Bundesgerichtshof
Urt. v. 28.06.1968, Az.: I ZR 156/66
Kontokorrentabrede mit der Konsequenz des Untergangs der in die laufende Rechnung aufgenommenen beiderseitigen Ansprüche und Leistungen durch Anerkennung des Saldos als Einzelforderungen; Anspruch aus dem Saldoanerkenntnis als neue, auf einem selbstständigen Verpflichtungsgrund beruhende, vom früheren Schuldgrund losgelöste Forderung anstelle der bisherigen Einzelforderung; Lehre vom Staffelkontokorrent als Erteilung von Kontoauszügen (Tagesauszügen) nach jedem Buchungsvorgang
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 28.06.1968
- Aktenzeichen
- I ZR 156/66
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1968, 11749
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Hamm - 06.06.1966
- LG Arnsberg - 19.11.1965
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 50, 277 - 284
- DB 1968, 1705-1707 (Volltext mit amtl. LS)
- JZ 1968, 668-670 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1968, 821-823 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1968, 2100-2102 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Stadt Sparkasse zu M., M.
Prozessgegner
Kaufmann Walter K., M., H.
Amtlicher Leitsatz
- a)
Beim Sparkassen-Kontokorrent (Allg. Geschäftsbedingungen, Fassung November 1957, Nr. 9, 10) ist mangels anderweitiger Vereinbarung in der Übersendung von Kontoauszügen (Tagesauszügen) kein Rechnungsabschluß mit schuldumschaffender Wirkung zu erblicken.
- b)
Die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters für die bei seinem Ausscheiden bestehende Kontokorrentschuld der offenen Handelsgesellschaft wird begrenzt durch den niedrigsten nach seinem Ausscheiden gezogenen Saldo eines periodischen Rechnungsabschlusses (Ergänzung zu BGHZ 26, 142, 150) [BGH 28.11.1957 - VII ZR 42/57].
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Juni 1968
unter Mitwirkung
der Bundesrichter Pehle, Dr. Sprenkmann, Dr. Mösl, Alff und Dr. Simon
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Rechtsmittel der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juni 1966 aufgehoben und das Schlußurteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Arnsberg vom 19. November 1965 abgeändert, soweit es zum Nachteil der Klägerin erkannt hat.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.893,21 DM nebst Zinsen in Höhe von 8,5 v.H. seit 31. Dezember 1960, 8 v.H. seit 20. Januar 1961, 7,5 v.H. seit 5. Mai 1961 und 8 v.H. seit 22. Januar 1965 zu zahlen.
Der Beklagte hat auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die klagende Sparkasse gewährte der offenen Handelsgesellschaft D. und Co. einen laufenden Kredit in Form eines Überziehungskredits. Der Beklagte war Gesellschafter der Kreditnehmerin. Er schied am 3. Mai 1960 als persönlich haftender Gesellschafter aus; sein Ausscheiden wurde am selben Tage im Handelsregister eingetragen. Die Schuld der Gesellschaft gegenüber der Klägerin betrug an diesem Tage 4.363,92 DM; sie sank zum 4. November 1960 auf 753,83 DM ab, stieg aber zum 31. Dezember 1960 wieder auf 3.647,04 DM an und vergrößerte sich später immer weiter, bis die Gesellschaft am 9. Mai 1962 in Konkurs fiel.
Die Klägerin verlangt vom Beklagten Bezahlung des Saldos vom 31. Dezember 1960 in Höhe von 3.647,04 DM. Der Beklagte hält sich nur zur Zahlung des Schuldbetrages am 4. November 1960 in Höhe von 753,83 DM für verpflichtet, hat diesen Teil der Forderung anerkannt und ist durch Anerkenntnis-Teilurteil des Landgerichts entsprechend verurteilt worden.
Die Klägerin begehrt weiterhin die Zahlung des Unterschiedsbetrages von 2.893,21 DM nebst - für verschiedene Zeiträume in unterschiedlicher Höhe geltend gemachter - Zinsen. Sie beruft sich auf § 9 Abs. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in dem es heißt:
"Die Sparkasse schließt die Konten in den von ihr bestimmten Zeitabschnitten ab und erteilt Rechnungsabschlüsse ..."
Sie behauptet, sie habe als Zeitpunkt für den Abschluß der Konten den 31. Dezember jeden Jahres bestimmt und der Gesellschaft jeweils zum Jahresende den Rechnungsabschluß zugesandt. Zu diesem Zweck habe sie die Kontoauszüge zum 31. Dezember jeweils mit dem Vermerk versehen:
"Rechnungsabschluß. Erinnerungen gegen den Rechnungsabschluß müssen innerhalb einer Ausschlußfrist von 2 Wochen schriftlich der Innenrevision der Sparkasse gegenüber geltend gemacht werden. Andernfalls gilt nach Ablauf dieser Frist der Rechnungsabschluß als anerkannt."
Die Klägerin meint, als Salden im Kontokorrent seien nur diese jährlichen Rechnungsabschlüsse anzusehen; zwischenzeitliche Schwankungen des Kontos kämen nicht in Betracht.
Der Beklagte hat bezüglich des noch streitigen Betrages beantragt, die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht der Klägerin mit Rechtsausführungen entgegengetreten.
Landgericht und Oberlandesgericht haben den noch im Streit befindlichen Klageanspruch abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren zuletzt gestellten Antrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Der Beklagte wendet sich nicht dagegen, daß er als ehemaliger Gesellschafter der offenen Handelsgesellschaft für die bei seinem Ausscheiden bestehenden Gesellschaftsschulden haftet (§ 128 HGB). Bei der Feststellung der Bankschulden, die Gegenstand einer laufenden Rechnung gemäß §§ 355 ff HGB waren, ist das Berufungsgericht im Grundsatz zutreffend davon ausgegangen, daß der Beklagte für diese Schulden bis zu der bei seinem Ausscheiden begründeten Höhe haftet, jedoch nicht über den nach seinem Ausscheiden gezogenen niedrigsten Zwischensaldo hinaus (BGHZ 26, 142, 150 [BGH 28.11.1957 - VII ZR 42/57]; BGH Urt. v. 17. September 1964 - II ZR 162/62 - insoweit in BGHZ 42, 192 nicht abgedruckt; RGZ 76, 330). Streitig ist zwischen den Parteien lediglich, ob sich der danach für die Hohe der Haftung des Beklagten maßgebende niedrigste Zwisehensaldo nach dem Tagesauszug vom 4. November 1960 oder nach dem Jahresabschluß vom 31. Dezember 1960 bestimmt.
II.
1.
Das Wesen der Kontokorrentabrede besteht darin, daß die in die laufende Rechnung aufgenommenen beiderseitigen Ansprüche und Leistungen durch Anerkennung des Saldos als Einzelforderungen untergehen; übrig bleibt alsdann nur ein Anspruch aus dem Saldoanerkenntnis, der als neue, auf einem selbständigen Verpflichtungsgrund beruhende, vom früheren Schuldgrund losgelöste Forderung an die Stelle der bisherigen Einzelforderungen tritt (BGHZ 26, 142, 150 [BGH 28.11.1957 - VII ZR 42/57]; RGZ 125, 411, 416).
An die in der Praxis des Bank-Kontokorrents übliche Erteilung von Kontoauszügen (Tagesauszügen) nach jedem Buchungsvorgang hat die Lehre vom sogenannten Staffelkontokorrent angeknüpft; nach ihr sollen sich die beiderseitigen Ansprüche und Leistungen nicht erst am Tage des periodischen Rechnungsabschlusses, sondern kraft der Kontokorrentabrede bereits während der Rechnungsperiode tilgen, sobald sie sich verrechnungsfähig gegenüber treten und in die laufende Rechnung eingestellt werden (Weispfenning, JW 1938, 3091; Nebelung, NJW 1953, 449; Völp. NJW 1955, 818; Baumbach/Duden, HGB 17. Aufl. §§ 355-357 Anm. 3 C). Die Frage, ob die Erteilung eines Tagesauszugs im Bank-Kontokorrent eine Saldierung im Sinne des § 355 HGB darstellen, also innerhalb der laufenden Rechnung schuldumschaffende Wirkung haben soll, ist vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden worden (BGH LM HGB § 355 Nr. 12 = WM 1956, 788; vgl. schon BGH NJW 1951, 598 m. Anm. Hefermehl).
2.
Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß die Kontokorrentabrede eines Kunden mit der Bank in jedem Falle so zu verstehen wäre, daß mit der Erteilung eines jeden Kontoauszugs eine Saldierung im Rechtssinne mit der Folge der Schuldumschaffung vorgenommen würde. Daß der Tagessaldo nicht in diesem Sinne als Abschlußsaldo angesehen werden kann, ergibt sich schon daraus, daß er in der Regel noch keine Abrechnung über die Spesen (Provision, Porto usw.) und die Zinsen enthalt. Danach ist der Tagessaldo, wenn nichts anderes vereinbart ist, ein reiner Postensaldo, der zur Erleichterung des Überblicks und der Zinsberechnung ermittelt wird und dessen Bedeutung sich darauf beschränkt, Auszahlungen zu verhüten, die nicht durch ein Guthaben gedeckt sind; die Buchung in Staffelform dient in diesem Falle lediglich dem Zweck, eine Übersicht buchungstechnischen Charakters zu schaffen, die dem Kreditinstitut die Kontrolle über die vom Kunden getroffenen Dispositionen und dem Kunden die Übersicht über den Stand seines Kontos erleichtert (Schlegelberger/Hefermehl, HGB 4. Aufl. § 355 Rdn. 30; Hefermehl, Grundfragen des Kontokorrents, in: Festschrift für Heinrich Lehmann, 1956, Bd. II S. 547, 554; Sprengel, MDR 1952, 8). Liegt danach in der Übersendung eines innerhalb der Rechnungsperiode ausgestellten Kontoauszugs an den Kunden nicht ohne weiteres ein Rechnungsabschluß in dem dargelegten Sinne einer Schuldumschaffung, so kann ein abweichender Inhalt der Kontokorrentabrede allenfalls den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des betreffenden Kreditinstituts und gegebenenfalls den besonderen, zwischen den Parteien des Kontokorrentverhältnisses getroffenen Abreden entnommen werden (OLG Hamburg WM 1959, 1100; a.A. OLG Celle WM 1960, 208 und 1398). Die gesetzliche Konstruktion eines Staffelkontokorrents in § 19 Abs. 4 DepG für den Fall der Bank-Wertpapier-Einkaufskommission spricht nicht dafür, daß auch in den sonstigen Fällen des Bank-Kontokorrents ein Staffelkontokorrent in dem dargelegten Sinne angenommen werden müßte; sie kann vielmehr mit demselben Recht dahin gedeutet werden, daß der Gesetzgeber sie als Ausnahmetatbestand für regelungsbedürftig gehalten hat.
3.
Der unter diesen rechtlichen Gesichtspunkten vorgenommenen Fachprüfung hält das angefochtene Urteil nicht stand.
a)
Das Berufungsgericht führt selbst an, zugunsten der Klägerin spreche, daß sie nur die Jahresabschlüsse ausdrücklich mit der im Gesetz (§ 355 HGB) verwendeten Bezeichnung "Rechnungsabschlüsse" versehe und daß dieselbe Bezeichnung sich auch in § 9 Abs. 1 ihrer von der Gesellschaft unstreitig anerkannten Geschäftsbedingungen wiederfinde. Diese Umstände sprechen bereits in hohem Maße dagegen, daß die Klägerin die Erteilung von Tagesauszügen erkennbar als Saldierung in dem hier maßgebenden Rechtssinne verstanden wissen wollte.
b)
Das Berufungsgericht entnimmt der Bezeichnung der Tagesauszüge als "Kontoauszug" und der Verwendung des Wortes "Saldo" in diesen Auszügen, daß der Kunde die Auszüge als Rechnungsabschlüsse auch ungeachtet des Umstandes betrachten dürfe, daß darüber hinaus noch zusätzlich zum Jahresende eine Gesamtüberprüfung und ein besonders gestalteter Rechnungsabschluß stattfinde.
Diese Betrachtungsweise übersieht zunächst allgemein, daß das Wort "Saldo" nicht eindeutig ist; da es auch, wie dargelegt, im Sinne eines buchungstechnischen Postensaldos verstanden werden kann, ist ihm schon nach seiner Wortbedeutung nicht zu entnehmen, daß entgegen der ausdrücklichen Bestimmung des § 9 der Geschäftsbedingungen auch der Tagesauszug einen Rechnungsabschluß im Sinne des § 355 HGB darstellen solle. Nach dem von der Klägerin für die Tagesauszüge verwendeten Vordruck wird durch Nichterhebung von Einwendungen auch nur die Richtigkeit der "Buchungsposten" bestätigt.
Noch deutlicher ergibt für den Streitfall die vom Berufungsgericht nicht gewürdigte Bestimmung des § 10 der Geschäftsbedingungen, daß die Klägerin ihre Kontoauszüge nicht als Rechnungsabschlüsse betrachtet wissen will. § 10 Abs. lautet:
"Erinnerungen gegen Rechnungsabschlüsse und Wertpapieraufstellungen müssen der Sparkasse schriftlich zugehen und innerhalb einer Ausschlußfrist von zwei Wochen nach Zugang des betreffenden Schriftstücks abgesandt werden. Erinnerungen gegen sonstige Mitteilungen, z.B. Abrechnungen und Kontoauszüge, müssen unverzüglich ... erhoben werden. Sie Unterlassung rechtzeitiger Erinnerung gilt als Genehmigung."
Dieser Bestimmung, die das Revisionsgericht frei auslegen kann, ist zu entnehmen, daß die Klägerin die als "Kontoauszüge" bezeichneten Tagesauszüge als "sonstige Mitteilungen" betrachtet und sie damit in Gegensatz zu den Rechnungsabschlüssen stellt; dementsprechend sind auch für die Erinnerungen gegen Rechnungsabschlüsse einerseits und gegen Kontoauszüge andererseits verschiedene Form- und Fristerfordernisse vorgesehen.
c)
Das Oberlandesgericht meint weiter, die Beteiligten verstünden beim Bank-Kontokorrent in aller Regel die Kontoauszüge dahin, daß darin eine bestehende, fällige Forderung des einen Teils gegen den anderen ausgewiesen werde und daß es zur Geltendmachung der Forderung nicht erst noch einer weiteren Saldierung bedürfe.
Auch dieser Umstand ergibt nichts für die hier streitige Frage, ob der Tagesauszug ein Rechnungsabschluß im Rechtssinne ist. Baß der Bankkunde in Hohe des jeweiligen rechnerischen "Saldos" über sein Konto verfügen kann, sei es, daß er Bargeld abhebt oder Überweisungsaufträge ausführen läßt, wird in der Regel auf dem zwischen der Bank und dem Kunden bestehenden Giro- oder Kreditvertrag, nicht aber auf der Kontokorrentabrede als solcher beruhen; insoweit können sich die Rechtsbeziehungen auf Grund des Giro- oder Kreditvertrages einerseits und der Kontokorrentabrede andererseits überlagern (Sprengel a.a.O.). Aus dem Kontokorrentvertrag als solchem braucht sich für die Frage der Verfügungsbefugnis des Kunden ebensowenig etwas zu ergeben wie für die Frage, ob und in welcher Höhe der Bankkunde sein Konto überziehen darf. So ist im Streitfall für diese Frage der § 28 Abs. 1 der Geschäftsbedingungen der Klägerin maßgebend, wonach mangels abweichender, von der Sparkasse schriftlich bestätigter Vereinbarung Einlagen ohne Kündigung fällig sind (täglich fällige Gelder). Daraus ergibt sich unabhängig von der Kontokorrentabrede, daß der Kunde über sein Guthaben jederzeit verfügen darf, wobei die Geschäftsbedingungen sinngemäß dahin zu verstehen sind, daß der sich aus dem jeweiligen Kontoauszug ergebende Tagessaldo auch nur unter dem Vorbehalt der Verrechnung von Zinsen und Kosten gefordert werden könnte.
d)
Das Berufungsgericht führt ferner aus, die Klägerin habe im Schriftsatz vom 21. Oktober 1965 eingeräumt, daß sie die Zins- und Zinseszinsrechnung jeweils täglich beginnen lasse. Dazu wäre sie aber nach § 355 HGB nicht befugt, wenn der Saldo nur jährlich festgestellt würde.
Diese Darlegung beruht auf einem offensichtlichen Mißverständnis. Die Klägerin hat in dem angeführten Schriftsatz erläutert, der Vermerk "Maschinenstaffel" auf den Kontokorrentkarten habe ausschließlich bankinterne Bedeutung "des Inhalts, daß für Zwecke der Zinsberechnung alle Posten einzeln valutarisch gestaffelt werden." Damit ist nicht zum Ausdruck gebracht, daß die Klägerin jeweils vom Tage der Buchung an Zinseszinsen für den sich danach ergebenden Saldo berechne; der Hinweis besagt dem Wortlaut nach nur, daß die Berechnung der Zinsen an den jeweiligen Tagesstand des Kontos anknüpfe. Dazu ist die Klägerin aber auch ohne die Regelung des § 355 Abs. 1 HGB berechtigt, da diese wegen des großen Unterschiedes zwischen Sollzinsen und Habenzinsen den Bankkunden begünstigende Art der Zinsberechnung dem Willen der am Bankvertrag Beteiligten entspricht. Eine Feststellung, daß die Klägerin vom jeweiligen Tagessaldo Zinseszinsen berechne, hat das Oberlandesgericht nicht getroffen; es zieht vielmehr aus der von ihm angeführten Schriftsatzstelle - ohne dahin gehende Behauptung des Beklagten - eine rechtliche Folgerung, die von der Darlegung der Klägerin nicht getragen wird und die das Revisionsgericht daher als rechtsirrig außer Betracht lassen kann.
e)
Danach ist den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nichts dafür zu entnehmen, daß die Parteien eine Vereinbarung des Inhalts geschlossen hätten, die Übersendung der Tagesauszüge habe ausnahmsweise die Bedeutung eines Rechnungsabschlusses im Sinne des § 355 HGB. Da weitere tatsächliche Feststellungen nach Sachlage nicht getroffen werden können, vermag das Revisionsgericht abschließend zu beurteilen, daß als niedrigster Zwischensaldo für die Begrenzung der Haftung des Beklagten nur der Saldo des Rechnungsabschlusses zum 31. Dezember 1960 in Betracht kommt.
4.
Das Berufungsgericht meint in einer Hilfserwägung endlich, die Klage könnte auch dann keinen Erfolg haben, wenn im Verhältnis zwischen der Klägerin und der Gesellschaft die jährlichen Rechnungsabschlüsse maßgeblich gewesen wären; denn das würde jedenfalls nicht für das Verhältnis der Klägerin zu dem Beklagten als dem ausgeschiedenen Gesellschafter gelten, dessen Haftung sich nach dem Schuldenstand am Tage seines Ausscheidens und nicht nach dem Stand beim letzten Abschluß vor seinem Ausscheiden richte; es sei deshalb nicht folgerichtig, beim Absinken des Schuldenstands nicht mehr auf den jeweiligen Tagesstand, sondern auf den Stand im Zeitpunkt des Rechnungsabschlusses abzustellen.
Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden. Die Revision weist zutreffend darauf hin, daß auf die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters der § 356 Abs. 1 HGB entsprechend anzuwenden ist; diese Vorschrift geht von der Anerkennung des Rechnungsabschlusses aus und ermöglicht die Befriedigung aus einer Sicherheit auch insoweit, als durch diese Anerkennung die ursprünglich gesicherte Forderung im Wege der Umschaffung weggefallen ist. Dementsprechend hat die Rechtsprechung des Reichsgerichts nur den periodischen Rechnungsabschluß dafür maßgebend sein lassen, ob und inwieweit der Schuldsaldo und die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters oder des sonst haftenden Dritten sich decken; sie hat es dagegen als unerheblich angesehen, ob in der Zeit zwischen zwei Rechnungsabschlüssen der Schuldsaldo sich vermindert hatte (RGZ 76, 330, 334; RG SeuffArch 82, 219, 220; RG HRR 1935, 802).
Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Der Umstand, daß der ausscheidende Gesellschafter nicht in Höhe des letzten periodischen Rechnungsabschlusses, sondern in Höhe des "Saldos" am Tage seines Ausscheidens haftet, berechtigt nicht zu der vom Berufungsgericht gezogenen Schlußfolgerung. Die Bemessung der Haftung nach dem Saldo am Tage des Ausscheidens berührt nicht die im Verhältnis zwischen Gesellschaft und Bank weiter bestehende Kontokorrentabrede, sondern trägt lediglich in angemessener und allgemein anerkannter Weise der gesetzlichen Regelung Rechnung, wonach der ausscheidende Gesellschafter für die Schulden der Gesellschaft zur Zeit seines Ausscheidens mithaftet; es wird daher nicht ein Rechnungsabschluß im Sinne der Kontokorrentabrede aufgestellt, sondern es geht lediglich darum, die Mithaftung des ausscheidenden Gesellschafters für die Gesellschaftsschulden der Höhe nach zu begrenzen. Dieser Gesichtspunkt kommt aber nicht mehr in Betracht, soweit es sich um die künftige Entwicklung der Gesellschaftsschulden handelt. Hier bleibt der ausgeschiedene Gesellschafter an die während seiner Zugehörigkeit zur Gesellschaft geschlossene Kontokorrentabrede gebunden; die Sicherheit des Rechtsverkehrs erfordert es, daß er bezüglich der Wirkung des Rechnungsabschlusses nicht anders behandelt wird als der Kontokorrentschuldner selbst. Seine Haftung bleibt nach oben begrenzt durch den Stand der Schuld bei seinem Ausscheiden; sie kann sich verringern, soweit in der Zwischenzeit Rechnungsabschlüsse einen niedrigeren Schuldsaldo ergeben haben. Darüber hinaus besteht auch kein rechtliches Bedürfnis, zufällige Schwankungen des Tagessaldos der Mithaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters zugrunde zu legen.
III.
Nach allem waren auf die Revision der Klägerin die klagabweisenden Urteile der Vorinstanzen aufzuheben. Da die Höhe der Klageforderung und der geforderten Zinsen nicht bestritten war, konnte das Revisionsgericht den Beklagten auch bezüglich des nicht durch Anerkenntnis-Teilurteil erledigten Betrages verurteilen. Der Kostenausspruch beruht auf § 91 ZPO.
Sprenkmann
Mösl
Alff
Bundesrichter Dr. Simon ist beurlaubt und daher verhindert zu unterschreiben. Pehle