Bundesgerichtshof
Urt. v. 14.03.1969, Az.: V ZR 61/66
Duldung der Zwangsvollstreckung aus einer Sicherungshypothek; Auslegung einer Eintragungsbewilligung nach Wortlaut und Sinn; Nichtübereinstimmung von Einigung und Eintragung im Grundbuch in Bezug auf die Person des Schuldners der zu sichernden Forderung
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 14.03.1969
- Aktenzeichen
- V ZR 61/66
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1969, 11855
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Celle - 08.03.1966
Rechtsgrundlagen
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 14. März 1969
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Augustin und
der Bundesrichter Dr. Rothe, Dr. Freitag, Offterdinger und Dr. Grell
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 8. März 1966 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, den auch die Entscheidung über die Kosten der Revision übertragen wird.
Tatbestand
Auf dem Hausgrundstück des Beklagten in H., P.straße ... ist am 3. Dezember 1962 für den Kläger eine "Sicherungshypothek für eine unverzinsliche Forderung von 15.000 DM" eingetragen worden. Nach der notariell beglaubigten Eintragungsbewilligung vom 6. November 1962, auf die in dem Eintragungsvermerk im übrigen Bezug genommen und die von Frau Pa. geb. P., einer Tochter des Beklagten, als Generalbevollmächtigte ihres Vaters abgegeben worden ist, sollte die Sicherungshypothek für Forderungen aus Geschäftsverbindung eingetragen werden. Diese vier Worte "für Forderungen aus Geschäftsverbindung" sind von dem Notar nachträglich handschriftlich eingefügt worden, nachdem das Grundbuchamt beanstandet hatte, es fehle die Bezeichnung der Forderung.
In der Eintragungsbewilligung heißt es weiter:
"Nicht zur Eintragung in das Grundbuch bestimmt ist folgendes: Die Sicherungshypothek wird ausschließlich auf Grund der Ziffer 6 des zwischen der Unterzeichneten, deren Ehemann und dem Berechtigten abgeschlossenen Vertrages vom 5. November 1962 bestellt".
Dieser (privatschriftliche) Vertrag, der nicht zu den Grundakten eingereicht worden ist und bei dessen Abschluß der Ehemann Pa. im eigenen Namen und auch in Generalvollmacht für seine Ehefrau gehandelt hatte, enthält Vereinbarungen der Eheleute Pa. einerseits und des Klägers andererseits über die Herausgabe einer Zeitschrift für Autobahnbenutzer, bei der dem Kläger die verlegerischen Aufgaben und dem Ehemann Pa, die Schriftleitung und die Anzeigenwerbung zufallen sollten. In Nr. 6 des Vertrages heißt es:
"Das Geschäftsrisiko, wird geteilt. Herr J. (Kläger) übernimmt die Finanzierung, sobald Frau Pa. eine unwiderrufliche hypothekarische Grundschuld zu Gunsten des Herr J. in Höhe von 15.000 DM zu Lasten des Grundstücks H.-L., P.straße ..., eingetragen auf Heinrich P. (Beklagter), notariell bewilligt hat. ..."
Mit Schreiben vom 28. Januar 1963 hat der Ehemann Pa. gegenüber den Kläger beanstandet, daß dieser trotz Eintragung der Hypothek von 15.000 DM bisher erst 6.000 DM zur Verfügung gestellt habe.
Nachdem es zur Herausgabe der Zeitschrift nicht gekommen und der Kläger von dem Vertrag zurückgetreten war, erwirkte der Kläger ein rechtskräftig gewordenes Versäumnisurteil vom 13. Februar 1964, durch das die Eheleute Pa. als Gesamtschuldner verurteilt worden sind, an den Kläger 12.186,42 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Wegen dieser Urteilsforderung sowie Kostenforderungen in Höhe von 2.681,09 DM und Zinsforderungen in Höhe von 1.500 DM nimmt der Kläger den Beklagten auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der Sicherungshypothek in Anspruch.
Er hat Aufrechterhaltung des Vollstreckungsbefehls vom 16. Juli 1963 beantragt, durch den dem Beklagten aufgegeben worden ist, wegen eines Anspruchs auf Zahlung von 15.000 DM die Zwangsvollstreckung aus der Sicherungshypothek zu dulden.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage unter Aufhebung des Vollstreckungsbefehls abzuweisen.
Er hat u.a. eingewendet, die Sicherungshypothek sei nicht wirksam entstanden, weil die Eintragungsbewilligung keine Erklärung dahin enthalte, daß die Sicherungshypothek zur Sicherung von Ansprüchen des Klägers aus Geschäftsverbindung mit den Eheleuten Pa. eingetragen werden solle.
Die Klage blieb in den Vorinstanzen ohne Erfolg.
Mit der von dem Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.
Entscheidungsgründe
1.
Das Berufungsgericht ist unter Bezugnahme auf OLG Hamm (JW 1933, 2921) und BGB RGRK (11. Aufl. § 1115 Anm. 25) der Auffassung, daß eine Hypothek gemäß § 873 Abs. 1 BGB dann nicht entsteht, wenn in Beziehung auf die Person des Schuldners der zu sichernden Forderung Einigung und Eintragung im Grundbuch nicht übereinstimmen. Der nach seiner Auffassung gegenteiligen Ansicht des Reichsgerichts (Gruchot 58, 1033) und des überwiegenden Teils des Schrifttums (vgl. Palandt BGB 25. Aufl. § 1115 Anm. 3; Meikel/Imhof/Riedel Grundbuchrecht 6. Aufl. § 3 GBO Anm. 340), wonach die unrichtige Bezeichnung des Schuldners niemals als Nichtigkeitsgrund in Betracht komme, sondern nur eine Unrichtigkeit des Grundbuchs herbeiführe, vermochte das Berufungsgericht mit der Begründung nicht zu folgen, sie lasse außer acht, daß wegen der Wesensart der Hypothek, die durch die enge Verbindung zwischen Hypothek und Forderung gekennzeichnet sei, die Bestimmung der Forderung den Erfordernissen des § 873 Abs. 1 BGB entsprechen müsse.
In Anwendung dieser Grundsätze erachtet das Berufungsgericht die zugunsten des Klägers eingetragene Sicherungshypothek als nicht entstanden, weil die Eintragung im Grundbuch mangels einer abweichenden Angabe des persönlichen Schuldners auf den Grundstückseigentümer und damit auf den Beklagten als Schuldner hinweise, nach der Einigung die Sicherungshypothek aber Forderungen aus der Geschäftsverbindung des Klägers mit den Eheleuten Pa. habe sichern sollen. Dem Umstand, daß nach dem Inhalt der die Eintragungsbewilligung enthaltenden Urkunde vom 6. November 1962 die Sicherungshypothek ausschließlich auf Grund der Ziffer 6 des zwischen den Eheleuten Pa. und dem Kläger abgeschlossenen Vertrags vom 5. November 1962 bestellt werde, hat das Berufungsgericht mit der Begründung keine Bedeutung beigenessen, dieser Teil der Urkunde vom 6. November 1962 gehöre nach dem ihm vorausgehenden Satz "Nicht zur Eintragung in das Grundbuch bestimmt ist folgendes:" nicht zur Eintragungsbewilligung. Aber auch aus den gesamten Inhalt der Urkunde vom 6. November 1962 vermochte das Berufungsgericht nicht zu entnehmen, daß ein anderer als der Grundstückseigentümer Schuldner der gesicherten Forderung sei. Zur Begründung führt es aus, da die Ehefrau Pa. eingangs der Urkunde vom 6. November 1962 darauf verweise, als Generalbevollmächtigte des Grundstückseigentümers zu handeln und am Schluß nicht erwähne, den Vertrag vom 5. November 1962 im eigenen Namen geschlossen zu haben, müsse sich einem unbeteiligten Dritten als nächstliegende Möglichkeit aufdrängen, daß Frau Pa. auch jenen Vertrag auf Grund der Generalvollmacht als Vertreterin des Grundstückseigentümers geschlossen habe.
2.
Eines Eingehens auf die von dem Berufungsgericht aufgeworfenen Rechtsfragen bedarf es nicht, weil das angefochtene Urteil schon aus folgenden Gründen keinen Bestand haben kann:
Da das Revisionsgericht Grundbucheintragungen so wie die darin in Bezug genommenen Eintragungsbewilligungen selbständig würdigen und auslegen kann (Urteil des Senats vom 23. Mai 1962, V ZR 123/60, BGHZ 37, 147, 148/149), ist der Senat an die Auslegung der die Eintragungsbewilligung enthaltenden Urkunde vom 6. November 1962 durch das Berufungsgericht nicht gebunden. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, daß bei der Auslegung einer Eintragungsbewilligung auf ihren Wortlaut und Sinn abgestellt werden muß, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (Urteile des Senats vom 10. Mai 1961, V ZR 34/609 LM § 1018 BGB Nr. 5 und vom 2. Dezember 1965, V ZR 173/62, LM § 1018 BGB Nr. 11), vermag der Senat dem Berufungsgericht zunächst darin nicht zu folgen, daß der Passus, die Hypothek werde ausschließlich auf Grund der Ziffer 6 des zwischen Frau Pa., deren Ehemann und dem Kläger abgeschlossenen Vertrags vom 5. November 1962 bestellt, nicht zur Eintragungsbewilligung gehöre. So lautet nämlich der diesem Passus unmittelbar vorausgehende Satz nicht. Er besagt vielmehr nach seinen Wortlaut, daß der nachfolgende Passus nicht zur Eintragung in das Grundbuch bestimmt ist, also nicht in das Grundbuch selbst eingetragen werden soll, nicht aber, daß er nicht zur Eintragungsbewilligung gehört; das gilt jedenfalls, soweit CD um den Schuldner der zu sichernden Forderung geht.
Ist aber der Passus, daß die Sicherungshypothek ausschließlich auf Grund der Ziffer 6 des zwischen Frau Pa., deren Ehemann und dem Kläger abgeschlossenen Vertrags vom 5. November 1962 bestellt werde, Bestandteil der Eintragungsbewilligung, dann kann dem Berufungsgericht weiter darin nicht gefolgt werden, daß auch aus dem gesamten Inhalt der Urkunde vom 6. November 1962 sich nicht entnehmen lasse, daß ein anderer als der Grundstückseigentümer Schuldner der gesicherten Forderung sei. Die von dem Berufungsgericht hierfür gegebene Begründung, mit Rücksicht darauf, daß Frau Pa. eingangs der Urkunde vom 6. November 1962 darauf verweise, als Generalbevollmächtigte des Grundstückseigentümers zu handeln und am Schluß nicht erwähne, den Vertrag vom 5. November 1962 im eigenen Namen geschlossen zu haben, müsse sich einem unbeteiligten Dritten als naheliegende Möglichkeit aufdrängen, daß Frau Pa. auch diesen Vertrag als Generalbevollmächtigte des Grundstückseigentümers abgeschlossen habe, findet in dem Wortlaut der gesamten Eintragungsbewilligung keine Stütze. Gerade aus dem Umstand, daß Frau Pa. nur eingangs der Urkunde vom 6. November 1962, nämlich nur bei der Bewilligung und Beantragung der Eintragung der Sicherungshypothek, also bei der Eintragungsbewilligung im engeren Sinne, auf die Generalvollmacht ihres Vaters hinweist, ist aus den Wortlaut der Urkunde vom 6. November 1962 das Gegenteil, nämlich der Abschluß des Vertrags vom 5. November 1962 durch Frau Pa. im eigenen Namen zu entnehmen. Hinzu kommt, daß, wie von der Revision zutreffend hervorgehoben wird, der Vertrag vom 5. November 1962 auch von dem Ehemann Pa. als weiterem Vertragsgegner des Klägers geschlossen worden ist, der Ehemann Pa. aber unbestritten keine Vollmacht des Grundstückseigentümers gehabt hat.
Bei dieser Sachlage ergibt sich aus Wortlaut und Sinn der Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung der eingetragenen Sicherungshypothek, daß sie der Sicherung von Forderungen des Klägers aus Geschäftsverbindung mit den Eheleuten Pa. dienen sollte.
3.
Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestand haben. Der Rechtsstreit ist aber noch nicht zur Entscheidung im Sinne der Klage reif, weil zunächst die übrigen Einwendungen des Beklagten, mit denen insbesondere die fehlende Valutierung der Sicherungshypothek behauptet wird, noch der tatrichterlichen Würdigung bedürfen.
Auch aus einem anderen Grund stellt sich die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht als richtig dar (§ 563 ZPO). Die Revisionserwiderung macht zwar in dieser Hinsicht geltend, die Bewilligung der Sicherungshypothek durch Frau Pa. sei deshalb unwirksam, weil die Hypothek der Sicherung einer gegen Frau Pa. bestehenden oder entstehenden Forderung diene und Frau Pa. in der Generalvollmacht nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit worden sei. Hierbei wird jedoch von der Revisionserwiderung übersehen, daß die Generalvollmacht die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB enthält.
Das angefochtene Urteil war somit aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Diesen war auch die Entscheidung über die Kosten der Revision zu übertragen.
Rothe
Dr. Freitag
Bundesrichter Offterdinger ist ortsabwesend und deshalb an der Unterzeichnung verhindert
Dr. Grell