Bundesgerichtshof
Urt. v. 18.03.1960, Az.: 4 StR 47/60
Meineid durch Vortäuschung einer nicht vorhandenen Vollstreckungsmöglichkeit; Verschweigen von Verdienstquellen aus Gelegenheitsarbeiten
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 18.03.1960
- Aktenzeichen
- 4 StR 47/60
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1960, 11995
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Essen - 20.11.1959
Verfahrensgegenstand
Meineid
In der Strafsache
hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
in der Sitzung vom 18. März 1960,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Rotberg als Vorsitzender,
Bundesrichter Dr. Sauer, Bundesrichter Martin, Bundesrichter Dr. Flitner, Bundesrichter Börtzler als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt Dr. Dr. ... in der Verhandlung, Bundesanwalt ... bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellter ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts in Essen vom 20. November 1959 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Meineids zu acht Monaten Gefängnis verurteilt, ihn für zeitlebens unfähig erklärt, eidlich als Zeuge oder Sachverständiger vernommen zu werden, und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von drei Jahren aberkannt.
Die Revision des Angeklagten beschränkt sich auf die allgemeine Sachrüge. Sie ist unbegründet.
1.)
Nach der Feststellung des Landgerichts erklärte der Angeklagte im Offenbarungseidstermin vom 3. April 1959 unter Punkt 16 des Vermögensverzeichnisses "Arbeitsverdienst und Arbeitgeber, gegebenenfalls Arbeitslosenunterstützung oder Krankengeld" folgendes:
"Ich arbeite als Hauer bei der Gewerkschaft A. I, E.-Re., Fr.straße 50. Ich arbeite im Gedinge und verdiene monatlich ca. 600 DM. netto. Ich arbeite auf Zeche K. F., E.-He., und werde auch von dieser Zeche entlöhnt."
Das Vermögensverzeichnis beschwor er. In Wirklichkeit hatte der Angeklagte seine Arbeitsstelle bei der Zeche K. F. sechs Wochen vor dem Offenbarungseidstermin aufgegeben; seitdem verrichtete er "nur" Gelegenheitsarbeiten auf dem Großmarkt.
Das Landgericht glaubte dem Angeklagten nicht, daß er die Frage nach seinem Arbeitgeber dahin beantwortet hat, er habe zuletzt auf der Zeche K. F. gearbeitet, und daß er es nicht für notwendig hielt, über seine Gelegenheitsarbeiten auf dem Großmarkt Auskunft zu geben, weil er dort unregelmäßig und bei verschiedenen Firmen gearbeitet habe und täglich entlohnt worden sei. Die Strafkammer kam vielmehr zu der Uberzeugung, daß der Angeklagte die Frage nach seinem Arbeitgeber bewußt falsch beantwortet hat, um dem Vollstreckungsgläubiger eine Lohnpfändung unmöglich zu machen.
2.)
Die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Meineids ist rechtlich nicht zu beanstanden. Es kann dahinstehen, ob eine Verletzung der Offenbarungseidspflicht schon in der unwahren Angabe zu sehen ist, der Angeklagte arbeite (noch) auf der Zeche K. F., weil dadurch dem Gläubiger eine nicht vorhandene Vollstreckungsmöglichkeit vorgetäuscht wurde (vgl. BGHSt 7, 375). Eine Eidesverletzung liegt jedenfalls darin, daß der Beschwerdeführer seine derzeitige Verdienstquelle verschwieg. Zwar stand er in keinem festen Beschäftigungsverhältnis, sondern verrichtete, wie ihm das Landgericht nicht widerlegen konnte, nur Gelegenheitsarbeiten bei verschiedenen Firmen gegen tägliche Entlohnung; das läßt den Schluß zu, daß ihm im Zeitpunkt der Eidesleistung keine (rückständigen) Lohnforderungen gegen seine damaligen Arbeitgeber zustanden, die der Gläubiger hätte pfänden und sich überweisen lassen können. Gleichwohl täuschte der Angeklagte den Gläubiger über eine sein Vermögen betreffende Tatsache; er verschwieg nämlich seine gegenwärtige Erwerbstätigkeit und die ihm daraus zufließenden Einnahmen und machte es dadurch dem Gläubiger unmöglich, wenigstens im Wege von Taschenpfändungen zu einer (Teil-)Befriedigung seiner Forderungen zu kommen. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem in BGHSt 11, 223 entschiedenen, wo der arbeitslose Angeklagte sich eine unrichtige Berufsbezeichnung (als selbständiger Malermeister) beigelegt, den Gläubiger aber nicht über Einnahmen oder pfändbare Vermögensstücke getäuscht hatte, weil der unwahren Berufsbezeichnung keinerlei Bedeutung für die Bestimmung der Person des Offenbarungsschuldners als Träger greifbarer Vermögensstücke zukam.
3.)
Auch der Strafausspruch und die ihm zugrunde liegenden Erwägungen lassen keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten erkennen. Seine Revision erweist sich daher als unbegründet.
Sauer
Martin
Flitner
Börtzler