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Bundesgerichtshof
Urt. v. 20.05.1966, Az.: V ZR 182/63

Rechtliche Einordnung eines dinglichen Ankaufsrechts; Sicherbarkeit eines bedingten Anspruchs auf Übertragung eines Grundstücks durch Eintragung einer Vormerkung; Auswirkungen eines unzulässigen Teileintrags im Grundbuch auf den gesamten Eintrag

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
20.05.1966
Aktenzeichen
V ZR 182/63
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1966, 13711
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG München - 27.08.1963
LG Augsburg

Fundstellen

  • DNotZ 1967, 106-107
  • MDR 1966, 750-751 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1966, 1656-1657 (Volltext mit amtl. LS)

Amtlicher Leitsatz

Die inhaltliche Unzulässigkeit eines Teils einer Grundbucheintragung berührt nicht die Zulässigkeit und Wirksamkeit der restlichen Eintragung, wenn diese für sich den wesentlichen Erfordernissen genügt.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 1966
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Augustin und
der Bundesrichter Dr. Piepenbrock, Dr. Mattern, Dr. Grell und von der Mühlen
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 27. August 1963 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Der Beklagte kaufte mit notariellem Vertrag vom 11. Oktober 1956 von Frau B. deren Grundstück Pl. Nr. 493 der Gemeinde W., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Augsburg, Zweigstelle Zusmarshausen Band VI Blatt 408. Der Kläger schloß mit Frau B. am 8. November 1956 über dasselbe Grundstück einen notariell beurkundeten Pachtvertrag, in dem er sich auch ein Ankaufsrecht an dem Grundstück einräumen ließ. Das Ankaufsrecht sollte innerhalb einer bestimmten Frist nach der Heirat der Tochter der Frau B. ausübbar sein und der Kaufpreis sollte dem Verkehrswert des Grundstücks entsprechen. Zur Sicherung des Ankaufsrechts des Klägers bewilligte und beantragte Frau B. die Eintragung einer Vormerkung, die am 17. Dezember 1956 im Grundbuch eingetragen wurde. Der Beklagte wurde erst am 24. Juli 1958 als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch eingetragen.

2

Am 11. März 1961 heiratete die Tochter der Frau B.. Daraufhin teilte der Kläger am 30. Mai 1961 Frau B. mit, daß er das Ankaufsrecht ausübe. Frau B. focht den Vertrag vom 8. November 1956 wegen arglistiger Täuschung und Irrtums an, worauf der Kläger Klage gegen Frau B. auf Übereignung des Grundstücks (1 O 220/61 LG Augsburg) erhob. Dieser Rechtsstreit endete mit Vergleich vom 24. Oktober 1961, in dem die Parteien sich darüber einig erklärten, daß Frau B. dem Kläger auf Grund der ihm im Vertrage vom 8. November 1956 eingeräumten Rechte das Eigentum an dem Grundstück gegen Zahlung eines Kaufpreises von 19.500 DM überträgt, und sich weiterhin verpflichteten, die notwendigen grundbuchrechtlichen Erklärungen abzugeben.

3

Zwischenzeitlich war eine Klage des Beklagten gegen den Kläger, gerichtet auf Herausgabe des Grundstücks und Löschung der Vormerkung, durch rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30. Dezember 1959 (1 O 222/58) abgewiesen worden.

4

Mit der vorliegenden Klage fordert der Kläger von dem Beklagten gemäß § 888 BGB die Zustimmung zur Umschreibung des Grundstücks auf den Kläger.

5

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Er meint, die Klage müsse aus Rechtsgründen abgewiesen werden, weil das Ankaufsrecht des Klägers nicht im Grundbuch hätte eingetragen werden dürfen. Nach Ansicht des Beklagten ist das Grundbuch durch die Eintragung der Vormerkung unrichtig geworden. Es komme nicht darauf an, ob Ankaufsrechte überhaupt eintragungsfähig seien, sondern nur darauf, daß ein Ankaufsrecht, wie es in der Rechtsprechung anerkannt sei, nicht mit Wirkung gegen den jeweiligen Eigentümer eines Grundstücks gesichert werden könne. Das Grundbuchamt habe am 13. Mai 1963 von Amts wegen einen Widerspruch gegen die Vormerkung in das Grundbuch eingetragen, der sich darauf gründe, daß die Vormerkung nicht nur das Ankaufsrecht gegen Frau B. und ihre Erben sichere, sondern auch gegen sonstige Rechtsnachfolger.

7

Das Landgericht gab der Klage statt, das Oberlandesgericht wies die hiergegen gerichtete Berufung des Beklagten zurück. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

8

I.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß das Ankaufsrecht kein dingliches Recht ist und nicht den jeweiligen Grundstückseigentümer, sondern nur den Vertragsgegner und dessen Erben schuldrechtlich bindet. Es gewährt, je nachdem, wie es ausgestaltet ist, den Berechtigten einen bedingten oder künftigen Anspruch auf Auflassung des Grundstücks. Ein solcher Anspruch kann nach § 883 Abs. 1 Satz 2 BGB durch eine Vormerkung gesichert werden. Weiter führt das Berufungsgericht aus, diese Sicherung könne allerdings nicht gegenüber dem jeweiligen Eigentümer des Grundstücks erfolgen, sondern nur gegenüber dem vertragschließenden hier also gegenüber der Frau B.. Alle den bedingten Auflassungsanspruch des Klägers vereitelnden oder beeinträchtigenden Verfügungen der Frau B. seien dem Kläger gegenüber unwirksam, somit auch die Übertragung des Eigentums von Frau B. auf den Beklagten. Dies habe zur Folge, daß Frau B. dem Kläger gegenüber immer noch als Eigentümerin des Grundstücks gelte und, nachdem der Kläger sein Ankaufsrecht ausgeübt habe, ihm das Eigentum übertragen müsse. Dieser Übereignung müsse der Beklagte nach § 888 BGB zustimmen. Die Ansicht des Beklagten, er sei als Rechtsnachfolger der Frau B. durch die Vormerkung nicht gebunden, hält das Berufungsgericht für irrig, weil der Beklagte das Grundstückseigentum unmittelbar von Frau B., also von der Vormerkungsverpflichteten, erworben habe. Es sei ohne Einfluß, daß das Grundbuchamt inzwischen einen Widerspruch gegen die Vormerkung in das Grundbuch eingetragen habe, denn die Wirkung der Vormerkung gegen Frau B. selbst werde durch den Widerspruch nicht berührt.

9

II.

1.)

Die Revision greift diese Ausführungen zunächst mit dem Einwand an, das Ankaufsrecht hätte weder zu Lasten des jeweiligen Grundstückseigentümers begründet noch eine Vormerkung zugunsten des Ankaufsrechtes zu Lasten des jeweiligen Grundstückseigentümers bestellt und im Grundbuch eingetragen werden können. Der Eintrag sei deshalb als Ganzes unwirksam. Dem kann nicht gefolgt werden.

10

a)

Das sogenannte Ankaufsrecht lässt sich, wie der Senat wiederholt (vgl. Urteil vom 28. September 1962 LM BGB § 433 Nr. 16) ausgesprochen hat, in verschiedenen Rechtsformen verwirklichen, nämlich durch ein Verkaufsangebot des Grundstückseigentümers, durch einen Vorvertrag auf Abschluss eines Kaufvertrages und durch einen bedingten Kaufvertrag. Im vorliegenden Fall haben nach den Ausführungen des Berufungsrichters der Kläger und Frau B. einen bedingten Kaufvertrag abgeschlossene. Das Ankaufsrecht stellt sich demnach als ein bedingter Anspruch des Klägers gegen Frau B. dar, der auf Auflassung des Grundstücks an den Kläger gerichtet ist. Er steht dem Kläger nur gegen Frau B. und in Falle ihres Todes gegen ihre Erben im Rahmen der erbrechtlichen Vorschriften zu. Das und nicht mehr haben die damaligen Vertragsteile mit den Worten des Vertrages "eventuellen Rechtsnachfolgern und Erben" nach der vom Berufungsgericht stillschweigend übernommenen Auslegung des Landgerichts ausdrücken wollen. Gebunden sollten danach nicht etwa die Sonderrechtsnachfolger der Verkäuferin im Grundstückseigentum werden. Der Vertragswortlaut spricht denn auch nicht von "Sonderrechtsnachfolgern", sondern von "eventuellen Rechtsnachfolgern und Erben". Die Vertragsteile haben also einen und denselben Personenkreis, nämlich die Erben der Frau B., mit den beiden Begriffen "eventuellen Rechtsnachfolger und Erben" umschreiben wollen. Diese Auslegung ist mit Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Muß aber der Vertragswortlaut so verstanden werden, dann wirft sich die Frage nicht mehr auf, ob das Ankaufsrecht zu Lasten des jeweiligen Grundstückseigentümers hätte begründet werden können.

11

b)

Der somit rechtswirksam begründete bedingte Anspruch des Klägers gegen Frau B. auf Auflassung des Grundstücks konnte nach § 883 Abs. 1 BGB durch Eintragung einer Vormerkung in das Grundbuch gesichert werden. Die Vormerkung wirkt - im Gegensatz zu dem schuldrechtlichen Anspruch - gegen den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks, also nicht nur gegen Frau B.. Durch die Vormerkung wird der jeweilige Eigentümer des Grundstücks aber nicht etwa verpflichtet, die Auflassung zu erklären. Der Auflassungsanspruch richtet sich, wie bereits ausgeführt wurde, nur gegen Frau B.. Ein späterer Erwerber des Grundstücks ist lediglich zur Zustimmung gemäß § 888 BGB verpflichtet (Staudinger, BGB 11. Auflage § 883 Randnote 17 a; KGJ 53, 152). Dies ist der Sinn der von dem Beklagten wiederholt angeführten Stellen aus Rechtsprechung und Schrifttum (BayObLGZ 28, 651, 656; 1955, 48, 52; 1961, 112, 116; Staudinger, a.a.O.; RGRK BGB 11. Auflage § 883 Anm. 56). Sie besagen, daß eine zu Lasten des jeweiligen Grundstückseigentümers vereinbarte Verpflichtung zur Eigentumsübertragung nicht durch eine Vormerkung im Grundbuch gesichert werden kann.

12

Es wirft sich nun die Frage auf, welche Bedeutung im vorliegenden Fall der im Grundbuch eingetragenen Vormerkung zur Sicherung des gegen die Eigentümerin B. und ihre eventuellen Rechtsnachfolger und Erben gerichteten Anspruchs auf Übertragung des Grundstücks zukommt. Die Revision meint, der Eintrag sei wegen des unzulässigen Teiles ("eventuelle Rechtsnachfolger") im ganzen unwirksam. Ihr kann zwar eingeräumt worden, daß der unbefangene Leser des Grundbuchs den Eintrag dahin verstehen wird, daß sich die Vormerkung auch auf einen Auflassungsanspruch gegen den jeweiligen Grundstückseigentümer als Sonderrechtsnachfolger der Frau B. beziehen soll. Aber auch wenn deshalb dieser Teil des Eintragungsvermerkes inhaltlich unzulässig sein sollte, ergibt sich noch nicht die Unzulässigkeit des ganzen Eintrags. Dies wäre nur dann der Fall, wenn der Rest der Eintragung für sich eines wesentlichen Erfordernisses ermangeln würde. Das ist hier nicht der Fall: Der Anspruch, gerichtet gegen Frau B. als Eigentümerin, konnte durch eine Vormerkung gesichert werden (§ 883 BGB). Beim Wegfall des unzulässigen Teils der Eintragung wird das Grundbuch auch nicht etwa unrichtig. Die Parteien wollten, wie oben ausgeführt wurde, nach Auffassung der Tatrichter mit dem Vertragswortlaut nur eine Verpflichtung der Frau B. und ihrer Erben begründen. Entfällt der unzulässige Teil der Eintragung, so deckt der restliche Eintrag gerade die unter den Vertragsteilen bestehende Einigung; Einigung und Eintragung weichen dann nicht voneinander ab. Die Grundbucheintragung behält somit hinsichtlich ihres restlichen Teiles ihre rechtliche Wirksamkeit (ebenso KGJ 38, 268; 42, 260; Meikel/Imhof, GBO, 5. Aufl. § 53 Anm. 65; Güthe/Triebel, GBO, 6. Aufl. § 53 Anm. 29; Hesse/Saage, GBO, 4. Aufl. § 53 Anm. V, 2; Thieme, GBO, 4. Aufl. § 53 Anm. 7, S. 206; Henke/Mönch/Horber, GBO, 4. Aufl. § 53 Anm. 13).

13

Bei dieser Sachlage kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagte Unwirksamkeit des Grundbucheintrags überhaupt noch geltend machen kann, nachdem seine auf Löschung der Vormerkung gerichtete Klage durch das erwähnte Urteil des Landgerichts Augsburg vom 30. Dezember 1956 rechtskräftig abgewiesen worden ist (vgl. RG JW 1931, 1805).

14

2.)

Der Beklagte hat in der Revisionsverhandlung ferner darauf hingewiesen, daß der Verkauf des Grundstücks an ihn seitlich früher liege als die Bestellung des Ankaufsrechts. Er meint, die Vormerkung schütze nur gegen spätere Verfügungen des Verkäufers, erstrecke sich aber nicht auf Verkäufe, die vorher stattgefunden hätten. Das trifft indessen nicht zu. Die Verfügung im Sinne des § 883 Abs. 2 BGB ist erst vollendet nach Einigung und Eintragung. Deshalb ist die Übereignung an den Beklagten dem Kläger gegenüber unwirksam, auch wenn der Kaufvertrag des Beklagten vor Eintragung der Vormerkung geschlossen wurde; maßgebend ist, daß die Umschreibung auf den Beklagten erst nach Eintragung der Vormerkung erfolgte (vgl. RGZ 113, 407).

15

3.)

Unbegründet sind schließlich die Bedenken der Revision gegen die Fälligkeit des Auflassungsanspruches des Klägers. Nach Eintritt der beiden Bedingungen - Heirat der Tochter B. und Ausübungserklärung des Klägers - ist der Auflassungsanspruch seit Einigung über die Höhe des Kaufpreises fällig geworden. Einer Beurkundung der Ausübungserklärung bedurfte es nicht (BGH LM BGB § 433 Nr. 16; RGZ 169, 65, 70).

16

Nach alledem erweist sich die Revision des Beklagten als unbegründet.

17

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Dr. Augustin
Dr. Piepenbrock
Dr. Mattern
Dr. Grell
von der Mühlen