesetzte Frist bereits abgelaufen sei. Am 20. April 1970 schrieb der Beklagte, der bis dahin noch unter Vorbehalt der Rückforderung Teilbeträge auf die Leibrente überwiesen hatte, an den Kläger, er lege auf eine Erfüllung des Kaufvertrages keinen Wert mehr und verlange Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

4

Der Kläger begehrt Verurteilung des Beklagten zur Zahlung der ausstehenden Rentenbeträge bis einschließlich Dezember 1970 in Höhe von 11.600 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat, dem Antrag des Beklagten entsprechend, die Klage abgewiesen. Hiergegen ist vom Kläger Berufung eingelegt worden. Der Beklagte hat sich diesem Rechtsmittel angeschlossen und Widerklage auf Feststellung erhoben, daß die Erfüllungsansprüche der Parteien aus dem Grundstückskaufvertrag vom 3. Juni 1969 gemäß §§ 440 Abs. 1, 326 BGB untergegangen seien; hilfsweise: daß dem Kläger aus dem genannten Vertrag keine Leibrentenansprüche mehr zustünden; weiter hilfsweise: daß dies auch nicht für die Zeit vom 1. Januar 1971 ab der Fall sei. Das Oberlandesgericht hat der Klage stattgegeben und die Anschlußberufung zurückgewiesen.

5

Mit der Revision erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils und verfolgt seinen Widerklageantrag weiter. Der Kläger ist nach der Berufungsverhandlung verstorben und von seiner Witwe allein beerbt worden.

6

Diese beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

1.

Da der Kläger seinen Anspruch auf Nachzahlung rückständiger Leibrentenbeträge aus dem Grundstückskaufvertrag der Parteien vom 3. Juni 1969 herleitet, hängt der Erfolg der Klage in erster Linie davon ab, ob der Vertrag wirksam zustandegekommen ist. In dieser Richtung hatte das Landgericht im erstinstanzlichen Urteil, wenn auch nur beiläufig, Bedenken wegen der Formvorschrift des § 313 BGB geäußert, weil die vom Kläger behauptete Abrede, wonach der Beklagte die gegenüber der H.-B.-Brauerei bestehende Bierbezugspflicht übernommen haben soll, nicht notariell beurkundet worden sei. Das Berufungsgericht, das eine mündliche Vereinbarung dieses Inhalts für erwiesen erachtet, hat sich demgemäß ebenfalls mit der Frage der Formbedürftigkeit des Vereinbarten sowie mit den Auswirkungen eines etwaigen Formmangels auf die Wirksamkeit des ganzen Vertrages befaßt; es ist dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß keine Formnichtigkeit im Sinne von § 125 Satz 1 BGB vorliege.

8

Dies wird im angefochtenen Urteil mit dem Inhalt des Vertrages vom 3. Juni 1969 begründet, der einerseits den Verkauf des Grundstücks gegen Zahlung einer Rente, andererseits den Verkauf des Hotelbetriebes einschließlich Inventar und Firmennamen für 35.000 DM zum Gegenstand habe. Die schuldrechtliche Übernahme der Bierbezugspflicht gehöre rechtlich und wirtschaftlich zum Verkauf des Hotelbetriebes und sei keine Gegenleistung für die Grundstücksübereignung. In derartigen Fällen bestehe nicht notwendig ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Grundstücks- und Inventarkauf (unter Bezugnahme auf BGH LM BGB § 313 Nr. 21 = NJW 1961, 1764). Ebensowenig komme es unter den hier gegebenen Umständen entscheidend darauf an, ob Grundstück und Inventar im selben Vertrag oder in zwei getrennten Verträgen verkauft würden. Bedürfe mithin der Inventarkauf, der zusätzlich einen eingerichteten Gewerbebetrieb mit seinem "good will" umfasse, nicht der Form des § 313 BGB, so habe hinsichtlich des Verkaufs dieses Gewerbebetriebes auch eine mündliche Nebenabrede, nämlich die Übernahme der Bierbezugspflicht, getroffen werden können. Selbst wenn man aber diese Abrede für formnichtig halten sollte, erstrecke sich die Nichtigkeit nicht auf den gesamten Vertrag. Vielmehr greife dann die Ausnahmeregelung des § 139 Halbsatz 2 BGB ein; denn nach dem vorliegenden Sachverhalt - so wird im Urteil näher dargelegt - hätten die Parteien den Grundstückskaufvertrag auch ohne die Übernahme der Bierbezugsverpflichtung abgeschlossen.

9

Diese Ausführungen werden von der Revision als fehlerhaft bekämpft. Sie halten jedoch im Ergebnis, sofern man zunächst mit dem Berufungsgericht die mündlich vereinbarte Übernahme jener Verpflichtung zugrunde legt (vgl. dazu unten Nr. 2), einer rechtlichen Nachprüfung stand.

10

Richtig ist, daß bei Grundstücksveräußerungen der gesamte schuldrechtliche Vertrag dem Beurkundungszwang nach § 313 BGB unterliegt und daß deshalb alle Vereinbarungen, aus denen sich nach dem Willen der Vertragspartner das obligatorische Veräußerungsgeschäft zusammensetzt, insbesondere auch soweit sie die Gegenleistungen des Erwerbers betreffen, in die notarielle Vertragsurkunde aufzunehmen sind (RGZ 103, 295, 297; Urteile des erkennenden Senats LM BGB § 313 Nr. 3 und Nr. 33). Dagegen bedürfen Abreden, die lediglich aus Anlaß eines Grundstückskaufvertrages getroffen werden und weder mit der Eigentumsübertragungspflicht des Verkäufers noch mit der entsprechenden Gegenleistung des Käufers rechtlich zusammenhängen, nicht der Beurkundung. Wird also neben dem Grundstückskauf noch ein anderes Rechtsgeschäft abgeschlossen, so hängt die Anwendbarkeit des § 313 BGB davon ab, ob nach dem zum Ausdruck gebrachten Willen der Beteiligten das Nebengeschäft zu dem Kaufvertrag in derartig engen inneren Beziehungen steht, daß beide nur zusammen gelten sollen (RGZ a.a.O.; BGH LM a.a.O. Nr. 21). Unter diesem Gesichtspunkt hat der Berufungsrichter die vertraglichen Abmachungen der Parteien vom 3. Juni 1969 geprüft. Wenn er dabei auf Grund des besonderen Urkundeninhalts, namentlich der darin vorgenommenen deutlichen Trennung zwischen Grundstückskaufpreis und Entgelt für Inventar (letzteres einschließlich Hotelbetrieb und Firmennamen), den rechtlichen Zusammenhang verneint und das Vorliegen zweier selbständiger Kaufverträge angenommen hat, ist das aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Vertragswerk der Parteien so zu beurteilen, war ihm auch nicht dadurch verwehrt, daß die beiden Verträge in einer und derselben Urkunde zusammengefaßt sind und daß in solchen Fällen zunächst eine tatsächliche Vermutung für eine von den Vertragschließenden gewollte Einheitlichkeit des gesamten Geschäfts spricht (Urteil des Senats vom 22. Mai 1970, V ZR 130/67, NJW 1970, 1414, 1415; LM BGB § 313 Nr. 3; a.a.O. § 139 Nr. 34); denn diese Vermutung ist widerlegbar, und das Oberlandesgericht hat sie, wie der Zusammenhang seiner Urteilsbegründung ergibt, hier als widerlegt angesehen, ohne daß insoweit ein Rechtsfehler ersichtlich wäre.

11

Mit der rechtlichen Selbständigkeit der beiden Verträge allein entfiel freilich noch nicht, wie das Berufungsgericht anzunehmen scheint, der Beurkundungszwang des § 313 BGB. Zu erörtern blieben vielmehr noch die Auswirkungen des § 139 BGB. Stehen nämlich zwei an sich selbständige Vereinbarungen in einem Verhältnis gegenseitiger Abhängigkeit dergestalt, daß keines von ihnen nach den Vorstellungen der Vertragschließenden für sich allein gelten soll, sondern beide gemeinsam miteinander "stehen und fallen", so bilden sie im Sinne von § 139 BGB Teile eines Gesamtgeschäfts, und das wiederum hat zur Folge, daß die etwaige Formbedürftigkeit des einen von ihnen auch das andere ergreift (BGH LM BGB § 139 Nr. 46 = WM 1971, 618, 619). Deshalb mußte zusätzlich noch geprüft werden - also nicht bloß hilfsweise, wie im angefochtenen Urteil -, ob der Grundstücks- und der Inventarkaufvertrag in einem wechselseitigen Bedingungsverhältnis stehen oder ob das eine der beiden Teilgeschäfte auch ohne das andere vorgenommen worden wäre (Ausnahmetatbestand des § 139 Halbsatz 2 BGB). Letzteres hat das Berufungsgericht aber festgestellt und damit seiner Ansicht, daß die Nichtbeurkundung der Übernahme der Bierbezugspflicht durch den Beklagten nicht die Wirksamkeit des Grundstückskaufvertrages beeinträchtige, eine rechtlich tragfähige Begründung gegeben.

12

Diese Beurteilung wird durch das, was die Revision dagegen vorbringt, nicht erschüttert. Daß die notarielle Urkunde in ihrem § 3 das Inventar als "mitverkauft" bezeichnet und in § 4 nacheinander die dem Beklagten obliegenden Gegenleistungen aufzählt, widerlegt die vom Berufungsgericht bejahte rechtliche Selbständigkeit des Inventarkaufs gegenüber dem Grundstückskauf ebensowenig wie der Umstand, daß nach dem Willen der Vertragschließenden ein Teil des Inventarkaufpreises dann zur Ablösung der auf dem Grundstück lastenden Grundschulden verwendet werden sollte. Die Zusammenfassung der beiden Kaufverträge in einer einheitlichen Urkunde hat der Tatrichter berücksichtigt und rechtsirrtumsfrei gewürdigt. Da nach seiner Auslegung die mündlich zugesagte Übernahme der Bierbezugspflicht durch den Beklagten eine Nebenabrede nur zum Inventar- und Hotelbetriebsverkauf darstellte, überschreitet die Revision mit ihrer gegenteiligen Behauptung - jene Zusage sei eine "echte Gegenleistung für die Übertragung des Eigentums an dem Hotelgrundstück" gewesen - ihre verfahrensrechtlichen Grenzen (§ 561 Abs. 2 ZPO). Die Anwendung der Ausnahmevorschrift des § 139 Halbsatz 2 BGB auf den vorliegenden Fall wird auch von ihr nicht beanstandet.

13

Soweit das Berufungsgericht ausgeführt hat, selbst bei einer Formnichtigkeit der erwähnten Zusage wäre der Beklagte daran gebunden, handelt es sich um Hilfserwägungen, auf die es in diesem Zusammenhang nicht ankommt.

14

2.

Erweist sich hiernach der Grundstückskaufvertrag, auf den der Kläger seinen Zahlungsanspruch stützt, auch im Falle einer mündlich vereinbarten Übernahme der Bierbezugspflicht als rechtswirksam, so hängt die Entscheidung weiter davon ab, ob dieser Anspruch durch die Ereignisse nach Vertragsabschluß, insbesondere die Erklärungen des Beklagten in den Schreiben vom 8. Februar und 20. April 1970 (Fristsetzung und Erfüllungsablehnung), gemäß §§ 440 Abs. 1, 326 BGB untergegangen ist.

15

Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist dies nicht der Fall: Zwar sei der Kläger seiner vertraglichen Pflicht, das verkaufte Grundstück alsbald frei von dinglichen Belastungen zu übereignen, nicht nachgekommen; aber er sei dadurch schon deshalb nicht in Verzug geraten, weil der Beklagte seinerseits, entgegen seiner mündlich gegebenen Zusage, sofort nach Vertragsabschluß die Abnahme weiterer Getränke von der H.-B.-Brauerei verweigert und auf diese Weise selber schuldhaft die Brauerei veranlaßt habe, die Hergabe der erforderlichen Löschungsbewilligung zu verweigern. Das angefochtene Urteil hat ferner geprüft, ob dem Kläger zum Vorwurf gereiche, daß seine geschiedene erste Ehefrau noch bis zum 15. September 1969 in den beiden Hotelzimmern wohnen geblieben sei, obgleich er laut Vertrag das Haus frei von nutzungsberechtigten Dritten zu liefern hatte, und es hat auch das verneint: jene Vertragsbestimmung sei nach §§ 133, 157 BGB dahin auszulegen, daß dem Kläger für die Räumung der Zimmer unter den gegebenen Umständen ein angemessener Zeitraum zur Verfügung gestanden habe, von dem dahingestellt bleiben könne, ob er bis zu dem genannten Tage schon verstrichen gewesen sei, da jedenfalls der Beklagte, wenn man überhaupt in seinem Schreiben vom 2. Juli 1969 eine Mahnung erblicken wolle, damals verfrüht gemahnt habe und eine spätere Mahnung unstreitig nicht erfolgt sei.

16

Die Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Beklagte sich nicht wegen des Verhaltens des Klägers vom Vertrag der Parteien habe lossagen können, wird von der Revision als rechtsirrig bekämpft. Ihre Rügen bringen jedoch die angefochtene Entscheidung nicht zu Fall.

17

Ob der Kläger seiner vertraglichen Pflicht zur lastenfreien Grundstücksübensignung bereits mit der Übergabe löschungsfähiger Quittungen der Grundpfandgläubiger an den beurkundenden Notar genügt haben würde (so das angefochtene Urteil unter Bezugnahme auf RG Recht 1902 Nr. 1768) oder ob dazu, wie die Revision meint, die grundbuchliche Umschreibung des nicht mehr belasteten Grundstücks auf den Namen des Beklagten erforderlich gewesen wäre, ist nicht entscheidungserheblich. Bei ihrem Hinweis auf den Wortlaut des notariellen Vertrages, wonach der Kläger zur lastenfreien Lieferung des Kaufobjektes "am 1. Juni 1969" verpflichtet gewesen sei, läßt die Revision den Umstand außer acht, daß an dem angegebenen Tage überhaupt noch kein Kaufvertrag vorhanden war, dieser vielmehr erst danach, am 3. Juni 1969, abgeschlossen wurde; der Beklagte selbst hat deshalb in den Vorinstanzen mit Recht nicht auf das im Vertrag genannte Datum im Sinne eines Kalendertages (§ 284 Abs. 2 BGB) abgestellt, sondern den Standpunkt vertreten, der Kläger habe erst nach Vertragsabschluß, dann allerdings "unverzüglich", alle Handlungen vornehmen müssen, die von ihm zur lastenfreien Grundstücksumschreibung zu erbringen gewesen seien (Berufungsbeantwortung S. 3). Nach den von der Revision nicht beanstandeten tatsächlichen Feststellungen im Berufungsurteil hat aber der Beklagte "sofort nach Vertragsschluß" die Abnahme weiterer Getränke von der Grundschuldgläubigerin, der H.-B.-Brauerei, verweigert, und dies hatte zur Folge, daß die Brauerei es ablehnte, die Grundschulden auf dem verkauften Grundstück löschen zu lassen, weil sie nach ihrer Behauptung für sämtliche Verbindlichkeiten des Klägers hafteten, und zwar einschließlich der von ihm früher eingegangenen langjährigen Bierbezugsverpflichtung sowie der nunmehr fällig gewordenen Vertragsstrafe; dadurch wurde dem Kläger die beabsichtigte alsbaldige Lastenfreistellung des Grundstücks unmöglich gemacht.

18

Für den Ausgang des Rechtsstreits kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht entscheidend darauf an, ob der Beklagte mit seiner Weigerung, sich von der H.-B.-Brauerei beliefern zu lassen, gegen eine dem Kläger gegenüber eingegangene vertragliche Verpflichtung verstoßen hat oder ob dies, wie die Revision geltend macht, nicht der Fall war. Geht man nämlich mit dem Oberlandesgericht davon aus, daß eine mündliche Zusage des von ihm für erwiesen erachteten Inhalts gegeben worden sei, dann hätte der Beklagte durch Nichteinhaltung der übernommenen Getränkeabnahmepflicht die Schwierigkeiten, die eine alsbaldige Löschung der Grundschulden verhinderten und Vertragsstrafeansprüche der Brauerei von über 33.000 DM auslösten, schuldhaft selbst heraufbeschworen, und zwar sogleich nach Vertragsabschluß. Er könnte infolgedessen die verspätete Entpfändung des verkauften Grundstücks dem Kläger, der die Schwierigkeiten im Februar oder März 1970 schließlich von sich aus im Wege eines Vergleichs mit der Brauerei beiseite räumte, nicht anlasten. Der Kläger wäre mangels eigenen Verschuldens (§ 285 BGB) nicht in Verzug geraten.

19

Nichts anderes gilt indessen auch dann, wenn man der Revision darin folgt, daß der Berufungsrichter das Verhalten der Parteien bei Vertragsabschluß nicht sachgemäß gewürdigt und insbesondere zu prüfen unterlassen habe (§§ 133, 157 BGB; § 286 ZPO), ob in der Äußerung des Beklagten, er "habe nichts gegen die H.-B.-Brauerei", nicht lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zu Verhandlungen mit dieser über eine etwaige Übernahme der Bierbezugsverpflichtung zum Ausdruck gekommen sei. Denn auch in einem solchen Falle hätte der Beklagte durch sein Verhalten nach den tatrichterlichen Feststellungen bei dem Kläger mindestens die Erwartung erweckt, er werde sich mit der Brauerei wegen der Bierbezugsverpflichtung ins Benehmen setzen und versuchen, mit ihr zu einer Einigung zu kommen. Da er jedoch nach Vertragsabschluß die Abnahme jeglicher Getränke von der genannten Brauerei verweigert hat, müßte er sich gemäß § 242 BGB den Einwand mißbräuchlicher Rechtsausübung (venire contra factum proprium) entgegenhalten lassen, wenn er, ohne den von ihm mit verursachten Abwicklungsschwierigkeiten des Klägers Rechnung zu tragen, mit seinem Mahnschreiben vom 8. Februar 1970 eine Nachfrist nebst Ablehnungsdrohung setzte. Damit entfallen zugleich sämtliche vom Beklagten aus dieser Erklärung und aus seinem späteren Schreiben vom 20. April 1970 hergeleiteten Rechtsfolgerungen.

20

Das Berufungsgericht hat sich auch mit den weiteren von der Revision erörterten Vorgängen befaßt. Nach seiner Feststellung rechnete der Kläger noch bis Anfang November 1969 damit, daß der Beklagte für eine andere Gaststätte eine Bierbezugspflicht gegenüber der H.-B.- Brauerei übernehmen würde. Es hat ferner die Frage geprüft und verneint, ob der Kläger den Rechtsstreit des Notars W. gegen die Brauerei dadurch verzögert oder nachteilig beeinflußt habe, daß er eine ihm von W. abverlangte Abtretungserklärung nicht erteilte. In diesen Urteilsausführungen tritt kein Rechtsfehler zutage. Der Senat hat auch die verfahrensrechtlichen Revisionsrügen gegen die der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen geprüft und nicht für begründet erachtet (Art. 1 Nr. 4 BGHEntlG).

21

3.

Gegen die Urteilsausführungen zur Höhe des Klageanspruchs erhebt die Revision keine Einwände. Ein Rechtsfehler ist insoweit nicht ersichtlich.

22

Da die Klage begründet ist, hat entgegen der Meinung der Revision das Berufungsgericht auch die auf Feststellung des Nichtbestehens vertraglicher Ansprüche gerichtete Widerklage mit Recht abgewiesen.

23

4.

Die Kosten der erfolglos gebliebenen Revision sind nach § 97 Abs. 1 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen.

Hill
Rothe
Offterdinger
Dr. Grell
Richter am Bundesgerichtshof von der Mühlen ist beurlaubt und kann daher nicht unterschreiben, Hill