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Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.03.1971, Az.: V ZR 166/68

Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung ; Sicherung einer Forderung durch eine Grundschuld; Anforderungen an einen Erbauseinandersetzungsvertrag

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
19.03.1971
Aktenzeichen
V ZR 166/68
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1971, 12207
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Celle - 05.07.1968
LG Bückeburg - 30.11.1967

Fundstellen

  • BGHZ 56, 22 - 26
  • DB 1971, 1353 (Volltext)
  • MDR 1971, 567 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

Lagermeister Georg M. in E. Nr. ...

Prozessgegner

Bankhaus H. & Co. in H., N. W.,
vertreten durch die persönlich haftenden Gesellschafter Bankkaufmann Rudolf H. und Bankkaufmann Erich M., ebenda.

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Hat der Schuldner bei einer im Zwangsversteigerungsverfahren bestehen bleibenden Grundschuld seine durch diese gesicherte persönliche Schuld nicht angemeldet, so hat er, wenn er aus dieser Schuld von dem Grundschuldgläubiger in Anspruch genommen wird, gegen den Ersteher einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.

  2. b)

    Hat der Ersteher die Grundschuld und die durch sie gesicherte Forderung durch Abtretung erworben, so steht dem Schuldner, wenn die persönliche Forderung gegen ihn geltend gemacht wird, wegen des Bereicherungsanspruchs der Einwand der Arglist zu, der die Geltendmachung der persönlichen Forderung auf die Dauer ausschließt.

  3. c)

    War die persönliche Forderung zugunsten des Grundschuldgläubigers durch eine weitere, ebenfalls an den Ersteher abgetretene Grundschuld an dem Grundstück eines anderen gesichert, so steht diesem der Anspruch auf Löschung der auf seinem Grundstück lastenden Grundschuld jedenfalls dann zu, wenn er von dem Schuldner von allen mit der Grundschuld zusammenhängenden Verpflichtungen freizustellen war.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 5. März 1971
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Augustin und
der Bundesrichter Dr. Rothe, Dr. Freitag, Dr. Mattern und Dr. Grell
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 5. Juli 1968 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bückeburg vom 30. November 1967 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1

Der am 15. Januar 1962 verstorbene Vater des Klägers, der Korbwarenfabrikant Hermann M., war Eigentümer der im Grundbuch von E. Band ... Blatt ...2 unter Nr. 4, 5, 9 und 11 des Bestandsverzeichnisses und der im Grundbuch von E. Band 6 Blatt ...0 unter Nr. 15, 16 and 17 des Bestandsverzeichnisses eingetragenen Grundstücke. Im Zeitpunkt seines Todes hatte er gegenüber der Volksbank Rinteln (im folgenden Volksbank genannt) Kreditverbindlichkeiten in Höbe von rund 43.000 DM, zu deren Sicherung die im Grundbuch von Exten Band 3 Blatt 62 Abt. III Nr. 4 und 5 eingetragenen Grundschulden über 10.000 DM und 20.000 DM und die im Grundbuch von E. Band ... Blatt ...0 Abt. III Nr. 6 eingetragene Grundschuld über 8.000 DM dienten. In der Eintragungsbewilligung für die letztere Grundschuld vom 9. Februar 1951 hatte der Erblasser u.a. erklärt:

"Die Grundschuld ... soll zur Sicherung aller gegenwärtigen Forderungen dienen, die der Gläubigerin gegen mich und meinen Rechtsnachfolger zustehen oder noch erwachsen werden."

2

Auf Grund des Erbauseinandersetzungsvertrags vom 21. Dezember 1962 erhielt der Kläger die im Grundbuch von Exten Band 6 Blatt 190 eingetragenen Grundstücke und das im Grundbuch von E. Band ... Blatt ...2 unter Nr. 5 des Bestandsverzeichnisses eingetragene (von der Volksbank aus der Pfandhaft entlassene) Grundstück. Die restlichen im Grundbuch von E. Band ... Blatt ...2 eingetragenen Grundstücke wurden der Schwester des Klägers Gisela W. geb. M. zugeteilt. Diese übernahm die "auf dem Grundbesitz ruhenden Schulden" und verpflichtete sich, die im Grundbuch von Exten Band 6 Blatt 190 eingetragene Grundschuld über 8.000 DM zu tilgen und den Kläger von allen mit dieser Grundschuld zusammenhängenden Verpflichtungen freizustellen. Diese Verpflichtung erfüllte Frau Watermann bisher nicht.

3

Nach ihrer Eintragung als Eigentümerin belastete Frau Watermann ihren Grundbesitz in der Zeit von Ende August 1963 bis Juli 1964 u.a. mit drei Grundschulden über 15.000 DM, 10.000 DM und 10.000 DM für die Volksbank (Abt. III Nr. 7, 8 und 11) und einer Grundschuld über 120.000 DM für die Beklagte (Abt. III Nr. 9 a). Diese erwirkte außerdem am 27. August 1964 die Eintragung einer Zwangshypotek über 25.000 DM (Abt. III Nr. 12).

4

Das Grundstück Nr. 4 des Bestandsverzeichnisses wurde von Frau Watermann lastenfrei veräußert.

5

Frau W. geriet in Vermögens verfall. Sie schuldete u.a. der Volksbank per 30. Mai 1965 den Betrag von 82.376,58 DM. Auch die Beklagte hatte gegen sie bedeutende Forderungen.

6

Auf Antrag der Beklagten wurde die Zwangsversteigerung der restlichen Grundstücke der Frau W. (Nr. 9 und 11 des Bestandsverzeichnisses) angeordnet. Die Grundstücke wurden am 31. März 1965 der Beklagten zugeschlagen.

7

Nach den Versteigerungsbedingungen blieben u.a. die fünf Grundschulden der Volksbank im Gesamtbetrag von 65.000 DM bestehen. Die durch diese Grundschulden gesicherte Forderung hatte Frau W. weder vor noch in dem Versteigerungstermin gemäß § 53 Abs. 2 ZVG angemeldet.

8

Aus der Teilungsmasse wurden der Volksbank 16.073,62 DM zugeteilt. Dadurch verringerte sich deren Forderung gegen Frau W. auf (82.376,58 DM - 16.073,62 DM =) 66.302,96 DM.

9

Im Mai 1965 stellte die Beklagte der Volksbank einen Betrag in dieser Höbe zur Verfügung, worauf die Volksbank ihre Restforderung gegen Frau W. und die Grundschulden im Gesamtbetrag von 65.000 DM an die Beklagte abtrat. Später trat die Volksbank auch die auf den Grundstücken des Klägers lastende Grund schuld über 8.000 DM an die Beklagte ab.

10

Frau Watermann bat bisher an die Beklagte keine Zahlungen geleistet.

11

Die Beklagte veräußerte das Grundstück Nr. 9 sowie Teile des Grundstücks Nr. 11 des Bestandsverzeichnisses lastenfrei und ließ die in Abt. III Nr. 11 eingetragene Grundschuld über 10.000 DM löschen. Den restlichen Teil des Grundstücks Nr. 11, zuletzt als Nr. 12 des Bestandsverzeichnisses eingetragen, erwarb der Kaufmann We. für 130.000 DM. Er wurde am 25. August 1966 als Eigentümer eingetragen. Die Grundschulden Abt. III Nr. 4, 5, 7 und 8 im Gesamtbetrag von 55.000 DM, die von der Volksbank an die Beklagte abgetreten worden waren, blieben bestehen und sichern zusammen mit einer neu eingetragenen Grundschuld über 75.000 DM (Abt. III Nr. 13) die in ein Darlehen umgewandelte Kaufpreisforderung der Beklagten.

12

Der Kläger hat Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung der Löschung der Grundschuld über 8.000 DM beantragt. Hilfsweise hat er beantragt, diese Löschung Zug um Zug gegen Zahlung von 1.302,96 DM nebst Zinsen zu bewilligen.

13

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

14

Das Landgericht hat den Hauptantrag des Klägers abgewiesen und auf dessen Hilfsantrag die Beklagte verurteilt, die Löschung der Grundschuld Zug um Zug gegen Zahlung von 1.302,96 DM nebst 8,5 % Zinsen seit dem 30. Mai 1965 zu bewilligen.

15

Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagten die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

16

Mit seiner von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts. Die Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

17

Die Revision ist begründet.

18

1.

Dem Berufungsgericht ist allerdings darin beizutreten, daß hinsichtlich der durch die Grundschulden der Volksbank gesicherten persönlichen Schuld der Frau W. für eine auch nur sinngemäße Anwendung des § 415 Abs. 3 BGB und damit für eine Erfüllungsübernahme durch die Beklagte als Ersteherin kein Raum ist. Eine solche Erfüllungsübernahme hätte nur dann vorgelegen, wenn Frau W. die Forderung der Volksbank nach § 53 Abs. 2 ZVG angemeldet hätte; denn nur dann wäre die Beklagte gegenüber Frau W. verpflichtet gewesen, diese von ihrer Verbindlichkeit gegenüber der Volksbank zu befreien (RGZ 84, 378, 381; Jaeckel/Güthe ZVG 7. Aufl, § 53 Anm. 6).

19

2.

Im übrigen vermag der Senat dem Berufungsgericht jedoch nicht zu folgen.

20

Dadurch, daß die fünf Grundschulden der Volksbank bei der Zwangsversteigerung der Grundstücke der Frau W. nach § 52 ZVG bestehen blieben, ist die Beklagte als Ersteherin in Höbe des Nennbetrags der Grundschulden von einer Zahlung befreit worden, so daß die Übernahme dieser dinglichen Rechte einen Teil des Versteigerungserlöses bildete (KG HRR 1929 Nr. 958). Hierauf beruht offensichtlich die Vorschrift des § 53 ZVG, nach dessen Abs. 1 der Ersteher bei einer Hypothek die persönliche Schuld in Höbe der Hypothek übernimmt und nach dessen Abs. 2 das gleiche gilt, wenn bei einer Grundschuld der Schuldner zugleich persönlich haftet. Im letzteren Fall wurde allerdings mit Rücksicht darauf, daß der Ersteher, der bei einer Grundschuld von dem Nichtbestehen einer persönlichen Verbindlichkeit ausgehen darf, nicht hinterher von dem Vorhandensein einer solchen überrascht wird, die Übernahme der persönlichen Verbindlichkeit von deren Anmeldung und Glaubhaftmachung durch den Schuldner abhängig gemacht (Jaeckel/Güthe a.a.O. § 53 Anm. 3).

21

Hat der persönliche Schuldner, wie hier Frau W., die Anmeldung der gegen ihn gerichteten Forderung des Grundschuldgläubigers unterlassen, so hat das nicht den Verlust seiner Rechte zur Folge. Er kann zwar jetzt nicht mehr von dem Ersteher die Befreiung von seiner Verbindlichkeit verlangen. Wie allgemein anerkannt ist, steht ihm aber, wenn er aus seiner persönlichen Schuld in Anspruch genommen wird, gegen den Ersteher ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) zu, weil dieser durch die Bezahlung der persönlichen Schuld (im Ergebnis: vgl. §§ 1169, 1192 Abs. 2 BGB) von seiner dinglichen Schuld ohne Gegenleistung befreit wurde und damit auf Kosten des Schuldners bereichert ist (KG HRR 1929 Nr. 958; Wolff ZVG 3. Aufl. § 53 Anm. 7; Steiner/Riedel ZVG 7. Aufl. § 53 Anm. 2; Jaeckel/Güthe a.a.O. § 53 Anm. 3; Zeller ZVG 7. Aufl. § 53 Anm. 3; Drischler Rpfl JB 1961, 292 B II d S. 303). Soweit die Ansicht vertreten wird, daß der Ersteher wegen des gegen ihn gerichteten Bereicherungsanspruchs nur "mit dem Grundstück" haftet (so Jaeckel/Güthe a.a.O.), vermag ihr der Senat nicht zu folgen.

22

Aus dieser Rechtslage ergibt sich für den vorliegenden Fall, daß die Beklagte in ihrer Eigenschaft als Ersteherin, wenn sie die persönliche Forderung, die durch die Grundschulden gesichert war, gegen Frau Watermann geltend macht, dieser den Betrag der persönlichen Forderung sofort wieder zurückzuzahlen hat. Das begründet nach der eigenen Auffassung des Berufungsgerichts den Arglisteinwand aus § 242 BGB, der die Geltendmachung der persönlichen Forderung, soweit sie durch die Grundschulden gesichert war, und damit in Höbe von 65.000 DM auf die Dauer ausschließt. Das hat seinerseits zur Folge, daß der Beklagten die Grundschuld über 8.000 DM nur noch zur Sicherung des den Betrag von 65.000 DM übersteigenden Teils der persönlichen Forderung und damit nur noch zur Sicherung einer Forderung in Höhe von (66.302,96 DM - 65.000 DM =) 1.302,96 DM gebührt, im übrigen aber ohne Rechtsgrund zusteht.

23

Diese aus der Rechtsposition der Frau W. erwachsene Rechtslage kann aber auch der Kläger als Eigentümer der mit der Grundschuld über 8.000 DM belasteten Grundstücke gemäß §§ 1169, 1192 Abs. 1 BGB jedenfalls deshalb geltend machen, weil Frau W. sich nach dem insoweit in dem Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Inhalt des Erbauseinandersetzungsvertrags vom 21. Dezember 1962 gegenüber dem Kläger verpflichtet hatte, die Grundschuld zu tilgen und den Kläger von allen mit dieser Grundschuld zusammenhängenden Verpflichtungen freizustellen.

24

Daraus folgt, daß der Kläger von der Beklagten die Bewilligung der Löschung der Grundschuld verlangen kann, und zwar, wie das Landgericht zutreffend entschieden hat, Zug um Zug gegen Tilgung der durch die Grundschuld noch gesicherten Restforderung von 1.302,96 DM nebst 8,5 % Zinsen seit dem 30. Mai 1965. Bedenken, die gegen die Fälligkeit dieser Restforderung sowie gegen den von dem Landgericht festgesetzten Zinssatz und den weiter festgesetzten Beginn der Zinspflicht sprechen könnten, sind weder ersichtlich noch von den Parteien dargetan worden.

25

3.

Auf die Revision des Klägers war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 97 ZPO.

Dr. Augustin
Rothe
Dr. Freitag
Mattern
Dr. Grell