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Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.02.1965, Az.: V ZR 235/62

Zustandekommen eines bindenden Vorvertrages über ein Grundstück trotz Formmangels nach Treu und Glauben ; Rücktritt vom Vertrag aus wichtigem Grund; Schadensersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluss; Angemessenheit des Restkaufpreises bei Zugrundelegung öffentlich-rechtlicher Bestimmungen; Auskunftsanspruch auf Offenlegung von Unterlagen für die Selbstkosten nebst Bauzinsen, die Aufstellung über Rückstellungen sowie die Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Häuser

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
16.02.1965
Aktenzeichen
V ZR 235/62
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1965, 11366
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Bamberg - 04.07.1962
LG Bamberg

Fundstellen

  • DB 1965, 968 (Kurzinformation)
  • MDR 1965, 562-563 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1965, 1269 (amtl. Leitsatz)

Prozessführer

Eheleute Franz H., kaufmännischer Angestellter und Kläre H. geb. Schr. in Li. üb. B., St.straße ...

Prozessgegner

St. J.-Stiftung B., Gemeinnütziges Wohnungsund Siedlungsunternehmen, B., P.straße ...
gesetzlich vertreten durch den Vorstand, Studienprofessor Hans Bi., Ba.

Amtlicher Leitsatz

Auch beim öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau stehen Treu und Glauben der Nichtigkeit eines nicht gerichtlich oder notariell beurkundeten Kaufvertrags über ein Kaufeigenheim zwischen dem auf eigene Rechnung bauenden Bauherrn und dem Bewerber in der Regel nicht entgegen. Der Bewerber kann daher nicht Auflassung, aber unter Umständen wegen Verschuldens bei Vertragsschluß Schadensersatz in Geld verlangen (Urteil vom 29. Januar 1965 V ZR 53/64).

Enthält ein Kaufvorvertrag über ein Kaufeigenheim zwischen dem im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau auf eigene Rechnung bauenden Bauherrn und dem Bewerber keine Bestimmung über die Höhe des künftig zu vereinbarenden Kaufpreises, so kann der Vorvertrag dahin auszulegen sein, daß der Kaufpreis im Sinne der Wohnungsbauförderungsbestimmungen angemessen sein muß.

Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 2. Februar 1965
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Augustin und
der Bundesrichter Schuster, Dr. Piepenbrock, Dr. Rothe und Dr. Mattern
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Bamberg vom 4. Juli 1962 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Am 31. August 1956 schlossen die Kläger mit der Beklagten, in deren Finanzierungsabteilung der klagende Ehemann damals beschäftigt war, einen privatschriftlichen "Hauserwerbs-Vorvertrag". Darin verpflichteten sich die Kläger zu bestimmten Geldleistungen an die Beklagte; die Beklagte räumte den Klägern eine Anwartschaft auf Übertragung eines Eigenheims im Rahmen ihres mit öffentlichen Mitteln geförderten, auf eigene Rechnung durchgeführten Bauvorhabens in Me.-Li., St.straße, ein und erklärte sich unter bestimmten Voraussetzungen bereit, nach dreijähriger Probezeit das Anwesen notariell an die Kläger zu veräußern.

2

Am 1. November 1956 zogen die Kläger, die sechs Kinder haben, in eines jener Häuser (St.straße ..., erstes Geschoß) ein und zahlten Miete.

3

In der Folgezeit kam es bei Verhandlungen über den Hauserwerb - die Kläger erwogen zeitweilig den Erwerb eines anderen Hauses der Beklagten als des von ihnen bewohnten - zu Differenzen zwischen den Parteien. 1958 schied der klagende Ehemann nach Kündigung der Beklagten aus deren Diensten aus. 1959 kündigte die Beklagte den Klägern mit Schreiben vom 1. April die Wohnung, veräußerte das Haus durch Vertrag vom 17. Juli an dritte Personen und erhob gegen die Kläger Räumungsklage, die zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung des vorliegenden Rechtsstreits vor dem Oberlandesgericht noch in der Berufungsinstanz vor dem Landgericht anhängig war.

4

Mit der Klage begehren die Kläger Verurteilung der Beklagten zum Schadensersatz in Ermessenshöhe wegen Nichterfüllung der Hausübereignungspflicht aus dem Vorvertrag, im Berufungsverfahren hilfsweise zur Abrechnung über Gesamtgestehungskosten und Bewirtschaftung des Hauses sowie zu dessen Übereignung und zur Mitwirkung bei den dazu erforderlichen Maßnahmen.

5

Das Landgericht hat der Zahlungsklage in Teilhöhe von 15.300 DM stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

6

Mit der Revision verfolgen die Kläger ihren Hauptantrag auf Verurteilung zu einer höheren Summe als 15.300 DM und ihre Hilfsanträge weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

7

Das Berufungsgericht führt aus: Der Vorvertrag sei trotz Formmangels nach Treu und Glauben bindend, wovon auch die Parteien ausgingen. Aber die Beklagte sei gegenüber beiden Klägern wirksam vom Vorvertrag zurückgetreten, nämlich durch ihr Wohnungskündigungsschreiben vom 1. April 1959. Ein Rücktritt aus einem wichtigen Grund von näher umschriebener Art sei im Vorvertrag vorbehalten und daher zulässig gewesen. Ein solcher wichtiger Grund habe vorgelegen; denn die Kläger seien nach Lage der Verhältnisse, wie sie sich der Beklagten damals darstellten, zur Aufbringung des sich nach der Schlußabrechnung ergebenden Restkaufgeldes außerstande gewesen, sie hätten die Beklagte außerdem damals nicht einmal darüber aufgeklärt, wie sie sich die Aufbringung des durch die bisher beabsichtigte Finanzierung nicht gedeckten Restkaufgeldes dächten.

8

Die Revision beanstandet die Bejahung eines vertraglichen Rücktrittsvorbehalts und eines Rücktrittsgrundes, letzteres insbesondere deshalb, weil die Beklagte nicht bewiesen habe, ob und in welcher Höhe die Kläger noch ein Restkaufgeld schuldeten, und die von den Klägern wiederholt verlangte Abrechnung verweigert habe.

9

Die Rügen haben im Ergebnis Erfolg.

10

I.

1.)

Der "Hauserwerbs-Vorvertrag", auf dessen Nichterfüllung die Klage gestützt ist (im folgenden Vertrag oder Vorvertrag genannt), ist wegen Mangels der gesetzlich vorgeschriebenen Beurkundungsform nichtig (§§ 313, 125 BGB; vgl. Senatsurteil BGHZ 16, 334 [BGH 18.02.1955 - V ZR 108/53]; ein Baugenossenschaftsfall nach Art der Entscheidung BGHZ 15, 177 oder ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz wie bei BGHZ 29, 76 [BGH 10.12.1958 - V ZR 70/57] liegt hier nicht vor). Eine durch Treu und Glauben gebotene Bindung an formnichtige Verträge (§ 242 BGB) erkennt die Rechtsprechung nur in besonderen Ausnahmefällen an. Dazu genügt in der Regel nicht, daß der Verkäufer den Eindruck erweckt, er stehe zur Absprache und demnächst werde beurkundet (Senatsurteil LM BGB § 313 Nr. 13). Solche Bindung ist bejaht worden bei Erwerbsverträgen über Kleinsiedlungen zwischen Siedlungsträger und Siedler im Hinblick auf die Betreuungs- und Fürsorgepflicht des Trägers (BGHZ 16 a.a.O.). Wie der Senat im Urteil vom 29. Januar 1965 V ZR 53/64 entschieden hat, gilt dies nicht ohne weiteres auch für Kaufeigenheim-Vorverträge.

11

Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein im öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau erstelltes Kaufeigenheim (vgl. §§ 1, 3, 20 Abs. 3 des Ersten Wohnungsbaugesetzes - I. WoBauG - i.d.F. vom 25. August 1953, BGBl I 1047). Der soziale Schutzgedanke könnte hier eine Bindung an den formnichtigen Kaufvorvertrag nach § 242 BGB erwägen lassen. (Das zweite Wohnungsbaugesetz - II. WoBauG - vom 27. Juni 1956/1. August 1961, BGBl I 523, 1121, das im vorliegenden Fall aus zeitlichen Gründen nicht Platz greift, vgl. § 4 Abs. 1 Buchst. a, sieht unter gewissen Voraussetzungen bereits kraft Gesetzes eine Pflicht des Bauherrn zum Abschluß eines Kaufvertrags mit einem geeigneten Bewerber vor.) Der soziale Schutzgedanke ist jedoch in dieser Frage nicht ausschlaggebend im Hinblick darauf, daß der Bau nicht im Rahmen eines Betreuungsverhältnisses und für Rechnung der Kläger erstellt worden ist, sondern für eigene Rechnung der Beklagten, zu denen die Kläger in rein kaufrechtliche Beziehungen treten wollten.

12

Deshalb muß es auch im vorliegenden Fall bei der Tüchtigkeit des Vorvertrags sein Bewenden haben, die das Gesetz für den Fall der Nichteinhaltung der vorgeschriebenen Form vorschreibt (§ 125 BGB).

13

2.)

Damit ist über das Schicksal der Klage jedoch noch nicht entschieden. Denn mit ihr wird in erster Linie nicht Erfüllung einer aus dem Vorvertrag abgeleiteten Pflicht zum Abschluß eines notariellen Kaufvertrags begehrt, sondern Ersatz des auf die Nichterfüllung zurückgeführten Schadens, und dieses Begehren ist auch dann schlüssig und möglicherweise begründet, wenn eine Kaufabschlußpflicht nicht bestand.

14

In Betracht kommt nämlich eine Schadensersatzhaftung aus Verschulden bei Vertragsschluß, weil die Beklagte, ein gemeinnütziges Wohnungs- und Siedlungsunternehmen, auf dessen auch in rechtlicher Hinsicht ordnungsmäßiges Arbeiten die rechtsunkundigen Hausbewerber vertrauen durften, ihnen von ihr selbst entworfene Schriftstücke zur Unterzeichnung gab, durch welche die Bewerber zur Hingabe mehr oder weniger umfangreicher (eigener oder fremder) Geldmittel an die Beklagte veranlaßt werden sollten, ohne daß die Beklagte die Bewerber auf die Notwendigkeit notarieller Beurkundung hinwies, und weil sie damit den Sorgfaltspflichten zuwiderhandelte, die durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien begründet worden waren (vgl. Senatsurteil vom 29. Januar 1965, V ZR 53/64). Wegen Verschuldens bei Vertragsschluß kann der Gegner allerdings nur Ersatz desjenigen Schadens verlangen, der ihm durch das Vertrauen auf die Gültigkeit der Vereinbarung entstand (sog. negatives Interesse), und dieser Schaden bleibt meist hinter dem Erfüllungsinteresse zurück. In besonderen Fällen kann der Schaden jedoch das Erfüllungsinteresse erreichen; und gerade bei formungültigen Vereinbarungen zwischen Bauunternehmungen und Hausbewerbern liegt die Möglichkeit nicht fern, daß dann, wenn der Bewerber die Formbedürftigkeit gekannt hätte, notarielle Verbriefung von ihm verlangt und vom Bauunternehmen gewährt worden wäre (vgl. das genannte Senatsurteil vom 29. Januar 1965). So kann im vorliegenden Fall eine Schadensersatzpflicht aus Verschulden bei Vertragsschluß bedeuten, daß die Beklagte die Kläger in Geld so erteilen müßte, daß sie sich unter Berücksichtigung der heutigen Grundstücks- und Baustoffpreise sowie der heutigen Arbeitslöhne und der damaligen Finanzierungsmittel des "Käufers" ein gleichwertiges Eigenheim beschaffen können (vgl. das genannte Senatsurteil).

15

Eine solche - vom Berufungsgericht noch zu prüfende - Schadensersatzpflicht der Beklagten bestünde jedoch nicht, wenn ein Sachverhalt gegeben ist, der auch dann, wenn der Vorvertrag formgültig wäre, ihre Pflicht zum Abschluß eines Kaufvertrags hätte wegfallen lassen, bevor das zum Schadensersatz verpflichtende Ereignis - Veräußerung des Grundstücks an Dritte statt an die Kläger - eintrat. Ein solcher Umstand, der eine bestehende Bindung beseitigt hätte, kann insbesondere in dem vom Berufungsgericht erörterten Rücktritt vom Vertrag liegen.

16

Es kommt deshalb möglicherweise darauf an, ob im Fall der Formgültigkeit des Vorvertrages die Verpflichtung zum Abschluß des notariellen Kaufvertrages vor der am 17. Juli 1959 erfolgten anderweitigen Grundstücksveräußerung weggefallen wäre.

17

II.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, der Vorvertrag enthalte einen Rücktrittsvorbehalt aus wichtigem Grunde, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

18

Bei dieser Vertragsauslegung bezieht sich der Tatrichter auf die Nr. 2 a Abs. 1 und 2 ("Rücktritt") sowie Nr. 3, 4, 7 ("Kündigung"). Der Revision ist zuzugeben, daß abgesehen von Nr. 7 (dazu unten) die angezogenen Bestimmungen weder einzeln auf den vorliegenden Sachverhalt zutreffen noch ein allgemeines Rücktrittsrecht ausdrücklich festlegen; insoweit ist die Bejahung eines "ausdrücklichen" Rücktrittsvorbehalts allgemeiner Natur allerdings mißverständlich. Wie jedoch die folgenden Ausführungen des Berufungsurteils (BU 17) ergeben, beruht es nicht auf der Bejahung eines Rücktrittsrechts ohne jede weitere Voraussetzung ("schlechthin", "ohne Angabe von Gründen"), sondern auf der Annahme, die Loslösung vom Vertrag - "gewissermaßen aus wichtigem Grund" - habe der Beklagten mindestens für den Fall vorbehalten werden sollen, daß ihr mit Rücksicht auf ihre Interessenlage als gemeinnütziges Wohnungs- und Siedlungsunternehmen nicht mehr zugemutet werden konnte, weiter am Vertrag festzuhalten. Diese Vertragsauslegung enthält jedenfalls zu Lasten der Beklagten keinen Rechtsirrtum:

19

Der einschlägige Wortlaut des laienhaft formulierten Vertrags besagt folgendes:

"1.
Die Bauträgerin räumt den zukünftigen Hauserwerbern hiermit eine Anwartschaft auf Übertragung eines Eigenheimes im Bauvorhaben Me.-Li., St.straße, ein.

2.
Die künftigen Hauserwerber verpflichten sich

a)
zur Zahlung des einmaligen Grundbeitrages von DM 500,- ...

b)
zur Leistung einer Hauserwerbsanzahlung in Höhe von DM 4.000,- ... Die Höhe der endgültigen Summe kann erst nach erfolgter Schlußabrechnung festgestellt werden. Sollte sich nach der Schlußabrechnung eine ungedeckte Finanzierungsspitze (Restkaufgeld) ergeben, so wird diese vom Tage der Feststellung des Restkaufgeldes an bis zur Bezahlung durch den zukünftigen Hauserwerber banküblich verzinst.

...

7.
Sollten die künftigen Hauserwerber durch ihr Verhalten erkennen lassen, daß sie den im allgemeinen an Erwerber von Eigenheimen insbesondere in Bezug auf Sitte und Zuverlässigkeit zu stellenden Bedingungen nicht entsprechen, so ist die Bauträgerin berechtigt, diesen Vertrag unter Einhaltung einer halbjährigen Frist zu kündigen.

8.
Soweit im Normalfalle die künftigen Hauserwerber innerhalb einer vom Tage des Einzuges an zu rechnenden dreijährigen Probezeit den Verpflichtungen dieses Vertrages nachkommen, ist die Bauträgerin bereite, mit ihnen einen notariellen Kaufvertrag bezüglich des Eigenheimes und des Grundstückes abzuschließen, sowie die grundbuchliche Eintragung in das Eigentum der zukünftigen Hauserwerber in die Wege zu leiten.

..."

20

Die in Nr. 1 bestimmte Anwartschaft erhält mangels anderweitiger Regelung ihren Inhalt aus Nr. 8. Danach richtet sie sich auf Abschluß eines Grundstückskaufvertrags mit Eigentumsübertragung. (Die Erwähnung der Eigentumsübertragung neben dem Kaufvertrag hat ersichtlich keine rechtlich selbständige Bedeutung dahin, daß schon von Anfang an neben der schuldrechtlichen auch eine dingliche Anwartschaft begründet werden sollte, sondern unterstreicht überflüssigerweise den Inhalt des geschuldeten Kaufvertrags.) Die Kaufabschlußpflicht ist aber nicht als unbedingte gewollt, sondern bedingt durch die Erfüllung der Vorvertragspflichten der Erwerber innerhalb einer dreijährigen Probezeit ab Einzug (die also bei den Klägern am 1. November 1959 abgelaufen wäre). Vorvertragspflicht der Erwerber sollte vor allem die Pflicht zur Geldzahlung in dem in Nr. 2 bestimmten Umfang sein; bei ihrer Nichterfüllung (innerhalb der Probezeit) sollte nach dem Vertragswortlaut das Anwartschaftsrecht der Erwerber nicht bestehen (vgl. § 158 BGB, wobei offenbleiben kann, ob es sich um eine aufschiebende oder auflösende Bedingung handelt). Zu den Obliegenheiten der Erwerber sollte nach Nr. 7 auch die Erfüllung der "im allgemeinen, insbesondere in Bezug auf Sitte und Zuverlässigkeit zu stellenden Anforderungen" gehören; die Frage, ob auch ihre Erfüllung eine Bedingung im Rechtssinne für die Kaufabschlußpflicht der Beklagten sein sollte, ist im Vertragstext nicht zweifelsfrei geregelt (dafür spricht das Wort "Bedingung" in Nr. 7 und die Stellung dieser Bestimmung vor der abschließenden Nr. 8); angesichts des Schlußteils von Nr. 7 kann zugunsten der Revisionskläger davon ausgegangen werden, daß es sich hierbei nicht um eine echte Bedingung handelt, sondern um eine Vertragspflicht, deren Nichterfüllung die Kaufabschlußpflicht der Beklagten nicht automatisch beseitigen, sondern der Beklagten nur das Recht geben sollte, sich durch eine Willenserklärung vom Vertrag loszulösen.

21

Welcher Art diese Loslösung sein sollte, spricht der Vertrag ebenfalls nicht klar aus. Das Wort "Kündigung" weist zwar in die Richtung, daß die Loslösung die Vertragswirkungen nur für die Zukunft, nicht auch rückwirkend beseitigen sollte; denn das unterscheidet den Rechtsbegriff der Kündigung von dem des Rücktritts. Aber eine derart beschränkte Loslösung hat einen vernünftigen Sinn nur bei solchen Rechtsverhältnissen, bei denen sich in verschiedenen Zeitabschnitten jeweils gegenseitige Rechte und Pflichten gegenüberstehen, deren Abwicklung für eine zurückliegende Zeit getrennt von der der künftigen Zeitabschnitte praktisch durchführbar ist (Dauerschuldverhältnisse, insbesondere Miete, Dienstvertrag, Sukzessivlieferungsverträge). Bei Verträgen wie dem hier zu beurteilenden ist eine solche Aufteilung nach Zeitabschnitten nicht möglich; es stehen sich vielmehr nur gegenüber die unteilbare Pflicht der Beklagten zum Abschluß eines Kaufvertrags (unter bestimmten Voraussetzungen) über ein einziges Kaufobjekt und die Zahlungspflicht der Kläger; daß die letztere in mehrere Fälligkeitstermine aufgeteilt ist, begründet wegen der Einheitlichkeit der Gegenleistung noch keine Aufspaltbarkeit der Vertragsabwicklung insgesamt in mehrere Zeitabschnitte. Aus diesem Grunde ist anzunehmen, daß mit der der Beklagten in Nr. 7 vorbehaltenen Loslösung vom Vertrag gegen dessen Wortlaut nicht eine Kündigung im Rechtssinne, sondern ein Rücktritt gemeint ist, mit der Wirkung, daß seine Ausübung die beiderseitigen Vertragspflichten rückwirkend beseitigen sollte, und zwar in vollem Umfang, soweit nicht der Vertrag selbst in Einzelpunkten etwas anderes bestimmt (Nr. 2: Verfall von Aufnahme- und Bearbeitungsgebühr; Zinsregelung in Nr. 3, z.T. abweichend von § 347 Satz 3 BGB). Diesen Sinn legt ersichtlich auch das Berufungsgericht dem Wort "Kündigung" in Nr. 7 des Vertrags bei. Eine solche Würdigung ist entgegen der Meinung der Revision (Begründung 15) nicht nur nicht unmöglich, sondern nach der beiderseitigen Interessenlage und dem erforderlichen Streben nach einem vernünftigen Sinn des Erklärten, statt am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB), geboten, mindestens rechtlich möglich.

22

Worin die in Nr. 7 genannten "im allgemeinen zu stellenden Anforderungen" bestehen sollten, wird im Vertragstext nur durch zwei Beispiele (Sitte und Zuverlässigkeit) erläutert, aber im übrigen nicht naher bestimmt. Die weite Fassung sowohl der "Kündigungs" klausel selbst als auch der beiden Beispiele legt die Annahme einer Generalklausel im Sinne der Loslösbarkeit wegen wichtigen Grundes nahe. Wenn das Berufungsgericht den Vertrag so auslegt, dann ist diese Auslegung einleuchtend, jedenfalls rechtlich möglich. Das Berufungsgericht hätte sich für seine Auslegung noch auf die Bestimmung des § 56 II. WoBauG beziehen können, die zwar auf das hier umstrittene Haus noch nicht anwendbar ist, aber in ihrer noch heute geltenden Fassung bereits am 1. Juli 1956, also vor Vertragsschluß, in Kraft getreten war (§ 120 der Fassung von 1956) und die von ihr selbst begründete Bindung kraft Gesetzes ebenfalls beim Vorliegen eines wichtigen Grundes verneint. Hier wird zwar das Tatbestandsmerkmal des wichtigen Grundes dahin eingeschränkt, daß er in der Person oder den Verhältnissen des Bewerbers (hier: Kläger) liegen muß, daß eine Ablehnung also insbesondere nicht etwa mit den Verhältnissen des Bauherrn (hier: Beklagte) begründet werden könnte. Im vorliegenden Fall kommt jedoch als Loslösungsgrund nur ein solcher auf Seiten der Kläger, und zwar in ihren Verhältnissen oder ihrer Person, in Betracht. Ob das Berufungsgericht mit seiner Auslegung über diese Grenze hinausgehen wollte, kann offenbleiben, da hierauf das angefochtene Urteil nicht beruhen würde.

23

Die bei Wirksamkeit des Vertrags erforderliche Rücktrittserklärung gegenüber beiden Klägern sieht das Oberlandesgericht im Schreiben der Beklagten vom 1. April 1959 (blaue Mappe, Bl. 27), obwohl dessen Wortlaut nur von der Kündigung der Wohnung spricht. Die Revision deutet Zweifel an, ob diese Auslegung zutrifft (Begründung II 9). Das Berufungsgericht begründet die Auslegung jedoch eingehend und stützt sich dabei auf den vorangegangenen Schriftwechsel zwischen den Parteien (BU S. 14/15). Ein Rechtsirrtum liegt insoweit nicht vor.

24

III.

Es bleibt die Frage, ob ein wichtiger Grund vorlag, der die Beklagte nach dem Vertragsinhalt zum Rücktritt berechtigt und daher die im Falle der Formgültigkeit des Vorvertrages begründete Kaufabschlußpflicht beseitigt hätte. Dies hat das Berufungsgericht bejaht, jedoch mit unzureichender Begründung.

25

1.

Das Oberlandesgericht führt im einzelnen aus (BU S. 18 bis 30):

26

Die Beklagte habe bei Vertragsschluß das Fehlen eigenen baren Geldes der Kläger hingenommen. Aber nach Genehmigung der Schlußabrechnung der Beklagten durch die Regierung von Oberfranken im November 1957 hätten die Kläger gewußt, daß von ihnen auf Grund der von der Beklagten zusammen mit der Schlußabrechnung vorgenommenen Aufteilung (des Gesamtbetrags für den ganzen Bauabschnitt unter die mehreren Erwerber) insgesamt 8.253,68 DM als Eigenleistung aufzubringen gewesen seien. Ein Recht zur Einzelbemängelung der Schlußabrechnung und Beanstandung der Aufteilung hätten die Kläger nicht gehabt. Tatsächlich sei ihre erforderliche Eigenleistung infolge nachträglich vorgenommener und ebenfalls von der Regierung von Oberfranken nicht beanstandeter Änderung der Aufteilung wegen des Eckhauscharakters des Hauses der Kläger um 1.196,41 DM höher, nämlich insgesamt 9.450,09 DM gewesen.

27

Zur Zahlung schon jener rund 8.200 DM und erst recht der später errechneten insgesamt rund 9.400 DM seien die Kläger außerstande gewesen: Sie hätten von vornherein, ebenso wie die Beklagte, mit einem dann nicht bewilligten staatlichen Familienzusatzdarlehen für sie gerechnet (die Kläger in Höhe von 4.500 DM, die Beklagte in Höhe von 3.000 DM). Auf die Nichtbewilligung dieses Darlehens hin habe sich der klagende Ehemann von Anfang 1957 an bei der Beklagten um die Zuteilung eines anderen (die Voraussetzungen für ein solches Familiendarlehen vermeintlich erfüllenden) Anwesens bemüht und dabei selbst wiederholt die Finanzierungslücke für das Haus Stockseestraße 19 als für ihn kaum überbrückbar bezeichnet.

28

Tatsächlich hätten die Kläger zur Deckung des schließlichen Restkaufgeldes von über 8.000 bzw. 9.000 DM an Eigenmitteln nichts, an Darlehen nur insgesamt 4.000 DM gehabt (je 2.000 DM Darlehen des Katholischen Si. dienstes in K. und des Mieters der Einliegerwohnung, wobei die Rechtsbeständigkeit des letzteren Darlehens noch zweifelhaft gewesen sei). Für die Verwirklichung ihrer Hauserwerbspläne seien die Kläger auf das verhältnismäßig geringe Grundgehalt des Ehemanns von 520 DM und eine Hausverwaltervergütung von 15 DM = insgesamt 535 DM brutto monatlich angewiesen gewesen; die darüber hinausgehenden Bezüge (Weihnachtsgratifikation, Haushaltszulage, Kindergelder, Ausbildungshilfen) hätten dafür nicht zur Verfügung gestanden, sondern seien von vornherein entweder für die jeweils bestimmten Zwecke oder mit für den gesamten Unterhalt der achtköpfigen Familie verbraucht worden. Aber auch jene 535 DM brutto hätten nur gerade zur Bestreitung des Unterhalts der Familie einschließlich der Miete ausgereicht. Dazu sei der klagende Ehemann nach seinem Ausscheiden bei der Beklagten am 31. März 1958 bis zum 18. April 1960 arbeitslos gewesen und habe nur wöchentlich 62 DM Unterstützung bezogen. Darüber hinaus habe er eine Reihe von Schulden gehabt, wegen deren die Zwangsvollstreckung gegen ihn betrieben worden sei; sein Gehalt bei der Beklagten sei 1957, also nach Vertragsschluß, gepfändet worden für eine Forderung der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank in Teilhöhe von 3.000 DM, die er im Arbeitsgerichtsprozeß mit über 2.000 DM als begründet eingeräumt habe. Hinzu komme ein von ihm selbst erwähnter allgemeiner "Ergänzungs- und Nachholbedarf". Andere Möglichkeiten, insbesondere sog. 7c-Gelder, hätten den Klägern nicht zur Verfügung gestanden. Daher seien sie zur Aufbringung der (nach Abzug der 4.000 DM Darlehen verbleibenden) rund 4.200 bzw. 5.400 DM Restkaufgeld außerstande gewesen.

29

Sonstige Geldquellen, insbesondere Verwandtenhilfe, hätten die Kläger früher nie behauptet oder gar belegt, trotz mehrfacher Aufforderungen der Beklagten, ihr mitzuteilen, wie das Restkaufgeld aufgebracht werden solle.

30

Der Rücktritt habe auch nicht gegen Treu und Glauben verstoßen. Die Beklagte habe ihn nicht unbillig verzögert, vielmehr ausschließlich im Interesse der Kläger von einem früheren Rücktritt abgesehen. Sie habe ihnen immer wieder Gelegenheit zur Übernahme des Hauses St.straße ... durch Darlegung ihrer Leistungsfähigkeit zur Bezahlung des Restkaufgeldes gegeben. Die Kläger hätten die Beklagte durch die Nichtbeantwortung ihrer wiederholten Aufforderungsschreiben zu einer klaren Stellungnahme bezüglich der Übernahme des Hauses und vor allem der Bezahlung des Restkaufgeldes praktisch immer wieder hingehalten. Die Beklagte habe angesichts ihres noch dazu vor Ablauf der Dreijahresfrist erklärten Rücktritts auf dieses Recht weder verzichtet noch seine Geltendmachung verwirkt.

31

Deshalb komme es nicht mehr darauf an, ob die Kläger im Fall der Hausübernahme (falls sie mittels weiterer Fremdmittel das Restkaufgeld hätten aufbringen können) überhaupt zur Bezahlung ihrer (dann) laufenden Verbindlichkeiten imstande gewesen wären, obwohl der Kläger im Februar 1961 nur ein Bruttogehalt von 464,28 DM und noch 1962 keinen nennenswerten regelmäßigen Nebenverdienst gehabt habe.

32

2.

Die Revision wendet demgegenüber ein: Das Restkaufgeld sei von der Beklagten zu hoch berechnet worden; über die Berechnungsgrundlagen hätten die Kläger von der Beklagten mehrfach Auskunft gefordert, aber nicht erhalten; ein richtig berechnetes Restkaufgeld hätten sie mit Hilfe von Verwandtendarlehen aufbringen können; über diese Behauptung habe das Berufungsgericht zu Unrecht die angebotenen Beweise nicht erhoben.

33

Diese Rüge ist im Ergebnis begründet.

34

a)

Nach dem Vertragsinhalt hält das Berufungsgericht die in der Abrechnung der Beklagten gegenüber der Regierung zugrunde gelegten Kaufpreisbeträge ohne weiteres auch im Verhältnis zu den Klägern für maßgebend. Ob sie das sind, hängt aber davon ab, wie der Vertrag in diesem Punkt auszulegen ist (§§ 133, 157 BGB). Das Berufungsgericht hat diese Frage nicht berührt; deshalb kann das Revisionsgericht die Auslegung selbst vornehmen. Der Senat kommt zu dem Ergebnis, daß nach dem Inhalt des Vertrags die Kläger nicht unter allen Umständen an die von der Beklagten errechnete Kaufpreishöhe gebunden sind.

35

Der Vertragswortlaut besagt auch zu diesem Punkt nichts Ausdrückliches. Er legt hinsichtlich des Restkaufpreises eine Zahlungspflicht nicht einmal dem Grunde nach ausdrücklich fest; doch ist die einschlägige Stelle des Vertrags (Nr. 2 b) als eines Vorvertrags zum Verkauf eines Grundstücks ebenso im Sinne einer Rechtspflicht zu verstehen, wie auf selten der Beklagten die "Bereiterklärung" zum Abschluß des Hauptvertrags (unter gewissen Voraussetzungen) in Nr. 8. Die Höhe des Kaufpreises ist im Vertragstext ebenfalls weder zahlenmäßig noch durch unmittelbare Vorweisung etwa auf einen Betrag an einer bestimmten Stelle der Schlußabrechnung festgelegt; er besagt nur, sie könne erst "nach" erfolgter Schlußabrechnung festgestellt werden, und regelt die Verzinsung für den (erfahrungsgemäß die Regel bildenden) Fall, daß sich "nach" der Schlußabrechnung eine ungedeckte Finanzierungsspitze ergeben sollte, die als Restkaufgeld bezeichnet wird. Schon die rein sprachliche Betrachtung ergibt eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, daß das Wörtchen "nach" nicht nur eine zeitliche Aufeinanderfolge, sondern auch einen inhaltlichen Zusammenhang (im Sinne von "gemäß") ausdrücken soll. Erst recht sprechen dafür das für die Beklagte erkennbare Interesse der als Bewerber beim sozialen Wohnungsbau geeigneten Personen im allgemeinen und der Kläger im besonderen an Niedrighaltung des Kaufpreises, sowie die bereits im Urteil des Landgerichts (S. 19/20) betonte öffentlich-rechtliche Bindung der Beklagten in der Preisgestaltung:

36

Das auf den umstrittenen Bau anzuwendende Erste Wohnungsbaugesetz hält die Bauherren beim öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau schon im allgemeinen zu möglichster Niedrighaltung der Baukosten an, indem es vorschreibt, die Bewilligung der öffentlichen Mittel solle an entsprechende Bedingungen geknüpft worden (§ 22; vgl. die in derselben Richtung gehenden Bestimmungen der §§ 51, 54 Abs. 1 II. WoBauG und dazu Fischer-Dieskau/Pergande/Schwender Das Zweite Wohnungsbaugesetz, § 54 Anm. 4 S. 675 f; Ehrenforth, Das Zweite Wohnungsbaugesetz § 54 Anm. 3). Bei gemeinnützigen Wohnungsunternehmungen im besonderen fordert das Gesetz Angemessenheit des Überlassungspreises (§ 7 Abs. 2 des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes - WGG - vom 29. Februar 1940, RGBl I 437) und erläutert dies für den hier fraglichen Zeitpunkt (1956) hinsichtlich der Veräußerung von auf eigene Rechnung errichteten Wohnungsbauten dahin, daß der Preis dann angemessen ist, wenn er die im Rahmen einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung entstehenden Selbstkosten und die im Rahmen einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung erforderlichen Rücklagen und Rückstellungen deckt (§ 11 der Durchführungsverordnung zum WGG vom 23. Juli 1940 RGBl I 1012).

37

Hiernach ist die mangelnde zahlenmäßige Festlegung des restlichen Kaufpreises im Vorvertrag nicht dahin zu werben, daß die Beklagte den Kaufpreis von sich aus nach Belieben oder auch nur nach ihrem billigen Ermessen sollte bestimmen können (§§ 316, 315 BGB). Vielmehr muß der Vorvertrag dahin ausgelegt werden, daß Inhalt des geschuldeten Hauptvertrags ein im Sinne jener öffentlich-rechtlichen Bestimmungen angemessener Kaufpreis sein sollte.

38

Freilich wäre es verfehlt anzunehmen, Kaufbewerber wie die Kläger könnten den vom Bauherrn errechneten Kaufpreis schon deshalb beanstanden, weil im einen oder ändern Einzelpunkt der Bauherstellung oder -finanzierung unzweckmäßig vorgegangen worden sei und dadurch vermeidbare Kosten entstanden seien; darin läge eine Einengung des für die Entfaltung von Unternehmerinitiative notwendigen Ermessensspielraums in einem solchen Umfang, daß die Tätigkeit der Wohnungsbauunternehmungen lahmgelegt werden könnte. Der von der Beklagten errechnete Kaufpreis ist vielmehr nur dann nach dem Inhalt des Vorvertrags nicht der geschuldete und daher beanstandbar, wenn er nicht angemessen im Sinne der genannten öffentlich-rechtlichen Bestimmungen ist, wenn er also entweder über die Deckung der tatsächlichen Gesamtkosten nebst Rücklagen und Rückstellungen hinausgeht oder diese Kosten den Rahmen einer ordnungsmäßigen Geschäftsführung überschreiten. Wenn das Berufungsgericht beiläufig (S. 20) ausführt, der verlangte Kaufpreis sei angemessen, so ergibt sich aus den Urteilsgründen jedenfalls nicht mit Sicherheit, daß das Berufungsgericht "angemessen" im Sinne dieser Bestimmungen und damit des Vertrages verstanden hat. Auf diesem möglichen Rechtsirrtum kann es auch beruhen, daß sich das Berufungsgericht unter dem Gesichtspunkt der Angemessenheit des Kaufpreises nicht mit den Beweisangeboten der Kläger hinsichtlich der angeblichen Mängel des Hauses auseinandergesetzt und nicht geprüft hat, ob damit nicht die Verletzung der Grundsätze einer ordnungsmäßigen Wirtschaftsführung behauptet und unter Beweis gestellt war. Diese Prüfung hätte möglicherweise Anlaß gegeben, zur Frage der Angemessenheit des Kaufpreises einen Sachverständigen zu hören oder auf entsprechende Antragstellung im Rahmen des § 139 ZPO hinzuwirken.

39

b)

Ob diese Angemessenheitsvoraussetzung bei einem von der Beklagten errechneten Kaufpreis zutraf, mußten die Bewerber, hier die Kläger, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nachprüfen können; sie brauchten den ihnen von der Beklagten genannten Betrag nicht ohne weiteres hinzunehmen. Das Nachprüfungsrecht wurde auch dadurch nicht beseitigt, daß die Schlußabrechnung der Beklagten von der Regierung von Oberfranken genehmigt (geprüft und nicht beanstandet) wurde; denn diese Prüfung geschieht im öffentlichen Interesse und ersetzt nicht die eigene Prüfung des Kaufinteressenten.

40

In Betracht kommt allerdings nicht ein Anspruch auf Rechenschaftsablegung im technischen Sinn (§ 259 BGB) hinsichtlich der Gestehungskosten (wie es der eine Hilfsantrag der Kläger begehrt). Ein solcher Anspruch wäre etwa dann zu bejahen, wenn die Beklagte das Haus für Rechnung der Kläger erstellt hätte (Geschäftsbesorgungsvertrag, §§ 675, 666 BGB; vgl. Lorenz in Gemeinnütziges Wohnungswesen 1957 S. 75). Aber so liegt der festgestellte Sachverhalt nicht; die Beklagte hat das Haus vielmehr für ihre eigene Rechnung erstellt uno sich lediglich zum Abschluß eines Kaufvertrags verpflichtet.

41

In Betracht kommt dagegen ein Auskunftsanspruch der Kläger (vgl. § 260 BGB):

42

Dem Auskunftsanspruch im Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner eines bereits bestehenden Rechtsverhältnisses (Grundverhältnis; hier: Hauserwerbs-Vorvertrag) kommt rechtspolitisch und praktisch eine nicht geringe Bedeutung zu. Er ist über die nur für Einzelfälle getroffene gesetzliche Regelung hinaus auf Grund des § 242 BGB grundsätzlich anzuerkennen, wo der eine Teil entschuldbar über Bestehen und Umfang seines Rechts ungewiß und insoweit auf den Gegner angewiesen ist, dieser aber unschwer Auskunft geben kann (Senatsurteil vom 1. Oktober 1958, V ZR 53/58, S. 4-6, insoweit in BGHZ 28, 177 nicht abgedruckt; die Frage, ob Voraussetzung des Auskunftsanspruchs auch eine mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Hauptanspruchs ist, laßt diese Entscheidung offen). Dieser Auskunftsanspruch ist zwar meist nur für den Fall erörtert, daß der Auskunftbegehrende der Gläubiger des Grundverhältnisses ist (so auch im genannten Senatsurteil). Die zugrunde liegenden Erwägungen sprechen jedoch gleichermaßen für einen Auskunftsanspruch des Schuldners gegen den Gläubiger, wenn der Schuldner ohne sein Verschulden über Bestehen und Umfang seiner Verpflichtung aus dem Grundverhältnis ungewiß, der Gläubiger aber zur Auskunfterteilung unschwer in der Lage ist. Die letztere Voraussetzung ist im vorliegenden Fall ersichtlich gegeben; denn mit dem Verlangen nach Aufklärung über die Gestehungskosten haben die Kläger Auskunft nur über solche Tatsachen, insbesondere Zahlen begehrt, die sich in den Unterlagen der Beklagten befinden. Was die erstere Voraussetzung anlangt, so hängt der Umfang der Zahlungspflicht der Kläger von der Höhe der Gestehungskosten der Beklagten ab. Infolgedessen hat das Oberlandesgericht zu Unrecht die Entstehung eines Auskunftsanspruchs der Kläger schon dem Grunde nach verneint.

43

Der Auskunftsanspruch beschränkt sich im vorliegenden Falle auf das Offenlegen der Unterlagen für die Selbstkosten nebst Bauzinsen, die Aufstellung über Rückstellungen sowie die Verteilung der Gesamtkosten auf die einzelnen Häuser.

44

c)

Hiernach kann das angefochtene Urteil mit der bisherigen Begründung nicht bestehen bleiben. Wäre der den Klägern auf Grund des Vorvertrags im Falle seiner Rechtswirksamkeit aufzuerlegende Restkaufpreis nämlich niedriger als der von der Beklagten errechnete, was nach dem Gesagten für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist, dann läge darin, daß die Kläger den von der Beklagten errechneten Restkaufpreis nicht zahlen konnten, noch kein wichtiger Grund zum Rücktritt der Beklagten vom Vorvertrag. Es kommt vielmehr insoweit darauf an, ob sie den im genannten Sinn angemessenen Restkaufpreis nicht zahlen konnten.

45

Das Oberlandesgericht sieht den wichtigen Grund allerdings nicht in der mangelnden Leistungsfähigkeit der Kläger, sondern auch in ihrer Nichtbeantwortung der wiederholten Fragen und Aufforderungen der Beklagten, ihre Leistungsfähigkeit darzutun. Aber auch in diesem zweiten Punkt stellt es ebenso wie im ersten nicht auf die Leistungsunfähigkeit zur Zahlung der von der Beklagten als Restpreis errechneten über 4.000 bzw. 5.000 DM. Infolgedessen trägt diese Begründung das angefochtene Urteil ebensowenig wie die erste.

46

IV.

Nach allem war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache wie gesehen an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Dr. Augustin
Schuster
Dr. Piepenbrock
Rothe
Mattern