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Bundesgerichtshof
Urt. v. 07.07.1971, Az.: VIII ZR 228/69

Voraussetzungen für das Vorliegen eines Zurückbehaltungsrechts; Anforderungen an das Zustandekommen eines Verwahrungsvertrages; Umfang des Anspruchs auf Verwendungsersatz

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
07.07.1971
Aktenzeichen
VIII ZR 228/69
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1971, 11729
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Nürnberg - 19.09.1969

Fundstelle

  • DB 1971, 2155-2156 (Volltext)

Prozessführer

Firma Richard S. Gesellschaft mit beschränkter Haftung in F. (Bayern), H.straße ...,
vertreten durch den Geschäftsführer Richard S. in F. (Bayern), H.straße ...

Prozessgegner

Diplomingenieur Joseph V., B.Street, M., P. (J./Südafrika)

Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Juli 1971
unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Haidinger sowie
der Bundesrichter Dr. Gelhaar, Dr. Messner, Mormann und Dr. Hiddemann
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. September 1969 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein Bauunternehmen in der Bundesrepublik Deutschland. Sie gründete im Jahre 1953 in J.. Südafrikanische Union, unter der Firma Richard S. S.A. (Pty.) Ltd. eine Tochtergesellschaft. Im selben Jahre eröffneten der Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin Richard S. und der Dipl.-Ing. Hans G. in Johannesburg ein Ingenieurbüro unter der Bezeichnung J.J. G. & Partners. Der Beklagte war Angestellter dieses Ingenieurbüros in J..

2

In dem zwischen Richard S. und G. am 26. Juni 1953 abgeschlossenen Gesellschaftsvertrag war vorgesehen, daß Richard S. als finanzierender Partner durch die Klägerin oder deren südafrikanische Tochtergesellschaft die notwendigen Mittel zur Verfügung stellte, während G. die ständige Leitung des Ingenieurbüros in Südafrika übernehmen sollte. Die Klägerin kaufte zur Ausstattung des Ingenieurbüros Meßinstrumente, Rechenmaschinen und sonstige Geräte im Wert von etwa 18.000 DM und stellte diese über ihre Tochtergesellschaft der Firma G. & Partners als sogenanntes Sachwertdarlehen zur Verfügung. Die Geräte, deren Herausgabe die Klägerin mit der vorliegenden Klage verlangt, sollten erst mit Bezahlung des zwischen den Beteiligten vereinbarten Wertes Eigentum von G. & Partners werden. Im Dezember 1953 kehrte G. nach Deutschland zurück. Am 19. November 1954 kündigte S. das Gesellschaftsverhältnis fristlos auf. Am 24. November 1954 trat die Tochtergesellschaft der Klägerin sämtliche Ansprüche aus dem Darlehensvertrag, den sie mit G. & Partners über das Sachwertdarlehen und weitere Gelddarlehen abgeschlossen hatte, an die Klägerin ab. Da G. der fristlosen Kündigung widersprach, kam es zwischen ihm und der Klägerin sowie Richard S. zu einem Rechtsstreit über die Frage der Auflösung der Gesellschaft und der Rückzahlung der der Gesellschaft gewährten Darlehen (Aktenzeichen 24 O 82/55 LG Hamburg).

3

Anfang 1955 verlangte die südafrikanische Tochtergesellschaft der Klägerin mehrmals von G. Partners die Herausgabe der Meßinstrumente. Dieses Verlangen wurde von dem Angestellten von Go., der seit der Rückkehr G. nach Deutschland das Ingenieurbüro als dessen Vertreter leitete, zurückgewiesen. Als von Go. Mitte 1955 das Büro auflöste, gab er die Instrumente dem Beklagten in Verwahrung. Im Herbst 1955 nahm der Beklagte sie anläßlich seines Umzuges nach Pretoria im Einverständnis von Go. nach dorthin mit. Hier befinden sich die Sachen jedenfalls zum größten Teil noch heute. Bezüglich einiger der herausverlangten Gegenstände hat der Beklagte dagegen bestritten, daß er auch diese in Besitz habe.

4

Am 30. November 1956 schlossen die Klägerin und S. in dem Rechtsstreit 24 O 82/55 vor dem Landgericht Hamburg mit G. einen Vergleich. Darin ist u.a. bestimmt, daß die in der Verwahrung des Beklagten befindlichen Geräte nach Deutschland befördert werden und zwischen den Parteien nach noch näher zu treffender Vereinbarung, jedenfalls wertmäßig paritätisch, geteilt werden sollen. G., der den Abruf der Maschinen und Vermessungsgeräte übernommen hatte, bat daraufhin den Beklagten mit Schreiben vom 10. Januar 1957, die Geräte nach Deutschland zu versenden. Der Beklagte lehnte dies jedoch unter Hinweis auf seine Differenzen mit S. ab.

5

In der Zwischenzeit hatten der Beklagte und ein weiterer Angestellter namens von Kalmar Richard S. in J. auf Zahlung von rückständigem Gehalt und Schadensersatz verklagt. Am 16. April 1957 erwirkten sie ein rechtskräftiges Urteil des Obergerichts in Johannesburg über umgerechnet etwa 36.000 DM einschließlich Zinsen und Kosten. Durch rechtskräftiges Endurteil des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 19. Oktober 1965 (Aktenzeichen 3 U 199/64) ist die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil gegenüber Richard S. in Deutschland für zulässig erklärt worden. Noch ehe der Beklagte die Zwangsvollstreckung betreiben konnte, hat die Klägerin den dinglichen Arrest in seine titulierte Forderung erwirkt (Beschluß des Amtsgerichts Fürth vom 25. November 1965 - 4 G 61/65). Die vorliegende Klage ist die Klage zur Hauptsache wegen der dem Arrest zugrunde liegenden Forderung der Klägerin.

6

Mit der Klage verlangt die Klägerin Herausgabe der Vermessungsinstrumente und Rechenmaschinen sowie Zahlung einer Nutzungsentschädigung von monatlich 400 DM für die Benutzung bzw. Vorenthaltung der Geräte in der Zeit vom 1. Januar 1955 bis 31. Dezember 1965. Sie hat hiervon einen Teilbetrag von 25.000 DM eingeklagt. Der Beklagte hat ein Zurückbehaltungsrecht wegen der ihm in der Zeit von August 1955 bis Dezember 1967 durch die Verwahrung der Sachen entstandenen Kosten geltend gemacht, die er mit 411 Rand beziffert hat.

7

Das Landgericht hat den Beklagten Zug um Zug gegen Zahlung von 411 Rand zur Herausgabe derjenigen Geräte verurteilt, die unstreitig in seinem Besitz sind, und hat die Klage im übrigen abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Mit der Revision, um deren Zurückweisung der Beklagte bittet, verfolgt sie ihr ursprüngliches Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

8

I.

Die Revision wendet sich zunächst dagegen, daß das Berufungsgericht der Herausgabeklage nur Zug um Zug gegen Zahlung von 411 Rand stattgegeben hat. Damit kann sie jedoch keinen Erfolg haben.

9

Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht einen Anspruch des Beklagten auf Ersatz seiner Verwendungen und ein daraus resultierendes Zurückbehaltungsrecht bejaht. Soweit das Berufungsgericht diesen Anspruch auf § 693 BGB stützt, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden. Da der Beklagte mit der Klägerin keinen Verwahrungsvertrag abgeschlossen hat, können ihm ihr gegenüber aus einem solchen Vertrag auch keine Ansprüche zustehen. Damit entfällt auch ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB.

10

Der Verwendungsersatzanspruch des Beklagten ist jedoch aus § 994 BGB begründet und gibt ihm gemäß § 1000 BGB ein Zurückbehaltungsrecht gegenüber dem Herausgabeverlangen der Klägerin.

11

Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Beklagte - abgesehen von der Frage des Zurückbehaltungsrechts - zur Herausgabe der unstreitig in seinem Besitz befindlichen Geräte verpflichtet ist. Insoweit wird das Urteil weder von der Klägerin noch von dem durch diese Feststellung beschwerten Beklagten angegriffen. Damit ist davon auszugehen, daß die sogenannte Vindikationslage, welche die notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit der §§ 994 ff BGB darstellt, gegeben ist.

12

1.

Entgegen der Ansicht der Revision ist ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nicht etwa bereits deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte den Besitz an den Geräten durch verbotene Eigenmacht erlangt hätte (vgl. § 1000 Satz 2 BGB). Weder der Beklagte noch von Go., von dem der Beklagte seinen Besitz ableitet, haben eine verbotene Eigenmacht begangen. Insbesondere von Go. hat weder in unbefugter Weise eigenen Besitz an den Geräten begründet noch hat er unbefugterweise dem Beklagten Besitz an ihnen verschafft. Nachdem die Klägerin die Geräte der Firma G. & Partners überlassen hatte, war G. als Mitgesellschafter und Leiter des Ingenieurbüros in Südafrika unmittelbarer Besitzer der Gerätschaften. Von Go. war als weisungsgebundener Angestellter lediglich Besitzdiener. Zugunsten der Revision kann unterstellt werden, daß von Go. auch nach der Rückkehr G. nach Deutschland im Dezember 1953 nicht - wie das Berufungsgericht angenommen hat - Besitzer geworden, sondern weiterhin Besitzdiener geblieben ist. Gleichwohl hat er seinem Dienstherrn weder dadurch den Besitz entzogen, daß er die Sachen im Frühjahr 1955 kurze Zeit in einem von ihm und dem Beklagten betriebenen Ingenieurbüro benutzt hat, noch dadurch, daß er sie im Juni 1955 vorübergehend in einem Raum eingeschlossen hat. Darin könnte nur dann eine verbotene Eigenmacht gesehen werden, wenn von Go. damit zu erkennen gegeben hätte, daß er sich in Zukunft nicht mehr den Weisungen seines Besitzherrn unterwerfen wolle. Es fehlt jedoch jeglicher Anhaltspunkt dafür, daß sich diese Maßnahmen gegen den Besitzherrn G. richten und ihn in seiner Sachherrschaft irgendwie beeinträchtigen sollten. Nachdem G. bereits im Dezember 1953 Südafrika verlassen hatte und nachdem die beiden Gesellschafter G. und S. sich seit November 1954 in Deutschland über die Auflösung der Gesellschaft stritten und die Angestellten in Südafrika ihrem Schicksal überließen, ihnen auch kein Gehalt mehr zahlten, war von Go. als verantwortlicher Leiter des Büros und Vertreter G. berechtigt, die notwendigen Anordnungen über den Einsatz und die Unterbringung der Geräte zu treffen. Inwiefern sich diese Anordnungen gegen seinen Besitzherrn gerichtet haben sollen, ist nicht ersichtlich. Daß die südafrikanische Tochtergesellschaft der Klägerin in der ersten Hälfte des Jahres 1955 von Go. vergeblich zur Herausgabe der Geräte aufgefordert hat, ist unerheblich. Denn die Tochtergesellschaft war weder Besitzherrin noch Eigentümerin der Gegenstände. Sie konnte den Angestellten der Firma G. & Partners keine Weisungen erteilen. Baß von Go. die Sachen nicht an sie herausgegeben hat, zeigt im Gegenteil deutlich, daß er sich immer noch als Sachwalter der Interessen von G. & Partners gefühlt hat.

13

Der Angestellte von Go. hat schließlich auch nicht dadurch verbotene Eigenmacht begangen, daß er bei der endgültigen Auflösung des Büros die Geräte dem Beklagten in Verwahrung gegeben hat. Auch hierzu war er als Vertreter G. befugt. Als solcher mußte er bei der Auflösung des Büros die notwendigen Maßnahmen treffen, um die Gesellschaft vor einem Verlust der wertvollen Arbeitsgeräte zu bewahren. In diesem Zusammenhang ist es ebenfalls ohne Belang, ob von Go. zu dieser Zeit Besitzer oder Besitzdiener war. Auch als Besitzdiener konnte er dem Beklagten rechtswirksamen Besitz verschaffen. Ein Besitzdiener kann als Vertreter des Besitzherrn wirksam Besitz eines Dritten begründen (RGZ 71, 248, 253; Staudinger/Seuffert, BGB 11. Aufl. § 855 Anm. 13). Somit ist der Beklagte im Herbst 1955 rechtmäßig Besitzer der streitigen Gegenstände geworden, als von Go. sie ihm zur Aufbewahrung übergab.

14

2.

Ob der Beklagte auf Grund dieses Verwahrungsvertrages jedenfalls zu Beginn seiner Besitzzeit auch der Klägerin gegenüber zum Besitz berechtigt war, hat das Berufungsgericht nicht untersucht. Dies hängt davon ab, ob die Firma G. & Partners im Zeitpunkt der Übergabe zur Verwahrung ihrerseits noch auf Grund des Darlehensvertrages mit der Tochtergesellschaft der Klägerin zum Besitz der Geräte berechtigt war (§ 986 Abs. 1 Satz 1 BGB). Hierüber schwebte seinerzeit der Rechtsstreit vor dem Landgericht Hamburg zwischen der Klägerin und ihrem Gesellschafter Richard S. auf der einen Seite und G. auf der anderen Seite. Die Frage der Besitzberechtigung der Firma G. & Partners und damit des Beklagten kann jedoch auf sich beruhen. Auch wenn der Beklagte zeitweilig der Klägerin gegenüber berechtigter Besitzer war, ist er jetzt, wo er die Sachen gemäß § 985 BGB an sie herausgeben muß, nicht gehindert, für die ganze Zeit seines Besitzes Verwendungsersatz zu beanspruchen (BGHZ 34, 122, 131 f) [BGH 21.12.1960 - VIII ZR 89/59]. Denn ein zum Besitz berechtigter Fremdbesitzer kann nicht schlechter gestellt werden als ein gutgläubiger zum Besitz nicht berechtigter Fremdbesitzer in entsprechender Lage. War dagegen der Beklagte schon Mitte 1955 als von Go. ihm die Sachen in Verwahrung gab, gegenüber der Klägerin nicht zum Besitz berechtigt, weil in diesem Zeitpunkt G. & Partners gegenüber der Klägerin kein Recht mehr zum Besitz hatten, so beurteilt sich der Verwendungsersatzanspruch des Beklagten gegenüber der Klägerin unmittelbar nach §§ 994 ff BGB.

15

Nach § 994 BGB unterscheidet sich der Umfang dieses Anspruchs je nach dem, ob der Besitzer im Zeitpunkt, in dem er die Verwendungen machte, hinsichtlich seines Besitzrechts gutgläubig oder bösgläubig war. Bösgläubig wäre der Beklagte gewesen, wenn er gewußt hätte oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt hätte, daß G. & Partners, von denen er sein Recht zum Besitz herleitete, der Klägerin gegenüber nicht mehr zum Besitz berechtigt waren. Daß insoweit den Beklagten wenigstens grobe Fahrlässigkeit treffen könnte, ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht. Es genügte dafür nicht, daß der Beklagte den der Überlassung an G. & Partners zugrunde liegenden Vertrag von 1953 kannte. Es hätte sich ihm vielmehr die rechtliche Überzeugung aufdrängen müssen - unterstellt, daß diese richtig war -, daß die Klägerin von G. & Partners die Sachen herausverlangen konnte, nachdem deren beide Gesellschafter sich entzweit hatten, und daß bei dieser Sachlage auch der Beklagte der Klägerin gegenüber nicht zum Besitz berechtigt war. Eine solche Rechtsfrage zu beantworten, konnte nicht Sache eines juristischen Laien sein, wie der Beklagte es war. Für einen solchen lag es vielmehr nahe, sich aus dem Streit der Gesellschafter herauszuhalten. Die Klägerin hat deshalb nicht dargelegt, daß der Beklagte hinsichtlich seines Besitzrechts bösgläubig war. Dieser kann deshalb, weil die Verwahrung der Sachen für ihre Erhaltung notwendig war, die Kosten der Verwahrung als notwendige Verwendungen gemäß § 994 Abs. 1 BGB von der Klägerin ersetzt verlangen.

16

Das Berufungsgericht hat ihm also zu Recht gemäß § 1000 BGB ein Zurückbehaltungsrecht zugebilligt.

17

II.

Die Revision wendet sich weiterhin dagegen, daß das Berufungsgericht die Klage auf Herausgabe von 1 Nivellierinstrument, 3 Bodenplatten, 2 Feldschirmen, 2 Schutzfutteralen und 1 Distanzmesser abgewiesen hat. Das Berufungsgericht hat hierzu in tatsächlicher Hinsicht festgestellt, daß ein Besitz des Beklagten an diesen Geräten nicht bewiesen sei. Die hiergegen gerichtete Verfahrensrüge ist unbegründet. Die Revision meint, da die Klägerin in der Berufungsbegründung die Ansicht vertreten habe, der Beweis für einen Besitz des Beklagten sei erbracht, habe das Berufungsgericht die Klägerin gemäß § 139 ZPO darauf hinweisen müssen, daß es diese Ansicht nicht teile, um ihr Gelegenheit zur Benennung weiterer Beweismittel zu geben. Sie hätte sodann die erneute Vernehmung des Zeugen von Go. beantragt.

18

Zu einem derartigen Hinweis war das Berufungsgericht nicht verpflichtet. Die anwaltlich beratene Klägerin wußte, daß ihr der Beweis für den Besitz des Beklagten oblag. Bereits das Landgericht hatte diesen Beweis als nicht geführt bezeichnet. Wenn die Klägerin sich in der Auseinandersetzung mit diesem Urteil auf eine Würdigung der bereits erhobenen Beweise beschränkte, durfte das Berufungsgericht davon ausgehen, daß ihr weitere Beweismittel für ihre Behauptungen nicht zur Verfügung stünden. Es war nicht verpflichtet, sie auf die Notwendigkeit weiteren Beweises ausdrücklich hinzuweisen. Im übrigen ist es nicht ersichtlich, wie die Klägerin durch eine erneute Vernehmung des Zeugen von Go. den Nachweis führen will, daß der Beklagte im Besitz der streitigen Geräte ist. Da von Go. Südafrika im Jahre 1956 verlassen hat, wird er schwerlich etwas darüber sagen können, welche Sachen der Beklagte heute noch in Besitz hat. Einen Schadensersatzanspruch wegen Unmöglichkeit der Herausgabe hat die Klägerin nicht anhängig gemacht.

19

III.

Schließlich greift die Revision das Berufungsurteil an, weil es den Anspruch der Klägerin auf Zahlung einer monatlichen Nutzungsentschädigung abgewiesen hat. Auch insoweit hält das angefochtene Urteil jedoch einer Nachprüfung stand.

20

Da der Beklagte die Geräte während der Dauer seines Besitzes unstreitig nicht genutzt hat, kommen als Rechtsgrundlage für den Zahlungsanspruch der Klägerin nur entweder die Bestimmungen der §§ 990 Abs. 1, 987 Abs. 2 BGB oder der §§ 990 Abs. 2, 286 BGB in Betracht.

21

1.

Nach §§ 990 Abs. 1, 987 Abs. 2 BGB ist der bösgläubige oder verklagte unrechtmäßige Besitzer zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft Nutzungen nicht zieht, die er nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirtschaft ziehen könnte. Diese Haftung kann jedoch dann nicht eingreifen, wenn ein Fremdbesitzer eine Sache in Ausübung eines wirklichen oder vermeintlichen Rechtsverhältnisses innehat, das ihn nicht zur Nutzung berechtigen würde (Senatsurteil vom 1. April 1963 - VIII ZR 41/62 = LM § 987 BGB Nr. 7 = WM 1963, 561). Denn es stellt zumindest kein Verschulden dar, wenn der Fremdbesitzer entsprechend den von ihm - wenn auch zu Unrecht - in Anspruch genommenen Rechtsbeziehungen zum Eigentümer eine Nutzungsziehung unterläßt. Der Beklagte hat die Geräte auf Grund eines mit von Gottstein geschlossenen Verwahrungsvertrages sowie auf Grund seines Zurückbehaltungsrechts wegen der notwendigen Kosten der Verwahrung inne. Beide Rechtsverhältnisse berechtigten ihn nicht zur Nutzungsziehung. Deshalb scheidet eine Haftung nach §§ 990 Abs. 1, 987 Abs. 2 BGB wegen unterlassener Nutzung aus.

22

2.

Ein Schadensersatzanspruch wegen Vorenthaltung der Geräte nach §§ 990 Abs. 2, 284 ff BGB ist ebenfalls nicht begründet. Es fehlt bereits an der ersten Voraussetzung eines solchen Anspruchs, nämlich an einem Verzug des Beklagten mit der Herausgabe. Nach § 284 Abs. 1 BGB konnte der Beklagte entweder durch eine Mahnung der klagenden GmbH oder durch die Erhebung der Klage in Verzug geraten. Eine Mahnung des Beklagten seitens der Klägerin behauptet diese selbst nicht. Gemahnt haben den Beklagten lediglich G. durch sein Schreiben vom 10. Januar 1957 und S. persönlich durch Schreiben vom 1. Februar 1960.

23

a)

Das Schreiben G. vom 10. Januar 1957 lautet:

"Im Rahmen der Vergleichsverhandlungen mit Herrn S. habe ich übernommen, Sie zu veranlassen, die restlichen Maschinen (Rechenmaschinen und Vermessungsinstrumente) nach Deutschland zu liefern.

Transportkosten werden von Herrn S. und mir übernommen."

24

Dieses Schreiben enthielt schon deshalb keine ordnungsgemäße Mahnung im Sinne des § 284 BGB zur Herausgabe, weil vom Beklagten etwas verlangt wurde, was er nicht schuldete. Er schuldete lediglich die Herausgabe in Südafrika, nicht die Übersendung der Sachen nach Deutschland. Zur Herausgabe durch den Beklagten war außerdem ein Tätigwerden der Klägerin als Gläubigerin, nämlich das Abholen der Sachen in Südafrika erforderlich. In einem solchen Falle, wenn zur Leistung durch den Schuldner eine weitergehende Tätigkeit des Gläubigers als die bloße Annahme erforderlich ist, ist die Mahnung nur wirksam, wenn der Gläubiger das seinerseits zur Zeit Erforderliche vornimmt, also sich am Leistungsort einfindet (Enneccerus/Lehmann, Schuldrecht, 15. Aufl. § 51 II 2 b). Da es hieran fehlt, konnte das Schreiben des G. den Beklagten nicht in Verzug setzen. Es bedarf deshalb nicht der Prüfung, ob die Klägerin sich das Schreiben G. überhaupt als eigenes Mahnschreiben zurechnen darf.

25

b)

Das Schreiben vom 1. Februar 1960 sandte S. persönlich (nicht die klagende GmbH) an den Beklagten, als dieser mit seiner Vollstreckungsklage gegen S. in der ersten Instanz abgewiesen war. In dem Schreiben heißt es, nachdem eingangs S. seine Anwaltskosten aus dem Vollstreckungsrechtsstreit dem Beklagten zur Zahlung aufgegeben hatte:

"... Zugleich fordere ich Sie mit allem Nachdruck auf, die bisher von Ihnen noch zurückgehaltenen Geräte, die im Besitz der seinerzeit igen Firma J.J. G. & Partners waren und mir gehören, unverzüglich an mich oder Herrn G. zurückzusenden ... Es handelt sich hierbei um folgende Geräte und Gegenstände: ...

Die anfallenden Transportkosten, Abfertigungskosten oder was sonst an Kosten für den Versand anfällt, werden von mir übernommen. ...

Falls Sie nicht bereit sind, den Abtransport der Geräte selbst vorzunehmen, muß ich Sie bitten, mir eine Bestätigung darüber zu schikken, daß Sie diese Geräte einem von Herrn G. und mir beauftragten Abholer aushändigen.

Ich sehe Ihrer umgehenden Erledigung in der einen oder anderen Form bis zum 15. Februar 1960 entgegen. ..."

26

Mit Recht verneint das Berufungsgericht das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Mahnung insoweit, als S. in erster Linie vom Beklagten Rücksendung der Sachen verlangte, weil der Beklagte hierzu nicht verpflichtet gewesen sei. Es ist ferner der Ansicht, der Beklagte habe auch der weiteren Bitte S., zu bestätigen, daß er bereit sei, die Geräte einem Abholer auszuhändigen, nicht zu entsprechen brauchen. Das wird von der Revision nicht beanstandet und läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Denn die Mahnung S. ließ nicht erkennen, daß es sich um einen Herausgabeanspruch eines Dritten, nämlich der Klägerin, handelte. S. bezeichnet sich vielmehr ausdrücklich selbst als Eigentümer der Geräte. Diesem gegenüber stand dem Beklagten aber ein Zurückbehaltungsrecht wegen seiner rechtskräftig zuerkannten Gehaltsansprüche zu, auf das er sich - wie die Klägerin selbst vorträgt - bereits vorher berufen hatte.

27

c)

Auch die Klage selbst hat den Beklagten nicht in Verzug gesetzt. Denn bereits in der Klagebeantwortung hat er sich auf sein Zurückbehaltungsrecht wegen der Verwendungen berufen. Damit hat er den Eintritt des Verzuges wirksam verhindert.

28

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Dr. Haidinger
Dr. Gelhaar
Bundesrichter Dr. Messner ist beurlaubt und ortsabwesend, und deshalb an der Leistung seiner Unterschrift verhindert. Dr. Haidinger
Mormann
Dr. Hiddemann