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Bundesgerichtshof
Urt. v. 05.02.1960, Az.: 4 StR 557/59

Annahme der ständigen Rechtssprechung hinsichtlich der "Zusammenrottung"; Definition des Begriffs "Schlägerei"; Räumlich-zeitlicher Zusammenhang bei einer Schlägerei; Schuldhafte Beteiligung an einer Schlägerei; Möglichkeit einer Beteiligung auch noch nach Eintritt der schweren Folge; Kausalität zwischen der Beteiligung an der Schlägerei und dem Eintritt der schweren Folge

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
05.02.1960
Aktenzeichen
4 StR 557/59
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1960, 12070
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hagen - 12.05.1959

Fundstellen

  • BGHSt 14, 132 - 136
  • JR 1960, 268
  • JZ 1961, 30-31 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
  • MDR 1960, 514 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1960, 874-875 (Volltext mit amtl. LS)

Verfahrensgegenstand

Schwerer Landfriedensbruch u.a.

Amtlicher Leitsatz

Wer an einer Schlägerei schuldhaft teilnimmt, bei der die im § 227 Abs. 1 StGB bezeichnete schwere Folge eintritt, ist auch dann nach der genannten Vorschrift zu bestrafen, wenn er seine Beteiligung zu einem Zeitpunkt aufgibt, zu dem die schwere Folge von den Mitbeteiligten noch nicht verursacht worden ist (im Anschluß an RGSt 72, 73).

Tateinheit zwischen Landfriedensbruch (§ 125 Abs. 1 StGB) und Raufhandel (§ 227 Abs. 1 StGB) ist möglich.

In der Strafsache
hat der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
in der Sitzung vom 5. Februar 1960,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Rotberg als Vorsitzender,
Bundesrichter Dr. Sauer, Martin, Dr. Flitner, Börtzler als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt ... in der Verhandlung,
Bundesanwalt ... bei der Verkündung als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizangestellter ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revisionen der Angeklagten G. und K. gegen das Urteil des Landgerichts in Hagen/Westf. vom 12. Mai 1959 werden verworfen.

Die Angeklagten haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe

1

I.

Die Jugendkammer hat die Angeklagten G. und K. je des Landfriedensbruchs nach § 125 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Raufhandel nach § 227 Abs. 1 StGB schuldig erkannt und gegen sie je einen Dauerarrest von zwei Wochen verhängt.

2

Die Revisionen der beiden Angeklagten rügen die Verletzung sachlichen Rechts.

3

Die Jugendkammer hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

4

Am Abend des ... 1958 kam es anläßlich der Kirmes in Sch. zu einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen einer Gruppe von Jugendlichen und Heranwachsenden aus I. und einer größeren Zahl junger Burschen aus Sch.. Schon vor Antritt der Fahrt nach Sch. rechnete die I. Jugend damit, daß es zu einer Schlägerei mit den Sch. Burschen kommen werde. Als sich die I. Jungen auf den Marktplatz in Sch. begaben, auf dem die Kirmes stattfand, waren sie entschlossen, in enger Verbindung miteinander zu bleiben, um jederzeit einsatzbereit zu sein. Sie wollten bei der ersten besten Gelegenheit einen Streit mit Burschen aus Sch. vom Zaune brechen und sich mit ihnen schlagen. Einer wollte dem anderen auch dann helfen, wenn dieser von sich aus den Streit beginnen würde. Der I. Gruppe gehörten auch die beiden damals je 15 Jahre alten Angeklagten G. und K. an.

5

Nach kurzer Zeit eröffnete der aus I. stammende Heranwachsende Otto T. an der südlichen Ecke des Marktplatzes die Schlägerei, indem er aus nichtigem Anlaß dem Sch. S. mit der Faust ins Gesicht schlug. Alsbald begannen verschiedene der Sch. und der I. Burschen aufeinander einzuschlagen. Die Schlägerei zog sich 20 Minuten lang auf eine Entfernung von etwa 45 m in die an der Südecke des Marktplatzes beginnende W.straße hinein.

6

Sobald die Angeklagten G. und K. den Beginn der Schlägerei erkannt hatten, eilten sie - getrennt voneinander - hinzu, um in die Schlägerei einzugreifen und den Kampfwillen ihrer Freunde zu stärken. G. erhielt einen schmerzhaften Schlag in das Kreuz; dies veranlaßte ihn, sich aus dem Kampfgetümmel und vom Ort der Schlägerei zu entfernen. K. wurde beim Versuch, einem seiner I. Freunde zu Hilfe zu eilen, von mehreren Jungen aus Sch. angegriffen, geschlagen und abgedrängt; er zog sich hierauf aus der Gefahrenzone zurück und verließ die W.straße.

7

Zuletzt waren von den I. Jungen allein noch die Brüder Klaus und Otto T. im Kampf gegen Burschen aus Sch.. In der W.straße, etwa 45 m vom Marktplatz entfernt, erhielten beide zahlreiche Schläge und mehrere Messerstiche, die bei Klaus T. zum Tode führten.

8

Durch die Kämpfenden und zahlreiche Neugierige, die sich in der W.straße zusammendrängten, wurde der Durchgang für Unbeteiligte nahezu unmöglich gemacht. Die Anwohner der W.straße wurden durch den Lärm beunruhigt und durch die Schmerzensrufe der Geschlagenen und den Anblick der kampfunfähig Geschlagenen erschreckt.

9

II.

Diese Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten G. und K. je wegen Landfriedensbruchs nach § 125 Abs. 1 StGB in Tateinheit mit Raufhandel nach § 227 Abs. 1 StGB.

10

1.

Die vom Tatrichter getroffenen Feststellungen sind für die rechtliche Würdigung des Senats maßgebend. Ob die Jugendkammer zu anderen Feststellungen hätte kommen können, ist der Nachprüfung durch den Senat entzogen. Die Feststellungen sind frei von Widersprüchen, verletzen nicht die Denkgesetze und verstoßen nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze.

11

2.

Landfriedensbruch.

12

Die Jugendkammer hat ohne Rechtsirrtum dargelegt, daß es sich bei den I. Burschen, die miteinander den Marktplatz betraten, bis zum Ende der Schlägerei um eine zusammengerottete Menschenmenge handelte, die mit vereinten Kräften gegen Personen Gewalttätigkeiten beging. Diese Annahme steht mit der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts, der sich der Senat anschließt, im Einklang (RGSt 53, 305;  56, 281;  60 332).

13

Die Zusammenrottung war öffentlich. Nach den Feststellungen bestand die Möglichkeit, daß sich beliebig viele nicht bestimmte Personen an ihr beteiligen konnten.

14

Zutreffend hat die Jugendkammer auch dargetan, daß die Angeklagten G. und K. an der Zusammenrottung teilgenommen haben. Auch diese Annahme entspricht der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen kein Anlaß besteht (RGSt 20, 403;  36, 174;  52, 118;  54, 85;  54, 299, 301;  60, 332; BGHSt 5, 344).

15

All dieser Tatbestandsmerkmale waren sich die Angeklagten G. und K. nach den Feststellungen bewußt. Sie wußten insbesondere, daß durch die Zusammenrottung eine Gefahr für die Allgemeinheit entstand und daß diese Gefahr durch ihre Beteiligung an der zusammengerotteten Menschenmenge vergrößert wurde (vgl. BGH NJW 1954, 1694).

16

3.

Raufhandel.

17

a)

Der Tatbestand des § 227 StGB ist nur erfüllt, wenn durch eine Schlägerei oder einen von mehreren gemachten Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung verursacht wurde. Es erhebt sich daher die Frage, ob die gesamte, etwa 20 Minuten dauernde Auseinandersetzung zwischen den Gruppen der I. und der Schwerter Burschen, zu deren Ende erst Klaus T. tödlich verletzt wurde, als eine Schlägerei angesehen werden kann. Die Jugendkammer hat diese Frage bejaht.

18

Eine Schlägerei liegt unbestrittenermaßen nur vor, wenn mehrere - mindestens drei - Personen sich gegenseitig (durch Schlagen) Körperverletzungen zufügen. Niemals kann eine einzelne Körperverletzung oder können die einer einzelnen Person von mehreren zugefügten Schläge für sich allein als Schlägerei angesehen werden. Erst durch das gegenseitige Aufeinandereinschlagen mehrerer Personen kommt eine Schlägerei zustande. Regelmäßig zieht sich eine Schlägerei über eine geraume, kürzer oder länger dauernde Zeit hin. Ob die von mehreren Personen gegenseitig verübten. Körperverletzungen Teile ein- und derselben Schlägerei sind, ist nach den Umständen des Einzelfalles im wesentlichen vom Tatrichter zu entscheiden (RG GA 59, 333; vgl. auch für den Fall des von mehreren gemachten Angriffs RG GA 68, 275). Es kann kein Rechtsirrtum darin gefunden werden, wenn die Jugendkammer die Einheit der Schlägerei deshalb bejaht hat, weil alle Kampfhandlungen in der W.straße von Anfang bis zum Ende unmittelbar aufeinander folgten, in engem räumlichem Zusammenhang standen und auf den übereinstimmenden Plänen beider Gruppen beruhten, sich hier und jetzt mit dem Gegner tätlich auseinanderzusetzen.

19

Durch diese Schlägerei ist der Tod des Klaus T. verursacht worden. Der Eintritt des Todes eines Menschen ist für den Tatbestand des § 227 StGB nur eine Bedingung der Strafbarkeit. § 56 StGB ist im Falle des § 227 StGB nicht anzuwenden (BGH NJW 1954, 765 = MDR 1954, 371).

20

b)

Aus den Feststellungen hat die Jugendkammer zutreffend den Schluß gezogen, daß sich die Angeklagten G. und K. an der Schlägerei, die den Tod des Klaus T. verursacht hat, beteiligt haben. Für die Anwendung des § 227 Abs. 1 StGB kommt es nicht darauf an, ob der Täter an der Mißhandlung der Person beteiligt war, deren Tod oder schwere Körperverletzung herbeigeführt wurde; maßgebend ist nur, ob er an der Schlägerei als solcher teilgenommen hat (RGSt 5, 170;  59, 264; RG JW 1932, 948).

21

Die Annahme der Revision, G. und K. seien ohne ihr Verschulden in die Schlägerei hineingezogen worden, beruht auf Voraussetzungen, die mit den Feststellungen der Jugendkammer nicht übereinstimmen. Nach diesen Feststellungen haben sämtliche an der Schlägerei beteiligten Iserlohner Burschen schon vor ihrem Beginn beschlossen, es zu einer Schlägerei mit den Sch. Jungen kommenzulassen, dabei zusammenzuhalten und ihren Kameraden auch dann zu helfen, wenn diese den Streit von sich aus vom Zaune brechen würden. Zutreffend hat hieraus die Jugendkammer gefolgert, daß sich die Angeklagten G. und K. an der planmäßig herbeigeführten Schlägerei schuldhaft beteiligt haben. Von der Frage der schuldhaften Beteiligung an der Schlägerei ist die Frage zu trennen, ob die von einem Täter während der Schlägerei allein oder mit anderen begangene Körperverletzungs- oder Tötungshandlung rechtmäßig oder schuldlos ist. Eine solche Handlung eines schuldhaft an der Schlägerei Beteiligten kann beispielsweise durch Notwehr gerechtfertigt sein (RGSt 73, 341; RG HRR 40, 396). Wegen einer solchen Handlung sind aber G. und K. nicht verurteilt worden.

22

c)

Fraglich kann es sonach nur bleiben, ob die Bestrafung der Angeklagten G. und K. nach § 227 Abs. 1 StGB nicht etwa deshalb entfallen muß, weil sie ihre Beteiligung an der Schlägerei zwar während deren Lauer, aber zu einem Zeitpunkt aufgegeben haben, ehe die den Tod des Klaus T. herbeiführenden Handlungen begangen wurden. Das Reichsgericht hat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, daß für die Bestrafung nach § 227 Abs. 1 StGB die Beteiligung an einer einheitlichen Schlägerei zu irgendeinem Zeitpunkt, also auch dann genügt, wenn sich der Täter der Schlägerei erst angeschlossen hat, nachdem der tödliche Erfolg oder die schwere Körperverletzung von anderen Personen bereits verursacht war, oder wenn der Täter seine Beteiligung an der Schlägerei bereits endgültig aufgegeben hatte, bevor die den Tod oder die schwere Körperverletzung verursachenden Handlungen vorgenommen wurden (RGSt 72, 73; GA 59, 333, sowie die von August Schaefer im LK, 8. Aufl. bei § 227 Bem. V weiter angeführten Urteile). Gegen diese Auffassung sind im Schrifttum teilweise Bedenken erhoben worden (Schaefer a.a.O.; Welzel, Das deutsche Strafrecht, 6, Aufl., S. 247), die von anderen Schriftstellern nicht geteilt werden (vgl. Schönke/Schröder 9. Aufl., Bem. III 1; Kohlrausch/Lange 42. Aufl. Bem. V - je zu § 227 -).

23

Ob es für die Bestrafung eines Täters aus § 227 Abs. 1 StGB ausreicht, wenn er sich einer Schlägerei erst anschließt, nachdem dabei der Tod oder die schwere Körperverletzung einer Person von anderen Tätern bereits herbeigeführt war, braucht hier nicht entschieden zu werden. Für den Fall, daß ein Täter seine Beteiligung an einer Schlägerei endgültig aufgibt, bevor von anderen Tätern die zum Tode oder zur schweren Körperverletzung einer Person führenden Handlungen begangen werden tritt der Senat der Rechtsprechung des Reichsgerichts bei.

24

Das Reichsgericht hat überzeugend ausgeführt (RGSt 72, 73), das Gesetz stelle nicht als Tatbestandsmerkmal auf, daß gerade die Beteiligung des Täters ursächlich für den Tod des Opfers des Raufhandels gewesen ist. Es hat daraus gefolgert, nach dem Wortlaut des Gesetzes könne maßgebend nur sein, daß die schwere Folge, die nach ihm die Bestrafung des Raufhandels herbeiführt, durch den Raufhandel eingetreten ist, an dem sich der Täter zu irgendeiner Zeit beteiligt hat.

25

Dazu kommen folgende Erwägungen: § 227 Abs. 1 StGB ist als reines Gefährdungsdelikt geschaffen worden (Frank 18. Aufl., § 227 Bem. II 2; Schönke/Schröder 9. Aufl., § 227 Bem. I; Maurach BT 3. Aufl., S. 91; Welzel a.a.O., S. 246). Der Grund der Strafdrohung des § 227 Abs. 1 StGB liegt darin, daß Schlägereien zwischen mehreren Personen erfahrungsgemäß oft schwerwiegende Folgen haben und daß wegen dieser Gefährlichkeit schon der Beteiligung an einer solchen Schlägerei entgegengetreten werden soll, ohne daß es auf den - oft nicht möglichen - Nachweis der Ursächlichkeit gerade dieser Beteiligung für die schweren Folgen der Schlägerei ankäme. Haben sich mehrere Personen zusammengetan und eine Schlägerei einmal eröffnet, so liegt es überdies häufig nicht mehr in der Macht des einzelnen Beteiligten, den Eintritt der schwerwiegenden Folgen dadurch zu verhindern, daß er für seine Person seine Beteiligung aufgibt. Seine bisherige Mitwirkung hat erfahrungsgemäß meist die Streitfreudigkeit der Beteiligten gesteigert. Die dadurch erhöhte Gefährlichkeit der Schlägerei wirkt regelmäßig auch über die Dauer der Beteiligung einzelner hinaus fort. Es entspricht daher dem Zweck des § 227 Abs. 1 StGB, daß derjenige, der sich an einer Schlägerei einmal beteiligt hat, auch dann bestraft wird, wenn die schwerwiegende Folge von den Mitbeteiligten erst verursacht wird, nachdem er selbst seine Beteiligung aufgegeben hat. Die Unterschiedliche Art, in der die einzelnen Personen sich an einer Schlägerei beteiligt haben, kann bei der Festsetzung der Strafhöhe den gerechten Ausgleich finden.

26

Mit dieser Auffassung steht - anders als die Revision meint - auch die Entscheidung des Reichsgerichts in JW 1938, 3157 im Einklang. Dort hatte sich das Reichsgericht mit einem Fall zu befassen, in dem von drei an einer Schlägerei beteiligten Tätern sich einer entfernte, ehe von den beiden anderen Beteiligten der eine getötet wurde. Das Reichsgericht hat für diesen Fall entschieden, daß es sich nach der Entfernung des einen Beteiligten nur noch um einen Streit zwischen zwei Personen gehandelt habe, auf den § 227 StGB nicht anwendbar sei; der Tod sei nicht durch eine Schlägerei, an der notwendig mindestens drei Personen beteiligt sein müssen, verursacht worden. So liegt aber die Sache im vorliegenden Fall nicht. An der Schlägerei in der Westenstraße waren bis zuletzt erheblich mehr als zwei Personen beteiligt.

27

4.

Das angefochtene Urteil hat für die Angeklagten G. und K. ohne Rechtsirrtum sämtliche äußeren und inneren Tatbestandsmerkmale sowohl des Landfriedensbruchs (§ 123 Abs. 1 StGB) als auch des Raufhandels (§ 227 Abs. 1 StGB) dargetan. Entgegen der Meinung der Revisionen, wonach der Tatbestand des § 225 (gemeint ist offensichtlich § 227) StGB den des § 125 StGB ausschließt, bestehen gegen die Annahme von Tateinheit nach § 73 StGB keine Bedenken. § 125 Abs. 1 und § 227 Abs. 1 StGB enthalten - neben gleichen oder doch gleichartigen - auch ganz verschiedenartige Tatbestandsmerkmale. Jener setzt voraus, daß sich eine Menschenmenge öffentlich zusammenrottet, worauf es bei § 227 Abs. 1 StGB nicht ankommt; dieser ist nur erfüllt, wenn durch die Schlägerei oder den von mehreren gemachten Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung verursacht worden ist, während nach § 125 Abs. 1 StGB jede Gewalttätigkeit gegen Personen oder Sachen ausreicht. Keine der beiden Straftaten ist eine, wenn nicht notwendig so doch regelmäßige Erscheinungsform der anderen (vgl. RGSt 58, 19, 23;  60, 117, 122).

28

5.

Frei von Rechtsirrtum sind auch die Erwägungen, mit denen die Jugendkammer die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Angeklagten G. und K. nach § 3 JGG bejaht hat.

29

Zum Schuldspruch erweisen sich somit die Revisionen als unbegründet.

30

6.

Mit dem angefochtenen Urteil sind gegen die Angeklagten G. und K. lediglich Zuchtmittel angeordnet worden. Obwohl § 55 Abs. 1 Satz 1 JGG bestimmt, daß ein solches Urteil nicht wegen des Umfangs der Maßnahmen und nicht deshalb angefochten werden kann, weil andere Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel hätten angeordnet werden sollen, ist der Senat auch insoweit zur Überprüfung in der Lage (vgl. BGHSt 10, 198 [BGH 03.04.1957 - 4 StR 517/56]) und dazu auf Grund der allgemeinen Sachrüge verpflichtet. Die Erwägungen der Jugendkammer sind jedoch auch insoweit nicht von Rechtsirrtum beeinflußt.

31

7.

Schließlich ist auch die auf der Nichtanwendung des § 74 JGG beruhende Entscheidung im Kostenpunkt nicht von einer irrigen Rechtsauffassung beeinflußt.

32

Auch dem Senat erscheint es angemessen, bei seinem Urteil von der Möglichkeit des § 74 JGG keinen Gebrauch zu machen.

Rotberg
Bundesrichter Dr. Sauer kann wegen Urlaubs nicht unterschreiben. Rotberg
Martin
Flitner
Börtzler