Bundesgerichtshof
Urt. v. 16.05.1961, Az.: I ZR 175/58
„Torsana“
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 16.05.1961
- Aktenzeichen
- I ZR 175/58
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1961, 15095
- Entscheidungsname
- Torsana
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- Oberlandesgericht in Celle - 07.06.1958
Fundstelle
- DB 1961, 1451 (Kurzinformation)
Prozessführer
des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. W. T. in B.,
Prozessgegner
den Kaufmann Hermann K. in H., G.str. ...,
hat der Erste Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 16. Mai 1961 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Prof. Dr. h.c. Wilde und der Bundesrichter Dr. Krüger-Nieland, Dr. Spreng, Jungbluth und Dr. Spengler
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 7. Juni 1958 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war Inhaber des im Jahre 1950 angemeldeten DBP 847 716 für eine Schuheinlage mit schräg von innen nach außen ansteigender Fußauflagefläche und derart abgeschrägter Begrenzungslinie der Einlage, daß der Kleinzehenballen noch ganz auf der Einlage aufruhte, während der Großzehenballen vor der Begrenzungslinie zu liegen kam. Dieses Patent ist durch Urteil des erkennenden Senats vom 17. Januar 1961 (I ZR 4/57) rechtskräftig für nichtig erklärt worden. Ferner hatte der Kläger am 10. Juli 1954 ein Zusatzpatent K 22 803 VII/71 a angemeldet, welches die Einlage nach DBP 847 716 dahin abwandelte, "daß in der Oberfläche der Einlage nahe des Außenrandes und im mittleren Teil der Fußlänge sich eine flache, in Längsrichtung sich erstreckende Mulde befindet." Nach der Patentbeschreibung sollte die Länge der Mulde dem Bereich des fünften Mittelfußknochens entsprechen. Die Erteilung dieses Zusatzpatentes wurde aufgrund von Einsprüchen versagt.
Der Beklagte, Facharzt und Wissenschaftler auf orthopädischem Gebiet, veröffentlichte im Jahre 1956 einen Aufsatz: "Was bedeuten die Begriffe Torsion, Detorsion und Verwringung?" in Beilage Nr. 7 vom 27. Juli 1956 der Zeitschrift "Der Schuhmarkt", der folgende Bemerkungen über das Zusatzpatent des Klägers enthält:
"Ebenso bedenklich wie die mechanische Unterstützung des Kleinzehenballens bzw. der Vorfußköpfchen IV und V ist die mechanische Unterstützung der Wurzel des V. Strahles, der sogenannten Tuberositas V, und zwar aus folgenden Gründen: ...
Daher ist nicht die Hochlagerung bzw. Hochdrückung, sondern die Tieflagerung der Tub. V angesichts der unzähligen Füße mit bereits eingesunkenen äußerem Längsgewölbe richtig und eine außen gleichmäßig dicke Einlage, wie es die "T."-Einlage ist, falsch. Aus dieser klaren Erkenntnis heraus habe ich es auch nicht versäumt, Herrn K. (Kläger) wenn er seine Produkte auf unseren Orthopädenkongressen (z.B. in Salzburg 1954) ausstellte, auf diesen Hauptfehler seiner T.-Einlage aufmerksam zu machen, und um der Sache willen freute ich mich, als ich gemeinsam mit anderen Schuhfachleuten bei der "Sektion" eines T.-Elefant-Kinderschuhes entdeckte, daß man in Abänderung der ursprünglichen Einlage in der Gegend der Tuberositas V nunmehr eine Eindellung angebracht hatte. Daß aber Herr K. sich erlauben würde, diese meine Idee durch die Anmeldung eines Zusatzpatentes (K 22 803 VII/71 a) zu seinem Hauptpatent 847 716 für sich als angeblicher Erfinder zu beanspruchen, hatte ich nicht erwartet und überlasse die Beurteilung eines solchen Vorgehens den Lesern dieser Zeilen. Mit maßgeblichen und angesehenen Vertretern der Schuh- und Leistenindustrie bin ich persönlich der Meinung, daß mit der Anbringung dieser Delle am Außenrand der Einlage in der Gegend des Würfelbeins und des V. Mittelfußknochens ja die Grundidee bzw. der oben zitierte Hauptanspruch des T.-Patentes vernichtet wird, da ja nach diesem Hauptanspruch (s. oben) alle Querschnitte dieser Einlage von der Innenkantenach der Außenkante hin ansteigen sollen. Ich bin weiterhin der Meinung, daß durch solch ein Bestreben, fremdes geistiges Eigentum für sich in Anspruch zu nehmen, der Patentschutz innerhalb der Schuhfabrikation überhaupt diskreditiert und zur Fragwürdigkeit wird."
Aufgrund dieses Artikels hat der Kläger Klage auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Zubilligung der Veröffentlichungsbefugnis erhoben. Der Beklagte hat unter Erbieten des Wahrheitsbeweises und unter Berufung auf Wahrnehmung berechtigter Interessen Klagabweisung beantragt. Das Landgericht hat dem Beklagten bei Strafandrohung untersagt:
- a)
die Behauptung aufzustellen oder zu verbreiten, daß der Kläger eine Idee des Beklagten durch die
Anmeldung eines Zusatzpatentes Nr. K 22 803/71 a zu seinem Hauptpatent 847 716 für sich als angeblicher Erfinder beansprucht habe;
- b)
die Äußerung zu machen, daß die Beurteilung eines solchen Verhaltens dem Adressaten der obigen Behauptung selbst Überlassen bleibe;
- c)
dem Kläger zu unterstellen, daß er durch seine Patente fremdes geistiges Eigentum für sich in Anspruch nehme.
Ferner hat das Landgericht die Schadensersatzpflicht des Beklagten festgestellt und dem Kläger eine Veröffentlichungsbefugnis zuerkannt. Hingegen hat es einen weiteren Klagantrag abgewiesen, der darauf gerichtet war, es dem Beklagten zu untersagen, "die Erzeugnisse des Klägers auf dem Wege der vergleichenden Werbung herabzusetzen."
Die Berufung des Beklagten wurde vom Oberlandesgericht durch das am 7. Juni 1958 verkündete Urteil mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die dem Kläger zugesprochene Veröffentlichungsbefugnis entfällt. Insoweit ist die Klage ebenfalls abgewiesen worden. Von den Kosten des Rechtsstreits sind 4/5 dem Beklagten und 1/5 dem Kläger auferlegt worden.
Mit der form- und fristgerecht eingelegten Revision verfolgt der Beklagte seinen früheren Antrag auf vollständige Abweisung der Klage weiter, während der Kläger um Zurückweisung der Revision bittet.
Entscheidungsgründe:
I.
Die im Aufsatz des Beklagten erhobenen Vorwürfe, der Kläger habe eine Idee des Beklagten für sich beansprucht und sich fremdes geistiges Eigentum angeeignet, werden vom Berufungsgericht als üble Nachrede im Sinne des §186 StGB behandelt, weil die behaupteten Tatsachen nicht erweislich wahr seien. Überdies habe der Beklagte durch sein abfälliges Werturteil (er "überlasse die Beurteilung eines solchen Vorgehens den Lesern dieser Zeilen") widerrechtlich in den eingerichteten Gewerbebetrieb des Klägers eingegriffen. Die Unterlassungsansprüche des Klägers seien somit aufgrund der §§823 Abs. 1 und 2, 1004 BGB gerechtfertigt.
Bevor das Berufungsurteil im einzelnen auf die Voraussetzungen des Unterlassungsanspruchs eingeht, prüft es, ob das Verhalten des Beklagten etwa deshalb nicht widerrechtlich gewesen sei, weil ihm der besondere Rechtfertigungsgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§193 StGB) zur Seite gestanden habe. Diese Rechtsfrage ist jedoch im Zusammenhang mit Unterlassungsansprüchen in der Regel ohne Bedeutung, denn der Abwehranspruch aus §1004 BGB setzt nur in Gestalt der "deliktischen Unterlassungsklage" voraus, daß bereits ein rechtswidriger Eingriff erfolgt ist und außerdem Wiederholungsgefahr besteht. Daneben ist die "vorbeugende Unterlassungsklage" bereits dann gegeben, wenn der erste rechtswidrige Eingriff noch gar nicht erfolgt ist, sondern nur die Gefahr künftiger Rechtsverletzungen greifbar bevorsteht (vgl. BGHZ 2, 394 - Widia; BGH in GRUR 1955, 413 - Zahl 55). Ist diese Voraussetzung einer in nicht allzu ferner Zukunft ernstlich drohenden Störungsgefahr gegeben, so entfällt der Unterlassungsanspruch auch nicht dadurch, daß ein Beklagter bei der ursprünglichen Aufstellung seiner unrichtigen Behauptung in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt hat (vgl. RGZ 95, 342). Denn ein berechtigtes Interesse an der Wiederholung seiner Mitteilung kann nicht mehr anerkannt werden, sobald dem Beklagten die Unwahrheit der früher behaupteten Tatsache nachgewiesen worden ist oder die Nichterweislichkeit ihrer Wahrheit feststeht (vgl. RGZ 124, 260; und arg. §824 Abs. 2 BGB).
Infolgedessen ist ein gegen unrichtige oder nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen erhobener Unterlassungsanspruch unabhängig davon begründet, ob etwa der in der Vergangenheit liegende Eingriff damals infolge Wahrnehmung berechtigter Interessen rechtmäßig war, sofern für die Zukunft eine widerrechtliche Beeinträchtigung drohend bevorsteht, weil der Störer trotz Wegfalls des früheren Rechtfertigungsgrundes auch weiterhin für sich das Recht zur Fortsetzung der fraglichen Handlungen beansprucht (vgl. BGH in GRUR 1960, 500, 504 - Plagiatsvorwurf; vgl. ferner: GRUR 1957, 84, 86 - Einbrandflaschen).
Die Ausführungen des Berufungsgerichts zu der Frage, ob der Beklagte sich auf "Wahrnehmung berechtigter Interessen" berufen könne, sind also im Hinblick auf die zunächst behandelten Unterlassungsansprüche rechtsunerheblich. Auf sie und auf die gegen den insoweit ablehnenden Standpunkt des Berufungsgerichts erhobene Revisionsrüge ist daher erst an späterer Stelle, im Zusammenhang mit dem Schadensersatzanspruch des Klägers einzugehen.
II.
Nach zutreffender Auffassung des Berufungsgerichts trifft den Beklagten die Beweislast für die Richtigkeit der von ihm gegen den Kläger erhobenen Anschuldigung. Dieser ihm obliegende Wahrheitsbeweis sei dem Beklagten jedoch nicht gelungen, da er ausweislich der österreichischen Patentschrift Nr. 150 412 von 1935 und der Birkenstock-Plastik aus dem Jahre 1945 nicht als erster die Idee gehabt habe, in dem Außenrand einer Schuhsohle eine muldenartige Vertiefung in der Gegend der Tuberositas V anzubringen. Es sei daher nicht ersichtlich, weshalb sich der Kläger ausgerechnet eine Idee oder das geistige Eigentum des Beklagten zunutze gemacht haben solle.
Auf der anderen Seite genieße die wissenschaftliche Erkenntnis oder Lehre des Beklagten keinen Patent- oder Urheberschutz; insbesondere könne mangels Fixierung der Idee auch nicht von einer "widerrechtlichen Entnahme" im Sinne des §4 Abs. 3 PatG, welche die Verwertung der fertigen Erfindung eines anderen voraussetze, die Rede sein.
Endlich fehle es an einer widerrechtlichen Aneignung einer Idee des Beklagten, also fremden geistigen Eigentums, auch aus dem Grunde, weil sich der Beklagte selber seines ursprünglichen Besitzstandes dadurch begeben habe, daß er seine Idee der Mulde seit Jahren in der Öffentlichkeit verbreitet und damit selbst den Tatbestand des gemeinfrei gewordenen Fachwissens geschaffen habe, das jedermann zur Benutzung stehe.
Diese Gedankengänge des Berufungsurteils halten, wie die Revision zu Recht rügt, einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
1.
Zunächst vermißt das Berufungsgericht einen Wahrheitsbeweis für die beiden Behauptungen des vom Beklagten geschriebenen Aufsatzes, der Kläger habe durch die Anmeldung seines Zusatzpatentes:
- a)
eine Idee des Beklagten für sich als angeblichen Erfinder beansprucht;
- b)
fremdes geistiges Eigentum für sich in Anspruch genommen.
Es ist zu diesem Ergebnis gelangt, ohne Beweis über die einschlägigen Behauptungen des Beklagten erhoben zu haben, er habe in verschiedenen Druckschriften, erstmals in den Jahren 1942 und 1944, auf das Erfordernis einer Delle unter der Tuberositas V hingewiesen (Schriftsatz vom 30. April 1958). Er habe seine Idee auch auf verschiedenen Fachtagungen erläutert und vor allem dem Kläger persönlich auf einem Kongreß, der vom 1. bis 3. Oktober 1953 in Münster stattfand, die Mitteilung gemacht, daß die Unterstützung der Tuberositas V bei der T-Plastik falsch sei und daß an jener Stelle in einer Plastik statt der Erhöhung eine Mulde angebracht werden müsse (Schriftsätze vom 7. Juni 1957 S. 5, vom 30. April 1958 S. 7).
Unterstellt man für die Revisionsinstanz diese vom Berufungsgericht nicht erhobenen Beweise als erbracht, so ist es zunächst nicht mehr möglich, die Birkenstock-Plastik aus dem Jahre 1945 zur Widerlegung der Gedanken-Priorität des Beklagten, die dieser auf die Jahre 1942 und 1945 zurückführt, heranzuziehen. Ferner ist die auf §286 ZPO gestützte Verfahrensrüge der Revision gerechtfertigt, daß die österreichische Patentschrift 150 412 nicht als einschlägiger Stand der Technik entgegengehalten werden könne.
Diese Patentschrift besagt nämlich nichts über eine Tieferlagerung der Tuberositas V, sondern sie behandelt eine Schuheinlage, "die entlang einer in der Längsrichtung der Sohle verlaufenden Mittellinie durch Verringerung ihrer Wandstärke bzw. durch eine Ausnehmung vertieft ist" (Patentanspruch 1 und S. 1, Z. 10). Diese tieferliegende Zone ist schon wegen ihrer Ausdehnung nicht mit der unter den Parteien streitigen "Delle" vergleichbar und dient außerdem nicht dem Ziel einer Entlastung der Tuberositas V. Ferner ist auf S. 2, Z. 8 ff der Patentbeschreibung eine Ausführungsform als zweckmäßig vorgeschlagen, bei der die Einlage zur Schuhaußenseite hin in eine Verstärkung 2 übergeht (vgl. Fig. 4, 5, 6). Bei dieser Ausführungsform ist "in der Gegend des Kleinzehenballens" eine besondere Vertiefung 4 in der Einlage vorgesehen (vgl. S. 2 Z. 13 und Fig. 4). Der Kleinzehenballen liegt aber an dem entgegengesetzten Ende des Mittelfußknochens V (= Metatarsale V) wie die Tuberositas V (= Wurzel des V. Strahls). Beide können, daher weder vom Standpunkt des Anatomen noch vom Standpunkt des Orthopäden aus miteinander gleichgesetzt werden.
Bei richtiger Auslegung der österreichischen Patentschrift 150 412, der einzigen Druckschrift, die im angefochtenen Urteil überhaupt gewürdigt worden ist, hätte das Berufungsgericht somit die Behauptung des Beklagte, die Idee einer muldenartigen Vertiefung unter der Tuberositas V rühre von ihm her, nicht ohne Beweiserhebung als unerweislich behandeln dürfen.
2.
Von diesem Verfahrensmangel wird such die weitere Begründung des Berufungsurteils beeinflußt, es sei nicht ersichtlich, inwiefern sich der Kläger ausgerechnet die Idee des Beklagten (und nicht diejenige anderer Vorgänger) zunutze gemacht habe. Die Möglichkeit ist nicht ausgeschlossen, daß das Berufungsgericht diese Zweifel hinsichtlich einer Entlehnung beim Beklagten dann nicht für durchschlagend erachtet hätte, wenn einerseits bewiesen wäre, daß der Beklagte dem Kläger persönlich in der Zeit vom 1.-3. Oktober 1953 auf der Konferenz zu Münster eindringlich diejenige Abänderung seiner Fußplastik angeraten hat, welche dieser bald danach, nämlich am 10. Juli 1954, als Zusatzpatent anmeldete; und andererseits berücksichtigt wird, daß der Kläger ausweislich der Akten bisher selber niemals behauptet hat, bei der Zusatzanmeldung eine der älteren Vorveröffentlichungen gekannt und sich diese zum Vorbild genommen zu haben.
Aufgrund des derzeitigen Sachstandes erscheint demnach die doppelte tatsächliche Würdigung des Berufungsgerichts, der Wahrheitsbeweis sei nicht zu erbringen, weil die "Idee" vor dem Beklagten bereits von anderen offenbart worden sei und weil der Kläger möglicherweise aus diesen älteren Quellen geschöpft habe, von Rechtsirrtum beeinflußt. Allerdings ist der Stand der Technik, wie er vom Beklagten unter anderem durch Überreichung des Vorbescheides des Deutschen Patentamtes vom 21. Januar 1958 vorgetragen worden war, im Berufungsurteil nicht erschöpfend behandelt worden. Diese Prüfung muß in der erneuten Verhandlung nachgeholt werden, wobei zu beachten sein wird, daß das vom Kläger nachgesuchte Zusatzpatent inzwischen durch Beschluß des Deutschen Patentamts vom 28. April 1959 wegen mangelnder Neuheit versagt worden ist, und zwar aufgrund mehrerer im Berufungsurteil nicht erörterter Patentschriften.
3.
Daneben stützt sich das Berufungsgericht noch auf die rein rechtliche Begründung, der Beklagte dürfe den Kläger keiner widerrechtlichen Entlehnung bezichtigen, weil ihm selber ein Schutz dieser Idee nicht oder nicht mehr zur Seite gestanden habe.
Ausgangspunkt dieser Rechtserwägung ist die vom Berufungsgericht offenbar vertretene, wenn auch nicht näher begründete Auslegung, der Durchschnittsleser des Aufsatzes in "Der Schuhmarkt" von 1956 fasse die vom Beklagten gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe dahin auf, letzterer habe sich durch Inanspruchnahme fremden geistigen Eigentums nicht bloß unkorrekt, sondern geradezu widerrechtlich verhalten. Ob diese mit dem Wortlaut des Aufsatzes jedenfalls vereinbare Auslegung wirklich zwingend ist, entzieht sich der Nachprüfung durch das Revisionsgericht, weil es sich dabei um eine Individualerklärung handelt, gegen deren tatrichterliche Auslegung von der Revision keine der nur begrenzt zulässigen Revisionsrügen vorgebracht worden ist.
Rechtsirrtümlich hingegen ist die weitere Auffassung des Berufungsurteils, der Schutz gegen widerrechtliche Entnahme sei davon abhängig, daß der Erfinder seine Erfindung in Zeichnungen, Modellen oder ähnlichem fixiert haben müsse. Nach richtiger Auslegung des §4 Abs. 3 PatG fallen unter den Begriff der "Beschreibung" nicht bloß schriftliche, sondern auch mündliche Mitteilungen, so daß eine Entnahmehandlung bereits auf der Grundlage der mündlichen Offenbarung einer fertigen, bisher allerdings nur geistig konzipierten Erfindung möglich ist (vgl. RG in GRUR 1940, 35, 39). Ebensowenig kann dem Berufungsgericht in der weiteren Beurteilung gefolgt werden, der Beklagte habe allenfalls über eine wissenschaftliche Theorie, nicht aber über einen technischen Erfindungsgedanken verfügt. Denn bei der angeblichen Idee des Beklagten, auf die Unterstützung der Tuberositas V zu verzichten und stattdessen an dieser Stelle eine Delle in der Einlage anzubringen, handelt es sich um eine vollständige, ausführbare und wiederholbare Lehre zum technischen Handeln.
Schließlich wird im Berufungsurteil noch ausgeführt, der Tatbestand der widerrechtlichen Entnahme sei deshalb nicht erfüllt, weil die Idee der Eindellung, welche den Gegenstand des Streites unter den Parteien bildet, im Zeitpunkt der angeblichen Entnahmebedingung bereits Gemeingut der Technik gewesen sei. Für diesen an sich zutreffenden Rechtssatz (vgl. RG in GRUR 1940, 35, 39) fehlt es jedoch im angefochtenen Urteil an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen, weil hinsichtlich der Birkenstock-Plastik nicht dargelegt ist, ob sie - sei es als Vorveröffentlichung oder als offenkundige Vorbenutzung - überhaupt zu dem nach §2 PatG neuheitsschädlichen Stande der Technik gehörte (vgl. BU S. 11, 19), und weil die allein behandelte Österreichische Patentschrift Nr. 150 412, wie oben ausgeführt, den in Rede stehenden Erfindungsgedanken nicht offenbart.
Für den erkennenden Senat besteht in der Revisionsinstanz keine Möglichkeit, die Lücke in der Gedankenführung des Berufungsgerichts durch Einbeziehung weiterer Tatsachen, etwa der im Versagungsbeschluß des Patentamtes vom 28. April 1959 behandelten Patentschriften, auszufüllen. Zwar erscheint der Prioritätsanspruch des Beklagten durch diesen Beschluß, der sich nicht etwa auf Vorveröffentlichungen des Beklagten stützt, ernstlich in Frage gestellt. Denn der Beklagte dürfte jedenfalls zukünftig den Vorwurf einer widerrechtlichen Entnahme nicht mehr aufrechterhalten, falls sich unter Berücksichtigung des im Versagungsbeschluß vom 28. April 1959 verwerteten Materials herausstellen sollte, daß dem Beklagten selber auf seine angebliche "Idee" zu jener Zeit, als er sie erstmals dem Beklagten persönlich offenbarte, gar kein Patent mehr erteilt worden wäre. Vor dem erkennenden Senat dürfen aber gemäß §561 ZPO weder dieser Beschluß, der erst nach der Verkündung des Berufungsurteils ergangen ist, noch die darin aufgeführten, im Berufungsurteil indessen nicht erörterten Patentschriften berücksichtigt werden.
4.
Demgemäß muß das angefochtene Urteil gemäß §565 ZPO aufgehoben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.
Das gilt auch insoweit, als dem Beklagten untersagt worden ist, die Äußerung zu tun: die Beurteilung des gerügten Verhaltens des Klägers bleibe den Mitteilungsempfängern selbst überlassen. Diese ebenfalls in dem fraglichen Aufsatz des Beklagten enthaltene Redewendung hat das Berufungsgericht als ein vorweggenommenes, mit nicht erweislich wahren Tatsachen verbundenes, abfälliges Werturteil aufgefaßt, das einen durch keinen Rechtfertigungsgrund gedeckten unmittelbaren Eingriff in das nach §823 Abs. 1 BGB geschützte Recht des Klägers auf störungsfreie Entfaltung seines gewerblichen Tätigkeitskreises darstelle.
Dieser Gedankenführung wird der Boden entzogen, sobald unterstellt wird, daß die Beweisantritte des Beklagten zum Ziele führen. Denn dann handelt es sich nicht mehr um nicht erweislich wahre, sondern um erwiesene Tatsachen, deren Mitteilung gemäß §§823 Abs. 1 und 2, 824 BGB grundsätzlich erlaubt ist. Im Zusammenhange mit diesen (wahren) Tatsachenmitteilungen kann dem Beklagten möglicherweise auch nicht das Recht zur Abgabe eines moralischen Werturteils, noch dazu in der von ihm gewählten milden Form, streitig gemacht werden. Das Berufungsgericht wird dieses nach Durchführung der Aufklärung, ob die tatsächlichen Behauptungen des Beklagten zutreffend sind, erneut zu prüfen haben.
III.
Sollte sich bei der erneuten Verhandlung ergeben, daß der Beklagte den Wahrheitsbeweis für seine Anschuldigung nicht erbringen kann, so ist im Zusammenhang mit dem gegen ihn erhobenen Schadensersatzanspruch der Einwand der Wahrnehmung berechtigter Interessen zu prüfen. Insoweit ist darauf hinzuweisen, daß die tragende Erwägung des Berufungsurteils nicht schlüssig ist, der Beklagte habe nicht das Recht gehabt, sich an die Öffentlichkeit mit einer Streitfrage zu wenden, an der kein öffentliches Interesse bestehe, und dabei das Verhalten des Klägers, noch dazu mit nicht gebotener Schärfe, vor der Allgemeinheit anzuprangern.
Zwar hat das Berufungsgericht bei seiner Prüfung der Rechtswidrigkeit unter dem Gesichtspunkt einer "Wahrnehmung berechtigter Interessen" durchaus zu Recht die Grundsätze der Güter- und Pflichtenabwägung zugrunde gelegt, nach denen der Eingriff mittels herabsetzender Kritik in fremden Rechtskreis nur insoweit gestattet werden kann, als er nach Inhalt, Form und Begleitumständen objektiv zur Erreichung eines rechtlich gebilligten Zweckes erforderlich ist (vgl. BGHZ 3, 270, 281, 283 [BGH 26.10.1951 - I ZR 8/51]- Constanze I; BGHZ 8, 142, 145 [BGH 28.11.1952 - I ZR 21/52] - Schwarze Listen; BGH in GRUR 1957, 360 - Erdstrahlen). Um schutzwürdig zu sein, muß die in das Persönliche hinübergreife Kritik also sachlich bleiben. Sie muß sich jeder Gehässigkeit enthalten und in der Form das gebotene Maß wahren.
Aus diesen Grundsätzen kann aber entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gefolgert werden, der Beklagte hätte sich gegen eine etwaige widerrechtliche Entnahme von Seiten des Klägers allein durch Anrufung der Gerichte (vgl. §5 PatG) oder des Patentamtes (vgl. §4 Abs. 3 PatG) zur Wehr setzen dürfen. Auf die Anwendung dieser, wahrscheinlich vom Standpunkt des Klägers besonders schonenden Mittel brauchte sich der Beklagte indes dann nicht zu beschränken, wenn es nicht zugleich ein hinlänglich wirksames Mittel zur Wahrung seines von der Rechtsordnung gebilligten, bedrohten Eigeninteresses darstellte.
Geht man nun in Übereinstimmung mit den unerledigten Beweisantritten des Beklagten davon aus, daß er das ursprüngliche T.-Prinzip jahrelang auf Fachtagungen, in Vorträgen und in Aufsätzen als gesundheitsschädlich bezeichnet hat und im Gegensatz dazu für die Anbringung einer Delle unter der Tuberositas V eingetreten ist, so erscheint es nicht ausgeschlossen, daß sein Ansehen als Wissenschaftler darunter gelitten hätte, wenn er zu der Einführung der abgewandelten Lehre des Torsana-Zusatzpatents Stillschweigen gewahrt und die Fachwelt nicht darüber aufgeklärt hätte daß mit dieser auf seinen eigenen Vorschlägen beruhenden Abwandlung seinen früheren Bedenken nunmehr Rechnung getragen sei. Als angemessenes Mitteilungsorgan für diese Aufklärung der Fachwelt bot sich möglicherweise gerade die Zeitschrift "Der Schuhmarkt" an, und zwar deshalb, weil darin bereits verschiedentlich die Ansichten von Wissenschaftlern über orthopädische Streitfragen abgedruckt waren und weil darin auch die von einem Arzt Dr. Dr. S. betreute T.-Reklame veröffentlicht wurde (vgl. etwa Nr. 39 von "Der Schuhmarkt").
Bei einer abschließenden Würdigung, die erst nach umfassender Aufklärung derjenigen Vorgänge, die den Beklagten zur Veröffentlichung seines strittigen Aufsatzes veranlaßt haben sollen, möglich sein wird, könnte es sich also unter Umständen herausstellen, daß dem Beklagten weder eine grundlose Flucht in die Öffentlichkeit noch eine unverhältnismäßige Schärfe des Tons zur Last gelegt werden kann. Dann wird dem Beklagten der Rechtfertigungsgrund des §193 StGB jedenfalls aus diesen Gesichtspunkten nicht mehr versagt werden können.
IV.
Bevor allerdings das Berufungsgericht bei der erneuten Verhandlung auf den Wahrheitsbeweis, den der Beklagte für seine Anschuldigung angetreten hat, eingeht, wird es abermals nachprüfen müssen, ob der Beklagte die vom Kläger beanstandeten Äußerungen nicht doch "zu Zwecken des Wettbewerbs" getan hat. Denn sollte sich der Aufsatz des Beklagten als eine versteckte Werbung unter persönlicher Bezugnahme auf den Kläger erweisen, so bedeutete er in jedem Falle einen sittenwidrigen Wettbewerbsverstoß (§1 UWG); die Unterlassungs- und Schadensersatzpflicht des Beklagten wäre dann unabhängig von der Feststellung der Wahrheit oder Unwahrheit der aufgestellten Behauptung zu bejahen (zur Unlauterkeit auch wahrer persönlicher Werbung vgl. RG in GRUR 1943, 252; BGH in GRUR 1958, 35, 37 - Die Fundstelle).
Im Berufungsurteil ist das Vorliegen einer Wettbewerbsabsicht auf Seiten des Beklagten mit folgender Begründung verneint worden: Der Aufsatz des Beklagten trage nach Themenstellung und Inhalt rein wissenschaftlichen Charakter, da er ungeachtet gewisser Schärfen der Ausdrucksweise nach Wahrheit strebe. Es liege auch keine Verquickung wissenschaftlicher Ziele etwa mit der Förderung fremden Wettbewerbs vor. Denn es handele sich bei dem Aufsatz des Beklagten um eine freie, unbeeinflußte, in eigener Verantwortung und ohne Bindungen, Anweisungen oder Interessen Dritter gefertigte Arbeit. Auch aufgrund einer persönlichen Anhörung des Beklagten ist das Berufungsgericht, wie es weiter hervorhebt, zu der Überzeugung gelangt, daß es ihm bei seinem Aufsatz in keiner Weise darum zu tun war, sich oder irgendwelche Schuhfirmen "ins Geschäft" zu bringen, sondern daß es ihm ganz entscheidend um das wissenschaftliche Problem ging.
Diese im wesentlichen auf einer Würdigung tatsächlicher Verhältnisse beruhende Feststellung gibt insofern zu Bedenken Anlaß, als das Berufungsgericht aus dem wissenschaftlichen Charakter des Aufsatzes vom 27. Juli 1956 folgert, auch die persönlichen Angriffe gegen den Kläger seien durch diese wissenschaftliche Aufgabenstellung gedeckt. Diese Schlußfolgerung steht aber in Widerspruch zu den Ausführungen des Berufungsurteils zur Frage der "Wahrnehmung berechtigter Interessen", wo die persönlichen Vorwürfe gegen den Kläger als außer dem Rahmen fallend und unwissenschaftlich behandelt werden. Außerdem ist die Feststellung unter Außerachtlassung eines Teils des Sachvortrages des Klägers getroffen worden, der sich bereits in den Tatsacheninstanzen darauf berufen hatte, daß der Beklagte den Schuhfabriken A. und B. gegen Zahlung eines entsprechenden Entgelts die Auswertung seiner Erfindungsgedanken unter Bezugnahme auf seinen Namen gestattet habe (BU S. 7/8; Schriftsatz vom 26. März 1958, S. 2). Zwischen dem Beklagten, welcher Lizenzen an Schuhfabriken vergab, und dem Kläger, der seinerseits das Torsana-Patent durch Lizenzvergabe oder Eigenproduktion auswertete, konnte aber nach Sachlage durchaus ein unmittelbares Wettbewerbsverhältnis gegeben sein (vgl. BGH in GRUR 1960, 144, 145 - Bambi). In Anbetracht des voraussichtlich bestehenden objektiven Wettbewerbsverhältnisses spricht nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung dafür, bewerbsabsicht gegeben war (vgl. BGHZ 14, 171 [BGH 06.07.1954 - I ZR 38/53] - Constanze II; BGH in GRUR 1957, 94 - Jugendfilmverleih). Diese Vermutung kann der Beklagte nicht dadurch widerlegen, daß er zur Überzeugung des Berufungsrichters darlegen konnte, bei der Abfassung des Aufsatzes habe er auch wissenschaftlichen Zielen gedient.
Wegen der vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat eingeräumten Lizenzeinnahmen aus gewissen Erzeugnissen der Schuhfabrikation kann er in diesem Bereich seiner eigenen geschäftlichen Interessen voraussichtlich nicht mehr für sich in Anspruch nehmen, aus rein wissenschaftlichen Beweggründen gehandelt zu haben (für eine abweichende Fallgestaltung vgl. BGH in GRUR 1957, 361 - Erdstrahlen).
Im Rahmen seiner erneuten Entscheidung wird das Berufungsgericht zugleich auch über die Kosten der Revision zu befinden haben.