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Bundesgerichtshof
Urt. v. 28.04.1958, Az.: III ZR 43/56

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
28.04.1958
Aktenzeichen
III ZR 43/56
Entscheidungsform
Versäumnisurteil
Referenz
WKRS 1958, 13933
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
KG Berlin - 01.04.1955
LG Berlin

Fundstellen

  • BGHZ 27, 163 - 172
  • DVBl 1958, 878 (amtl. Leitsatz)
  • MDR 1958, 588-589 (Volltext mit amtl. LS)
  • NJW 1958, 1186-1188 (Volltext mit amtl. LS)
  • ZZP 1959, 225-230

Prozessführer

des Kaufmanns Paul W., B., S. Straße ...,

Prozessgegner

Berlin, vertreten durch den Senator für Finanzen,

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Zur Frage, wie lange und in welchem Umfang nach Anwaltswechsel dem neuen Anwalt Gelegenheit zur Einarbeitung vor Durchführung der abschließenden Verhandlung gewährt werden muß, und wann in einem solchen Fall die Verweigerung der Terminsverlegung die Versagung des rechtlichen Gehörs bedeutet.

  2. 2.

    Bei Aufhebung des Berufungsurteils samt dem ihm zugrundeliegenden Verfahren wegen unrichtiger Besetzung der Richterbank oder wegen Versagung des rechtlichen Gehörs sind die Gerichtsgebühren und -auslagen des Revisionsverfahrens voll und die des Berufungsverfahrens insoweit niederzuschlagen, als sie durch das Verfahren entstanden sind, das vor dem Berufungsgericht infolge jener Verfahrensverstöße wiederholt werden muß.

    Zur Niederschlagung der Kosten bei der Instanzen ist auch das Revisionsgericht zuständig.

hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 1958 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Prof. Dr. Geiger sowie der Bundesrichter Dr. Pagendarm, Dr. Weber, Dr. Wolany und Dr. Hußla

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 9. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. April 1955 samt dem ihm zugrundeliegenden Verfahren insoweit aufgehoben, als die Klageansprüche zu 1) (Ansprüche auf Entschädigung wegen überwiesener Handelsware), zu 2) (Ansprüche auf Entschädigung wegen abhanden gekommener Handelsware) und zu 4) (Entschädigungsansprüche wegen Verlustes von Hausrat) zur Hälfte und der Klageanspruch zu 3) (Entschädigungsanspruch wegen Verlustes eines Barbetrages von 50.000 RM) in voller Höhe abgewiesen worden sind und ausgesprochen worden ist, der Kläger müsse sich auf die dem Grunde nach zugesprochene Hälfte des Anspruches zu 1) (Entschädigung wegen überwiesener Handelsware) dem vom Bergungsamt der Beklagten an den Treuhänder der Alliierten Militärregierungen für jüdische und polnische Vermögen überwiesenen Betrag in seiner noch zu ermittelnden Höhe anrechnen lassen.

In diesem Umfang wird die Sache an den 4. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die vor dem Kammergericht entstandenen Gerichtsgebühren und -Auslagen werden mit Ausnahme der Prozeßgebühr, soweit es sich um den durch Urteil des Kammergerichts vom 25. März 1952 beendeten Verfahrensabschnitt handelt, in vollem Umfang und, soweit es sich um den durch Urteil des Kammergerichts vom 1. April 1955 beendeten Verfahrensabschnitt handelt, in dem Umfange niedergeschlagen, als sie verursacht sind durch die Ansprüche, hinsichtlich deren das Verfahren vor dem Berufungsgericht nunmehr aufgehoben wird. Die Gerichtsgebühren und -Auslagen beider Revisionsverfahren werden niedergeschlagen. Im übrigen wird die Entscheidung über die Kosten einschließlich der vor dem Revisionsgericht entstandenen außergerichtlichen Kosten dem Berufungsgericht überlassen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Der Kläger macht Ansprüche gegen die Beklagte geltend, weil sie im September 1945 gestattet hat, daß die Knopfhersteller B. und T. in dei Trümmerstätte des Hauses B., K.straße ..., erhebliche Mengen von Kunsthornplatten, Knöpfen usw "bargen" und die geborgene Ware auf Grund von Freigabebescheinigungen des Bergungsamtes im September und Oktober 1945 übernahmen, wobei sie 12.899,80 RM an das Bergungsamt für die Waren zahlten. Der Kläger ist der Auffassung, daß die "Bergung" und die Überlassung der Waren an T. und B. unzulässig war. Er behauptet weiter, die mit der Bergung beauftragten T. und B. hätten erheblich größere Mengen von vare geborgen als ihnen durch das Bergungsamt später "freigegeben" worden wäre. Das Bergungsamt habe sie bei der Bergung in keiner Weise überwacht. Die vom Bergungsamt von T. und B. verlangten Gegenwerte seien viel zu niedrig. Außerdem hätten T. und B. anläßlich der Bergung dieser Handelsware auch noch Hausrat des Klägers, der sich im gleichen Keller befunden hätte, und 50.000 RM in Geldscheinen, die ebenfalls in dem Keller aufgehoben gewesen seien, mitgenommen. Der Kläger behauptet, folgende Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu haben:

1. Ersatz für die von B. und T. auf Grund der Freigabebescheinigungen übernommenen Waren im Werte von32.249,50

DM

2. Ersatz für diejenigen Waren, deren Verbleib bei der Bergungsaktion im Herbst 1945 nicht mehr feststellbar gewesen sei, in Höhe von

137.212,32

"

3. Ersatz für den Verlust des Barbetrages von 50.000 RM

5.000,-

"

4. Ersatz für den Verlust von Hausrat

1.000,-

"

2

Von diesen Gesamtansprüchen macht der Kläger mit der vorliegenden Klage nur einen Teilbetrag in Höhe von 160.000 DM nebst Zinsen geltend, wobei er in erster Linie die Klageansprüche zu 1 und 2 und hilfsweise die Klageansprüche zu 3 und 4 zur Entscheidung stellt.

3

Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten. Sie behauptet, Bergung und Freigabe seien ordnungsmäßig erfolgt. Die von B. und T. geleistete Zahlung in Höhe von 12.899,80 DM habe sie an den Treuhänder der alliierten Militärregierungen für jüdische und polnische Vermögen, der die Ansprüche des Klägers auf Bezahlung der freigegebenen Waren am 31. Mai 1948 beschlagnahmt habe, ausgezahlt damit sei sie von der ihr obliegenden Zahlungspflicht hinsichtlich dieses Betrages befreit. Die Beklagte bestreitet, daß der Kläger 50.000 RM Banknoten in dem Keller aufbewahrt habe. Sie vertritt die Auffassung, den Kläger treffe ein Mitverschulden, weil er die Waren nach Beendigung des Krieges in dem zerstörten Grundstück belassen und nicht dafür gesorgt habe, das sein damaliger Aufenthalt in Berlin bekannt geworden sei.

4

Der Kläger hat das Vorbringen der Beklagten bestritten.

5

Das Landgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Klage abgewiesen. Auf die Revision des Klägers hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs durch Urteil vom 28. Oktober 1954 - III ZB 197/52 - das Berufungsurteil wegen nicht ordnungsmäßiger Besetzung des Gerichts einschließlich des ihm zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Die Berufungsgericht hat die "Ansprüche auf Ersatz der Handelsware (Klagantrag zu 1 und 2) und des Hausrats (Klagantrag zu 4) dem Grunde nach zur Hälfte für gerechtfertigt erklärt und den Anspruch auf Zahlung von 5.000 DM (Klagantrag zu 3) abgewiesen" die Kostenentscheidung hat es dem Schlußurteil vorbehalten.

6

Mit der Revision bittet der Kläger, das angefochtene Urteil, soweit es zu seinem Nachteil erkannt hat, aufzuheben und in vollem Umfange nach seinen Anträgen zu erkennen. Die Beklagte ist im Revisionsverfahren nicht vertreten. Sie ist am 21. Februar 1958 zu Händen ihres zweitinstanzlichen Anwalts zum Termin vom 20. März 1958 geladen worden. Der Kläger beantragt Erlaß eines Versäumnisurteils.

Entscheidungsgründe:

7

I.

Nach dem Tenor des angefochtenen Urteils ist nur der Klaganspruch zu 3) (Entschädigungsanspruch wegen des Verlustes eines Bargeldbetrages von 50.000 RM) abgewiesen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es jedoch nicht allein auf den Wortlaut des Tenors des angefochtenen Urteils an. Vielmehr ist er aus den Gründen des angefochtenen Urteils heraus auszulegen. Bei dieser Auslegung ergibt sich, daß das Berufungsgericht die Ansprüche, die es zur Hälfte dem Grunde nach zugesprochen hat, im übrigen abgewiesen hat. Damit ist die Revisionssumme überschritten. Die Revision ist daher zulässig.

8

II.

Die Revision rügt in erster Linie Versagung des rechtlichen Gehörs, weil das Berufungsgericht einen Vertagungsantrag des Klägers bezüglich der letzten mündlichen Verhandlung abgelehnt hat.

9

1.)

Zwar ist die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Vertagungsantrages durch ein Oberlandesgericht nach § 567 Abs. 3 ZPO unzulässig und daher im allgemeinen der Beurteilung des Revisionsgerichts entzogen. Wenn jedoch die Ablehnung des Vertagungsantrages sich als Versagung des rechtlichen Gehörs darstellt, kann darauf eine Revisionsrüge gestützt werden (vgl. Sydow-Busch ZPO 22. Aufl. § 45 Anm. 2; Baumbach ZPO 24. Aufl. § 548 Anm. B und die an diesen Stellen zitierte umfangreiche Rechtsprechung).

10

2.)

Dei Prozeßbevollmächtigte des Klägers hatte bereits vor Zugang der Bestellung zum Armenanwalt mit Schriftsatz vom 26. Februar 1955 um Aufhebung des Verhandlungstermins vom 8. März 1955 gebeten, um so die Möglichkeit zu erhalten, bei dem großen Umfang des Prozeßstoffes die Sache zweckentsprechend vorbereiten zu können. Er hat dann, nachdem ihm die am 25. Februar 1955 beschlossene Bestellung zum Armenanwalt zugegangen war, im Schriftsatz vom 4. März 1955 darauf hingewiesen, daß er sich wegen der Kürze der ihm zur Verfügung stehenden Zeit im wesentlichen auf die vom Kläger direkt eingereichten Schriftsätze beziehen müsse; er hat sodann in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 1955 seinen Vertagungsantrag vom 26. Februar 1955 begründet. Das Berufungsgericht hat diesen Vertagungsantrag, obgleich die Beklagte nicht widersprochen hat, durch Beschluß abgelehnt.

11

Es hat ausgeführt, der Anwaltswechsel auf seiten des Klägers bilde keinen erheblichen Grund im Sinne des § 227 ZPO. Die Ladung zum Verhandlungstermin sei dem früheren Prozeßbevollmächtigten des Klägers spätestens am 7. Januar 1955 zugegangen, die Auflagenverfügung des Berichterstatters des Senats vom 11. Januar 1955 sei der früheren Prozeßbevollmächtigten kurze Zeit nach dem 24. Januar 1955 zugegangen. Der Anwaltswechsel beruhe auf dem verzögerlichen Verhalten des Klägers, der durch Verfügungen des Vorsitzenden vom 8. und 21. Februar 1955 auf die Notwendigkeit einer alsbaldigen Bestellung eines neuen Prozeßbevollmächtigten ausdrücklich hingewiesen worden sei. Schließlich habe sich der neue Prozeßbevollmächtigte bereits mit Schriftsatz vom 26. Februar 1955 bei Bericht gemeldet, so daß genügend Gelegenheit zur Vorbereitung des Verhandlungstermins gegeben gewesen sei.

12

Dieser Begründung des Berufungsgerichts kann nicht gefolgt werden.

13

Es kann dahin stehen, ob bei einer von der Partei verschuldeten Verzögerung bei Bestellung eines neuen Anwaltes unter Berufung auf diese Verzögerung ein Vertagungsantrag ohne Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör abgelehnt werden kann. So lag der Sachverhalt hier nicht. Der Anwaltswechsel und die späte Bestellung eines neuen Prozeßbevollmächtigten ist vom Kläger nicht verschuldet worden. Schon am 6. November 1954 hatte der damalige Anwalt des Klägers angezeigt, daß er den Kläger nicht mehr vertrete. Die zweite Anzeige dieses Rechtsanwalts vom 7. Januar 1955, daß er den Kläger nicht mehr vertrete, ist am 8. Januar 1955 bei Gericht eingegangen. Darauf hat das Berufungsgericht nichts veranlaßt; der Berichterstatter hat sie nur zu den Akten geschrieben. Es wäre Pflicht des Gerichts gewesen, festzustellen, was die Mitteilung des Armenanwalts, "er vertrete die Partei nicht mehr", beinhalten sollte. Der als Armenanwalt beigeordnete Anwalt darf das Mandat nämlich nicht ablehnen, weil er die Vertretung nicht übernehmen will; er kann sich vom Vertragsverhältnis auch nicht befreien, weil er unter öffentlichrechtlichem Zwang steht; er darf deshalb die Vertretung nicht niederlegen, sondern höchstens die Rücknahme seiner Beiordnung oder die Entziehung des Armenrechts beantragen (Baumbach ZPO 24. Aufl. § 115 Anm. 5 E).

14

Die Auflagenverfügung vom 11. Januar 1955 ist sodann nach § 87 ZPO an den bisherigen Prozeßbevollmächtigten des Klägers gerichtet worden, ohne daß der Kläger, bei dem eine Kenntnis der Vorschrift des § 87 ZPO nicht vermutet werden kann, benachrichtigt worden ist. Erst einen Monat später, am 8. Februar 1955, hat der Vorsitzende des Berufungsgerichts der Kläger aber die Rechtslage belehrt.

15

Nachdem der Kläger über die Bedeutung des § 87 ZPO unterrichtet worden war, heißt es in jener Verfügung, daß es dem. Kläger zwecks Vermeidung von prozessualen Nachteilen und zur sachgemäßen Vorbereitung des Verhandlungstermins dringend empfohlen wird, alsbald einen mit Gründen versehenen Antrag auf Entlassung seines bisherigen Armenanwalts und auf Beiordnung eines neuen Armenanwalts zu stellen solange nicht ein neuer Armenanwalt beigeordnet sei, müßten nach § 87 ZPO sämtliche Zustellungen noch an den bisherigen Armenanwalt bewirkt werden. Diese Belehrung war zwar zutreffend; sie war aber um einen Monat verspätet. Sie hätte bereits auf Grund der Mitteilung des bisherigen Armenanwalts vom 7. Januar 1955 ergehen müssen. Allerspätestens durch das am 28. Januar 1955 bei Gericht eingegangene Schreiben des früheren Armenanwalts vom 27. Januar 1955 ergab sich für das Gericht, daß der bisherige Armenanwalt seine Verpflichtung, das Mandat nicht niederzulegen, offenbar nicht erkannt hatte, denn er teilte mit, er habe bereits mit Schriftsatz vom 6. November 1954 die Vertretung des Klägers niedergelegt. Eine beschleunigte Belehrung des Klägers durch das Gericht wäre deshalb nötig gewesen, damit der Kläger entsprechende Anträge wegen Beiordnung eines anderen Armenanwalts stellen konnte.

16

Der Kläger hat dann zwar in Rechtsanwalt Wi. einen Anwalt gefunden, der bereife war, die schwierige und umfangreiche Sache im Armenrecht zu vertreten und diese Bereitwilligkeit in dem Schriftsatz vom 26. Februar 1955 dem Gericht mitteilte. Das Berufungsgericht sieht diesen Schriftsatz als "Meldung" eines neuen Anwalts an. Diese Beurteilung ist jedoch unrichtig. In diesem Schriftsatz hat sich Rechtsanwalt Wi. noch nicht zum Prozeßbevollmächtigten bestellt, sondern nur seine Bereitwilligkeit zur Übernahme des Mandats als Armenanwalt erklärt. Die Meldung der Übernahme des Mandats erfolgte erst in seinem Schriftsatz vom 4. März 1955. Eine Pflicht zur Vorbereitung des Verfahrens und des Verhandlungstermins vom 8. März 1955 bestand für ihn vor der Bestellung zum Armenanwalt noch nicht. Diese Beiordnung erfolgte am 25. Februar 1955 und ging erst am 26. Februar 1955 an den neuen Armenanwalt heraus. Erst von dem Eintreffen dieser Benachrichtigung an war der neue Armenanwalt verpflichtet, mit der Sachvorbereitung zu beginnen.

17

Daß die Zeit vom 4. März 1955 bis zum Termin vom 8. März 1955 zur sachgerechten Vorbereitung zu kurz war, liegt auf der Hand. Aber auch die Zeit von der Bestellung des neuen Armenanwalts, des Rechtsanwalts Wi., durch Beschluß vom 25. Februar 1955, der an folgenden Tage an Rechtsanwalt Wi. abgesandt worden ist, bis zum Termin vom 8. März 1955 war für eine sachgerechte Vorbereitung zu kurz.

18

Einen gewissen Anhaltspunkt für die Zeit, die einem neu bestellten Anwalt zur Einarbeitung in einen schwebenden Prozeß zu gewähren ist, geben die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Ladungs- und Einlassungsfristen. Bei Abwägung, welche Zeit der neu bestellte Anwalt zur Einarbeitung benötigt, ist ferner zu berücksichtigen, daß der Anwalt regelmäßig nicht seine volle Arbeitskraft auf diesen einen Prozeß verwenden kann, sondern meistens die in anderen Prozessen bereits anstehenden Besprechungs- und Verhandlungstermine wahrzunehmen hat, und daß er darüber hinaus häufig in anderen Sachen fristgebundene Schriftsätze anfertigen muß. Die Einarbeitungszeit muß daher so geräumig bemessen werden, daß der Anwalt neben der ordnungsmäßigen Wahrnehmung seiner bereits übernommenen anderen Mandate noch Gelegenheit findet, auch den neu übernommenen Prozeß sachgerecht zu bearbeiten.

19

Im vorliegenden Fall treten aber zahlreiche Umstände hinzu, die eine besonders geräumige Bemessung der Einarbeitungsfrist erforderten. Die Akten umfaßten zu jener Zeit bereits rund 350 Blatt, davon zahlreiche Umschläge, in denen sich ganze Stöße von Anlagen befanden. Der Sachverhalt war zu jener Zeit auch nach eigener Ansicht des Berufungsgerichts "noch nicht ausgeschrieben". Zwar hatte das Berufungsgericht bereits durch Sachurteil vom 25. März 1952 entschieden; dieses Urteil war vom Bundesgerichtshof ausschließlich wegen unrichtiger Besetzung des Berufungsgerichts aufgehoben worden; der Bundesgerichtshof hatte also eine Prüfung in der Sache noch nicht vorgenommen und nicht etwa eine weitere Sachaufklärung angeordnet. Damit lag der Sachverhalt nicht so, daß das Berufungsgericht etwa nur in richtiger Besetzung an Hand seines früheren Urteils und der vor Erlaß jenes Urteils erfolgten sachlichen und rechtlichen Aufklärung des Prozeßstoffes ohne weiteres hätte entscheiden können. Vielmehr zeigt gerade der Auflagebeschluß vom 11. Januar 1955 mit 13 Auflagepunkten, daß das Berufungsgericht in tatsächlicher wie in rechtlicher Beziehung eine umfassende weitere Aufklärung seitens der Parteien weit über das hinaus für nötig ansah, was das Berufungsgericht als Grundlage für sein früheres Urteil angesehen hatte. Wie schwierig die Erledigung der vom Berufungsgericht gemachten Auflagen war, ergibt sich daraus, daß die Beklagte, bei der ein Anwaltswechsel nicht eingetreten war, die ihr gemachten Auflagen erst mit Schriftsatz vom 7. März 1955 beantwortete, der sogar erst im Termin vom 8. März 1955 überreicht wurde, und daß die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 21. März 1955 noch im einzelnen ausgeführt hat, warum die Erfüllung der ihr gemachten Auflagen so schwierig gewesen sei. Um wieviel schwieriger es für den neuen Armenanwalt des Klägers war, den gesamten Prozeßstoff erstmalig durchzuarbeiten und dazu die Auflagen des Berufungsgerichts in so kurzer Frist zu beantworten, bedarf deshalb keiner weiteren Begründung. In einem solchen Fall von einem neubestellten Armenanwalt zu verlangen, er solle sich innerhalb weniger Tage in den Prozeßstoff sachgerecht einarbeiten, bedeutet, die Anforderungen, die an einen Anwalt gestellt werden können, zu übarspannen. Die Vertagung einer Vertagung bedeutet in einem solchen Falle praktisch die Versagung des rechtlichen Gehörs.

20

Nun hat allerdings der Kläger in seinem Schriftsatz vom 4. März 1955 zur Sache selbst durch seinen neuen Armenanwalt Stellung nehmen lassen. Jedoch macht der Anwalt darin ausdrücklich darauf aufmerksam, daß er selbst den Prozeßstoff noch nicht voll verarbeitet habe. Er schreibt dort: "Wegen der Kürze der mir zur Verfügung stehenden Zeit zur Vorbereitung beziehe ich mich zunächst auf die von dem Kläger direkt eingereichten Schriftsätze an das Bundesgericht und das Kammergericht und mache sie zum Gegenstand meines Vertrages". Selbstverständlich war sich der neue Armenanwalt darüber im klaren, daß die Bezugnahme auf privatschriftliche Schriftsätze im Anwaltsprozeß unzulässig war. Die von ihm gebrauchte Wendung zeigt aber gerade, daß es ihm unmöglich erschien, den Sachverhalt selbst erschöpfend durchzuarbeiten, und daß er sozusagen nur deshalb auf die privatschriftlichen Eingaben seines Mandanten Bezug nahm, um damit zu beweisen, daß er noch weiter erheblichen Sachverhalt vortragen müßte, den er jedoch mit Rücksicht auf die Kürze der Zeit noch nicht durchgearbeitet habe. Außerdem ergibt sich, daß einige Auflagenpunkte (z.B. Ziffer 9, 12 und 13) der Auflagenverfügung vom 11. Januar 1955 auch durch de a Schriftsatz vom 4. März 1955 noch nicht beantwortet waren. Zudem konnte der Kläger zu den Punkten 5 und 7 des Auflagenbeschlusses noch nicht Stellung nehmen, weil die Beklagte diesen ihr gemachten Auflagen noch nicht nachgekommen war.

21

Das vom Berufungsgericht eingeschlagene Verfahren bedeutet praktisch, daß dem Kläger also keine ausreichende. Gelegenheit, sich zu erklären, gegeben worden ist. Dem Kläger ist also das rechtliche Gehör verweigert worden.

22

3.)

Die Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs führt jedoch zur Aufhebung des angefochtenen Urteils nur denn, wenn das Urteil auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beiuht oder beruhenkann. Da es sich bei der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs um die Rüge der Verletzung einer Prozeßvorschrift handelt, muß die Revisionsbegründung bereits erkennen lassen, inwiefern das angefochtene Urteil auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beruht oder beruhen kann.

23

Die Revision führt nun solche Umstände, aus denen sich ein solches Beruhen des Urteils auf Versagung des rechtlichen Gehörs ergibt, nicht im einzelnen an. Jedoch darf bei einer so krassen Verletzung des rechtlichen Gehörs grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß der Anwalt des Klägers bei Möglichkeit sachgerechter Vorbereitung im Termin vom 8. März 1955 ganz anders hätte plädieren können, als bei nur oberflächlicher Kenntnis des Sachverhalts. Alle die Umstände, die in der Revisionsbegründung herangezogen werden, hätten von ihm bei voller rechtlicher und tatsächlicher Durcharbeitung des Prozeßstoffes bereits in der Verhandlung vor dem Berufungsgericht viel wirksamer vorgetragen werden können, auch wenn es sich dabei zum Teil nur um allgemeine Erfahrungssätze handelt.

24

In einem Punkt ergibt sich aus der Revisionsbegründung ferner die naheliegende Möglichkeit, daß der Kläger einen nunmehr erst im Revisionsrechtszug vorgetragenen Umstand bei der Möglichkeit ordnungsmäßiger Vorbereitung schon im letzten Verhandlungstermin vor dem Tatsachengericht vorgetragen hätte. Es ist der Vortrag über das Bekanntwerden der Verordnung vom 2. Juli 1945 (VOBl 1945, 45). Das Berufungsgericht (Urteil S. 21) hatte ausgeführt, für den Kläger habe im Herbst 1945 "die große Gefahr bestanden, daß das Lager im Keller gemäß der Verordnung über die Anmeldung und die Beschlagnahme des Vermögens der Personen, die sich aktiv faschistisch betätigt hatten, vom 2. Juli 1945 beschlagnahmt und verwertet wurde;" mit Rücksicht darauf habe er dafür sorgen müssen, "daß auch im Bereich der K.straße sein Verbleib in Berlin bekannt wurde"; deshalb bejaht das Berufungsgericht ein Mitverschulden des Klägers. Die Revision trägt aber vor, die Nummer 4 des Verordnungsblattes der Stadt Berlin, in dem diese Verordnung auf S. 45 veröffentlicht worden sei, sei erst mit dem Datum des 20. August 1945 ausgegeben worden; darüber, warum diese Verordnung nun aber wirklich einem größeren Kreise bekannt geworden sei, habe das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Darin kann zugleich der Vortrag erblickt werden, daß der Kläger bei Gewährung des rechtlichen Gehörs, d.h. bei Möglichkeit ordnungsmäßiger Vorbereitung auf jenen Termin, damals schon geprüft hätte, wann diese Verordnung bekanntgemacht worden und der Bevölkerung zur Kenntnis gelangt sei. Hätte der Anwalt des Klägers damals schon darauf hinweisen können, daß diese Verordnung erst verhältnismäßig spät veröffentlicht worden ist, so ist es nicht ausgeschlossen, daß die Entscheidung des Berufungsgerichts, die jener Verordnung und der Kenntnis der den Kläger daraus angeblich drohenden Gefährdung einen breiten Baum widmet, anders ausgefallen wäre. Damit wird weiter bestätigt, daß das angefochtene Urteil auf der Versagung des rechtlichen Gehörs beruhen kann.

25

Das angefochtene Urteil und das ihm zugrunde liegende Vorfahren ist daher, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt ist, aufzuheben und die Sache insoweit an das Berufungsgericht zur Entscheidung zurückzuverweisen.

26

Auf die Rüge der Mitwirkung eines abgelehnten Richters und auf die weiteren Prozeß- und Sachrügen der Revision braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.

27

III.

Es bedarf nur noch der Erörterung, inwieweit das Berufungsgericht zum Nachteil des Klägers erkannt hat. Wie bereits unter I ausgeführt wurde, ist das angefochtene Urteil dahin zu verstehen, daß es die Ansprüche au 1) (Ansprüche auf Entschädigung wegen überwiesener Handelsware), zu 2) (Ansprüche wegen Entschädigung abhanden gekommener Handelsware) und zu 4) (Ansprüche auf Entschädigung wegen Hausrats) zur Hälfte und den Anspruch zu 4) (Anspruch auf Entschädigung wegen des Verlustes von 50.000 RM) in vollem Umfang abgewiesen hat. In diesem Umfange hat das Berufungsgericht daher klar zum Nachteil des Klägers erkannt.

28

Darüber hinaus fühlt der Kläger sich auch insoweit beschwerte als das Berufungsgericht Ausführungen darüber macht, welche rechtlichen Folgerungen sich daraus ergeben, daß der Treuhänder der Alliierten Militärregierungen für jüdische und polnische Vermögen den Erlös für die von T. und B. übernommenen Waren in Höhe von 12.899,80 RM nach der Behauptung der Beklagten am 31. Mai 1948 beschlagnahmt hat, und daß dieser Betrag daraufhin vom Bergungsamt der Beklagten an den Treuhänder überwiesen sein soll (U.S. 5).

29

Hierzu sagt das Urteil auf S. 16, dieser Betrag sei "als angemessener Erlös für eine entsprechende Warenmenge anzusehen"; "hinsichtlich der Warenmenge, die dem Erlös zu einem angemessenen Preis entspreche, handele es sich um den Bestand des Ersatzanspruches, nicht allein um seine Höhe". Deshalb setzt das Berufungsgericht auseinander, warum seiner Auffassung nach die Beschlagnahme durch den Treuhänder rechtswirksam gewesen ist; alsdann heißt es auf S. 18 des Urteils: "die (erst nach der Währungsreform auf Grund der Beschlagnahme durch den Treuhänder seitens der Beklagten an den Treuhänder bewirkte) Zahlung berührt daher den Bestand des Ersatzanspruchs auf den Erlös aus der Verwertung eines Teils der Handelsware nicht, sondern kommt nur als Teilbetrag in Betracht, der von der gesamten Forderung für den Verlust der Handelsware abzusetzen ist. Die Berechnung des Gegenwertes der Zahlung selbst einschließlich des Umstellungsschlüssels ist dem Nachverfahren vorzubehalten". Abschließend bemerkt das Berufungsgericht auf S. 25 des Urteils dazu: "Nach alledem hat die Beklagte dem Kläger den Wert der im Keller bei der Bergung vorhandenen Handelsware zur Hälfte zu ersetzen. Von dem im Nachverfahren noch festzustellenden Werte ist der Betrag von 12.899,80 RM in seiner tatsächlich gezahlten Höhe abzuziehen."

30

Damit hat das Berufungsgericht ausgesprochen, daß von dem der Höhe nach im Betragsverfahren zu ermittelnden Entschädigungsanspruch für die an T. und B. überwiesene Handelsware die Beträge abzusetzen sind, die das Bergungsamt der Beklagten an den Treuhänder der Alliierten Militärregierungen gezahlt hat, wobei das Berufungsgericht allerdings auch die Ermittlung dieser Höhe der Zahlung dem Betragsverfahren vorbehalten hat. Das Berufungsgericht hat damit dem Kläger die Hälfte der Entschädigungsansprüche für die an T. und B. Uberwiesene Handelsware nicht schlechthin dem Grunde nach zuerkannt, sondern belastet mit der Verpflichtung, daß der Kläger sich hiervon jene Überweisung an den Treuhänder der Alliierten Militärregierungen absetzen lassen müsse. Das Berufungsgericht hat daher auch in diesem Umfange zum Nachteil des Klägers erkannt. Auch insoweit greift daher die Aufhebung des angefochtenen Urteils und des ihm zugrundeliegenden Verfahrens wegen der Versagung des Anspruches auf rechtliches Gehör durch, ohne daß es einer Prüfung bedurfte, ob das Berufungsgericht überhaupt in dieser Weise die Frage der Tilgung des dem Grunde nach zur Hälfte zugesprochenen Anspruches auf Entschädigung wegen der überwiesenen Handelsware dem Grunde nach entscheiden, hinsichtlich der Höhe der Tilgung aber die Entscheidung dem Verfahren über die Höhe des eingeklagten Anspruches vorbehalten durfte.

31

Zur Vermeidung von Mißverständnissen erschien es angebracht, den Umfangs in dem zum Nachteil des Klägers vom Berufungsgericht unter Verletzung des Anspruches auf rechtliches Gehör erkannt worden ist, und in dem daher unter Aufhebung des dem angefochtenen Urteil zugrundeliegenden Verfahrens die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden mußte, auch im entscheidenden Teil des Urteils zum Ausdruck zu bringen.

32

IV.

Nachdem in dieser Sache zum zweiten Mal ein Urteil des bisher zuständig gewesenen Senats des Berufungsgerichts einschließlich des zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben werden mußte, war es in Anwendung des § 565 Abs. 1 Satz 2 ZPO angebracht, die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückzuverweisen.

33

V.

Nach § 6 GKG, das hier gemäß Art. XI § 3 Abs. 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl. I 861 [935]) in der alten Fassung anzuwenden ist, sind Gebühren und Auslagen, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, niederzuschlagen Hier ist die Sache sowohl im ersten wie im zweiten Berufungsverfahren nicht richtig behandelt worden, weil im ersten Berufungsverfahren eine unrichtig besetzte Richterbank entschieden hat, im zweiten Berufungsverfahren dem Kläger das rechtliche Gehör versagt worden ist.

34

Die in den beiden Revisionsverfahren entstandenen Gerichtsgebühren und -auslagen sind durch diese unrichtige Behandlung seitens des Berufungsgerichts entstanden. Beide Revisionen sind ausdrücklich mit dem Ziel der Aufhebung und Zurückverweisung wegen dieser Verfahrensmängel erfolgreich ergriffen worden; damit steht fest, daß das Beschreiten der Revisionsinstanz unmittelbar durch die unrichtige Behandlung der Sache seitens des Berufungsgerichts notwendig geworden ist. Die Gerichtsgebühren und -auslagen beider Revisionsverfahren waren daher niederzuschlagen (vgl. dazu RG in JW 1897, 547; 1937, 2248; KG in JW 1937, 1670; BGH im Urteil vom 13. Februar 1958 II ZR 137/56; Wedewer Gerichtskostengesetz 1. bis 3. Aufl, § 6 Anm. 1 b; Rittmann-Wenz Gerichtskostengesetz 19. Aufl. § 6 Anm. 2; Baumbach-Lauterbach, Kostengesetze 13. Aufl. § 6 GKG Anm. 2 B; Gaedeke in Deutsche Justiz 1938, 1181 [1182/3]).

35

Die Niederschlagung ist auch jetzt noch hinsichtlich der Kosten des ersten Revisionsverfahrens zulässig, obgleich der Senat im ersten Revisionsurteil die Entscheidung über die Kosten jenes Revisionsverfahrens dem Berufungsgericht überlassen hatte. Diese Entscheidung betrifft nur die Kostenerstattung zwischen den Parteien, läßt aber die Frage, ob und in welcher Höhe in dem Verfahren Gerichtskosten entstanden sind, und damit auch die den Kostenansatz betreffende Frage einer etwaigen Niederschlagung dieser Gerichtskosten unberührt (KG in JW 1937, 1670; Gaedeke a.a.O. 1184).

36

Aber auch die Gerichtsgebühren und -auslagen beider Berufungsverfahren sind - außer der gerichtlichen Prozeßgebühr - durch das falsche Vorfahren des Berufungsgerichts entstanden und deshalb niederzuschlagen. Soweit Wedewer (a.a.O.) und Baumbach-Lauterbach (a.a.O.) etwa die Ansicht vertreten sollten, die Kosten der unteren Instanz, bei der der Vorfahrensverstoß vorgekommen ist, könnten nicht niedergeschlagen werden, würde eine solche Auffassung gegen Zweck und Sinn des § 6 GKG verstoßen. Dieser geht dahin: Die Parteien sollen nicht deshalb mit Gerichtskosten und -auslagen belastet werden, weil das Gericht eine Sache nicht richtig behandelt hat. Auch die Kosten der unteren Instanz sind daher in einem solcher. Falle niederzuschlagen (Rittmann-Wenz a.a.O.; KG in JW 1937, 1670).

37

Niederschlagung der Kosten des Berufungsverfahrens kann auch durch das Revisionsgericht erfolgen. Die Niederschlagung nach § 6 GKG erfolgt grundsätzlich durch das Gericht. Darunter ist zwar nach § 4 GKG a.F. das Gericht der unteren Instanz zu verstehen; doch kann nach § 4 Abs. 1 Satz 2 auch das Gericht der höheren Instanz entscheiden. Der Auffassung von Wedewer (a.a.O.), daß die Niederschlagung, wenn die Kosten mehrerer Instanzen in Frage kommen, je durch das Gericht der Instanz für die bei ihm erwachsenen Kosten zu erfolgen hätte, kann daher nicht gefolgt werden. In dem von ihm angezogenen Beschluß des Kammergerichts (JW 1937, 1670) ist die Niederschlagungsbefugnis des im Instanzenzuge höheren Gerichts jedenfalls nicht in dieser Weise eingeschränkt worden.

38

Jedoch können die Gerichtskosten des Berufungsrechtszuges nur insoweit niedergeschlagen werden, als sie durch das unrichtige Verfahren verursacht worden sind. Die durch die Einlegung der Berufung entstandenen Gerichtsgebühren sind nicht durch das unrichtige Verfahren verursacht; dagegen sind alle weiteren Gebühren und Auslagen in beiden Berufungsverfahren niederzuschlagen, soweit sie Verfahrensabschnitte betreffen, die infolge der Aufhebung der Urteile samt dem ihnen zugrundeliegenden Verfahren nochmals wiederholt werden müssen. Zwar werden bei Wiederholung des Verfahrens infolge der Bestimmung des § 27 Abs. 2 GKG a.F., wonach bei Zurückverweisung an das untere Gericht das weitere Verfahren mit dem früheren Verfahren für die Gerichtskosten eine Einheit bildet, in der Regel keine neuen Gebühren entstehen. Jedoch steht zur Zeit nicht fest, ob das Verfahren insoweit tatsächlich auch wiederholt werden wird: ferner sind die im früheren Verfahren entstandenen Auslagen auf jeden Fall durch das unrichtige Verfahren des Berufungsgerichts entstanden. Deshalb erschien es angemessen, die Gebühren und Auslagen des zu Anrecht durchgeführten Verfahrens vor den Berufungsgericht nieder zuschlagen. Werden jene Verfahrensabschnitte ganz oder teilweise wiederholt, so werden jene jetzt niedergeschlagenen Gebühren ganz oder teilweise wieder, höchstens jedoch in dem Umfang neu entstehen, in dem sie bei sofortiger richtiger Behandlung der Sache entstanden wären.

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Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten beider Berufungs- und Revisionsrechtszüge muß der Entscheidung des Berufungsgerichts überlassen bleiben, da wegen der Ungewißheit des Prozeßausgangs jetzt noch nicht gesagt werden kann, in welchem Umfange den Parteien entsprechend ihrem Unterliegen Kosten auferlegt werden können.

Dr. Geiger Dr. Pagendarm Dr. Weber Wolany Dr. Hußla