Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 06.05.1968, Az.: VII ZR 33/66

Voraussetzungen für die Zulassung einer Revision; Anforderungen an die Darlegung von Zulassungsgründen im Revisionsverfahren; Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Werkvertrag wegen mangelhafter Bauleistung

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
06.05.1968
Aktenzeichen
VII ZR 33/66
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1968, 13312
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 16.11.1965
LG München I

Fundstellen

  • BGHZ 50, 160 - 169
  • DB 1968, 1397-1398 (Volltext mit amtl. LS)
  • MDR 1968, 750-751 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1968, 1524-1527 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

  1. a)

    Zur Wirkung einer Teilabnahme.

  2. b)

    Nach § 13 bestimmt sich die Haftung für Mängeln wenn die Gesamtleistung oder in sich abgeschlossene Teile der Leistung ausgeführt und abgenommen sind.

    Für Mängel einer nicht fertiggestellten Leistung gilt § 4 Nr. 7 Satz 2, bei Entziehung des Auftrags ferner § 8 Nr. 3 Abs. 2.

    Hierfür geben diese Vorschriften eine abschließende Regelung.

  3. c)

    § 4 Nr. 7 Satz 2 gewährt keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ganzen Vertrags.

  4. d)

    Der Auftraggeber kann den Auftrag nach § 4 Nr. 7 auch ohne Fristsetzung entziehen, wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder vom Auftragnehmer ernsthaft und endgültig verweigert wird, ferner dann, wenn der Auftragnehmer durch seine mangelhafte Arbeit das Vertrauen des Auftraggebers so erschüttert hat, daß diesem die Fortsetzung des Vertrags nicht zuzumuten ist.

Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 1968
unter Mitwirkung
des Vizepräsidenten Glanzmann und
der Bundesrichter Rietschel, Erbel, Hubert Meyer und Dr. Vogt
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. I.

    Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in München vom 16. November 1965 aufgehoben, soweit es

    1. 1.

      die Klage in Höhe von 21.449,46 DM nebst Zinsen abgewiesen,

    2. 2.

      der Widerklage stattgegeben,

    3. 3.

      über die Kosten entschieden hat.

  2. II.

    In diesem Umfang wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Mit schriftlichem Vertrag vom 26. Mai 1962 beauftragte die Beklagte den Kläger, den Rohbau eines Wohnhauses zu erstellen. Das vom Kläger abgegebene Angebot schloß mit der Summe von 41.328 DM ab. Die Beklagte sollte je 10.000 DM nach Fertigstellung und Abnahme der Stahlbetondecke über dem Kellergeschoß sowie über dem Erdgeschoß zahlen.

2

Der Kläger führte den Bau bis zur Stahlbetondecke über dem Erdgeschoß auf und begann mit dem Mauerwerk des Obergeschosses.

3

Die Beklagte zahlte nichts. Ein von ihr beauftragter Rechtsanwalt teilte dem Kläger mit Schreiben vom 26. Juli 1962 mit, die Beklagte lehne die Erfüllung des Vertrags ab und verlange Schadensersatz wegen Nichterfüllung, weil der Kläger ihr Vertrauen erschüttert habe und ihr nicht zuzumuten sei, den Vertrag fortzusetzen.

4

Der Kläger stellte daraufhin die Bauarbeiten ein und hat als Werklohn für die ausgeführten Arbeiten 24.127,20 DM nebst Zinsen eingeklagt.

5

Die Beklagte ließ das unfertige Haus während des Rechtsstreits abbrechen. Sie hat Widerklage auf Feststellung erhoben, daß der Kläger verpflichtet sei, ihr jeden Schaden zu ersetzen, der ihr infolge der Mängel des vom Kläger errichteten Bauwerks, insbesondere auch durch den von ihr durchgeführten Abbruch desselben und aus Anlaß des Wiederaufbaus entstanden sei oder entstehen werde. Sie macht geltend, daß die Fundamente nicht die vertraglich vereinbarte Betongüte B 160, sondern nur die Güte B 50 hätten und das Bauwerk noch zahlreiche andere Mängel auf weise.

6

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, 20.641,20 DM nebst Zinsen zu zahlen. Die weitergehende Klage und die Widerklage hat es abgewiesen.

7

Das Oberlandesgericht hat den Kläger, der im zweiten Rechtszug weitere 2.431 DM nebst Zinsen beansprucht hat, it der Klage in vollen Umfang abgewiesen. Der Widerklage hat es hinsichtlich des Schadens stattgegeben, der den Betrog von 1.125,11 DM (dem Kläger für die Erdarbeiten zugebilligte Vergütung) übersteigt.

8

Mit der Revision erstrebt der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von insgesamt 21.449,46 DM nebst Zinsen und die völlige Abweisung der Widerklage. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

I.

Wie das Berufungsgericht feststellt, ist die VOB Teil B Bestandteil des Bauvertrags der Parteien geworden.

10

Nach den Bestimmungen der VOB Teil B sind deshalb die Ansprüche zu beurteilen, weiche die Beklagte wegen mangelhafter Bauleistung dem Vergütungsanspruch des Klägers entgegensetzt und mit der Widerklage verfolgt.

11

Das Berufungsgericht unterstellt, daß die Arbeiten abgenommen worden seien. Dann ständen der Beklagten, so führt es aus, weil die Fundamente vertragswidrig ausgeführt seien, Schadenersatzansprüche gemäß § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB zu. Dies begründet es näher. Sodann bemerkt es kurz, bei Anwendung des § 4 Nr. 7 VOB würden der Beklagten jedenfalls keine geringeren Ansprüche als nach § 13 Nr. 7 VOB zustehen.

12

Für das Berufungsgericht bestand jedoch kein Anlaß, von einer Abnahme in Sinne des § 13 VOB auszugehen und die Ansprüche der Beklagten nach dieser Vorschrift zu beurteilen.

13

Für eine solche Abnahme spricht nichts. Sie kommt grundsätzlich erst in Betracht, wenn das Werk fertiggestellt ist, und bedeutet dann, daß der Auftraggeber die Leistung als in der Hauptsache dem Vertrag entsprechend annimmt.

14

Freilich kennt die VOB auch die Abnahme von Teilen der Leistung und regelt sie in § 12 Nr. 2. Danach sind auf Verlangen besonders abzunehmen

  1. a)

    in sich abgeschlossene Seile der Leistung,

  2. b)

    andere Teile der Leistung, wenn sie durch die weitere Ausführung der Prüfung und Fest Stellung entzogen werden.

15

Zwischen diesen beiden Füllen besteht ein wesentlicher Unterschied. Lediglich die Abnahme eines in sich abgeschlossenen Teils der Leistung (§ 12 Nr. 2 a) hat die gleichen, insbesondere in § 12 und § 13 VOB niedergelegten Wirkungen wie die Abnahme der fertiggestellten Gesamtleistung. In § 13 Nr. 4 Abs. 2 VOB ist dies hinsichtlich des Beginns der Verjährungsfrist ausdrücklich bestimmt, Aber auch für die übrigen Wirkungen der Abnahme steht nur die Abnahme nach Nr. 2 a, nicht die nach Nr. 2 b des § 12 der Abnahme der Gesamtleistung gleich; in Nr. 2 b ist nur eine technische Abnahme gemeint (vgl. Hereth-Ludwig-Naschold VOB Teil B § 12 Ez 23; § 13 Ez 156; Ingenstau-Korbion VOB 4. Aufl. Teil B § 12 Randziff. 21). Auch diese können den Parteien freilich weitergehende Wirkung beilegen (Hereth-Ludwig-Naschold § 12 Ez 25). Für eine dahingehende Vereinbarung gibt es aber im vorliegenden Fall keinen Anhaltspunkt.

16

Vielmehr ist davon auszugehen, daß es sich bei der im Bauvertrag vorgesehenen und nach dem Berufungsurteil am 17. Juli 1962 durchgeführten Abnahme nach Fertigstellung der Decke über dem Kellergeschoß nur um eine technische Abnahme handelt., Einzelne Teile eines Rohbaus, z.B. eine Betondecke oder auch ein Stockwerk, sind keine in sich abgeschlossenen Teile der Bauleistung i.S. des § 12 Nr. 2 a VOB (Hereth-Ludwig-Naschold § 12 Ez 18; Ingenstau-Korbion § 12 Randziff. 19).

17

Dafür, daß nach dem 17. Juli 1962 noch eine Abnahme im Rechtssinne stattgefunden haben sollte, spricht nichts, da die Beklagte das Bauwerk abgerissen hat.

18

Die Überlegung des Berufungsgerichts, ob die Beklagte "auf die sich aus § 13 VOB/B ergebenden Rechte beschränkt" sei, hat demnach keine Grundlage. Der Schadensersatzanspruch war nicht nach § 13 VOB zu beurteilen, weil es sich nicht um ein fertiggestelltes und abgenommenes Werk handelt. Auf ein solches Werk aber bezieht sich § 13 VOB, der, wie gleich in der grundlegenden Nr. 1 klar gesagt ist, die Gewährleistung dafür regelt, daß die Bauleistung zur Zeit der Abnahme vertragsgemäß und mangelfrei ist.

19

II.

Vielmehr sind hier die Folgen der mangelhaften Leistung nach § 4 Nr. 7, gegebenenfalls in Verbindung mit § 8 Nr. 3 VOB, zu beurteilen. Daß die Leistungen des Klägers mangelhaft und vertragswidrig waren, hat sich "schon während der Ausführung" (§ 4 Nr. 7 VOB) gezeigt. Der dort so umschriebene Zeitraum reicht bis zum Tage, an dem die Leistung abnahmereif fertiggestellt ist (vgl. Hereth-Ludwig-Naschold § 4 Ez 213).

20

1.)

In dieser Zeit als mangelhaft oder vertragswidrig erkannte Leistungen hat der Auftragnehmer durch mangelfreie zu ersetzen (§ 4 Nr. 7 Satz 1 VOB). Hat er den Mangel oder die Vertragswidrigkeit zu vertreten, so hat er auch den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 4 Nr. 7 Satz 2 VOB). Beseitigt er den Mangel nicht, so kann der Auftraggeber nach Fristsetzung den Auftrag entziehen (kündigen); § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB regelt die dann bestehenden Ansprüche des Auftraggebers, unter ihnen einen Anspruch auf "Schadensersatz wegen Nichterfüllung".

21

2.)

Zunächst stellt sich die Frage, ob der Schadenersatzanspruch nach § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB begründet ist.

22

Nach dem Berufungsurteil braucht die Beklagte dem Kläger, abgesehen von dem Betrag von 1.125,11 DM für Erdarbeiten, keine Vergütung zu zahlen und kann Ersatz weiteren Schadens, insbesondere des durch Abbruch und aus Anlaß des Neuaufbaus entstandenen, beanspruchen.

23

a)

Die Vorschrift des § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB begrenzt, im Gegensatz zu einigen anderen Bestimmungen der VOB, den Umfang der Schadensersatzpflicht nicht (BGH MDR 1961, 927; BGHZ 48, 78 f; Hereth-Ludwig-Naschold § 4 Ez 238; Ingenstau-Korbion § 4 Randziff. 151).

24

b)

Das heißt aber noch nicht, daß bei zu vertretenden Mängeln ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ganzen Vertrages besteht., Ein solcher Anspruch berechtigt im Falle des § 635 BGB den Besteller, die Übernahme des Werkes abzulehnen, jegliche Zahlung zu verweigern und gegebenenfalls noch weiteren Schaden geltend zu machen (BGHZ 27, 215). Auch im Fall des § 13 Nr. 7 Abs. 2 VOB kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats dem Auftraggeber ein Anspruch dieses Inhalts zustehen (Betrieb 1963, 1213; VersR 1964, 516). Daß aber § 4 Nr. 7 Satz 2 einen solchen Anspruch nicht einräumt, geht daraus hervor, daß nur bei berechtigter Entziehung des Auftrags ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung vorgesehen ist, und auch dann nur unter der Voraussetzung, daß die Ausführung aus den Gründen, die zur Entziehung geführt haben, für den Auftraggeber kein Interesse mehr hat (§ 4 Nr. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 VOB). Diese Regelung wäre schwer erklärlich, wenn Schadensersatz wegen Nichterfüllung schon von § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB erfaßt würde.

25

c)

Das kann schon deshalb nicht zutreffen, weil in § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB zunächst an den Ersatz des Schadens gedacht ist, der bei weiterbestehendem Vertrag trotz der Mängelbeseitigung verbleibt.

26

Allerdings erschöpft sich hierin die Bedeutung des § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB nicht. Die Vorschrift gewährt Schadenersatzansprüche auch, wenn der Auftrag entzogen wird (Hereth-Ludwig-Naschold § 4 Ez 241); daß in diesem Fall Ansprüche auf Grund des § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB bestehen bleiben, ergibt sich aus § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB (Hereth-Ludwig-Naschold § 8 Ez 87).

27

d)

Da § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB grundsätzlich vollen Schadenersatz gewährt, ist es denkbar, daß hieraus im Einzelfall ein Anspruch erwächst, der sich dem Umfang nach mit den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung des ganzen Vertrags weitgehend deckt. So ist etwa bei einem völlig unbrauchbaren Bauwerk der Schaden möglicherweise nur dadurch auszugleichen, daß das Bauwerk abgerissen und neu gebaut wird; dann braucht der Auftragnehmer für die wertlose Leistung keine Vergütung zu zahlen.

28

Gleiche Rechte können dem Auftragnehmer auch sonst zustehen, wenn Mängel nicht anders als durch Beseitigung des gesamten Bauwerks behoben werden können.

29

Der Grundsatz von Treu und Glauben gebietet es aber, einen Ausgleich des Schadens in dieser den Auftragnehmer schwer belastenden Weise nicht zuzubilligen, wenn dem Auftraggeber zuzumuten ist, das Bauwerk mit dem nicht zu beseitigenden Mangel zu behalten und sich insoweit mit einem Ausgleich in Geld zu begnügen.

30

Andererseits wird sich der Auftraggeber auf eine bloße Mängelbeseitigung nicht einzulassen brauchen, wenn diese zwar an sich möglich, wirtschaftlich aber nicht vertretbar ist.

31

e)

Die Feststellungen des Berufungsgerichts ergeben nicht, daß die Beseitigung der Mängel unmöglich gewesen wäre.

32

Dem Berufungsgericht genügt zur Bejahung des weitgehenden Schadensersatzanspruchs die Tatsache, daß die Fundamente statt der im Leistungsbeschrieb und Angebot angegebenen Betongüte B 160 nur die Güte B 50 hatten. Es stellt nicht fest, daß die Beseitigung dieses Mangels unmöglich war, sondern nur, daß sie nach dem Vortrag des Klägers wehr erhebliche Kosten erfordert hätte. Die übrigen Mängel waren, jeweils für sich betrachtet, nicht allzu schwerwiegend, wie das Berufungsgericht feststellt, Inwieweit sie behoben oder nicht behoben werden konnten, läßt sich dem Berufungsurteil nicht entnehmen. Es bemerkt nur in einem Nebensatz allgemein, die Beseitigung der Mängel ohne Abbruch des Gebäudes wäre nur zum Teil möglich gewesen., Seine Ausführungen zu den einzelnen Mängeln (Entscheidungsgründe unter 2 b bb) bis pp)) enthalten hierzu aber nichts. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Szauer, auf das Berufungsurteil und Revision Bezug nehmen, waren jene weiteren Mängel fast ausnahmslos nachzubessern und zwar mit verhältnismäßig geringen Kosten. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang allenfalls der Mangel Nr. 25; hierzu hat der Sachverständige bekundet, daß eine Nachbesserung nicht möglich sei, und veranschlagt den Minderwert auf 312 DM.

33

Nach allem kann nach den bisherigen Feststellungen nicht davon ausgegangen werden, daß das Gebäude wegen Unmöglichkeit der Mängelbeseitigung hätte abgebrochen werden müssen.

34

f)

Die Beklagte hat allerdings noch behauptet, die Beseitigung der Mängel würde mehr gekostet haben als ein völliger Neubau unter Abbruch des vom Kläger errichteten Bauwerks. Das Berufungsgericht stellt aber nicht fest, ob diese vom Kläger bestrittene Behauptung zutrifft. Es meint, der Kläger hätte darlegen und beweisen müssen, daß die Beklagte die Möglichkeit gehabt hätte, ohne Abbruch des Bauwerks die Fundamente in wirtschaftlich vertretbarer Weise erneuern zu lassen. Hierin ist dem Berufungsgericht nicht zu folgen. Die Beklagte ist beweispflichtig dafür, welcher Schaden ihr entstanden ist und daß Abbruch und Wiederaufbau erforderlich waren, um den Schaden auszugleichen.

35

g)

Demnach steht, wenn die bisherigen Feststellungen zugrundegelegt werden, nicht fest, daß die Beklagte auf Grund des § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB einen Schadenersatzanspruch in dem vom Berufungsgericht bejahten Umfange hat.

36

3.)

Zu prüfen bleibt, ob ein solcher Anspruch sich aus § 4 Nr. 7 Satz 3 in Verbindung mit § 8 Nr. 3 VOB ergibt.

37

a)

Die in § 8 Nr. 3 Abs. 2 genannten Rechte kann der Auftraggeber erst geltend machen, wenn er eine angemessene Frist unter der Androhung, den Auftrag zu entziehen, gesetzt hat, die Frist fruchtlos abgelaufen ist und der Auftraggeber gekündigt hat. Eine den § 4 Nr. 7 Satz 2 entsprechende Fristsetzung ist hier der Entziehung des Auftrags nicht vorausgegangen, wie das Berufungsgericht feststellt.

38

aa)

Unter Umständen ist jedoch eine Fristsetzung entbehrlich. Das ist sie, weil zwecklos, z.B. dann, wenn die Mängelbeseitigung unmöglich oder vom Auftragnehmer schon ernsthaft und endgültig verweigert worden ist.

39

Die Unmöglichkeit der Beseitigung ist wie ausgeführt nicht festgestellt.

40

Auch für eine Weigerung des Klägers gibt das Berufungsurteil keinen Anhalt. Soweit ersichtlich hat die Beklagte ihm keine Gelegenheit gegeben, die Mängel zu beseitigen.

41

Eine Weigerung folgt auch nicht aus dem auf S. 20 BU erörterten Vortrag des Klägers im Rechtsstreit. Wie dort erwähnt ist, hat der Kläger vorgetragen, er sei zu einer nur unter Aufwendung sehr erheblicher Kosten möglichen Beseitigung des Mangels - hier der Neuherstellung vertragsgemäßer Fundamente - nicht verpflichtet. Diese Stelle des Urteils bezieht sich auf Rechtsausführungen, die der Kläger unter Berufung auf das Schrifttum (Hereth-Ludwig-Naschold § 4 Ez 223, 225; Ingenstau-Korbion § 4 Randziff. 150) gemacht hat (vgl. S. 3 f des Schriftsatzes vom 13. Oktober 1965). Nach der dort vertretenen Ansicht kann der Auftragnehmer auch im Rahmen der ihn nach § 4 Nr. 7 treffenden Pflicht eine Mängelbeseitigung - so wie nach § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB und § 13 Nr. 6 VOB - verweigern, die einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde; dem Auftraggeber soll dann entsprechend § 13 Nr. 6 VOB ein Minderungsrecht zustehen; seiner Schadensersatzpflicht für zu vertretende Mängel entgeht er aber nicht (Hereth-Ludwig-Naschold § 4 Ez 225). Aus dieser Rechtsverteidigung im Prozeß ist nicht zu entnehmen, daß der Kläger die Beseitigung der Mängel der Fundamente verweigert hätte. Es ist nicht ersichtlich, daß die Beklagte ihn zur Beseitigung dieser Mängel überhaupt jemals aufgefordert hätte.

42

bb)

Außer bei Unmöglichkeit oder Verweigerung der Mängelbeseitigung kann unter Umständen eine Fristsetzung auch dann entbehrlich sein, wenn der Auftragnehmer durch seine mangelhafte Arbeit den Vertragszweck so gefährdet und das Vertrauen in vertragsgerechte Arbeit so erschüttert hat, daß den Auftraggeber ein festhalten am Vertrage auf keinen Fall zuzumuten ist.

43

Das muß für § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB ebenso gelten wie für die im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Fälle, in denen eine Partei sich vom Vertrage grundsätzlich nur nach Fristsetzung lösen kann (vgl. dazu z.B. BGH LM Nr. 1 zu § 634 BGB; Erman BGB 4. Aufl. § 326 Anm. 8 b).

44

Das Oberlandesgericht stellt ein derartiges, den Vertragszweck gefährdendes Verhalten fest. Das tut es bei der Erörterung der von ihm bejahten Frage, ob dieses Verhalten eine positive Vertragsverletzung darstelle. Die Feststellungen und Ausführungen, die es in diesem Zusammenhang macht, sind aber für die Frage, ob die Fristsetzung entbehrlich war, verwertbar.

45

Das Berufungsgericht sagt, die festgestellten Mängel ließen die Leistung des Klägers als ungewöhnlich schlecht erscheinen und zeugten von einem ungewöhnlich großen Mangel an Sorgfalt., Es sei daher zu befürchten gewesen, daß auch seine künftigen Leistungen in erheblichem Maße Grund zu Beanstandungen geben würden. Die Beklagte habe kein Vertrauen mehr in seine Leistungen haben können. Die Erreichung des Vertragszwecks sei in solchem Maße gefährdet gewesen, daß der Beklagten ein Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten gewesen sei.

46

Aus dieser Beurteilung, der aus Rechtsgründen nicht entgegengetreten werden kann, ergibt sich, daß die Beklagte den Auftrag ohne Fristsetzung entziehen durfte.

47

b)

Damit ist aber noch nicht gesagt, daß sie berechtigt ist, dem Kläger für die bisher ausgeführten Arbeiten jede Vergütung zu verweigern und ferner die Abbruchkosten sowie den Ersatz weiteren Schadens zu verlangen.

48

Auch bei berechtigter Entziehung des Auftrags kann der Auftragnehmer grundsätzlich die Vergütung der bisher von ihm erbrachten Leistungen verlangen (vgl. § 8 Nr. 3 Abs. 4 VOB).

49

Welche Ansprüche der Auftraggeber nach Entziehung des Auftrags hat, regelt § 8 Nr. 3 Abs. 2.

50

Nach Satz 1 dieser Bestimmung kann der Auftraggeber den noch nicht vollendeten Teil der Leistung zu Lasten des Auftragnehmers ausführen lassen. Hieraus läßt sich ein Recht, den bereits ausgeführten Teil der Leistung zu beseitigen und die Zahlung einer Vergütung dafür abzulehnen, nicht herleiten.

51

Wenn der Auftraggeber den Bau durch einen Dritten zu Ende führen läßt, "bleiben seine Ansprüche auf Ersatz des etwa entstehenden weiteren Schadens bestehen".

52

Wie schon ausgeführt, kommen als solche bestehen bleibenden Ansprüche die auf § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB beruhenden in Betracht. Eine auf bestehen bleibende Ansprüche verweisende Vorschrift ist jedenfalls keine selbständige Grundlage für einen Schadenersatzanspruch, wie ihn die Beklagte hier geltend macht. Ein derartiger Anspruch kann sich aber wie ausgeführt (oben II 2 d) schon aus § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB ergeben, wenn es zur Beseitigung des Mangels erforderlich ist, das bisher erstellte Bauwerk abzureissen. Schließlich kann nach § 8 Nr. 3 Satz 2 VOB der Auftraggeber Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn die Ausführung aus den Gründen, die zur Entziehung den Auftrags geführt haben, für ihn kein Interesse mehr hat. Diese Bestimmung, die ziemlich selten zum Zuge kommt (vgl. Ingenstau-Korbion § 8 Randziff. 30; Hereth-Ludwig-Naschold § 8 Ez 88), ist hier nicht anzuwenden. Das Interesse der Beklagten an der Ausführung ist nicht weggefallen. Das kommt schon in ihrem Widerklageantrag zum Ausdruck, mit dem sie u.a. den aus Anlaß des Wiederaufbaus entstandenen Schaden geltend macht. Ob sie an einer Ausführung durch den Kläger kein Interesse mehr hatte, ist unerheblich; auf den Wegfall dieses Interesses kann es für § 8 Nr. 3 Satz 2 VOB deshalb nicht ankommen, weil für den Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung überhaupt Voraussetzung ist, daß dem Auftragnehmer der Auftrag entzogen worden ist.

53

Nach allein rechtfertigt auch § 8 Nr. 3 Abs. 2 VOB den Schadensersatzanspruch der Beklagten nach den bisherigen Feststellungen nicht.

54

III.

§ 4 Nr. 7 und § 8 Nr. 3 VOB enthalten eine abschließende Regelung der Ansprüche auf Ersatz des Schadens aus Mängeln, die sich vor der Vollendung des Baues gezeigt haben (wenn der Bau nicht abgenommen worden ist).

55

Daß § 13 VOB in diesem Fall nicht eingreift, ist schon ausgeführt.

56

Auch unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung ergeben sich keine anderen Anspruch als die in § 4 Nr. 7, § 8 Nr. 3 VOB gewährten. Für den Fall mangelhafter oder vertragswidriger Leistung ist dort eine den Interessen des Auftraggebers gerecht werdende und ihn genügend schützende Regelung getroffen. Geregelt ist u.a., wie er vorzugehen hat, wenn er den Auftrag entziehen will, und wann er Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen kann. Es geht deshalb nicht an, mangelhafte Leistungen als positive Vertragsverletzung zu werten etwa mit der Folge, daß der Auftraggeber einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung erwirbt, ohne daß grundsätzlich, von den unter II 3 a erörterten Ausnahmen abgesehen, der in § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB vorgeschriebene Weg eingehalten wird und ohne daß die in § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 2 genannte Voraussetzung dieses Anspruchs gegeben ist.

57

IV.

Danach ist das Berufungsurteil aufzuheben, soweit es der Kläger angefochten hat. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da noch tatsächliche Feststellungen zu treffen sind. Vor allem wird zu klären sein, ob die Beseitigung der Mängel möglich und wirtschaftlich vertretbar war. Dabei wird hinsichtlich des Hauptmangels an den Fundamenten zugunsten der Beklagten darauf zu achten sein, ob die etwa mögliche Nachbesserung die Standfestigkeit des Gebäudes derart gewährleistet hätte, daß dem berechtigten Interesse der Beklagten an einer "Sicherheitsreserve" (vgl. S. 23 BU) genügt wurde.

Glanzmann
Rietschel
Erbel
Meyer
Vogt