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Bundesgerichtshof
Urt. v. 04.04.1962, Az.: V ZR 110/60

Privaturkunden; Öffentliche Urkunden; Formmangel; Beweiskraft; Versäumnisurteil; Stillschweigende Beantragung; Sachantrag; Prozessantrag; Klageantrag

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
04.04.1962
Aktenzeichen
V ZR 110/60
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1962, 10221
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Oldenburg - 23.03.1960
LG Oldenburg

Fundstellen

  • BGHZ 37, 83
  • BGHZ 37, 90
  • BGHZ 37, 79 - 94
  • DB 1963, 376 (amtl. Leitsatz)
  • MDR 1962, 557-558 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1962, 1149-1152 (Volltext mit amtl. LS) "Gültigkeit von Dorftestamenten"
  • ZZP 1962, 274-276

Amtlicher Leitsatz

Über eine zulässige Revision ist beim Ausbleiben des Revisionsbeklagten durch Versäumnisurteil sachlich zu entscheiden.

Benutzt die Urkundsperson bei Errichtung eines öffentlichen Testaments einen vorher fertiggestellten Testamentsentwurf, so kann die mündliche Erklärung des letzten Willens durch den Erblasser mit der Verlesung und Genehmigung der Testamentsniederschrift in einen Vorgang zusammengefaßt werden (Bestätigung von RGZ 161, 378).

Der Gültigkeit eines Dorftestaments steht die Mangelhaftigkeit (nur) seiner Niederschrift dann nicht entgegen, wenn in dieser der Inhalt der letztwilligen Erklärung des Erblassers wiedergegeben und von ihm als Aussteller unterschrieben ist.

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Privaturkunden sind alle nicht öffentlichen Urkunden. Auf Urkunden, die als öffentliche gewollt waren, aber wegen Formmangels keine öffentlichen Urkunden sind, ist § 416 ZPO ebenfalss anzuwenden. In der Erklärungsabgabe durch den Aussteller liegt die Beweiskraft dieser Urkunden.

  2. 2.

    Es ist als stillschweigende Beantragung eines Versäumnisurteils anzusehen, wenn ein Sachantrag ohne ausdrückliche Beantragung eines Versäumnisurteils gestellt wird, wenn davon auszugehen ist, daß die Partei den Erfolg des Sachantrages auf jedem verfahrensrechtlich möglichen Weg wünscht und das Versäumnisurteil der einzige Weg zum Erfolg ist.

  3. 3.

    Der Prozeßantrag auf Erlaß des Versäumnisurteils wird nicht durch den Klageantrag ersetzt. Im Sachantrag kann jedoch ein stillschweigender Prozeßantrag enthalten sein.

In dem Rechtsstreit
...
hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 1962
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Dr. Tasche sowie
der Bundesrichter Schuster, Dr. Piepenbrock, Dr. Freitag und Dr. Mattern
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Oldenburg (Oldbg.) vom 23. März 1960 aufgehoben. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 1. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist der Bruder, die Beklagte die Nichte der am 15. Dezember 1951 verstorbenen Witwe Auguste J. (Erblasserin). Diese hat durch notarielles Testament vom 23. Mai 1951 den Kläger zum Alleinerben eingesetzt. Fünf Tage vor ihrem Tode, am 10. Dezember 1951, wurde an ihrem Krankenbett folgende Urkunde errichtet:

"Nachtrag zum Testament der Auguste J., geb. M., geb. am 8. August 1881 in N., wohnhaft in G..

Ich bestimme hiermit in Erweiterung meines vor dem Notar Wilhelm T. in V. niedergeschriebenen Testamentes folgendes:

Nach dem Tode meines Bruders Clemens M. soll die Frau Agnes B. geb. T.-L., geboren am 14. Juli 1917 in N. Alleinerbin meines gesamten Besitztums sein.

Meiner Schwester Josefa M. jedoch muß für die Zeit ihres Lebens von der Frau Agnes B. Wohn- und Verpflegungsfreiheit eingeräumt werden.

Grandorf, den 10. Dezember 1951

gez. Auguste J.

Vikar August Ge. als Zeuge Schwester M. Agnella Sch. als Zeuge Alfred We.

L.S. Gemeindedirektor"

2

Der Kläger hält das letztere Testament für unwirksam und klagt auf Feststellung, daß die Beklagte nicht Nacherbin sei.

3

Die Klage wurde vom Landgericht abgewiesen, vom Oberlandesgericht zugesprochen.

4

Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger war im Verhandlungstermin nicht vertreten.

Entscheidungsgründe

5

A

Gegen die Zulässigkeit der Revision bestehen keine Bedenken. Über den Revisionsantrag war daher sachlich zu entscheiden, und zwar durch Versäumnisurteil (§§331, 557 ZPO):

6

Der Revisionsbeklagte war im Revisionsverhandlungstermin trotz rechtzeitiger Ladung nicht vertreten. Infolgedessen hat nur eine einseitige mündliche Verhandlung stattgefunden. Ein Urteil kann grundsätzlich nur ergehen, wenn eine zweiseitige, streitige mündliche Verhandlung stattgefunden hat (Mündlichkeitsgrundsatz, §128 Abs. 1 ZPO, vgl. §313 Abs. 1 Nr. 3 ZPO; das Einverständnis der Parteien zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, §128 Abs. 2 ZPO, liegt nicht vor). Ein Urteil auf Grund bloß einseitiger mündlicher Verhandlung sieht das Gesetz nur vor als Versäumnisurteil (§§330, 331 ZPO) oder als Entscheidung nach Lage der Akten (§331 a ZPO). Ein Urteil nach Lage der Akten scheitert im vorliegenden Fall daran, daß bisher in der Revisionsinstanz (RGZ 149, 157; Stein/Jonas/Schönke/Pohle, ZPO 18. Aufl. §251 a III 4 a; anders Wieczorek, ZPO §566 D III a, §251 a B IV b 1) keine zweiseitige (Stein/Jonas/Schönke/Pohle a.a.O.) mündliche Verhandlung stattgefunden hat (§331 a Satz 2 i.V. mit §251 a Abs. 1 Satz 2 ZPO). Infolgedessen bleibt das Versäumnisurteil als einseitige Urteilsmöglichkeit übrig.

7

Das vorliegende Urteil beruht allerdings, wie sich aus den späteren Ausführungen zur Sache (unten B) ergibt, inhaltlich nicht auf der Säumnis in dem Sinne, daß ihm eine gesetzliche Säumnisfolge zu Grunde läge, wie etwa im Fall der Säumnis des Antragstellers der Instanz ein Urteil auf Zurückweisung von Klage oder Rechtsmittel ohne Sachprüfung (§§330, 542 Abs. 1, 557 ZPO) oder im Fall der Säumnis des Antragsgegners der Instanz ein auf Geständnisfiktion oder Beweisfiktion aufgebautes Urteil gegen ihn (§§331 Abs. 1 Abs. 2 Halbsatz 1, 542 Abs. 2 ZPO). Das vorliegende Urteil wäre vielmehr nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand inhaltlich ebenso ergangen, wenn der Beklagte nicht säumig gewesen wäre, sondern eine zweiseitige streitige mündliche Verhandlung stattgefunden hätte. Das steht jedoch der Bejahung eines Versäumnisurteils nicht entgegen. Denn das Versäumnisurteil setzt begrifflich zwar voraus, daß es gegen die säumige Partei ergeht, aber nicht auch, daß es inhaltlich auf einer Säumnisfolge beruht (so richtig Baumbach/Lauterbach, ZPO 26. Aufl. Übers. 3 A vor §330); soweit die Lehre den Begriff abweichend zu bestimmen scheint (Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts 9. Aufl. §106 III; Stein/Jonas/Schönke/Pohle a.a.O. III 2 vor §330), führt sie diese Begriffsbestimmung nicht folgerichtig durch, indem sie gerade in Fällen wie dem vorliegenden ebenfalls ein Versäumnisurteil bejaht ohne Rücksicht darauf, ob die Entscheidung inhaltlich auf einer Säumnisfolge beruht oder nicht (Stein/Jonas/Schönke/Pohle, §542 III 5, §566 III 1 und 2; wohl auch Rosenberg §143 IV 2 b a; ebenso auch Nikisch, Zivilprozeßrecht 1950 §126 IV 5).

8

Soweit ein Prozeßurteil gegen den säumigen Rechtsmittelkläger in Frage steht, neigt allerdings die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung - abweichend vom Reichsgericht und von einem Teil des Schrifttums - zur Verneinung eines Versäumnisurteils und zur Annahme eines kontradiktorischen Urteils mit der Begründung, das Urteil beruhe nicht auf Säumnisfolgen, sondern auf der bei Zulässigkeitsvoraussetzungen allerdings gebotenen Prüfung von Amts wegen, und Prozeßwirtschaftlichkeit gebiete die endgültige Instanzbeendigung (OGHZ 1, 354, 356; BGH LM ZPO §338 Nr. 2, §554 a Nr. 9; siehe aber auch Senatsurteil LM ZPO §330 Nr. 1). Ob dem beizutreten ist, kann offen bleiben. Denn dieser Fall weicht von dem hier zu entscheidenden insofern wesentlich ab, als das Gesetz eine Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtsmittels auch ohne mündliche Verhandlung im Beschlußweg zuläßt (§§519 b, 554 a ZPO), für diesen Fall der Mündlichkeitsgrundsatz also durchbrochen ist. Soweit dagegen der Mündlichkeitsgrundsatz reicht, also im Regelfall, kann auch dann, wenn nicht auf Grund gesetzlicher Säumnisfolgen entschieden wird, ein Urteil gegen den säumigen Rechtsmittelbeklagten nur entweder als Versäumnisurteil oder als Urteil nach Lage der Akten ergehen. Das Gesetz hält den Mündlichkeitsgrundsatz für so wesentlich, daß es ein (Sach-)Urteil gegen den Säumigen nur in diesen beiden Formen gewährt. Wollte man dann, wenn Säumnisfolgen beim Entscheidungsinhalt keine Rolle spielen, ein (quasi kontradiktorisches) Urteil gegen den säumigen Rechtsmittelbeklagten mit der Wirkung endgültiger Beendigung der Instanz (statt der Möglichkeit des Einspruchs) zulassen, so würde damit in diesem Umfang dem Institut der Entscheidung nach Lage der Akten der Boden entzogen. Durch die Möglichkeit einer Entscheidung nach Lage der Akten hat der Gesetzgeber dem Bedürfnis nach einem instanzbeendigenden Urteil auch gegen den Säumigen auf Grund sachlicher Prüfung Rechnung getragen; daß er dafür strenge Voraussetzungen aufgestellt hat, spricht entscheidend gegen die Zulässigkeit einer instanzbeendigenden Sachentscheidung gegen den Säumigen ohne diese Voraussetzungen. Gegenüber dieser im Gesetz verwirklichten grundsätzlichen Entscheidung des Gesetzgebers können auch Erwägungen der Prozeßwirtschaftlichkeit nicht zu einem andern Ergebnis führen. Um einen reinen Formalismus, der auch für den Revisionsbeklagten nutzlos wäre, handelt es sich deshalb nicht, weil dieser im Einspruchsverfahren gegebenenfalls auf etwaige Rechtsfehler des Berufungsurteils zu seinen Ungunsten hinweisen kann (sogenannte Rügen des Revisionsbeklagten; vgl. Wieczorek, ZPO §566 D III b 1; s. auch RG Warn 1940 Nr. 17).

9

Ist hiernach ein Urteil gegen den Beklagten nur als Versäumnisurteil zulässig, so steht seinem Erlaß andererseits nicht entgegen, daß die Revisionsklägerin nur ihren Sachantrag verlesen und nicht auch ausdrücklich den Prozeßantrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils gestellt hat. Denn mangels eines Anhaltspunktes für das Gegenteil ist anzunehmen, daß sie den Erfolg ihres Sachantrags auf jedem verfahrensrechtlich möglichen Weg wünschte und daß deshalb ihr Sachantrag stillschweigend zugleich den Prozeßantrag auf Versäumnisurteil enthält für den Fall, daß dies der einzige Weg zum Erfolg ist. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, ob auch ohne einen solchen Prozeßantrag ein Versäumnisurteil erlassen werden könnte, wie es für den vielleicht vergleichbaren Fall des Anerkenntnisurteils angenommen worden ist (BGHZ 10, 333).

10

B

Das Feststellungsinteresse (§256 ZPO) wird vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum bejaht.

11

In der Sache hält das Oberlandesgericht das Testament wegen Formmangels für nichtig:

12

Es stellt in tatsächlicher Hinsicht fest, daß der Gemeindedirektor damals von der Beklagten fernmündlich zur Aufnahme eines Nottestaments an das Sterbebett gerufen wurde (Urteilstatbestand S. 2). Es stellt weiter fest, daß er den zu beurkundenden Testamentsinhalt nicht von der Erblasserin selbst, sondern über eine Mittelsperson mitgeteilt bekommen habe (BU S. 9 oben). Es unterstellt, daß diese Mittelsperson nicht die Beklagte, sondern die (dann als Testamentszeugin mitwirkende) Krankenschwester Agnella Sch. war (S. 8). Es stellt fest, daß diese den Testamentsinhalt nicht von der Erblasserin erfahren habe, und bezeichnet es als nicht fernliegend, daß sie ihn von der Beklagten erfahren habe (S. 8). Es unterstellt, daß der Gemeindedirektor den (dann von ihm) niedergeschriebenen Testamentsentwurf in Abschnitten vorgelesen und die Erblasserin auf Befragen, ob dies richtig sei, nach jedem Abschnitt mit Ja geantwortet habe, und daß sie die am Schluß gestellte Frage, ob das ganze richtig sei, ebenfalls bejaht habe (S. 9). Es unterstellt weiter, daß die Erblasserin bei der Verlesung des Testamentsentwurfs bei klarem Bewußtsein und in der Lage gewesen sei, die Bedeutung ihrer Erklärungen einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (S. 9/10). Es erklärt jedoch für nicht ausschließbar, daß die Erblasserin durch das Erscheinen des Gemeindedirektors mit den Zeugen überrascht worden sei und ihr Jawort gegeben habe, um sich dieser Lage, in der sie sich bedrängt fühlte, möglichst rasch zu entziehen, so daß offen bleibe, ob sie dem Vorgelesenen überhaupt gefolgt sei; auch sei nicht von der Hand zu weisen, daß sie nur deshalb bejaht habe, weil diese Erklärung von den um ihr Bett herumstehenden Personen erwartet worden sei (S. 10). Schließlich erklärt es für möglich, daß das Verlesene nicht voll dem Willen der Erblasserin entsprochen und sie ja gesagt habe, weil sie infolge ihres Krankheitszustandes nicht mehr in der Lage war, mündlich andere Wünsche zu äußern (S. 10).

13

In rechtlicher Hinsicht bejaht das Berufungsgericht die Zuständigkeit des Gemeindedirektors zur Aufnahme eines Nottestaments (§23 Testamentsgesetz, jetzt §2249 BGB) und das Vorliegen einer Niederschrift (§13 TestG = §§2240/41 BGB). Es vermißt jedoch in der Niederschrift die Angabe, daß die Erblasserin ihren letzten Willen mündlich erklärt habe (§23 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§13 Abs. 2 Nr. 3, 11 Abs. 1 TestG, jetzt §2249 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. §§2241 Abs. 1 Nr. 3, 2238 Abs. 1 BGNB), und hält nicht mit Sicherheit für feststellbar, daß das Testament die Erklärung der Erblasserin zuverlässig wiedergebe (§23 Abs. 6 TestG = §2249 Abs. 6 BGB).

14

Die Revision hiergegen hat Erfolg:

15

I.

Mit Recht geht das Berufungsgericht davon aus, daß das Testament mangelhaft ist.

16

Das Gesetz stellt für das öffentliche Testament im allgemeinen und für das hier in Rede stehende Nottestament (sog. Dorftestament) im besonderen eine Reihe von Erfordernissen auf.

17

Soweit es sich um bloße Sollvorschriften handelt, ist ihre Nichterfüllung für die Gültigkeit des Testaments unschädlich, sie bleiben deshalb hier außer Betracht.

18

Mußerfordernisse stellt das Gesetz in drei Richtungen auf:

  1. 1.

    Erklärung des letzten Willens durch den Erblasser,

  2. 2.

    Niederschrift darüber,

  3. 3.

    Begleitumstände.

19

Zu 1: Wichtigstes Erfordernis ist, daß der Erblasser seinen letzten Willen entweder mündlich erklärt oder eine (offene oder verschlossene) Schrift mit der mündlichen Erklärung übergibt, sie enthalte seinen letzten Willen (§11 TestG = §2238 BGB).

20

In rechtlicher Hinsicht geht das Berufungsgericht - wenn auch in anderem Zusammenhang, nämlich bei Erörterung der Unschädlichkeitsvoraussetzungen (vgl. unten III) - zunächst (BU S. 7 Mitte) zutreffend davon aus, daß es in dem hier allein in Betracht kommenden ersteren Fall (Testamentserrichtung durch mündliche Erklärung des letzten Willens) genügt, wenn die Urkundsperson dem Erblasser den zuvor niedergeschriebenen Testamentsentwurf abschnittsweise vorliest und der Erblasser jeweils auf Befragen, ob dies so richtig sei, mit Ja antwortet. Der erkennende Senat hält an der dahingehenden neueren Rechtsprechung fest (BGHZ 2, 172, 175 in Bestätigung von RGZ 161, 378 und OGHZ 2, 45, 48 ff; vgl. weiter KG DNotZ 1960, 485); diese Auffassung geht zwar bis an die Grenze dessen, was im Interesse einer zuverlässigen Erfassung des Erblasserwillens vertretbar ist, entspricht aber angesichts der körperlichen Hinfälligkeit vieler Testierwilliger einem unabweisbaren Bedürfnis. Zu Unrecht schränkt das Berufungsgericht jedoch anschließend diese Auffassung dahin ein, ein solches Jawort könne nur dann als eine mündliche Erklärung angesehen werden, wenn der Erblasser vor der Niederschrift zum Ausdruck gebracht habe, daß das Testament den ihm (gemeint: später) vorgelesenen Inhalt haben solle, und wenn er mit seinem Jawort das Vorgelesene sich in dem Sinne zu eigen mache, daß das Verlesene seine eigene Erklärung sein solle. Die erstere Voraussetzung steht im Widerspruch zu den genannten Entscheidungen (OGH, BGH a.a.O.), wo ausdrücklich die bloße Verlesung und Bejahung eines nach Angabe dritter Personen gefertigten Testamentsentwurfs für ausreichend erklärt wird. Und die letztere Voraussetzung läuft auf das Erfordernis hinaus, daß die nach außen bekundete Zustimmung des Erblassers zum Verlesenen auch dem inneren Willen entspricht, was jedoch in Wirklichkeit kein Erfordernis für das Vorliegen einer Erklärung darstellt, sondern die Frage ihrer Anfechtbarkeit wegen Irrtums betrifft (§2078 Abs. 1 BGB; unten III).

21

In tatsächlicher Hinsicht unterstellt das Berufungsgericht, daß eine Abgabe der hiernach erforderlichen Erblassererklärung stattgefunden hat. Daher hat auch das Revisionsgericht hiervon auszugehen.

22

Zu 2: Nach dem Gesetz muß über die Errichtung eines Testaments eine Niederschrift in deutscher Sprache aufgenommen werden (§13 Abs. 1 TestG = §2240 BGB). Sie muß einen bestimmten Mindestinhalt haben (§13 Abs. 2, 4, 5 TestG = §2241 Abs. 1, 3, 4 BGB).

23

Mit Recht beanstandet das Berufungsgericht in dieser Hinsicht, die Testamentsurkunde besage nichts über den Vorgang der Erklärungsabgabe als solchen. Ob sich dieses Erfordernis allerdings aus §13 Abs. 1 Nr. 3 TestG (§2241 Abs. 1 Nr. 3 BGB) ergibt, wie das Berufungsgericht meint, ist zweifelhaft, weil jedenfalls nach dem Wortlaut dieser Vorschrift nur der Inhalt der Erblassererklärung (letzter Wille bzw. Erklärung, daß der letzte Wille in der übergebenen Schrift enthalten sei), aber nicht auch das wie ihrer Abgabe protokolliert sein muß. Gesetzlicher Anknüpfungspunkt hierfür ist aber jedenfalls §13 Abs. 1 TestG (§2240 BGB), wonach es sich um eine Niederschrift "über die Errichtung des Testaments" handeln muß (entsprechend §175 FGG: "über die Verhandlung"). Das Wesen der öffentlichen Beurkundung besteht darin, daß die zu beurkundende Willenserklärung vom Erklärenden mündlich abgegeben und von der Urkundsperson inhaltlich wahrgenommen und verantwortlich geprüft wird; hierin liegt das sachlich maßgebende Unterscheidungsmerkmal der Beurkundungsform (§128 BGB, §§168 ff FGG) gegenüber der Beglaubigungsform, wo sich die Tätigkeit der Urkundsperson auf die Bezeugung der Richtigkeit (Echtheit) der Unterschrift beschränkt (§129 BGB, §183 FGG). Es ist deshalb ein grundlegendes Gebot für die Ordnungsmäßigkeit (wenn auch nicht für die Existenz, unten II) einer Niederschrift, daß sie ergibt, ob sie die in ihr niedergelegte Willenserklärung als von der Urkundsperson unter Anwesenden abgegeben beurkunden oder nur die Richtigkeit der Unterschrift desjenigen bezeugen will, der die Willenserklärung abgegeben hat (hier: der Erblasserin). Nur im ersteren Fall liegt eine Niederschrift "über die Errichtung" eines Testaments im Sinne von §13 Abs. 1 TestG (§2240 BGB) und damit (bei Erfüllung auch der übrigen Voraussetzungen) eine öffentliche Urkunde dieses Inhalts im Sinn von §415 ZPO vor, im letzteren Falle dagegen, was den letzten Willen betrifft, nur eine Privaturkunde. (Damit ist nicht gesagt, daß die Niederschrift ausdrücklich die Mündlichkeit der Erklärungsabgabe - im Gegensatz zur Erklärung durch Zeichen oder Gebärden - mitteilen müßte; vgl. hierzu RGZ 161, 378, 381.) Nach allem ist dem Berufungsgericht im Ergebnis darin beizutreten, daß die Testamentsniederschrift einen wesentlichen Mangel enthält, indem sie nichts über den Erklärungsvorgang besagt.

24

In Betracht kommt noch ein weiterer, vom Berufungsgericht nicht erörterter Mangel. Die Urkundsperson und die zwei mitwirkenden Zeugen treten in der Urkunde nur durch ihre Unterschrift und sonst nirgendwo in Erscheinung. Nach herrschender Lehre reicht dies zur "Bezeichnung" der Verhandlungsteilnehmer in der Niederschrift im Sinne von §13 Abs. 2 Nr. 2 TestG (§2241 Abs. 1 Nr. 2 BGB) nicht aus (Vogels/Seybold, Testamentsgesetz §13 Rdn. 11; Staudinger/Firsching, BGB 11. Aufl. §2241 Rdn. 14, 15; BGB RGRK 11. Aufl. §2241 Anm. 1; Planck/Strecker, BGB 4. Aufl. §2241 Anm. 3 a; Schlegelberger, FGG 7. Aufl. §176 Rdn. 9 ff; s. aber auch KG HRR 1939 Nr. 1505). Ob an dieser strengen Auffassung festzuhalten ist, kann dahingestellt bleiben. Denn da es schon wegen des oben erörterten anderen Inhaltsmangels der Niederschrift auf die Frage der Unschädlichkeit nach §23 Abs. 6 TestG (§2249 Abs. 6 BGB) ankommt (unten II, III), ein etwaiger Verstoß gegen §13 Abs. 2 Nr. 2 TestG (§2241 Abs. 1 Nr. 2 BGB) aber ebenso unschädlich wäre (a.a.O.), ist nicht mehr entscheidungserheblich, ob auch dieser Verstoß vorliegt.

25

Zu 3: Weitere gesetzliche Mußerfordernisse für das öffentliche Testament im allgemeinen (§23 Abs. 1 S. 3 TestG = §2249 Abs. 1 S. 3 BGB) oder das Dorftestament im besonderen sind vor allem:

  1. a)

    Besorgnis, daß der Erblasser früher sterben werde, als die Testamentserrichtung vor einem Richter oder Notar möglich ist (§23 Abs. 1 Satz 1 TestG = §2249 Abs. 1 Satz 1 BGB),

  2. b)

    Zuständigkeit der Urkundsperson zur Entgegennahme des Testaments als Bürgermeister, Gutsbezirksvorsteher oder befugter Vertreter (Abs. 1 Satz 1, Abs. 4, Abs. 5 von §23 TestG bzw. §2249 BGB),

  3. c)

    Zuziehung von zwei Zeugen (a.a.O. Abs. 1 Satz 2),

  4. d)

    dauernde Anwesenheit der Mitwirkenden (§12 TestG = §2239 BGB),

  5. e)

    Verlesung, Genehmigung und Unterzeichnung der Niederschrift (Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 von §16 TestG bzw. §2242 BGB).

26

Von diesen Voraussetzungen wird die Zuständigkeit des Gemeindedirektors (b) vom Berufungsgericht ohne Rechtsirrtum bejaht. Die Verlesung der Testamentsurkunde (durch den Gemeindedirektor) und ihre Genehmigung durch die Erblasserin (e) wird (als mit dem Erklärungsvorgang selbst zusammenfallend) vom Berufungsgericht unterstellt; das Oberlandesgericht geht auch ersichtlich davon aus, daß die Unterschrift "Auguste J." unter dem Testament von der Erblasserin herrührt. Hinsichtlich der übrigen Voraussetzungen (Todesbesorgnis, dauernde Anwesenheit der Erblasserin, des Gemeindedirektors und der beiden Zeugen) hat die Beklagte das Vorliegen behauptet, das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen; sie sind daher im Revisionsverfahren zu unterstellen.

27

II.

Zutreffend hält das Berufungsgericht die vermißten Formerfordernisse für ersetzbar nach Abs. 6 von §23 TestG (§2249 BGB).

28

Voraussetzung dieser Ersetzbarkeit (Unschädlichkeit) ist, daß es sich um "Formfehler" "bei Abfassung" der Niederschrift über die Errichtung des Dorftestaments handelt.

29

Dieses Erfordernis ist auslegungsbedürftig. Dabei ist auszugehen von dem im Vorspruch des Testamentsgesetzes niedergelegten und insoweit auch heute noch fortgeltenden Zweck des Gesetzes, einerseits unnötige Formenstrenge zu vermeiden, andererseits eine zuverlässige Wiedergabe des Willens des Erblassers sicherzustellen. Der letztere Sicherungsgedanke hat bei §23 Abs. 6 TestG (§2249 Abs. 6 BGB) in der unten III zu erörternden Voraussetzung seinen Niederschlag gefunden, daß das Testament eine zuverlässige Wiedergabe der Erklärung des Erblassers enthalten muß. Dies gestattet und gebietet andererseits eine weite Auslegung bei der Frage, ob der Mangel eine Formvorschrift betrifft und ob er bei Abfassung der Niederschrift unterlief.

30

a)

Der Mangel muß allerdings, um unschädlich zu sein, mit der Niederschrift in irgend einem Zusammenhang stehen. Mußerfordernisse, bei denen dieser Zusammenhang fehlt, sind nicht nach Abs. 6 a.a.O. ersetzbar. Das gilt insbesondere für die "materiellen" Errichtungserfordernisse, wie das Vorliegen der vorgeschriebenen Testierhandlung des Erblassers (oben I 1: hier mündliche Erklärung des letzten Willens), sowie für die oben I 3 a) bis d) erörterten Begleitumstände (Todesbesorgnis, Zuständigkeit der Urkundsperson, Zuziehung von Zeugen, Anwesenheit der Mitwirkenden).

31

b)

Soweit der Mangel dagegen die Niederschrift betrifft, ist er in aller Regel (unter der weiteren Voraussetzung richtiger Erklärungswiedergabe, unten III) nach Abs. 6 a.a.O. unschädlich.

32

Es kann dahingestellt bleiben, ob von dieser Ersetzbarkeit eine Ausnahme dann gilt, wenn infolge besonders schwerer Mängel gar nicht mehr von einer Niederschrift gesprochen werden kann, etwa weil es überhaupt an einer Urkunde (oben I 2 a) oder doch an der schriftlichen Fixierung des Erblasserwillens fehlt; denn derartige Mängel liegen hier nicht vor. Auch kann offen bleiben, ob ein Mangel hinsichtlich der Verlesung, Genehmigung und Unterzeichnung (oben I 3 e) wegen des inneren Zusammenhangs dieser Vorgänge mit der Niederschrift unter Abs. 6 a.a.O. fällt, obwohl sie begrifflich nicht zur "Abfassung" der Niederschrift, sondern zu den weiteren ("materiellen") Erfordernissen der Testamentserrichtung gehören; denn nach dem in dieser Instanz zugrundezulegenden Sachverhalt liegen auch diese Mängel nicht vor; bei einem Mangel der Verlesung und Genehmigung würde übrigens zugleich die im vorliegenden Fall damit inhaltlich zusammenfallende mündliche Erklärung des Erblasserwillens und damit eine nach Abs. 6 a.a.O. jedenfalls nicht ersetzbare (weitere), "materielle" Errichtungsvoraussetzung entfallen.

33

Ersetzbar sind jedenfalls - abgesehen vielleicht von den genannten besonders schweren Mängeln - die Anforderungen an den Protokollinhalt (§13 Abs. 1, 2 TestG = §§2240, 2241 Abs. 1 BGB). Daß es sich hierbei um begriffsnotwendige Protokollbestandteile handle, wie Staudinger/Firsching (a.a.O. §2249 Rdn. 32 bis 34) meinen, ist wenig einleuchtend, aber nicht entscheidend; denn auch wenn sie es sein sollten, trifft jedenfalls der gesetzgeberische Sinn der Unschädlichkeitsvorschrift gerade und insbesondere auf sie zu; demgegenüber müßten die a.a.O. erhobenen rechtsbegrifflichkonstruktiven Bedenken zurücktreten. Die Bejahung der Ersetzbarkeit dieser inhaltlichen Protokollerfordernisse entspricht denn auch der durchaus herrschenden Meinung (RGRK a.a.O. §2249 Anm. 18, 20; Siebert/Ehard/Eder, BGB 9. Aufl. §2249 Rdn. 8; Palandt/Keidel, BGB 21. Aufl. §2249 Anm. 5; Kipp/Coing, Erbrecht 11. Bearb. §29 I 5).

34

Zu diesen gegebenenfalls unschädlichen Inhaltsmängeln gehört insbesondere die im vorliegenden Fall in Betracht kommende Mangelhaftigkeit in der Bezeichnung (des Erblassers und) der mitwirkenden Personen (§13 Abs. 2 Nr. 2 TestG = §2241 Abs. 1 Nr. 2 BGB, oben I 2 b). Dazu gehört nach dem Zweck des Abs. 6 a.a.O. aber auch der im vorliegenden Fall gegebene Mangel der Beurkundung über die Art der Abgabe der Erblassererklärung (oben I 1), so daß also auch eine Urkunde, die sich äußerlich als bloße Beglaubigung darstellt, als Dorftestament gültig sein kann (ebenso KG HEZ 1, 233 = NJW 1947/48, 118 = SJZ 1948, 200, zustimmend Weigelin ebenda, Vogels/Seybold a.a.O. §23 Rdn. 12, RGRK §2249 Anm. 18, Palandt/Keidel §2249 Anm. 5; anders OLG Gera HEZ 1, 232 = SJZ 1948, 202, Staudinger/Firsching §2249 Rdn. 34).

35

III.

Mit rechtsirriger Begründung verneint das Berufungsgericht jedoch die weitere Voraussetzung einer Unschädlichkeit nach §23 Abs. 6 TestG (§2249 Abs. 6 BGB).

36

Sie besteht darin, daß mit Sicherheit anzunehmen ist, das Testament enthalte eine zuverlässige Wiedergabe der Erklärung des Erblassers. Beweispflichtig hierfür ist nach allgemeinen Grundsätzen die Beklagte als diejenige Partei, die sich auf die Gültigkeit des Testaments beruft (BGH LM ZPO §416 Nr. 1).

37

Mit Recht rügt die Revision in diesem Zusammenhang Verletzung verfahrensrechtlicher Vorschriften über die Beweiskraft von Urkunden; daß sie dabei von einer Umkehrung der Beweislast spricht, ist zwar unrichtig, aber unschädlich. Allerdings ist §415 ZPO nicht verletzt; denn der "Vorgang", daß die Erblasserin die in der Niederschrift enthaltenen letztwilligen Erklärungen "vor der Urkundsperson abgegeben" hat, ist in der Niederschrift gerade nicht "beurkundet" (oben I 2), §415 ZPO daher insoweit nicht anwendbar. Dagegen kommt §416 ZPO zum Zuge. Diese Bestimmung gilt auch für solche Urkunden, die als öffentliche gewollt waren, aber wegen Formmangels keine öffentlichen Urkunden sind (Stein/Jonas/Schönke/Pohle, ZPO 18. Aufl. §415 I 3 zu Fußn. 16, §416 I; Wieczorek, ZPO §416 A; vgl. Motive zur Zivilprozeßordnung S. 262, 265; Rosenberg, Lehrbuch des Deutschen Zivilprozeßrechts 9. Aufl. §118 II 1 b mit a gamma; Nikisch, Zivilprozeßrecht 1950 §88 III 2 a S. 345 oben); die Bedenken des Oberlandesgerichts Königsberg (OLG 3, 349) hiergegen, weil die Beweiskraft des §416 ZPO mangels Zulässigkeit des Gegenbeweises stärker sei als die des §415 (dort Abs. 2), sind unbegründet, weil sich die Beweiskraft des §416 gegenständlich auf die Erklärungsabgabe durch den Aussteller (hier Erblasser) beschränkt, die des §415 sich aber auf die Erklärungsabgabe durch eine vom Aussteller (hier öffentliche Urkundsperson) verschiedenen Dritten (Erblasser) erstreckt. Im vorliegenden Fall ergibt der Urkundentext zweifelsfrei, daß die in der Ichform niedergelegte letztwillige Erklärung inhaltlich eine Erklärung der Erblasserin, nicht der beiden als Zeugen bezeichneten Personen oder des Gemeindedirektors, darstellen soll; soweit die Abgabe dieser Erklärung in Betracht kommt, ist also Aussteller von den Unterzeichnern nur die Erblasserin. Damit sind die Voraussetzungen des §416 ZPO erfüllt: Die Urkunde erbringt vollen Beweis dafür, daß die in ihr enthaltenen, als letztwillig bezeichneten Erklärungen von der Erblasserin abgegeben worden sind.

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Damit ist aber das Vorliegen der hier zu erörternden zweiten Unschädlichkeitsvoraussetzung des §23 Abs. 6 TestG (§2249 Abs. 6 BGB) dargetan. Denn sie fordert inhaltlich nichts weiter, als daß die (letztwillige) Erklärung des Erblassers inhaltlich mit dem in der Testamentsurkunde darüber Wiedergegebenen übereinstimmt. Daß das Gesetz noch von "Zuverlässigkeit" der Wiedergabe spricht und davon, daß die Übereinstimmung "mit Sicherheit" anzunehmen sein müsse, enthält nur einen - rechtlich überflüssigen und für den Fall formeller Beweiskraft (hier des §416 ZPO) gegenstandslosen - doppelten Hinweis darauf, daß an diese Übereinstimmung beweismäßig keine zu geringen Anforderungen gestellt werden dürfen; die Worte enthalten aber keine weiteren materiell-rechtlichen Voraussetzungen über jene Übereinstimmung hinaus. Ihnen kann auch nicht etwa der Sinn beigelegt werden, daß für die Unschädlichkeitsfrage die allgemeinen Vorschriften über die Beweiskraft von Urkunden (hier §416 ZPO) kraft Spezialgesetzes unanwendbar wären; einen solchen Einbruch in grundlegende Verfahrensvorschriften hätte der Gesetzgeber sicherlich deutlicher ausgesprochen. Jene Worte lassen sich vielmehr zwanglos daraus erklären, daß zur Zeit der Schaffung des Testamentsgesetzes die Sprache des Gesetzgebers sich schon weitgehend von der Präzision und Knappheit der klassischen Gesetzeswerke aus der Zeit um die Jahrhundertwende entfernt und einem Streben nach wirklicher oder vermeintlicher Volkstümlichkeit zugewandt hatte, sowie im Zusammenhang damit aus dem Umstand, daß gerade die hier geforderte inhaltliche Richtigkeit des Erklärungstextes gegenüber der vom Gesetz angestrebten Formenlockerung als Mindesterfordernis besonderer Unterstreichung zu bedürfen schien, wie auch der an §23 Abs. 6 sogar zum Teil im Wortlaut anklingende Vorspruch des Testamentsgesetzes (Abs. 2) zeigt.

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In einem für den vorliegenden Fall entscheidenden Punkt geht allerdings §23 Abs. 6 TestG (ebenso §2249 Abs. 6 BGB) nicht so weit wie der Gesetzesvorspruch (a.a.O.). Während dieser als einen Zweck des Gesetzes bezeichnet, eine zuverlässige Wiedergabe des Willens des Erblassers sicherzustellen, fordert §23 Abs. 6 (ebenso §2249 Abs. 6 BGB) nur die zuverlässige Wiedergabe der Erklärung des Erblassers. Hierin liegt ein sachlicher Unterschied. Die Rechtsordnung strebt allerdings schon allgemein (§133 BGB) und im gesteigerten Maße im Erbrecht (§2084 BGB) danach, dem rechtsgeschäftlichen Willen des einzelnen Rechtsgenossen möglichst zum Erfolg zu verhelfen; diese allgemeine Zielrichtung drückt auch der genannte programmatische Satz des Vorspruchs zum Testamentsgesetz aus. Aber die Rechtsordnung erkennt aus zwingenden Gründen der Rechtssicherheit auch im Erbrecht den rechtsgeschäftlichen Willen grundsätzlich nur insoweit an, als er durch eine Erklärung nach außen verlautbart wird; maßgebend ist nicht der im Innern verbliebene Wille, sondern dasjenige, was als Wille nach außenhin erklärt wird. In diesem allgemeinen Rahmen hält sich die Vorschrift des Abs. 6 a.a.O., wenn dort auf die Erklärung und nicht auf den Willen abgestellt wird. Deshalb kann in diese Vorschrift auch nicht etwa entsprechend dem Gesetzesvorspruch das weitergehende Erfordernis hineingelesen werden, daß der Urkundeninhalt nicht (nur) die Willenserklärung, sondern (auch) den inneren Willen des Erklärenden zuverlässig wiedergeben müsse (worauf sich allerdings die Beweiskraft der §§415, 416 ZPO nicht erstrecken würde); für eine derartige Auslegung, deren Ergebnis allgemeinen Grundsätzen entscheidend zuwiderliefe, besteht weder ein Anhaltspunkt im Willen des Gesetzgebers von 1938 (Testamentsgesetz) oder 1953 (Vereinheitlichungsgesetz) noch ein praktisches Bedürfnis. In letzterer Hinsicht ist insbesondere nicht zu befürchten, daß jener Absatz 6 ohne eine derartige Auslegung zum Schaden der Rechtssicherheit zu einer schrankenlosen Unschädlichkeit von Testamentsmängeln führen würde. Denn einmal versagt die formelle Beweiskraft des §416 ZPO in allen Fällen, wo der Mangel die Unterschrift des Erblassers betrifft. Und auch im Anwendungsbereich des §416 ZPO werden nach §23 Abs. 6 TestG (§2249 Abs. 6 BGB) nur Mängel der Testaments urkunde geheilt, aber nicht auch Mängel in den "materiellen" Errichtungsvoraussetzungen (oben II a); ob diese "materiellen" Errichtungsvoraussetzungen vorliegen, muß nachgewiesen werden (hier von der Beklagten); dieser Nachweis kann zwar durch die jene Voraussetzungen feststellende Urkunde selbst erbracht werden, wenn sie die Anforderungen an eine öffentliche Urkunde erfüllt (§§415, 418 ZPO); aber das letztere trifft bei dem in Absatz 6 a.a.O. vorausgesetzten Vorliegen von Formfehlern in der Regel, so auch im vorliegenden Fall, gerade nicht zu.

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Fordert Abs. 6 a.a.O. hiernach zur Unschädlichkeit der oben (II) erörterten Formfehler sachlich-rechtlich nur inhaltliche Übereinstimmung zwischen der abgegebenen und der niedergeschriebenen Erblassererklärung und ist verfahrensrechtlich der Beweis dieser Übereinstimmung auf Grund von §416 ZPO erbracht, so beanstandet es die Revision mit Recht, wenn das Berufungsgericht die Unschädlichkeit scheitern läßt am mangelnden Nachweis, daß das Jawort der Erblasserin zum Ausdruck gebracht habe, das Verlesene solle ihre eigene Erklärung sein. Nach §416 ZPO ist bewiesen, daß die Erblasserin die in der Testamentsurkunde als letztwillig aufgeführten Erklärungen abgegeben, also insbesondere die hier entscheidende Einsetzung der Beklagten zur Nacherbin erklärt hat. Wenn das Berufungsgericht gegen eine Unschädlichkeit anführt, die Erblasserin könne ihr Jawort gegeben haben, um sich einer bedrängten Lage zu entziehen, oder ohne dem Vorgelesenen gefolgt zu sein, oder weil das Jawort von den Umstehenden erwartet worden sei, oder weil sie zur mündlichen Äußerung anderer Wünsche infolge ihrer Krankheit nicht mehr in der Lage gewesen sei (BU S. 10), so wird durch alle diese Möglichkeiten nicht die Abgabe einer Erklärung mit dem niedergeschriebenen Inhalt in Frage gestellt, sondern nur die Übereinstimmung dieser Erklärung mit dem inneren Willen der Erblasserin. Das berührt aber die Existenz dieser Erklärung nicht, sondern begründet allenfalls ihre Anfechtbarkeit wegen eines Willensmangels (Irrtum, §2078 Abs. 1 BGB, vgl. §119 Abs. 1 BGB); eine Anfechtung ist jedoch nicht behauptet. (Die zuletzt genannte Erwägung des Berufungsgerichts könnte noch die Testierfähigkeit berühren, die das Berufungsgericht jedoch vorher - BU S. 9/10 - als gegeben unterstellt hat.)

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IV.

Das Berufungsgericht wird unter den erörterten rechtlichen Gesichtspunkten den Sachverhalt in der Richtung aufzuklären haben, ob die genannten "materiellen" Errichtungsvoraussetzungen (oben I 1 und 3: mündliche Erklärung des letzten Willens durch die Erblasserin, Begleitumstände) vorliegen. Zu diesem Zwecke war die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Urteils an das Berufungsgericht nach Maßgabe des §565 Abs. 1 Satz 2 ZPO zurückzuverweisen, das auch über die Kosten der Revision zu befinden haben wird.

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Von einer Vollstreckbarerklärung des Revisionsurteils war wegen seines nur zurückverweisenden Inhalts trotz §708 Nr. 3 ZPO abzusehen (Rosenberg a.a.O. §147 I 2 c; Stein/Jonas/Schönke/Pohle a.a.O. §708 I 4; Baumbach/Lauterbach a.a.O. Einf. 2 Bd vor §§708 ff).

Dr. Tasche
Bundesrichter Schuster ist durch Urlaubsabwesenheit verhindert zu unterschreiben Dr. Tasche
Dr. Piepenbrock
Dr. Freitag
Dr. Mattern