Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.03.1964, Az.: 3 StR 60/63
Verfahrensrechtlicher oder sachlichrechtlicher Charakter einer Rechtsnorm; Betroffensein eines Strafurteils durch die Verletzung von Grundrechtsnormen; Anhalten von Postsendungen durch die Zollbehörde und Verlesung ihres Inhalts in der Hauptverhandlung; Voraussetzungen für die Erhebung von Verfahrensrügen; Berücksichtigung einer Verletzung des Briefgeheimnisses und Postgeheimnisses als Verfahrenshindernis von Amts wegen; Verlesung des "Nationalen Dokuments"; Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung gegen das KPD-Verbot
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 24.03.1964
- Aktenzeichen
- 3 StR 60/63
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1964, 11915
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHSt 19, 273 - 280
- JZ 1965, 66-68 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- MDR 1964, 611-612 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1964, 1234-1236 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Zuwiderhandlung gegen das KPD-Verbot u.a
Amtlicher Leitsatz
Das Strafverfahren betreffende Grundrechtsverletzungen (hier die Verletzung des Brief- und Postgeheimnisses - Arte 10 GG - im Ermittlungsverfahren) können ebenso wie andere Verfahrensverstöße im Revisionsrechtszuge grundsätzlich nur geprüft werden, wenn sie unter Angabe der die Verletzung ergebenden Tatsachen bestimmt behauptet werden.
Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
auf die Hauptverhandlung
vom 24. März 1964,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Rotberg als Vorsitzender,
Bundesrichter K. Weber, Bundesrichter Dr. Wiefels, Bundesrichter Dr. Faller, Bundesrichter
Dr. R. Weber als beisitzende Richter,
Bundesanwalt Dr. ... als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizobersekretär ... in der Verhandlung Justizobersekretär ... bei der Verkündung als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle,
fürRecht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts in Dortmund vom 12. August 1963 wird verworfen.
Der Angeklagte trägt die Kosten des Rechtsmittels.
Gründe
Das Landgericht hat festgestellt:
Der in W. (Krs. Re.) wohnhafte Angeklagte, ein geschulter ehemaliger KPD- und FDJ-Funktionär, versandte im Mai 1962 ein Stück der vom "Büro des Präsidiums des Nationalrates der Nationalen Front des demokratischen Deutschlands" herausgegebenen Hetzschrift "Die geschichtliche Aufgabe der Deutschen Demokratischen Republik und die Zukunft Deutschlands" durch die Post als Drucksache an einen gewissen Ernst E. in Ge.-B. Dieses "Nationale Dokument", wie die Sowjetzonenmachthaber die Hetzschrift nannten, wurde im Frühjahr 1962 im Zuge eines breit angelegten Werbefeldzuges der KPD/SED in der Bundesrepublik verbreitet. Die Postsendung, die der Angeklagte mit dem Absendervermerk "Rob. R. W. G.str. ..." versehen hatte, wurde vom Zollamt Ge. angehalten und von der Beförderung ausgeschlossen.
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen einer Zuwiderhandlung gegen das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 17. August 1956über die Auflösung der KPD (§§ 42, 47 BVerfGG) in Tateinheit mit Urkundenfälschung in verfassungsfeindlicher Absicht (§§ 267, 94 StGB) zu sieben Monaten Gefängnis verurteilt und die Vollstreckung dieser Strafe zur Bewährung ausgesetzt.
Die Revision des Angeklagten bleibt ohne Erfolg.
I.
Verletzung des Brief- und Postgeheimnisses.
Der Verteidiger rügt in seiner Revisionsrechtfertigung Verletzung des "materiellen Rechts". Zur Begründung hat er u.a. vorgetragen: "Es war auch zu prüfen, ob überhaupt die Berechtigung vorlag, den betreffenden Brief festzuhalten und zu öffnen. Falls aber eine Befugnis dazu nicht vorlag, durften aus dieser unzulässigen Handlung keine strafrechtlichen Folgerungen gegen den Verurteilten hergeleitet werden".
Mit dieser Rüge will der Beschwerdeführer sinngemäß geltend machen, der Inhalt der Postsendung, das sogenannte "Nationale Dokument", habe im Strafverfahren nicht verwertet werden dürfen, weil durch das Anhalten der Postsendung und die Kenntnisnahme von ihrem Inhalt das in Art. 10 GG und in Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (BGBl. 1952 II 685, 953; 1954 II 14) gewährleistete Brief- und Postgeheimnis verletzt worden sei.
Die Zulässigkeit der Rüge hängt davon ab, ob der Beschwerdeführer damit das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnormüber das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angreift; denn Verfahrensbeschwerden müssen anders als Sachrügen durch Angabe der Tatsachen, die den Mangel enthalten, begründet werden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Dabei ist es unwesentlich, wie der Beschwerdeführer die Rüge bezeichnet hat; entscheidend ist vielmehr ihre wirkliche rechtliche Bedeutung, wie sie dem Sinn und Zweck des Vorbringens zu entnehmen ist.
1.
Ob einer Rechtsnorm Verfahrens- oder sachlichrechtlicher Charakter zukommt, hängt nicht von ihrer Stellung innerhalb der Gesetze ab. Es kommt insbesondere nicht darauf an, ob sie in der Strafprozeßordnung, im Strafgesetzbuch oder in einem anderen Gesetz steht. Mit Loewenstein (Die Revision in Strafsachen, 3. Auflage, S. 10) wird man allgemein sagen können, daß Verfahrensvorschriften Rechtsnormen sind, "die bestimmen, auf welchem Wege der Richter zur Urteilsfindung berufen und gelangt ist", während alle anderen Vorschriften dem sachlichen Recht angehören. Prüft man im Hinblick auf die hier mögliche Verletzung des Brief- und Postgeheimnisses (Art. 10 GG) unter diesem Gesichtspunkt die Grundrechte, so ergibt sich, daß sie von unterschiedlicher rechtlicher Natur sind, Teils gehören sie dem sachlichen Recht an, teils haben sie den Charakter von. Verfahrensvorschriften, einigen wird gleichzeitige sachlich- und verfahrensrechtliche Bedeutung zuzusprechen sein,
2.
Dementsprechend kann ein Strafurteil durch die Verletzung von Grundrechtsnormen in zweifacher Weise betroffen werden:
Die Rechtsanwendung im Urteil selbst verstößt gegen ein Grundrecht; dann liegt ein sachlich-rechtlicher Fehler des Urteils vor, der regelmäßig zur Aufhebung führt. Ein Grundrecht kann aber auch durch das der Entscheidung vorangegangene Verfahren verletzt worden sein; sei es, daß eine vorgenommene Prozeßhandlung unzulässig war oder eine gebotene Prozeßhandlung unterlassen wurde. Dann ist das Urteil aufzuheben, wenn es auf diesem Verstoß beruhen kann. So enthält z.B. ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen worden) immer die Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren im Sinne des § 344 Abs. 2 StPO, auch dann, wenn es die Vorschrift des§ 16 GVG nicht gäbe. Arte 3 GG (Gleichheitssatz) kann durch das Verfahren oder aber die Entscheidung selbst verletzt worden sein. Es muß deshalb in jedem Einzelfalle geprüft werden, ob die gerügte Verletzung eines Grundrechts ein sachlich-rechtlicher Fehler der Entscheidung selbst oder ein Verfahrensmangel im Sinne des § 344 Abs. 2 StPO sein würde.
3.
Prüft man das Vorbringen des Beschwerdeführers nach diesen Gesichtspunkten, so ergibt sich, daß der behauptete Rechtsverstoß nur verfahrensrechtlichen Charakter haben kann.
Die Postsendung ist von der Zollbehörde angehalten und von der Beförderung ausgeschlossen worden. Ihr Inhalt, das sogenannte "Nationale Dokument", wurde ausweislich der Niederschrift in der Hauptverhandlung verlesen und im Urteil vom Landgericht zurÜberführung des Angeklagten verwertete Nur diese Einführung der in der Postsendung enthaltenen Schrift in das Verfahren und ihre Verwertung im Urteil können Gegenstand der erörterten Rüge sein. Sie betrifft demnach den "Weg, auf dem der Richter zur Urteilsfindung gelangt ist", und damit das Verfahren.
4.
Nach § 344 Abs. 2 StPO müssen Verfahrensrügen in bestimmter Form erhoben und durch Angabe der den vorgeblichen Mangel enthaltenden Tatsachen begründet werden (RGSt 48, 288, 289; 53, 50, 51; 189; BGHSt 2, 168; 3, 213; 7, 162; 12, 243, 244; 17, 337, 339). Die Äußerung einer Vermutung, die Erklärung, ein Verstoß sei möglicherweise geschehen oder wahrscheinlich oder dieÄußerung von Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens genügen nicht. Es ist auch nicht ausreichend, wenn nur um Nachprüfung gebeten wird, ob ein Verstoß vorgekommen ist (BGHSt 12, 33). Allerdings ist die Bezeichnung der verletzten Verfahrensvorschriften nicht erforderlich. Auch ist ein Irrtum über die Bezeichnung unschädlich, solange der Verfahrensverstoß hinreichend gekennzeichnet und mit Tatsachen belegt ist (BGH LM § 344 Abs, 2 StPO Nr. 8).
Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn das Urteil wegen Verletzung einer Grundrechtsnorm über das Verfahren angegriffen wird.
Dabei ist davon auszugehen, daß eine Vorschrift, die, wie§ 344 Abs. 2 StPO, die Rüge bestimmter Rechtsverstöße auch dann, wenn es sich um Grundrechtsverletzungen handelt, aus wohlerwogenen und sachgemäßen Gründen an gewisse Formvorschriften bindet, selbst keinen Eingriff in das Grundrecht enthält. Es handelt sich vielmehr nur um eine gesetzliche Regelung, die der Verletzte auch dann zu beachten hat, wenn er sich in einem Strafverfahren zur Begründung eines von ihm gerügten Verfahrensverstoßes auf die Verletzung eines Grundrechte berufen will. Eine solche Vorschrift entwertet das Grundrecht selbst keineswegs. Sie zieht nur eine im Interesse der Rechtssicherheit gebotene Grenze für dieGeltendmachung von Grundrechtsverletzungen (vgl. BGH 2 StR 784/52 vom 23. Juli 1953, abgedruckt bei Dallinger in MDR 1953, 724).
Daß dagegen keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken zu erheben sind, zeigen auch die Vorschriften des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht. Der Gesetzgeber hat im Verfahren der Verfassungsbeschwerde ebenfalls bestimmte Formen und eine Frist für die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen vorgeschrieben (vgl.§§ 90 ff BVerfGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts müssen diese förmlichen Vorschriften genau beachtet werden, andernfalls die Verfassungsbeschwerde von vornherein als unzulässig verworfen wird. Gegen die Versäumung der Monatsfrist für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde (§ 93 Abs. 1 BVerfGG) z.B. ist nach dieser Rechtsprechung nicht einmal die Wiederaufnähme in den vorigen Stand gegeben (BVerfGE 4, 309, 313).
Grundsätzliche Zulassungsvoraussetzung für eine Verfassungsbeschwerde ist ferner nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG die Erschöpfung des Rechtsweges, Das Gesetz geht also davon aus, daß die Grundrechtsverletzung - von dem Ausnahmefall des§ 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG abgesehen - zunächst in dem jeweils gegebenen gewöhnlichen Rechtsweg geltend gemacht werden muß, und zwar unter Beobachtung der für diesen Rechtsweg vorgeschriebenen Förmlichkeiten. Macht der Beschwerdeführer von einem zulüssigen Rechtsmittel keinen Gebrauch oder wird sein Rechtsmittel aus förmlichen Gründen zurückgewiesen, so ist der Rechtsweg nicht erschöpft (BVerfGE 1, 13).
Im übrigen ergibt ein Vergleich des§ 92 BVerfGG und des § 344 StPO sowie der zu diesen Vorschriften ergangenen Rechtsprechung, daß die bei der Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren zu beobachtende Förmlichkeiten und die förmlichen Voraussetzungen einer Verfahrensrüge nach § 344 Abs. 2 StPO nicht sehr voneinander abweichen. Es kann jedenfalls keine Rede davon sein, daß § 344 StPO die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen, soweit sie als Verfahrensfehler zu beurteilen sind, unverhältnismäßig erschwere. Die Anforderungen, die§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an Verfahrensrügen stellt, sind auch sachlich geboten, um das Gericht vor mutwilligen und offensichtlich unbegründeten Rügen zu schützen.
5.
Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Verletzung des Brief- und Postgeheimnisses als ein Verfahrenshindernis von Amts wegen zu berücksichtigen wäre, weil dem ganzen sich daran anschließenden Verfahren ein unheilbarer Mangel anhaften würde. Diese Bedeutung kommt dem Brief- und Postgeheimnis jedoch nicht zu. So wie es durch besonderes Gesetz eingeschränkt werden kann (Art. 10 Satz 2 GG), so kann auch auf seinen Schutz durch den Begünstigten im Einzelfall wirksam verzichtet werden. Dem entspricht allein die Rügebedürftigkeit seiner Verletzung als Verfahrensverstoß.
6.
Die oben wiedergegebene Rüge des Beschwerdeführers entspricht auch bei wohlwollender Auslegung nicht den Mindestanforderungen, die nach § 344 Abs. 2 StPO an Verfahrensrügen zu stellen sind.
Es ist zwar unschädlich, daß der Beschwerdeführer den gerügten Rechtsverstoß irrtümlich als Verletzung "materiellen Rechts" gekennzeichnet hat. Es könnte auch darüber hinweggesehen werden, daß die Rechtsverletzung nicht in bestimmter Weise behauptet worden ist. Bei einer den Angeklagten günstigen Auslegung der Revisionsbegründungsschrift läßt sich immerhin der Wille seines Verteidigers erkennen, die Behandlung der Postsendung als unrechtmäßig zu beanstanden. Es fehlt aber an einer genügenden Angabe der Tatsachen, die den behaupteten Mangel begründen sollen. Wesentlich wäre als tatsächliche Grundlage der Rüge insbesondere die Angabe gewesen, daß die Drucksache in Westerholt aufgegeben worden ist, also eine Inlandssendung darstellte (die nach den §§ 2 und 3 des Gesetzes zur Überwachung strafrechtlicher und anderer Verbringungsverbote vom 24. Mai 1961 [BGBl. I S. 607] nicht durch die Zollbehörde hätte angehalten werden dürfen). Ferner hätte behauptet werden müssen, daß und wie der Inhalt der Sendung als Beweismittel gegen den Angeklagten in der Hauptvorhandlung verwandt worden ist. Beide Umstände hätten umso mehr mitgeteilt werden müssen, als sie aus dem angefochtenen Urteil nicht eindeutig hervorgehen. Daher kann sich der Angeklagte zur Darlegung der Einhaltung der Voraussetzungen einer wirksamen Rüge auch nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18. November 1955 - 5 StR 420/55 - (abgedruckt bei Dallinger in MDR 1956, 272) berufen, wonach sich u.U. die Behauptung solcher Tatsachen erübrigt, die dem Revisionsgericht ohnehin infolge der auf Grund der Sachrüge nötigenÜberprüfung des Urteils bekannt werden. Daß der Beschwerdeführer auf die Richtung der Verletzung allgemein hinweist, reicht nicht aus.
7.
Eine abschließende Nachprüfung der vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Frage ist daher dem Revisionsgericht verwehrt, weil er es unterlassen hat, eine den Anforderungen des § 344 Abs. 2 StPO gerecht werdende Rüge zu erheben.
Es sei nur beiläufig bemerkt, daß vieles dafür spricht, der Beschwerdeführer habe jedenfalls durch sein Verhalten in der Hauptverhandlung auf die Einhaltung des Brief- und Postgeheimmisses hinsichtlich der angehaltenen Postsendung verzichtet.
Der Verzicht kann auch stillschweigend erfolgen. Nach der Niederschrift über die Hauptverhandlung ist das sogenannte "Nationale Dokument" in der Hauptverhandlung ohne einen dahingehenden Gerichtsbeschluß verlesen worden. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß der Vorsitzende die Verlesung angeordnet hat, ohne daß der Angeklagte oder der Verteidiger dies beanstandet hätten (§ 238 Abs. 2 StPO). Es wird auch in der Revisionsschrift nicht behauptet, daß der Verlesung und Verwertung des "Dokuments" zu irgend einem Zeitpunkt widersprochen worden sei. Darin könnte ein stillschweigender Versicht erblickt werden. Mit ihm ist umso mehr zu rechnen, als die Beschlagnahme der in Rede stehenden Postsendung und die Verwendung ihres Inhalts in der Hauptverhandlung jedenfalls auf Grund der §§ 99 ff StPO auch ohne Mitwirkung der Zollbehörde rechtswirksam hätten erfolgen können. Indessen bedarf die Frage des Verzichts keiner endgültigen Entscheidung.
II.
Die Sachrüge ist unbegründet.
1.
Zuwiderhandlung gegen das KPD-Verbot.
Das Landgericht hat die Versendung der Druckschrift im Zusammenhang mit der von der Untergrund-KPD zur Tatzeit entfalteten Werbetätigkeit gesehen und als bewußte und gewollte Unterstützung dieser kommunistischen Wühlarbeit gewürdigt. Hiergegen sind keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken zu erhoben. Die äußeren und inneren Tatbestandsmerkmale der §§ 42, 47 BVerfGG sind rechtsfehlerfrei festgestellt. Wenn die Revision meint, der Angeklagte habe im Grunde nichts weiter getan als über eine kommunistische Schrift diskutiert, das sei aber nicht strafbar, so geht sie von einem anderen Sachverhalt aus, als er dem Urteil zu Grunde gelegt worden ist., Das Landgericht stellt ausdrücklich fest, daß es sich bei dem Tun des Angeklagten um eine bewußte und gewollte Unterstützung der Propagandatätigkeit der verbotenen KPD gehandelt habe.
2.
Auch die Verurteilung wegen Urkundenfälschung in verfassungsfeindlicher Absicht ist rechtlich bedenkenfrei.
Nach den Urteilsfeststellungen wollte der Angeklagte durch die Angabe eines falschen Absenders erreichen, daß er im Falle der Beschlagnahme der Postsendung einer strafgerichtlichen Verfolgung entgehe, zugleich aber auch, daß man beim Postamt in Westerholt nicht sogleich auf die Postsendung aufmerksam werde, da er an seinem Wohnort allgemein als Kommunist bekannt war (UA S. 8). Dabei gebrauchte er nicht etwa einen sehr weit verbreiteten Namen ohne Angabe von Unterscheidungsmerkmalen, die auf einen bestimmten Träger dieses Namens hinwiesen. Er benutzte vielmehr eine nicht sehr häufig vorkommende Namensbezeichnung mit genauer Angabe des Wohnorts und der Wohnung. Aus diesen Feststellungen hat das Landgericht den Schluß gezogen, er habe nicht nur über seinen Namen täuschen wollen, sondern damit den Anschein erweckt und erwecken wollen, daß Absender nicht er, sondern eine bestimmte andere Person namens Robert R. sei, die in W., G.straße ..., wohne. Diener Schluß kann aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Dabei ist es ohne rechtliche Bedeutung, ob der falsche Absendername frei erfunden war oder ob der Angeklagte sich unbefugt des Namens eines Dritten bediente (BGHSt 1, 117, 121; 5, 149, 151).
Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken gegen die Annahme des Landgerichts, daß die Urkunde "zur Täuschung im Rechtsverkehr" hergestellt worden ist. Es trifft zwar zu, worauf die Revision hinweist, daß der Empfänger der Postsendung nicht getäuscht werden sollte. Der Angeklagte bezweckte vielmehr, die Strafverfolgungsbehörden zu täuschen, wenn ihnen, womit er nach den Umständen rechnen mußte, nach einer Beschlagnahme die Postsendung vorgelegt werden würde. Sie sollten über die Person des Absenders irregeführt werden. Für den Angeklagten war allerdings, als er den falschen Absendervermerk fertigte, nicht voraussehbar, ob, wo und wann sein Brief beschlagnahmt würde. Diese Ungewißheit der künftigen Entwicklung rechtfertigt aber nicht die Annahme, er habe nur mit bedingtem Vorsatz gehandelt. Sein Wille war vielmehr - für den ins Auge gefaßten Fall der Beschlagnahme der Postsendung - unmittelbar darauf gerichtet zu verhindern, daß ihm die Strafverfolgungsbehörden auf die Spur kamen und ein Verfahren gegen ihn einleiteten. Darauf kam es ihm an. Es ist auch nicht erforderlich, daß der Täter gerade eine bestimmte Person täuschen wollte. Es genügt vielmehr, wie der Bundesgerichtshof in der Entscheidung BGHSt 5, 149, 152 ausgeführt hat, daß der Täter "allgemein den Gedanken verfolgte, mit der falschen Urkunde auf den Rechtsverkehr so einzuwirken, daß irgendjemand irregeführt und zu einem rechtlich erheblichen Verhalten bewegen werden sollte". Das gilt namentlich bei der Täuschung einer Behörde. Der Tatbestand des§ 267 StGB ist ferner auch dann erfüllt, wenn die falsche Urkunde nach dem Willen des Täters nur für einen bestimmten Fall und unter Voraussetzungen beweiserheblich werden sollte, deren Eintritt vorerst noch ungewiß war. Im übrigen hat schon das Reichsgericht mit zutreffenden Gründen angenommen, daß der auf einem Briefumschlag befindlichen Bezeichnung des Absenders allgemein Beweiserheblichkeit zukomme (RG GA 51, 185; vgl. auch BGH HuSt I, 19, 71).
Die verfassungsfeindliche Absicht, die den Angeklagten bei seinem gesamten Handeln geleitet hat, ist entsprechend den Anforderungen, die der Senat in seinem Urteil BGHSt 18; 246 aufgestellt hat, ausreichend dargetan.
Auch begrifflich gesehen hindern die mit der Täuschung verbundenen oben genannten anderen Ziele die Feststellung nicht, daß es dem Angeklagten auf die verfassungsschädliche Wirkung seines gesamten Verhaltens angekommen ist (BGHSt 18, 246, 255).
Die Strafzumessung läßt ebenfalls keinen Rechtsfehler erkennen.
Weber
Dr. Wiefels
Faller
Dr. R. Weber