Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 19.05.1958, Az.: VII ZR 114/57

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
19.05.1958
Aktenzeichen
VII ZR 114/57
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1958, 13819
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
Oberlandesgerichts in Düsseldorf - 26.04.1957

Fundstelle

  • DNotZ 1958, 579-582

Prozessführer

der B. Gebr. H. Gesellschaft mit beschränkter Haftung in M., vertreten durch den Geschäftsführer, Direktor M. in Firma Brauerei Dietrich H. KG in D., D. Straße ...,

Prozessgegner

die Ehefrau Gertrud R. geb. Hö. in K. B.weg ...,

Sonstige Beteiligte

Streitgehilfe: Notar Wilhelm H. in M.,

hat der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 19. Mai 1958 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Glanzmann und der Bundesrichter Rietschel, Dr. Heimann-Trosien, Dr. Winkelmann und Hubert Meyer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Streitgehilfen der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 26. April 1957 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die Klägerin, die mit der beklagten Brauerei in geschäftlichen Beziehungen stand und von dieser ein Darlehen von 5.000 DM erhalten hatte, bestellte in der notariellen Urkunde vom 23. Mai 1953 - UR Nr. .../53 des Notars Wilhelm Hi. in M. - auf den ihr gehörigen, im Grundbuch von M. Band ... Blatt Nr. ...3 eingetragenen Grundstücken für sich eine jederzeit fällige Eigentümergrundschuld von 5.000 DM nebst 10 % Jahreszinsen. Sie unterwarf sich und den jeweiligen Eigentümer der belasteten Grundstücke "in Ansehung dieser Grundschuld" der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Ferner erklärte sie, für den Eingang des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung zu übernehmen und sich auch insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung zu unterwerfen, und zwar so, daß diese schon vor der Vollstreckung in die Grundstücke zulässig sein sollte. In einer weiteren notariell beglaubigten Urkunde vom selben Tage - UR Nr. ...2/53 des Notars Hi. - erklärte die Klägerin unter Bezugnahme auf die Eigentümergrundschuld, daß sie "diese Forderung" an die Beklagte abtrete.

2

Im Januar 1956 wurde der Kaufmann Mathias Mu. Eigentümer der belasteten Grundstücke.

3

Aus den genannten Urkunden betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung gegen die Klägerin. Diese hält die Vollstreckung für unzulässig. Sie hat behauptet, das Darlehen von 5.000 DM sei in Höhe von 3.000 DM von den Eheleuten J., die auf den mit der Grundschuld belasteten Grundstücken eine Gastwirtschaft betrieben hätten, getilgt worden. Den Restbetrag von 2.000 DM habe der Grundstückserwerber Mu. in Anrechnung auf den Kaufpreis übernommen. Dieser Teil der Schuld sei auch noch nicht fällig. Im übrigen sei ihre Erklärung, daß sie für den Eingang des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung übernehme, nichtig.

4

Die Beklagte hat beantragt,

5

die Klägerin mit der Klage abzuweisen.

6

Sie hat erwidert, die Klägerin schulde ihr auf Grund der Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien noch 5.931,80 DM. Sie ist der Ansicht, in der Übernahme der persönlichen Haftung für den Eingang des Grundschuldbetrages liege entweder ein abstraktes Schuldversprechen oder eine Art Garantieleistung der Klägerin für die Bonität der Grundschuld.

7

Das Landgericht hat die von der Beklagten betriebene Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zugelassen.

8

Im Hinblick auf etwaige Rückgriffsansprüche für den Fall, daß die in der vollstreckbaren Urkunde erklärte Übernahme der persönlichen Haftung unwirksam sei, hat die Beklagte dem Notar Wilhelm Hi. den Streit verkündet. Hi. ist dem Rechtsstreit als Streitgehilfe der Beklagten beigetreten. Er hat gegen das Urteil des Berufungsgerichts Revision eingelegt und beantragt,

9

unter Aufhebung der Urteile erster und zweiter Instanz die Klägerin mit der Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

11

Das Oberlandesgericht hält die auf die § § 795, 767, 797 Abs. 4 und 5 ZPO gestützte Zwangsvollstreckungsgegenklage für gerechtfertigt. Es meint, in der notariellen Urkunde vom 23. Mai 1953 - UR Nr. .../53 - sei eine persönliche Haftung der Klägerin nicht rechtswirksam begründet worden. Die Erklärung der Klägerin, daß sie für den Eingang des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung übernehme, sei weder ein Garantievertrag noch ein abstraktes Schuldversprechen noch ein schuldrechtlicher Vertrag eigener Art. Alle diese Vertragsarten setzten begrifflich die Beteiligung mehrerer Personen bei der Begründung des Schuldverhältnisses voraus. Eine gleichwohl entstandene Forderung sei nicht wirksam abgetreten, weil die darauf gerichtete Erklärung in der Urkunde Nr. ...2/53 sich nur auf die Grundschuld selbst beziehe. Ob die Erklärung der Klägerin über ihre persönliche Haftung das Angebot zum Abschluß eines entsprechenden Vertrages darstelle, könne dahingestellt bleiben. Denn in diesem Falle sei der Anspruch nicht genügend bestimmt, weil sich das Angebot allenfalls auf die Abtretung einer nicht entstandenen Forderung bezögen haben könne.

12

1)

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.

13

Der Eigentümer eines Grundstücks kann ein von ihm geschuldetes Darlehen einmal durch Bestellung einer Grundschuld zugunsten seines Gläubigers sichern. Es bleibt ihm unbenommen, daneben zur Bestärkung der Darlehensverpflichtung eine Leistung in der Weise zu versprechen, daß dieses Versprechen die Verpflichtung selbständig begründet (§ 780 BGB), indem er dem Gläubiger gegenüber für den Eingang des Grundschuldbetrages die persönliche Haftung übernimmt. Dadurch wird dem Grundschuldgläubiger die Beitreibung der geschuldeten Leistung möglicherweise erleichtert.

14

Bei der Sicherung des ihr von der Beklagten gewährten Darlehens hat die Klägerin diesen Weg nicht eingeschlagen. Vielmehr hat sie in einer Urkunde eine Eigentümergrundschuld in Höhe des der Beklagten geschuldeten Darlehens für sich selbst bestellt und in einer zweiten die Grundschuld an die Beklagte abgetreten. Ferner hat sie in der ersten Urkunde die persönliche Haftung für den Eingang des Grundschuldbetrages übernommen.

15

Dafür, daß sie die letztgenannte Erklärung an sich selbst gerichtet habe, wie in den Tatsacheninstanzen angenommen worden ist, läßt sich auch unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kein vernünftiger Grund anführen. Aus der Eigentümergrundschuld konnte die Klägerin zu ihrer Befriedigung nicht vollstrecken (§ 1197 BGB). Sich zum persönlichen Schuldner einer ihr selbst geschuldeten Leistung zu machen, war rechtlich unmöglich. Auch wirtschaftlich bedeutete es für die Klägerin keinen erkennbaren Vorteil, wenn sie sich neben der für sie bestellten Eigentümergrundschuld selbst das Recht gewährte, in ihr persönliches Vermögen zu vollstrecken, über das sie ohnehin beliebig verfügen konnte. Die Auslegung, die das Berufungsgericht der fraglichen Erklärung gibt, ist hiernach rechtlich und tatsächlich nicht möglich. Die Feststellungen der Vorinstanz, insbesondere die Begründung einer Darlehensschuld der Klägerin gegenüber der Beklagten, ferner der Umstand, daß die Klägerin die für sie in Höhe dieser Schuld bestellte Eigentümergrundschuld alsbald an die Beklagte abgetreten hat und daß sie dieser eine möglichst umfassende Sicherung zu gewähren hatte, zwingen vielmehr nach den § § 133, 157 BGB zu dem Schluß, daß die Klägerin die persönliche Haftung für den Eingang des Grundschuldbetrages im Verhältnis zu ihrem Geldgeber übernehmen wollte. Dann aber stellt ihre darauf gerichtete Erklärung keinen rechtsunwirksamen Garantie- oder Bürgschaftsvertrag, auch kein abstraktes Schuldversprechen an sie selbst dar; vielmehr ist die Erklärung, wie auch vom Berufungsgericht erörtert wird, als Angebot auf Abschluß eines Vertrages anzusehen, in dem die Klägerin sich zur Zahlung eines der Grundschuld entsprechenden Betrages selbständig verpflichten wollte (§ 780 BGB). Dieses Angebot war, wie den Umständen nach nicht anders gedeutet werden kann, an die Beklagte gerichtet und ist dieser mit der Ausfertigung der Urkunde zugegangen (§ § 145, 130 BGB). Mit der Annahme dieses Antrags durch die Beklagte, die auch formlos und stillschweigend geschehen konnte, kam zwischen den Parteien ein Vertrag nach Maßgabe des Angebots der Klägerin wirksam zustande. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht den Abschluß eines solchen Vertrages in Abrede stellt, ist nicht recht verständlich. Zum Zustandekommen einer Vereinbarung über die persönliche Haftung der Klägerin war die Abtretung einer Forderung an die Beklagte nicht nötig. Denn da das Angebot der Klägerin an die Beklagte gerichtet war, genügte es zum Abschluß eines Vertrages über eine selbständige persönliche Verpflichtung der Klägerin nach § 780 BGB, wenn die Beklagte deren Angebot annahm. Das hat sie ersichtlich mit der widerspruchslosen Entgegennahme einer Ausfertigung der notariellen Urkunde, spätestens aber mit der Erteilung des Vollstreckungsauftrags getan (vgl. § 151 BGB).

16

Unter diesen Umständen ist bei Beachtung der Auslegungsgrundsätze der § § 133, 157 BGB im Gegensatz zum Berufungsgericht davon auszugeben, daß die Klägerin durch Vertrag auch eine selbständige persönliche Verpflichtung in Höhe des Grundschuldbetrages gegenüber der Beklagten hat begründen wollen und begründet hat.

17

2)

Da das Berufungsgericht die in der notariellen Urkunde Nr. .../53 abgegebene zusätzliche Erklärung der Klägerin rechtsirrig dahin ausgelegt hat, daß sich die Klägerin sich selbst gegenüber habe verpflichten wollen, und eine solche Verpflichtung als rechtsungültig bezeichnet hat, war das angefochtene Urteil, durch das die Klage übereinstimmend mit dem Landgericht aus diesem Grunde abgewiesen worden ist, auf die Revision des Streitgehilfen der Beklagten aufzuheben. Auf Grund erneuter Verhandlung des Rechtsstreits wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu prüfen haben, ob die Forderung der Beklagten, wie die Klägerin behauptet, teils von den Eheleuten J. getilgt; teils von dem Grundstückserwerber Mu. übernommen worden ist.

18

3)

Die Klägerin und Revisionsbeklagte hat allerdings geltend gemacht, der Klage sei schon deshalb stattzugeben, weil die notarielle Urkunde Nr. .../53 auch in Verbindung mit der Abtretungserklärung vom 23. Mai 1953 - UR Nr. ...2/53 - keinen zur Zwangsvollstreckung in das persönliche Vermögen der Klägerin geeigneten Titel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO darstelle. Hierzu hat sie vorgetragen, aus der Urkunde sei nicht zu ersehen, wem gegenüber sich die Klägerin insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen habe. Weder die notarielle Urkunde noch die ihr beigefügte Abtretungserklärung enthielten einen Hinweis darauf, daß die Beklagte das Vertragsangebot der Klägerin angenommen habe; auch lasse die ihr beigefügte Vollstreckungsklausel des Notars nicht erkennen, ob und in welcher Weise die Annahme des Angebots vor ihm selbst erklärt oder ihm durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen worden sei (§ § 795, 726 Abs. 1 ZPO; vgl. auch RGZ 132, 6, 9).

19

Wären diese Behauptungen zutreffend - und die von der Klägerin vorgelegten Urkunden sprechen für ihre Richtigkeit -, so würde es sich insoweit nicht um Einwendungen handeln, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen (§ 767 ZPO); vielmehr geht die Einlassung der Klägerin dahin, daß die Beklagte die Zwangsvollstreckung aus einem Titel betreibe, der nach Inhalt und Form zur Vollstreckung nicht geeignet sei. Eine solche Einwendung kann nicht im Wege der Zwangsvollstreckungsgegenklage erhoben werden; denn diese setzt einen formell wirksamen Vollstreckungstitel voraus (BGHZ 15, 190, 191; 22, 54, 56). Wird die Vollstreckung aus einem nicht vollstreckbaren Titel betrieben, weil eine Vollstreckungsklausel zu Unrecht erteilt worden ist, so steht dem Schuldner hiergegen der Rechtsbehelf des § 732 in Verbindung mit § 797 Abs. 3 ZPO zu, über den das zuständige Amtsgericht als Vollstreckungsgericht zu entscheiden hat.

20

Hiernach war, wie geschehen, zu erkennen. Da noch nicht endgültig feststeht, wie über die Vollstreckungsgegenklage zu befinden ist, war die Entscheidung über die Kosten der Revision dem Berufungsgericht vorzubehalten.

Glanzmann Rietschel Heimann-Trosien Dr. Winkelmann Meyer