Bundesgerichtshof
Urt. v. 09.06.1965, Az.: Ib ZR 126/63
„Spielgefährtin“
Veröffentlichung eines Fotos in der illustrierten Zeitschrift "Stern" als Verletzung des Rechts am eigenen Bild; Geltendmachung eines vermögensrechtlichen Anspruchs; Begriff des "Bildnisses"; "Relative" Verknüpfung von Personen mit der Zeitgeschichte; Informationsinteresse der Allgemeinheit an einer triolistischen Betätigung in Gestalt der Kuppelei; Beziehung zu einer "absolut" zeitgeschichtlichen Person
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 09.06.1965
- Aktenzeichen
- Ib ZR 126/63
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1965, 11232
- Entscheidungsname
- Spielgefährtin
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG München - 30.05.1963
- LG München
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- DB 1965, 1474-1475 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1965, 976-977 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1965, 2148-2150 (Volltext mit amtl. LS) "Abbildungsfreiheit für Personen der Zeitgeschichte - "Spielgefährtin""
Verfahrensgegenstand
"Spielgefährtin"
Prozessführer
Verlag Henri N. GmbH,
gesetzlich vertreten durch den Geschäftsführer Henri N., H., P.
Prozessgegner
Geschäftsinhaberin Edith B., P., G.weg ...
Amtlicher Leitsatz
- a)
Wird bei der Veröffentlichung des Bildes einer Person durch Angabe des Namens mitgeteilt, wen das Bild darstellen soll, so liegt ein Bildnis im Sinne des § 22 KunstUrhG auch vor, wenn der Abgebildete allein aufgrund der bildlichen Darstellung - bei Wegfall der Namensunterschrift - nicht wiedererkannt werden könnte.
- b)
Zur Frage der Abbildungsfreiheit für Personen aus dem Bereich der Zeitgeschichte.
Der Ib-Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 1965
unter Mitwirkung
der Senatspräsidentin Dr. Krüger-Nieland und
der Bundesrichter Pehle, Dr. Sprenkmann, Dr. Mösl und Alff
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 30. Mai 1963 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Tatbestand
In der Ausgabe vom 15. Juli 1962 der von der Beklagten verlegten illustrierten Zeitschrift "Stern" befaßte sich ein Schriftsteller unter der Titelüberschrift "Sein Freund der Herr Minister" eingehend mit dem Passauer Verleger Dr. K. Als Anlaß dazu war die sogenannte Fibag-Affäre hervorgekehrt, während im übrigen vornehmlich über den Werdegang Dr. K. berichtet wurde. In den einleitenden Bemerkungen wurde ganz am Rande auch der damals ein halbes Jahr zurückliegende Passauer Prozeß erwähnt, in dem Dr. K. sich wegen Kuppelei verantworten mußte, weil er zwei Frauen zur Unzuchtsausübung in seiner Gegenwart zusammengeführt haben sollte. Das veranlaßte die Beklagte, im Rahmen des bezeichneten Berichts mit der Unterschrift "Spielgefährtin ... (folgt Vor- und Nachname der Klägerin zu 1)" eine Photographie wiederzugeben, welche die Klägerin zusammen mit dem inzwischen aus dem Rechtsstreit ausgeschiedenen Kläger zu 2 zeigt. Die Kläger, von denen die Klägerin zu 1 auf der Abbildung eine Sonnenbrille trägt, während die Augenpartie des Klägers zu 2 mit einer Balkenblende abgedeckt ist, erblicken in dieser Veröffentlichung eine Verletzung ihres Rechts am eigenen Bild und erhoben mit dieser Begründung im vorliegenden Verfahren Klage mit dem Antrag, der Beklagten die weitere Verbreitung der Photographie unter Strafandrohung zu verbieten.
Die Beklagte beantragte Klageabweisung. Sie machte in erster Linie geltend, daß die Kläger auf der wiedergegebenen Photographie nicht zu erkennen seien und daß es sich daher nicht um die Veröffentlichung eines Bildnisses im Sinne des § 22 KunstUrhG handle. Die Klägerin zu 1 sei überdies durch ihre Unzuchtshandlungen mit der anderen "Spielgefährtin" Dr. K., die sie als Zeugin in das erwähnte Strafverfahren brachten, zur Person der Zeitgeschichte geworden, so daß jedenfalls Abbildungsfreiheit nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG gegeben sei.
Das Landgericht gab durch Teilurteil zunächst dem Unterlassungsbegehren der Klägerin und durch Schlußurteil dem des Klägers zu 2 statt.
Während auf die Berufung der Beklagten das Schlußurteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage des Klägers zu 2 abgewiesen worden ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das Teilurteil erfolglos geblieben.
Mit der Revision, um deren Zurückweisung die Klägerin bittet, verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter. Der Kläger zu 2 hat die von ihm eingelegte Revision zurückgenommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist zulässig (§ 546 Abs. 1 ZPO), da Gegenstand des Rechtsstreits ein vermögensrechtlicher Anspruch ist. Die in dieser Hinsicht von der Klägerin unter Hinweis auf das Urteil BGH GRUR 1963, 83 (-Staatskarossen) in der schriftlichen Revisionsbegründung geäußerten Bedenken greifen nicht durch. Nach dem angeführten Urteil ist zwar der Anspruch aus § 11 PresseG auf Abdruck einer Gegendarstellung als nicht-vermögensrechtlicher Anspruch anzusehen. In den Entscheidungsgründen ist jedoch ausgeführt, daß es bei einer derartigen Klage anders liege als bei Rechtsstreitigkeiten über Unterlassungs- oder Widerrufsansprüche, für deren Entscheidung es wesentlich auf die Prüfung des Wahrheitsgehalts einer Äußerung und auf die Art und Abwägung widerstreitender Interessen ankomme. Da die Klägerin Inhaberin eines Geschäfts in Nassau ist, kann angenommen werden, daß sie mit dem Unterlassungsanspruch jedenfalls auch Vermögensschäden abwenden will, die ihr durch eine weitere Verbreitung ihres Bildnisses für ihre geschäftliche Tätigkeit entstehen können. Es handelt sich daher um die Geltendmachung eines vermögensrechtlichen Anspruches (vgl. auch BGHZ 14, 72, 74) [BGH 22.06.1954 - I ZR 225/53].
II.
Zu Unrecht beanstandet die Revision, daß das Berufungsgericht die die Klägerin zeigende Abbildung als Bildnis im Sinne des § 22 KunstUrhG angesehen hat.
Das Berufungsgericht geht im Einklang mit der Rechtsprechung (RGZ 103, 319 f) davon aus, daß ein "Bildnis" vorliege, wenn die Darstellung dazu bestimmt und geeignet sei, eine Person in ihrer dem Leben nachgebildeten äußeren Erscheinung dem Beschauer vor Augen zu führen und das Aussehen, wie es gerade dieser bestimmten Person eigen sei, im Bilde wiederzugeben, wobei es in der Regel die Gesichtszüge seien, die einen Menschen von seinen Mitmenschen unterschieden und für den Betrachter erkennbar machten. Hiernach ist es rechtlich unerheblich, ob die Darstellung gut oder mangelhaft ist oder ob die Ähnlichkeit eine größere oder eine geringere ist. Von Bedeutung ist allein die Erkennbarkeit des Abgebildeten (BGHZ 26, 349 - Herrenreiter; BGH GRUR 1962, 211 - Hochzeitsbild; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht 2. Aufl. 10 S. 40; Voigtländer-Elster-Kleine, Urheberrecht 4. Aufl. S. 30).
Unstreitig handelt es sich bei der in Rede stehenden Abbildung um ein Bild der Klägerin und nicht um das Bild einer anderen Person. Wenn, wie im Streitfall, durch die unter der Abbildung befindliche Namensangabe mitgeteilt wird, welche Person im Bilde gezeigt wird, so kommt es für die Frage, ob ein Bildnis im Sinne des § 22 KunstUrhG vorliegt, jedenfalls dann nicht darauf an, ob die abgebildete Person - unabhängig von der Namensunterschrift - allein aufgrund des Bildeindruckes wiedererkannt werden kann, wenn nach dem objektiven Eindruck des Beschauers die Merkmale eines Bildnisses gegeben sind. Denn durch die Verbindung von Bild und Namensangabe erhält der Betrachter den Eindruck, das Bild zeige die mit Namen genannte Person. Bei dieser Sachlage ist es daher im Gegensatz zu einer anonymen Bildwiedergabe nicht erforderlich, das die Beziehung zwischen der Abbildung einer Person und der abgebildeten Person selbst, welche das Bild erst zu einem "Bildnis" macht, nämlich die Erkennbarkeit des Abgebildeten, im Bilde (sichtbar) gegeben ist. Ist auf die Identität der in der Abbildung wiedergegebenen Person mit dieser selbst durch Angabe des Namens des Abgebildeten hingewiesen, so bedarf es regelmäßig keiner Feststellung mehr, ob der Abgebildete in der Abbildung auch erkennbar ist. Bei solcher Sachlage erübrigt es sich deshalb auch, daß sich der Tatrichter durch Augenscheinseinnahme einen persönlichen Eindruck vom Aussehen des Abgebildeten verschafft.
Daher geht die Rüge der Revision fehl, das Berufungsgericht habe sich nicht auf einen Augenschein des Bildes beschränken dürfen, sondern hätte vielmehr die Feststellung der Erkennbarkeit der Klägerin nur durch einen Vergleich mit dieser selbst oder mit einer anderen ausreichend deutlichen Abbildung der Klägerin treffen dürfen. Denn darauf, ob die Klägerin auf der Abbildung erkennbar ist, kommt es - wie dargelegt - deshalb nicht an, weil schon die Bildunterschrift ersehen läßt, wen die Abbildung darstellt.
Demnach hat das Berufungsgericht mit Recht die Abbildung, welche die Klägerin zeigt, als "Bildnis" im Sinne des § 22 KunstUrhG angesehen.
III.
Der Hauptangriff der Revision richtet sich dagegen, daß das Berufungsgericht die Klägerin nicht als eine Persönlichkeit der Zeiteschichte angesehen hat, deren Bildnis nach § 23 Nr. 1 KunstUrhG ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet werden darf.
Das Berufungsgericht geht unter Bezugnahme auf Neumann-Duesberg (JZ 1960, 114) davon aus, daß zum Bereich der Zeitgeschichte auch Personen zu rechnen seien, die mit ihr nur "relativ" verknüpft seien, indem sie etwa durch ihr Handeln nur vorübergehend in das Blickfeld der Öffentlichkeit getreten seien. Dies müsse aber, so fährt das Berufungsgericht in Anlehnung an BGHZ 24, 200, 208 [BGH 10.05.1957 - I ZR 234/55] (- Spätheimkehrer) fort, in einer Weise geschehen sein, daß der Allgemeinheit ein nicht nur auf Neugier und Sensationslust beruhendes, sondern ein durch echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse an der bildlichen Darstellung der betreffenden Person zuzubilligen sei. Werde das Informationsinteresse lediglich durch ein bestimmtes Geschehen gerechtfertigt, so könne es über dieses nicht hinausreichen, so daß "relativ" zeitgeschichtliche Personen die Veröffentlichung ihres Bildnisses nur im Zusammenhang mit dem Ereignis hinzunehmen brauchten, durch das sie bekannt geworden seien. Fehle es an der hiernach notwendigen Verknüpfung mit dem Bereich der Zeitgeschichte oder daran, daß die Bildberichterstattung noch mit dem fraglichen zeitgeschichtlichen Ereignis in Zusammenhang stehe, so sei der Tatbestand des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG nicht erfüllt und für eine weitere Interessensabwägung, etwa zwischen Persönlichkeitsrecht auf der einen und Pressefreiheit auf der anderen Seite, kein Raum.
1.
Das Berufungsgericht sieht die Klägerin im Hinblick auf deren Beteiligung an der den Gegenstand des Strafprozesses bildenden Handlung nicht als Persönlichkeit der Zeitgeschichte an. Es begründet dies damit, daß die Betätigung der geschlechtlichen Verirrung des Triolismus auch in Gestalt der Kuppelei nicht zu den Ereignissen zu rechnen sei, über die durch Veröffentlichung von Bildnissen der Beteiligten unterrichtet zu werden, ein echtes Informationsinteresse der Allgemeinheit anzuerkennen sei. Außerdem fehle dem Pressebericht der Zusammenhang mit dem Strafprozeß.
Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind unbegründet.
Auch wenn zugunsten der Revision unterstellt wird, daß die Klägerin während des Verlaufs des Strafprozesses als Person der Zeitgeschichte anzusehen gewesen sein mag, so kam ihr diese Eigenschaft jedenfalls im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Presseberichts der Beklagten, in dessen Rahmen das Bildnis der Klägerin wiedergegeben wurde, nicht mehr zu. Jedenfalls ist die Auffassung des Berufungsgerichts frei von Rechtsirrtum, daß dem Bericht, in dessen Rahmen das Bild der Klägerin erschien, ein ausreichender Zusammenhang mit dem Ereignis gefehlt habe, durch das die Klägerin bekannt geworden sei, nämlich mit der etwa ein halbes Jahr zurückliegenden Hauptverhandlung des Strafprozesses, die überdies gar nicht Gegenstand des Berichts gewesen, sondern nur beiläufig darin erwähnt worden sei. Denn bei Personen, die nur vorübergehend aus einem bestimmten Anlaß das Interesse der Öffentlichkeit erwecken, ist ein die Veröffentlichung eines Bildnisses rechtfertigendes Informationsbedürfnis nur im Zusammenhang mit dem betreffenden Ereignis anzuerkennen (vgl. Osterrieth-Marwitz, Kunstschutzgesetz 2. Aufl. § 23 zu B III; Neumann-Duesberg a.a.O. zu IV 2). Im übrigen steht die Beurteilung durch das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung und dem Schrifttum, wonach bloße Sensationslust die Veröffentlichung des Bildnisses nicht rechtfertigt (vgl. BGH a.a.O.; Ulmer, a.a.O. S. 40; Voigtländer-Elster-Kleine § 1 LitUrhG Anm. 5a).
Hiernach hat das Berufungsgericht eine Abbildungsfreiheit hinsichtlich der Klägerin im Rahmen des fraglichen Berichtes zu Recht nicht schon deshalb bejaht, weil diese vor längerer Zeit an einem Strafverfahren beteiligt war, auf das der Bericht nur beiläufig hinweist.
2.
Das Berufungsgericht hat weiter verneint, daß die Klägerin wegen ihrer Beziehungen zu Dr. K., der seinerseits dem Bereich der Zeitgeschichte angehöre, diesem Personenkreis zuzurechnen sei.
Es legt dar, daß sich bei Dr. K. eine andere Beurteilung nicht schon wegen seiner Beteiligung an der Fibag-Affäre, sondern erst aus dem Grunde rechtfertige, weil er mit seiner Presse in den Bundestagswahlkampf 1961 eingegriffen habe und dabei als Sittenapostel aufgetreten sei, obwohl ihm gerade dazu jede Legitimation fehle. Wiese die zeitgeschichtliche Eigenschaft, die seine geschlechtlichen Verfehlungen dadurch erlangten, sich aber auch der Unzucht der von ihm angeblich verkuppelten Personen und diesen selbst mitgeteilt haben solle, bleibe unerfindlich. Auf jeden Fall fehle dem Bericht, in dessen Rahmen das Bild der Klägerin erschienen sei, der Zusammenhang mit dem Ereignis, durch das sie bekannt geworden sei, nämlich mit der Hauptverhandlung gegen Dr. K. im Januar 1962. Der Bericht, in dem der Werdegang des Dr. K. und die Fibag-Affäre abgehandelt werde, bringe über die Hauptverhandlung lediglich den Hinweis, daß sie zurückläge und daß Dr. K. sich wegen Kuppelei zu verantworten gehabt habe. Unter diesen Umständen sei nicht zu erkennen, aus welchem Grunde das Bildnis der Klägerin zum Bereich der Zeitgeschichte zu rechnen sei.
Die Revision vertritt demgegenüber die Auffassung, daß sämtliche die Person des Dr. K. erhellenden Umstände dem öffentlichen Interesse unterlägen, weil dieser durch seine aggressive Pressepolemik in den Wahlkampf eingegriffen habe. Die Presse sei daher befugt, dessen ganze Persönlichkeit und soziale Stellung zu schildern. Daraus folge, daß die Klägerin, soweit sie zu Dr. K. in Beziehungen getreten sei, den Schutz der Anonymität verloren habe und in den Bereich des öffentlichen Interesses getreten und dadurch zur Persönlichkeit der Zeitgeschichte geworden sei. Denn es könnten auch Dritte - wie zum Beispiel der Ehegatte - an der zeitgeschichtlichen Bedeutung anderer Personen teilhaben. Das gelte auch dann, wenn es sich um soziale Beziehungen handele, die geeignet seien, eine "absolute" Person der Zeitgeschichte zu charakterisieren.
Dieser Ansicht der Revision kann nicht gefolgt werden. Sie verkennt den Sinn der Ausnahmebestimmung des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG.
Diese Ausnahmebestimmung will nach der Gesetzesbegründung lediglich den Bedürfnissen der Allgemeinheit nach einer sachgerechten bildmäßigen Information über Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Rechnung tragen; sie erfaßt daher nicht solche Veröffentlichungen, an denen ein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit nicht anzuerkennen ist (BGHZ 20, 349, 350 ff [BGH 08.05.1956 - I ZR 62/54] - Dahlke). Je nach den Umständen, auf Grund deren jemand als dem Bereich der Zeitgeschichte zugehörig angesehen wird, kann ein Interesse der Allgemeinheit an der Unterrichtung über die betreffende Person durch Veröffentlichung von deren Bildnissen in größerem oder geringerem Umfange anzuerkennen sein.
Der vorliegende Fall bietet keinen Anlaß zur Beschäftigung mit der Frage, ob - wie Neumann-Duesberg annimmt (JZ 1960, 114 ff zu V 2 a und c) - der Ehegatte einer absolut zeitgeschichtlichen Persönlichkeit (hierunter sollen über ihren Tod hinaus bekannte Personen wie z. B. Monarchen, Staatspräsidenten, große Philosophen und Schauspieler fallen) die Veröffentlichung der Abbildung hinnehmen muß und ob eine solche Duldungspflicht auch für andere mit einer absoluten Person der Zeitgeschichte in persönlichen Beziehungen stehende dritte Personen besteht. Denn die Behauptung der Revision, daß Dr. K. zu diesem Kreis der Personen aus dem Bereich der Zeitgeschichte zähle, da er zu den absolut zeitgeschichtlichen Personen zu rechnen sei, trifft - was keiner weiteren Erörterung bedarf - nicht zu.
Nun ist zwar anerkannt, daß als Personen der Zeitgeschichte auch solche anzusehen sind, die nur vorübergehend in der Öffentlichkeit Beachtung finden (RGZ 125, 80, 82 - Tull Harder). Diese Voraussetzung sieht das Berufungsgericht bei Dr. K. als gegeben an. Den Anlaß, durch den dieser bekannt geworden ist, erblickt das Berufungsgericht in dessen geschildertem Auftreten anläßlich des Wahlkampfes. Auch wenn man mit der Revision annimmt, in Anbetracht des eigenen Verhaltens Dr. K. habe die Beklagte in ihrem Bericht über dessen Persönlichkeit und soziale Stellung Dinge aus seiner privaten Lebenssphäre behandeln dürfen (vgl. hierzu BGH NJW 1964, 1471 f), so vermag das allein aber nicht die Veröffentlichung eines Bildnisses einer anderen Person zu rechtfertigen, die zu ihm in privaten Beziehungen gestanden hat.
Dem steht schon entgegen, daß die Freigabe der Bildnisveröffentlichung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG eine Ausnahmevorschrift darstellt, die nicht ohne durchschlagenden Grund erweiternd ausgelegt werden darf. Wie dargelegt (zu III 1), bestand nun auf Grund der Rolle, welche die Klägerin bei den Vorgängen spielte, die zur Eröffnung der Hauptverhandlung gegen Dr. K. geführt haben, kein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit an der bildlichen Darstellung der Klägerin in dem ein halbes Jahr später über Dr. K. veröffentlichten Bericht. Die Tatsache, daß Dr. K. wegen der besonderen Art seines Vorgehens im Wahlkampf in der Öffentlichkeit Beachtung gefunden hat und deshalb insoweit dem Bereich der Zeitgeschichte angehört, vermag - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - nicht andere Personen mittelbar zu Personen der Zeitgeschichte zu machen, die in privaten Beziehungen zu ihm stehen. Da sich das Strafverfahren gegen ihn richtete, bestand allein wegen seiner Bekanntheit noch kein wirkliches Informationsbedürfnis der Allgemeinheit im Hinblick gerade auf die Person der Klägerin. Unter den besonderen Umständen vermochte das Interesse der Öffentlichkeit an Unterrichtung lediglich den Bericht über die Hauptverhandlung und die ihren Gegenstand bildenden Vorgänge aus dem privaten Bereich des Dr. K. im Rahmen der Schilderung von dessen Persönlichkeit zu rechtfertigen. Da im Gegensatz zu ihm die Klägerin ihrerseits keine Veranlassung gegeben hat, die es im Hinblick auf eine Darstellung ihrer Persönlichkeit erfordert hätte, sich in der Öffentlichkeit mit Vorgängen aus ihrem privaten Bereich zu befassen, kann - anders als in dem erwähnten Falle (BGH NJW 1964, 1471) - ein ernstliches Interesse der Allgemeinheit an einer bildmäßigen Information über die Klägerin in einem die Persönlichkeit des Dr. K. behandelnden Bericht nicht anerkannt werden.
Da demnach die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin durch die Beklagte nicht zulässig gewesen ist, war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.
Pehle
Sprenkmann
Mösl
Alff