Bundesgerichtshof
Urt. v. 18.10.1967, Az.: VIII ZR 145/66
Anforderungen an die Verletzung des Grundsatzes auf Gewährung von rechtlichem Gehör durch den britischen High Court; Wirkungen der Nichtbefolgung einer einstweiligen Anordnung durch eine Partei nach englischem case law; Funktion der Normierung des rechtlichen Gehörs im Grundgesetz; Bedeutung der Gewährung rechtlichen Gehörs in Deutschland; Wirkungen der Nichtbeachtung des Rechts der Gewährung rechtlichen Gehörs durch ein ausländisches Gericht; Inhalt der Unterscheidung zwischen dem ordre public interne und dem ordre public international; Umfang der Geltung des Grundsatzes des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs im deutschen und ausländischen Verfahrensrecht
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 18.10.1967
- Aktenzeichen
- VIII ZR 145/66
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1967, 10937
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- KG Berlin - 10.05.1966
- LG Berlin
Rechtsgrundlagen
- Art. 103 Abs. 1 GG
- Art. III Abs. 1 c Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen v. 14. Juli 1960, BGBl 1961 II 302
- § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO
- § 723 Abs. 1 ZPO
- Art. 30 EGBGB
- Art. 103 Abs. 2 GG
Fundstellen
- BGHZ 48, 327 - 334
- DVBl 1968, 981-983 (Volltext mit amtl. LS)
- JZ 1968, 594-596 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- MDR 1968, 145-146 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1968, 354-356 (Volltext mit amtl. LS)
- ZZP 1969, 149-152
Prozessführer
Captain George Bradley F. in B. (S.), O. platz 10
Prozessgegner
Frau Ruth Hale F. in H., P. Road
Amtlicher Leitsatz
Zur Frage, ob es gegen die (deutsche) öffentliche Ordnung verstößt, wenn ein englisches Gericht den Beklagten wegen contempt of court (Nichtbefolgung einer "interimorder") von der weiteren Teilnahme am Rechtsstreit ausgeschlossen hat.
Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 1967
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Haidinger sowie
der Bundesrichter Dr. Mezger, Dr. Messner, Dr. Weber und Mormann
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 10. Mai 1966 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien sind geschiedene Eheleute. Der Ehemann ist amerikanischer Staatsangehöriger. Er steht in Diensten eines amerikanischen Luftverkehrsunternehmens und wohnt in B. Die Ehefrau wohnt mit ihren zwei Kindern in England. Sie verlangt für sich und ihre Kinder Unterhalt. Durch Beschluß des Registers des High Court of Justice (Nachlaß-, Scheidungs- und Admiralitätsabteilung) in London vom 30. Oktober 1964 wurde dem Ehemann aufgegeben, für seine Ehefrau jährlich £ 2.700, für das Kind Deborah jährlich £ 1.050 und das Kind Bradley Gregory vom 20. Februar 1964 bis 30. September 1964 einen Jahresunterhalt von £ 175 zu zahlen.
Die Ehefrau möchte wegen eines Rückstandes von £ 2.291.122 vollstrecken und hat beim Landgericht Berlin beantragt, den Beschluß des High Court of Justice in dieser Höhe für vollstreckbar zu erklären. Die Vorinstanzen haben dem Antrag entsprochen. Mit der Revision erstrebt der Ehemann die Zurückweisung des Antrages der Ehefrau.
Diese beantragt,
die Revision zurückzuweisen
Entscheidungsgründe
1.
Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland besteht ein Abkommen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 14. Juli 1960 (BGBl 1961 II 302). Nach Art. III des Abkommens, das nach Art. XI auch für Berlin gilt, werden Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, die ein oberes Gericht in dem Hoheitsgebiet des einen Staates erlassen hat, in dem Hoheitsgebiet des anderen Staates anerkannt, sofern nicht in Ansehung der Entscheidung ein Versagungsgrund vorliegt. Dies ist u.a. der Fall (Art. III Abs. (1) (c)), "wenn die Entscheidung von dem Gericht des Anerkennungsstaates aus Gründen der öffentlichen Ordnung nicht anerkannt werden kann". Einen solchen Fall hält die Revision für gegeben, weil dem Ehemann in dem Verfahren vor dem High Court das rechtliche Gehör nicht gewährt sei.
Dazu heißt es in der Begründung des Beschlusses des High Court:
"Am 2. März 1964 habe ich einen einstweiligen Beschluß über Unterhaltszahlung in Höhe von £ 1.400 für die Ehefrau und £ 175 unmittelbar für jedes der beiden Kinder erlassen, wonach der Ehemann den Rohbetrag zu zahlen hat und die Ehefrau und die Kinder ihre eigene Einkommensteuer in England selbst zu tragen haben. Der Beschluß wurde unter der klaren Voraussetzung erlassen, daß der Ehemann weiterhin die Schulgelder sowie die Hypothekenrückzahlungen und Grundsteuern für die eheliche Wohnung zahlte Gleichzeitig erging eine Anordnung über die Herausgabe von Urkunden.
Da der Ehemann durch seine Nichterfüllung der Beschlüsse und seine Weigerung, Unterhalt, Schulgebühren, Hypothekenrückzahlungen und Grundsteuern zu leisten, einer groben Mißachtung des Gerichts schuldig war, erließ ich am 27. August 1964 einen Beschluß über ein beiderseitiges Verhör der Parteien, untersagte aber dem Ehemann die Vornahme eines Verhörs der Ehefrau im Unterhaltsprozeß, solange er nicht die gesamten geschuldeten Beträge und die bereits entstandenen festgesetzten Kosten bezahle. Am 27. Oktober erschienen die Parteien zum Verhör und da der Ehemann nichts getan hatte, um seine Mißachtung des Gerichts wiedergutzumachen, wurde beantragt, daß er nicht weiter an dem Unterhaltsverfahren teilnehmen dürfe, welchem Antrag ich stattgab (Leavis gegen Leavis, 1921, P. 299). ..."
Der Beschluß über die Unterhalts Zahlung erging nach Anhörung des counsel der Ehefrau, wobei der solicitor des Ehemannes anwesend war.
Das Berufungsgericht sieht in dem Verfahren des High Court keine Verletzung des Grundsatzes, daß "vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat" (Art. 103 I GG):
Nach englischem case law stelle die Nichtbefolgung einer einstweiligen Anordnung des Scheidungsgerichts durch eine Partei eine Mißachtung des Gerichts (contempt of court) dar. In einem solchen Fall sei es in das Ermessen des Gerichts gestellt, ob der Partei erlaubt werden solle, weiter am Prozeß teilzunehmen, Dabei werde geprüft, ob die Partei die Anordnung schuldhaft nicht befolgt habe. Durch die Anwendung einer derartigen Sonderregelung werde das rechtliche Gehör ebensowenig versagt wie bei Anwendung der Ausnahmevorschriften der §§ 225 Abs. 1, 226 Abs. 3, 360 S. 4, 834, 921 Abs. 1 ZPO.
Der Senat stimmt dem Berufungsgericht im Ergebnis zu.
2.
Art. 103 Abs. 1 GG gibt jedem an einem gerichtlichen Verfahren vor einem deutschen Gericht Beteiligten ein Recht darauf, daß ihm Gelegenheit gegeben wird, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlaß der Entscheidung zu äußern. Dieser Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs ist nicht erst durch Art. 103 GG eingeführt worden, sondern lag schon vorher den deutschen gerichtlichen Verfahrensordnungen, insbesondere der Zivilprozeßordnung und der Strafprozeßordnung zugrunde. Er hat in ihnen eine vielfältige Ausprägung erfahren. Diese zahlreichen Einzelregelungen sind nicht durch Art. 103 Abs. 1 GG ersetzt worden. Die Bestimmung des Grundgesetzes hat insoweit lediglich die Funktion einer verfassungsrechtlichen Absicherung und Garantie (vgl. Maunz/Dürig GG Art. 103 Abs. 1 Nr. 19). Soweit aber die Regelung der Verfahrensgesetze im Einzelfall lückenhaft ist, schließt Art. 103 durch Normierung einer Mindestvoraussetzung diese Lücke. Im einen wie im anderen Fall gibt das Grundgesetz dem Verfahrensbeteiligten ein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht, das nach Art. 90 BVerfG mit der Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht bewehrt ist. Dadurch kommt zum Ausdruck, daß in Deutschland die Gewährung rechtlichen Gehörs als Eckpfeiler eines jeden rechtsstaatlichen gerichtlichen Verfahrens angesehen wird. Den Anspruch auf rechtliches Gehör hat deshalb "jedermann", gleichgültige ob Deutscher oder Ausländer. Als deutscher Rechtssatz gilt der Grundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG selbstverständlich nur für Verfahren vor deutschen Gerichten. Mittelbar ist aber für die Verfahren vor ausländischen Gerichten seine Anerkennung insoweit gesichert, als er als tragender Rechtsgrundsatz des deutschen Verfahrensrechts zum deutschen ordre public gehört und deshalb seine Nichtbeachtung durch ein ausländisches Gericht die Nichtanerkennung des Urteils dieses Gerichts in Deutschland nach sich zieht (allgemein: §§ 723 Abs. 2 S. 2, 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO; im besonderen: Art. III Abs. (1) (c) des deutsch-britischen Abkommens).
3.
Hätte ein deutscher Richter in einem Unterhaltsrechtsstreit zwischen geschiedenen Eheleuten den Ehemann vom weiteren Verfahren ausgeschlossen, weil er eine einstweilige Anordnung innerhalb einer vorläufigen Unterhaltsregelung nicht befolgt habe, so hätte er damit nicht nur deutsches Verfahrensrecht verletzt, weil dieses dem deutschen Richter ein solches Recht nicht gibt, sondern auch den Verfassungsgrundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG. Damit ist aber - entgegen der Meinung der Revision - die Frage, ob hier die Entscheidung des High Court aus Gründen der (deutschen) öffentlichen Ordnung nicht anerkannt werden kann, noch nicht entschieden.
Im internationalen Privatrecht wird herkömmlicherweise unterschieden zwischen dem ordre public interne und dem ordre public international (vgl. Martin Wolff, Das internationale Privatrecht Deutschlands 3. Aufl. S. 61). Der ordre public interne meint das zwingende Recht, das nicht der Verfügung der Parteien untersteht, sich also ihnen gegenüber durchsetzt. Dieses Recht gehört nicht ohne weiteres auch zum ordre public international. Dieser umfaßt vielmehr nur den Teil des zwingenden Rechts, der im Kollisionsfall Geltungswillen gegenüber dem an sich anzuwendenden ausländischen Recht hat, sich also diesem gegenüber durchsetzt. Im internationalen Zivilprozeßrecht bietet sich eine ähnliche Differenzierung an. Es ist selbstverständlich, daß das Gericht eines jeden Staates sein Verfahrensrecht ohne Rücksicht darauf anwendet, ob der zu entscheidende Fall Anknüpfungspunkte auch an andere Rechtsordnungen aufweist. Dies nimmt das deutsche Recht grundsätzlich hin (§ 723 Abs. 1), wenn das ausländische Gericht auch nach den deutschen Gesetzen zuständig war (§ 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Durch den Vorbehalt des ordre public (in § 328 Abs. 1 Nr. 4 oder in einem Staatsvertrag) - hier auf das Verfahrensrecht bezogen - wird deshalb nicht schon solchen Urteilen ausländischer Gerichte die Anerkennung versagt, die in einem Verfahren erlassen sind, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Prozeßrechts abweicht. Ein Versagungsgrund ist vielmehr nur gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, daß nach der deutschen Rechtsordnung das Urteil nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann. Nur dies, und nicht die Frage, ob bei gleicher Verfahrensweise der deutsche Richter gegen tragende Grundsätze des deutschen Verfahrensrechts verstoßen hätte, gibt den Maßstab dafür ab, ob das Urteil des ausländischen Gerichts gegen den deutschen verfahrensrechtlichen ordre public international verstößt.
4.
a)
Der Grundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG gilt, worauf schon das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht unabhängig von der Verfahrensart und nicht ohne Einschränkungen in jedem Falle. Art. 103 Abs. 1 GG hat nicht die traditionellen Verfahrenstypen revolutioniert (Maunz/Dürig zu Art. 103 Abs. 1 Nr. 44). Vielmehr tritt der Grundsatz, daß rechtliches Gehör vor der Entscheidung zu gewähren sei, zurück, wenn sich aus dem Zweck und der Besonderheit einzelner Verfahren zwingend Beschränkungen ergeben, wie zum Beispiel bei der Zwangsvollstreckung in Forderungen (§ 834 ZPO) oder im Arrestverfahren (§ 921 ZPO) oder beim Erlaß eines Haftbefehls (§ 114 a StPO). Ferner kann auch nach deutschem Prozeßrecht eine Partei - was dem hier zu entscheidenden Problem näher liegt - durch eigenes schuldhaftes Verhalten den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verlieren, etwa nach §§ 279, 529 ZPO, wenn sie Angriffs- oder Verteidigungsmittel später, als ihr möglich gewesen wäre, vorbringt. Ihr Vorbringen kann dann unter bestimmten Voraussetzungen zurückgewiesen werden. § 103 Abs. 1 GG ist ferner nicht verletzt, wenn der Beteiligte gemäß § 177 GVG wegen ordnungsstörenden Verhaltens aus dem Sitzungszimmer entfernt werden mußte und deshalb kein rechtliches Gehör gefunden hat; er hat dann die an sich gegebene Gelegenheit zur Äußerung durch sein eigenes Verhalten verloren (Maunz/Dürig a.a.O. Nr. 60).
b)
Wie danach im deutschen Verfahrensrecht der Grundsatz des Art. 103 Abs. 1 GG nur unter Wahrung des Systems des Prozeßrechts und der Struktur der einzelnen Verfahrensarten Geltung beansprucht (Maunz/Dürig a.a.O. Nr. 44), kann an ihm ausländisches Verfahrensrecht im Rahmen des ordre public international nur unter Berücksichtigung des Systems und der Struktur des ausländischen Verfahrensrechts gemessen werden. Dies ist insbesondere dann unabweisbar, wenn das beiderseitige Verfahrensrecht so grundverschieden ist wie die Regelung der Zivilprozeßordnung und das englische Verfahrensrecht. Es besagt deshalb noch nichts Entscheidendes, daß dem deutschen Verfahrensrecht die Vorstellung völlig fremd ist, der Richter könne einen Beteiligten wegen Ungehorsams gegen eine in der Sache ergangene gerichtliche Anordnung von der weiteren Teilnahme am Verfahren ausschließen. Immerhin kann ja auch nach deutschem Recht ein Beteiligter sein Recht, als solcher zu Wort zu kommen, infolge schuldhaften Verhaltens verlieren. Ein verbindlicher Maßstab dafür, ob der ausländische Richter im Sinne des deutschen ordre public das Recht eines Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzt hat, läßt sich bei grundverschiedenem Verfahrensrecht überhaupt nicht in der Weise gewinnen, daß verglichen wird, wie das deutsche und wie das ausländische Verfahrensrecht den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im einzelnen ausgeprägt haben. Vielmehr kommt es darauf an, ob die Art und Weise, wie der ausländische Richter im Einzelfall verfahren ist, den Prinzipien zuwiderläuft, auf denen Art. 103 Abs. 1 GG beruht. Es ist demnach auf die Grundwerte zurückzugehen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will. Dies ist einmal das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, das grundsätzlich verbietet, eine Entscheidung zu treffen, bevor der Betroffene Gelegenheit hatte, sich zu äußern. Art. 103 Abs. 1 GG schützt ferner in dem besonderen Fall eines gerichtlichen Verfahrens die Unantastbarkeit der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG). Diese wäre verletzt, wenn einem Verfahrensbeteiligten nicht die Rolle eines Verfahrenssubjekts eingeräumt würde, das aktiv die Gestaltung des Verfahrens beeinflussen kann, sondern nur die Rolle eines passiven Verfahrensobjekts, mit dem im gerichtlichen Verfahren etwas geschieht. Die entscheidende Frage ist demnach, ob das Verfahren des High Court gegen diese Prinzipien verstoßen hat. Das ist zu verneinen.
c)
Der Senat hat in BGHZ 39, 173, 177 f[BGH 20.03.1963 - VIII ZR 130/61]ür die Vorbehaltsklausel des Art. 30 EGBGB (den materiell-rechtlichen ordre public) ausgesprochen, es komme nicht darauf an, ob das ausländische und das inländische Gesetz auf widerstreitenden Prinzipien beruhen, sondern nur darauf, ob das konkrete Ergebnis der Anwendung des ausländischen Gesetzes vom Standpunkt des deutschen ordre public zu mißbilligen sei. Dieser Grundsatz gilt auch für den verfahrensrechtlichen ordre public. Bern Beschluß des High Court könnte deshalb aus Gründen der Öffentlichen Ordnung die Anerkennung nur versagt werden, wenn das Gericht in diesem konkreten Fall sein Verfahren so gestaltet hätte, daß es gegen die Prinzipien der. Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Menschenwürde verstieß, die der Verfassungsgrundsatz des Art. 103 GG schützt. Davon kann nicht die Rede sein. Das Berufungsgericht stellt ausdrücklich fest, daß in einem Falle der vorliegenden Art das englische Gericht prüfe, ob die Partei die Anordnung schuldhaft nicht befolgt hat. Der Antragsgegner hat weder in den Tatsacheninstanzen noch in der Revisionsinstanz vorgebracht, ihm habe insoweit ein Entschuldigungsgrund zur Seite gestanden. Zudem war er in dem Verfahren vor dem High Court anwaltlich beraten und mußte deshalb wissen, welches Risiko er einging, wenn er die einstweilige Anordnung nicht befolgte; er kann sich deshalb über die Folgen nicht beklagen. Schließlich hat er auch nichts gegen die Richtigkeit und Angemessenheit des Beschlusses vorgetragen, durch den er zur Unterhaltszahlung an seine Familie verurteilt ist. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß er gegen den Beschluß sachlich nichts vorzubringen hat.
Unter diesen Umständen kann dem Beschluß des High Court nicht aus Gründen der (deutschen) öffentlichen Ordnung die Anerkennung versagt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
Dr. Mezger
Dr. Messner
Dr. Weber
Mormann