Bundesgerichtshof
Urt. v. 03.02.1961, Az.: 4 StR 424/60
Verhinderung des ordentlichen Vorsitzenden an der Führung des Vorsitzes aufgrund nachträglich zur Verhandlung angesetzter Sachen; Rüge der Verletzung des Verfahrensrechts wegen nicht vorschriftsmäßiger Besetzung des Gerichts; Sachliche Erwägungen und pflichtgemäßes Ermessen bei der Verhinderungserklärung eines Vorsitzenden; Ablehung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit aufgrund geringer Beratungszeit; Teilnahme an früheren Verfahren gegen den Angeklagten als Ablehungsgrund
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 03.02.1961
- Aktenzeichen
- 4 StR 424/60
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1961, 12252
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Bielefeld - 03.06.1960
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHSt 15, 390 - 393
- MDR 1961, 525 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1961, 1076-1077 (Volltext mit amtl. LS)
Verfahrensgegenstand
Bestechlichkeit u.a.
Amtlicher Leitsatz
Der ordentliche Vorsitzende kann auch dann im Sinne des verhindert sein, wenn er durch nachträglich zur Verhandlung angesetzte Sachen an der Führung des Vorsitzes in einer bereits vorher anstehenden Sache behindert ist. Das gilt nicht, wenn der spätere Termin zu dem Zwecke angesetzt worden ist, den Angeklagten, gegen den in einem früheren Termin verhandelt werden soll, dem gesetzlichen Richter zu entziehen.
Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat
in der Sitzung vom 3. Februar 1961,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Rotberg als Vorsitzender,
Bundesrichter Dr. Sauer,
Bundesrichter Martin,
Bundesrichter Prof. Dr. Lang-Hinrichsen,
Bundesrichter Dr. Flitner als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt ... in der Verhandlung,
Oberstaatsanwalt Dr. Dr. ... bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellter ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts in Bielefeld vom 3. Juni 1960 werden verworfen.
Jeder Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Durch Urteil des Landgerichts in Bielefeld vom 5. Juni 1959 waren - unter Freisprechung und Einstellung im übrigen - der Angeklagte G. wegen gemeinschaftlicher schwerer Bestechlichkeit in sechs Fällen zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und fünf Monaten Gefängnis und der Angeklagte H. wegen gemeinschaftlicher schwerer Bestechlichkeit in sechs Fällen sowie wegen schwerer Bestechlichkeit in zwei weiteren Fällen zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Bestechungsgelder waren dem Staate für verfallen erklärt worden. Auf die Revisionen beider Angeklagten wurde das Urteil vom Bundesgerichtshof am 3. Februar 1960 in den Fällen Sch. und K. sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit den Feststellungen aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen. Im übrigen wurden die Revisionen verworfen. Durch das Urteil des Landgerichts in Bielefeld vom 3. Juni 1960 ist der Angeklagte G. nunmehr wegen gemeinschaftlicher schwerer Bestechlichkeit in nur vier Fällen, jedoch ferner wegen Beihilfe zur schweren Bestechlichkeit in zwei Fällen zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und vier Monaten Gefängnis, der Angeklagte H. wegen gemeinschaftlicher schwerer Bestechlichkeit in nur vier Fällen und ferner wegen schwerer Bestechlichkeit in vier weiteren Fällen zu einer Gesamtstrafe von einem Jahr und sieben Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Bestechungssummen wurden erneut für verfallen erklärt.
Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung verfahrensrechtlicher und sachlichrechtlicher Vorschriften.
I. Rüge der Verletzung des Verfahrensrechts
1.
Der Beschwerdeführer H. - der Beschwerdeführer Gebbert hat diese Rüge fallenlassen - macht geltend, das erkennende Gericht sei zur Zeit der Hauptverhandlung nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen. Der ordentliche Vorsitzende, Landgerichtsdirektor Dr. Hei., sei nicht durch den Präsidenten und die Landgerichtsdirektoren, sondern durch das Präsidium zum Vorsitzenden der 2. Großen Strafkammer bestellt worden. Zwar habe nicht er, sondern sein durch Beschluß des Präsidiums bestellter Vertreter, Landgerichtsrat Dr. F., den Vorsitz in der Hauptverhandlung geführt. Die Übernahme des Vorsitzes durch den geschäftsplanmäßigen Vertreter setze jedoch gemäß § 66 GVG die Verhinderung des ordentlichen Vorsitzenden voraus. Sei die Bestellung des ordnungsmäßigen Vorsitzenden nicht gesetzmäßig erfolgt, so sei ein solcher nicht vorhanden. Es fehle dann auch an einer vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts im Sinne des § 338 Nr. 1 StPO, §§ 62, 66 GVG.
Die Behauptungen des Beschwerdeführers sind unzutreffend. Die Bestellung des Landgerichtsdirektors Dr. Hei. zum Vorsitzenden der 2. Strafkammer für das Geschäftsjahr 1960 ist gemäß § 62 Abs. 2 GVG ordnungsmäßig, d.h. durch den Landgerichtspräsidenten und die Landgerichtsdirektoren, nicht durch das Präsidium erfolgt, wie der Beschluß vom 21. Dezember 1959 ergibt (Sen. Akten S. 28).
2.
Die Beschwerdeführer tragen weiter vor, der ordentliche Vorsitzende der Strafkammer sei im Rechtssinn nicht verhindert gewesen, den Vorsitz zu führen. Ein Vertretungsfall habe daher nicht vorgelegen.
Unter dem 2. Juni 1960 hat Landgerichtsdirektor Dr. Hei. dem Landgerichtspräsidenten angezeigt, er sei verhindert, in der vorliegenden Sache am 3. Juni 1960 den Vorsitz zu führen, da er mit der Vorbereitung dreier, von ihm ausdrücklich bezeichneter Sachen beschäftigt sei. Der Vertreter des Landgerichtspräsidenten hat durch Verfügung vom 3. Juni 1960 die Verhinderung wegen dringender anderweitiger Dienstgeschäfte festgestellt. Das Revisionsgericht ist nicht befugt, die tatsächlichen Grundlagen für eine solche Verhinderung zu prüfen (BGHSt 12, 33, 34 [BGH 05.08.1958 - 5 StR 160/58] und 113, 114).
Wohl aber war zu erörtern, ob bei der Verhinderungserklärung der Rechtsbegriff der Verhinderung verkannt worden ist. Um diese Frage beurteilen zu können, hat der Senat dienstliche Äußerungen des Landgerichtspräsidenten vom 23. Dezember 1960 sowie des Landgerichtsdirektors Dr. Hei. und des Landgerichtsrats Dr. F. vom 14. Dezember 1960 eingeholt. Aus diesen ergibt sich in Verbindung mit einer beigefügten Aufstellung der Hauptverhandlungen der 2. Großen Strafkammer vom 2. Mai bis 29. Juni 1960, daß Landgerichtsdirektor Dr. Hei. außerordentlich stark belastet war. Unter anderem hatte er in der Woche vom 30. Mai bis 4. Juni 1960 an drei Tagen den Vorsitz geführt. Die Sitzungsdauer betrug am 30. Mai 1960 6 Stunden 30 Minuten, am 31. Mai 1960 5 Stunden 30 Minuten und am 1. Juni 1960 7 Stunden 45 Minuten. Auch im übrigen befand sich unter den für Mai und Juni 1960 vorgesehenen Sachen eine größere Anzahl umfangreicher und schwieriger Verfahren, die Landgerichtsdirektor Dr. Hei. im einzelnen in seiner Äußerung aufgeführt hat.
In der vorliegenden Sache war zunächst Terrain zur Hauptverhandlung auf den 27. Mai 1960 festgesetzt. Landgerichtsdirektor Dr. Hei. hatte die Möglichkeit, sich in jeder vierten Sitzung vertreten zu lassen. Er hatte dafür u.a. auch den Terminstag vom 27. Mai 1960 vorgesehen. Daher ersuchte er Landgerichtsrat Dr. F., die Vorbereitung und Berichterstattung zu übernehmen, behielt sich jedoch vor, von der Vertretung möglicherweise keinen Gebrauch zu machen, um die Sache selbst zu verhandeln. Am 16. Mai 1960 ergab sich aus Gründen, die sich nicht mehr aufklären lassen, die Notwendigkeit, die vorliegende Sache vom 27. Mai auf den 3. Juni 1960 zu verlegen. Die Terminsverfügung (Bl. 772 d.A.) wurde daraufhin von Landgerichtsdirektor Dr. Hei. mit Zustimmung von Landgerichtsrat Dr. F., der die erste Terminsverfügung vom 12. Mai 1960 unterzeichnet hatte, abgeändert. Dr. F. blieb jedoch weiter Berichterstatter. Zwischen dem 20. und dem 27. Mai 1960 setzte dann Landgerichtsdirektor Dr. Hei. die umfangreichen Sachen gegen St. u.a. auf den 10. Juni 1960 und, soweit nötig, weitere Tage und die Sache gegen Dr. M. auf den 27. Juni 1960 an. Sofort nach dem 27. Mai 1960 erklärte Landgerichtsdirektor Dr. Hei. der Justizverwaltung, daß er wegen dieser umfangreichen Sachen den Termin vom 3. Juni 1960 in der vorliegenden Sache nicht wahrnehmen könne. Er wurde aufgefordert, eine schriftliche Erklärung nachzureichen. Dies geschah jedoch erst nach mehreren Erinnerungen am 2. Juni 1960.
Unter diesen Umständen ist die Belastung von Landgerichtsdirektor Dr. Hei. ausreichend dargetan. Auch aus der auffallend späten schriftlichen Anzeige der Verhinderung des Landgerichtsdirektors Dr. Hei. kann nicht etwa der Schluß gezogen werden, daß eine nicht auf sachlichen Gründen beruhende Vereinbarung stattgefunden hätte, daß der Vorsitz auf jeden Fall durch Herrn Landgerichtsrat Dr. F. und nicht durch den ordentlichen Vorsitzenden geführt werden solle. Ebenso ist aufgeklärt, warum Landgerichtsrat Dr. ... in dieser Sache bereite vorher an Stelle des Vorsitzenden tätig geworden ist.
Im übrigen ist nicht ersichtlich, inwiefern es gegen eine Verhinderung sprechen sollte, daß sich der ordentliche Vorsitzende am Tage der Hauptverhandlung im Gerichtsgebäude aufgehalten hat. Er konnte die Vorbereitung für die anderen Verfahren auch in seinem Dienstzimmer im Landgericht vornehmen. Ebensowenig spricht es gegen seine Verhinderung in der Hauptverhandlung, daß er in der Zeit vor dieser an Entscheidungen in der vorliegenden Sache mitgewirkt hat.
Die Beschwerdeführer meinen ferner, die Verfügung des Vertreters des Landgerichtspräsidenten vom 3. Juni 1960 sei möglicherweise erst nach Beginn der an diesem Tage durchgeführten Hauptverhandlung unterzeichnet worden. Hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Vermutung. Ein Nachweis in dieser Richtung ist von den Beschwerdeführern nicht geführt worden. Der Stellvertreter des Landgerichtspräsidenten hat dienstlich erklärt, er habe an den Vorgang zwar keine genaue Erinnerung mehr, habe aber kaum einen Zweifel, daß die Verfügung bereits vor dem Beginn der Hauptverhandlung unterschrieben worden sei. Er habe sich vahrscheinlich, wenn das nicht mit Rücksicht auf die Uhrzeit ohnehin überflüssig gewesen wäre, insoweit noch ausdrücklich vergewissert. Da die tatsächlichen Behauptungen bei Verfahrensrügen nachgewiesen sein müssen, ist die Rüge unbegründet.
Weiterhin kann auch der in der mündlichen Verhandlung vorgetragenen Auffassung der Revision nicht beigetreten werden, daß ein Fall der Verhinderung im Rechtssinn nicht vorläge, wenn diese erst nachträglich dadurch entstanden ist, daß der Vorsitzende nach Bestimmung des Termins in einer Sache andere Sachen auf spätere Terminstage in der Weise festsetzt, daß deren Vorbereitung ihn an der Wahrnehmung des früher angesetzten Termins behindert. Der Vorsitzende hat das Recht, die bei seiner Kammer anfallenden Sachen auf die verfügbaren Sitzungstage so zu verteilen, wie es eine zweckmäßige Erledigung der Geschäfte erfordert. Dabei kann es z.B. angezeigt sein, einer etwa wegen der Verhaftung oder wegen der alsbald vorzunehmenden ärztlichen Operation eines Angeklagten eilige Sache oder eine Sache, in der ein für sie benötigter Sachverständiger oder Zeuge später nicht mehr erreichbar wäre, nachträglich so kurz hinter einer schon anstehenden anderen Sache anzuberaumen, daß die Übernahme des Vorsitzes durch ihn in der früher angesetzten Sache durch die Vorbereitung auf die spätere Sache unmöglich gemacht wird. Ist der Vorsitzende durch Zähl und Umfang mehrerer angesetzter Sachen an der Führung des Vorsitzes in sämtlichen Sachen verhindert, so darf er die zu seiner Entlastung erforderliche Verhinderungserklärung nach seiner Wahl statt auf die zuletzt anstehende Sache auch auf eine der vorher zu verhandelnden richten. Das kann beispielsweise geboten sein, wenn die spätere Sache wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung oder ihrer Schwierigkeit seine persönliche Mitwirkung besonders erwünscht erscheinen läßt, während die vorangehenden Sachen sich im durchschnittlichen Rahmen halten und deshalb eher seinem Stellvertreter überlassen werden können. Über alles dies entscheidet das pflichtmäßige Ermessen des Vorsitzenden. Eine Nachprüfung in der Richtung, ob etwa auch eine andere Planung hätte stattfinden können, kann vom Revisionsgericht nicht vorgenommen werden. Nur dann, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, daß die durch nachträgliche Ansetzung anderer Sachen geschaffene Verhinderung zu dem Zweck vorgenommen worden ist, den in einer früher anstehenden Sache Angeklagten seinem gesetzlichen Richter zu entziehen, wäre die Rechtslage anders zu beurteilen. In dieser Richtung liegen jedoch keinerlei Anzeichen vor. Auch die Revision hat hierzu nichts vorgetragen. Es ergeben sich im Gegenteil deutliche Anhaltspunkte dafür, daß sachliche Erwägungen den Landgerichtsdirektor Dr. Hei. veranlaßt haben, sich in dieser und nicht in einer anderen Sache für verhindert zu erklären. Landgerichtsrat Dr. F. sollte nämlich nach der ursprünglichen Verteilung des Vorsitzes auf die einzelnen Sitzungstage bereits den Vorsitz in der Sache G./H. führen. Auf jeden Fall war er mit der Berichterstattung betraut; er kannte die Sache bereits aus der ersten tatrichterlichen Verhandlung, in der er ebenfalls den Vorsitz geführt hatte. Unter diesen Umständen war es sachgemäß, wenn Landgerichtsdirektor Dr. Hei. die Verhinderungserklärung für diese Sache und nicht für eine der folgenden Sachen abgab.
Ob die Angeklagten selbst oder ihre Verteidiger den persönlichen Eindruck hatten, es seien "rechtsfremde" Erwägungen dafür maßgebend gewesen, daß nicht der ordentliche Vorsitzende, sondern sein Stellvertreter die Hauptverhandlung geleitet hat, ist rechtlich ohne Bedeutung.
Die Rüge ist nach alledem unbegründet.
3.
Weiterhin macht der Beschwerdeführer G. geltend, § 338 Nr. 3 i.V.m. § 24 StPO sei verletzt, da Landgerichtsrat Dr. F. mit Recht wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt worden sei.
Wie die Akten Bd. 4 Bl. 795, 796 ergeben, hatte der Verteidiger des Angeklagten G. den stellvertretenden Vorsitzenden wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Gesuch ist durch Beschluß vom 2. Juni 1960 für unbegründet erklärt worden (Bd. 4 Bl. 800).
Das Revisionsgericht ist zwar verpflichtet, auch in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen, ob ein Ablehnungsgrund vorhanden war (BGHSt 1, 34). Die Prüfung ergibt jedoch, daß die Zurückweisung des Gesuchs zu Recht erfolgt ist. Hierbei konnten nur diejenigen Ablehnungsgründe berücksichtigt werden, die der Beschwerdeführer in seinem ursprünglichen Gesuch vorgetragen hatte. Die neuen in der Revisionsbegründung enthaltenen Gesichtspunkte sind daher unbeachtlich.
Der Beschwerdeführer hatte geltend gemacht, die Beratung, die dem ersten Urteil vorausging, habe trotz mehrtägiger Verhandlung nur 15 bis 20 Minuten gedauert. Das Urteil sei daher möglicherweise auf Grund einer vorangegangenen "Stimmungsmache" gefällt worden.
Dieses Vorbringen konnte die Ablehnung nicht rechtfertigen. Landgerichtsrat Dr. F., der bereits bei der ersten Verhandlung den Vorsitz geführt hatte, hat sich dienstlich dahin geäußert, das Urteil sei erst nach eingehender Beratung, die keineswegs lediglich 15 bis 20 Minuten gedauert habe, gefällt worden. Abgesehen hiervon könnten aus der Dauer einer Beratung Schlüsse in der Richtung, daß ihr unsachliche Erwägungen zugrunde gelegen hätten, nicht gezogen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich bei den Gerichtsmitgliedern, insbesondere wenn die Verhandlung längere Zeit dauert, eine bestimmte - wenn auch nur vorläufige - Auffassung über die einzelnen Fälle bereits während der Verhandlung bildet, wodurch die Beratung schon bis zu einem gewissen Grade vorbereitet ist.
Auch wenn der seinerzeitige Beisitzer, Gerichtsassessor P., damals auf die vor Beginn der Beratung gestellte Frage eines Verteidigers die Dauer der voraussichtlichen Beratungszeit mit 15 Minuten angegeben hätte, könnte entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht gefolgert werden, es sei von vornherein vom Gericht eine bestimmte Beratungsdauer vereinbart worden. Außerdem würde eine solche Äußerung auch nicht zu der Annahme berechtigen, daß sie die Ansicht des Vorsitzenden habe wiedergeben sollen.
Ebensowenig ist ein Anhalt dafür vorhanden, daß sich Landgerichtsrat Dr. F. durch die gegen Gerichtsassessor Kl., den damaligen Vertreter der Staatsanwaltschaft, gerichtete Dienstaufsichtsbeschwerde der Ehefrau des Angeklagten vom 31. Oktober 1959 hätte betroffen fühlen können und infolgedessen nicht zu einem unparteilichen Urteil gegenüber dem Angeklagten imstande gewesen wäre. Auch auf seiten des Beschwerdeführers konnte bei verständiger Würdigung der Sachlage durch die in der Beschwerdeschrift enthaltenen Äußerungen, die Beratungszeit habe nur 15 bis 20 Minuten gedauert, das Strafmaß sei völlig unerklärlich und durch "gewaltige Stimmungsmache" entstanden, eine solche Befürchtung nicht entstehen. Wendungen dieser allgemeinen Art können vernünftigerweise einen Beteiligten keinen Anlaß zu der Annahme geben, ein Richter könnte hierdurch gegenüber dem Angeklagten befangen sein. Im übrigen bezog sich der Schwerpunkt der Beschwerdeschrift nicht auf das Gericht, sondern auf den Vertreter der Staatsanwaltschaft, gegen den sich die Schrift, wie erwähnt, auch äußerlich richtete. Zudem ist in der Rechtsprechung anerkannt, daß ein Angeklagter nicht durch eigenes Verhalten einen Ablehnungsgrund schaffen kann. Zwar ist die Beschwerdeschrift nicht von dem Angeklagten, sondern von dessen Ehefrau eingereicht worden. Da der Angeklagte sich zu dieser Zeit nicht mehr in Haft befand, liegt es nahe, daß die Beschwerde der Ehefrau im Einvernehmen mit dem Angeklagten erhoben worden ist.
Schließlich kann aus der Tatsache, daß Landgerichtsrat Dr. F. als Vorsitzender bereits an dem früheren Verfahren, das zur Verurteilung des Angeklagten führte, teilgenommen hat, anerkanntermaßen ein Ablehnungsgrund nicht hergeleitet werden, und zwar auch dann nicht, wenn dieses zu einer nach der Ansicht des Angeklagten zu hohen Strafe geführt hat, und der frühere Tatsachenstoff in dem neuen Verfahren eine Rolle spielt.
Unter diesen Umständen ist das Ablehnungsgesuch mit Recht für unbegründet erklärt worden.
Die vom Beschwerdeführer behaupteten angeblichen sarkastischen Äußerungen des Vorsitzenden (Revisionsschrift G. S. 5) waren nicht Gegenstand des Ablehnungsgesuchs und sind daher, wie ausgeführt, für das Revisionsgericht unbeachtlich.
4.
Es ist ferner nicht erkennbar, daß das Landgericht seine Feststellungen auf andere Grundlagen gestützt habe, als auf diejenigen, die die Hauptverhandlung ergeben hat. Dies gilt auch für die Feststellung, der Angeklagte G. habe mit H. "schon in mehreren ähnlichen Fällen zusammengearbeitet" (UA S. 9). Zu dieser Überzeugung konnte die Strafkammer auf Grund der Feststellungen gelangen, die hinsichtlich der bereits abgeurteilten Fälle im Urteil vom 5. Juni 1959 enthalten sind. Da das Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen und in der Hauptverhandlung auszugsweise, ersichtlich also auch in dem hier in Betracht kommenden Teil - jedenfalls haben die Beschwerdeführer eine gegenteilige eindeutige Behauptung nicht aufgestellt - verlesen worden ist (Sitzungsniederschrift vom 3. Juni 1960 Bd. 4 Bl. 804 R d.A.), ist kein Anhalt dafür gegeben, daß das Gericht seine Überzeugung nicht aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpft hat.
II.
Rüge der Verletzung sachlichen Rechts
In dieser Hinsicht hat der Beschwerdeführer Heuer lediglich die allgemeine Sachrüge erhoben. Gebbert hat sich darüber hinaus in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung gewandt.
Die Nachprüfung, des Urteils im ganzen hat Rechtsverstöße zum Nachteil der Angeklagten nicht ergeben. Das Landgericht hat der Beurteilung die im aufhebenden Revisionsurteil enthaltenen Rechtsausführungen zugrunde gelegt. Dies hat zu der Änderung des Schuldspruchs geführt.
Die Revisionen waren demnach zu verwerfen.
Sauer
Martin
Lang-Hinrichsen
Flitner