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Bundesgerichtshof
Urt. v. 23.04.1958, Az.: V ZR 115/57

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
23.04.1958
Aktenzeichen
V ZR 115/57
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1958, 13613
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
Oberlandesgerichts Frankfurt - 04.10.1956

Prozessführer

der Ehefrau Margarete S. geb. H., in M. (O.), G.straße ...,

Prozessgegner

den Asphalteur Josef Sc. in M. (O.), N.straße ...,

hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 1958 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Tasche und der Bundesrichter Dr. Augustin, Schuster, Dr. Rothe und Dr. Mattern

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 4. Oktober 1956 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Sie hatten auf einem dem Grafen zu E. F. gehörigen Grundstück in M. (Flur VIII Nr. 176) mit Zustimmung des Eigentümers das Wohnhaus G.straße ... errichtet. Zu dem geplanten käuflichen Erwerb des Grundstücks kam es vorerst nicht. Im Juni 1950 einigten sich die Parteien, zwischen denen damals ein Ehescheidungsprozeß schwebte, dahin, daß jeder Teils um die Scheidung zu vereinfachen und das Verfahren abzukürzen, bestimmte Eheverfehlungen zugeben sollte; auf die Vernehmung gewisser Zeugen würde verzichtet. Laut einem von den beiderseitigen Prozeßbevollmächtigten am 22. Juni 1950 unterzeichneten Schriftstück, das den Inhalt der Vereinbarungen wiedergab, übernahm der Beklagte ferner die Verpflichtung, "das Hausgrundstück alsbald nach der Auflassung durch die Gräfl. Rentkammer an den gemeinschaftlichen Sohn Josef aufzulassen"; außerdem verpflichtete er sich, der Klägerin ein lebenslängliches "Einsitzrecht" an zwei Zimmern des Hauses nebst Mitbenutzungsrecht an Küche und Zubehör sowie den beiden Töchtern Waltraud und Irma für die Lauer ihres Ledigenstandes ein "Einsitzrecht" an einem weiteren Zimmer zu bestellen (Nr. 3 b und c der Vereinbarung). Unter Nr. 6 wurde vereinbart, daß "die Übertragung des Eigentums an dem Grundstück ... unmittelbar seitens der Gräflichen Rentkammer auf den Sohn Josef der Parteien" stattfinden sollte (Satz 1 a.a.O.). Laut Nr. 7 der Vereinbarung sollte, soweit die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung der notariellen Form bedürfe, die notarielle Beurkundung alsbald erfolgen. Einige Tage nach dem Zustandekommen der erwähnten Vereinbarung wurde die Ehe der Parteien aus beiderseitigem Verschulden, wobei dasjenige des Beklagten überwog, rechtskräftig geschieden.

2

Der Beklagte weigerte sich in der Folgezeit, die Vereinbarung gerichtlich oder notariell beurkunden zu lassen und die in Nr. 3 b und c übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Er hat inzwischen das Grundstück von dem Grafen zu E.-F. käuflich erworben und steht seit dem 18. Juni 1953 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Beide Parteien haben wieder geheiratet. Die Klägerin wohnt mit ihrem jetzigen Ehemann und den Töchtern der Parteien in dem Grundstück, während sich der Sohn Josef (geboren 1947) im Haushalt des Beklagten befindet.

3

Die Klägerin hat mit der Klage beantragt, den Beklagten zur Bestellung von Wohnrechten für sie selbst und für die Töchter Waltraud und Irma Sc. an näher bezeichneten Räumen des Hauses G.straße ... sowie zur Auflassung dieses Grundstücks an den Sohn Josef Sc. zu verurteilen. Der Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und geltend gemacht, daß die Vereinbarung vom 22. Juni 1950 wegen Formmangels und aus sonstigen Gründen nichtig sei; zum mindesten sei sie nachträglich dadurch hinfällig geworden, daß man die Ehe der Parteien wider Erwarten nicht aus gleichmäßigem Verschulden geschieden habe. Die Klägerin hat erwidert, der Beklagte handle arglistig, wenn er sich auf die angebliche Formnichtigkeit der Vereinbarung berufe; im übrigen sei aber eine gerichtliche oder notarielle Beurkundung aus dem Grunde nicht erforderlich gewesen, weil es sich gar nicht um einen Grundstücksveräußerungsvertrag gehandelt habe, vielmehr nur eine Abtretung des künftigen Auflassungsanspruchs an den Sohn Josef beabsichtigt gewesen sei.

4

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist vom Oberlandesgericht zurückgewiesen worden.

5

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Klagebegehren weiter. Der Beklagte beantragt Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe:

6

1.

Nach übereinstimmender Ansicht des Landgerichts und des Oberlandesgerichts ist die Vereinbarung vom 22. Juni 1950, soweit durch sie Rechte für die Kinder der Parteien begründet werden sollten, von der Klägerin nicht in Vertretung der Kinder, sondern im eigenen Namen abgeschlossen worden und stellt insoweit einen Vertrag zugunsten Dritter dar (§ 328 BGB). Beide Vorinstanzen sind ferner davon ausgegangen, daß der Tatbestand des § 72 Satz 3 EheG - wonach zwecks Erleichterung oder Ermöglichung einer Ehescheidung getroffene Vereinbarungen unter bestimmten Voraussetzungen nichtig sind - hier nicht vorliege. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Von der Revision werden auch insoweit - verständlicherweise - keine Einwendungen erhoben.

7

Sie wendet sich jedoch gegen den Standpunkt der Vorinstanzen, daß die Vereinbarung nach § 313 BGB der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung bedurft hätte und in Ermangelung dieser Form gemäß § 125 BGB nichtig sei. Das angefochtene Urteil hat hierzu ausgeführt: In dem was die Parteien am 22. Juni 1950 über die Auflassung des Grundstücks an den Sohn Josef vereinbart hätten, könne entgegen der Ansicht der Klägerin weder die Abtretung des dem Beklagten künftig gegen den Grafen zu Erbach-Fürstenau erwachsenden Auflassungsanspruchs noch die Begründung einer entsprechenden Abtretungsverpflichtung erblickt werden. Die Vereinbarung müsse vielmehr sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach ihrem Sinn und Zweck dahin ausgelegt werden daß der Beklagte verpflichtet sein sollte, das Eigentum an dem Grundstück nach Bestellung der vorgesehenen dinglichen Rechte auf den Sohn zu übertragen. Es handle sich daher um einen formbedürftigen Grundstücksveräußerungsvertrag, woran auch der Umstand nichts ändere, daß der Beklagte bei Vertragsabschluß noch nicht Eigentümer gewesen sei, sondern es erst demnächst habe werden sollen. Die Klägerin könne dem Beklagten, der sich auf den Formmangel berufe, nicht die Einrede der Arglist (§ 242 BGB) entgegenhalten. Die Nichtigkeit der Verpflichtung zur Eigentumsübertragung habe gemäß § 139 BGB zur Folge, daß zugleich der gesamte übrige Inhalt der Vereinbarung nichtig sei.

8

2.

Die Revision bemängelt diese Ausführungen als unklar. Sie macht geltend, aus ihnen lasse sich nicht eindeutig entnehmen, ob das Berufungsgericht nun eigentlich der Auslegung der Klägerin, wonach die Parteien nicht einen Grundstücksveräußerungsvertrag, sondern die Abtretung des künftigen Auflassungsanspruchs gewollt hätten, gefolgt sei oder nicht. Es versuche einerseits darzulegen, daß auch bei Unterstellung der Richtigkeit dieser Auslegung die Klage keinen Erfolg haben könne, glaube also offensichtlich die Auslegungsfrage offen lassen zu dürfen. Auf der anderen Seite führe das Berufungsgericht aus, in der Vereinbarung vom 22. Juni 1950 könne weder die Abtretung des Auflassungsanspruchs noch die Begründung einer Abtretungsverpflichtung gefunden werden. Diese Unklarheit des Urteils, so meint die Revision, müsse dahin führen, daß für den gegenwärtigen Rechtszug die Auslegung der Klägerin als richtig zu unterstellen sei. Es komme deshalb lediglich darauf an, ob sich das Klagebegehren vom Boden dieser Vertragsauslegung aus als gerechtfertigt erweise. Das aber sei - wie die Revision im einzelnen auseinandersetzt - zu bejahen.

9

Die Rüge ist unbegründet. Eine Unklarheit der Urteilsbegründung liegt in Wirklichkeit nicht vor. Das Berufungsgericht hat allerdings, bevor es sich mit der Vertragsauslegung befaßte, zunächst die Frage aufgeworfen, ob die Klägerin, selbst Wenn ihre Darstellung über den Inhalt des Vereinbarten richtig wäre, überhaupt mit der Klage durchdringen könne, und es hat nach dieser Richtung Bedenken zum Ausdruck gebracht: da durch Verträge zugunsten Dritter (§ 328 BGB) nur Schuldverhältnisse begründet, nicht aber vertragliche Verfügungen mit unmittelbarer Wirkung für den Dritten getroffen werden könnten, wäre eine Vereinbarung zwischen den Parteien, wonach der Auflassungsanspruch von selbst auf ihren Sohn Josef überging, nicht möglich gewesen, sondern der Beklagte hätte sich allenfalls zur Abtretung des Anspruchs an Josef Sc. verpflichten können; eine solche Abtretungsverpflichtung wäre aber, nachdem der Beklagte inzwischen selbst Grundstückseigentümer geworden sei, jetzt nicht mehr erfüllbar, und es würde sich daher fragen, ob der Sohn der Parteien noch Auflassung verlangen könnte oder ob er stattdessen auf einen Schadensersatzanspruch in Geld angewiesen wäre. Diese Frage hat das Berufungsgericht dann aber nicht entschieden. Sie könne - so heißt es im Urteil - "letzten Endes dahingestellt bleiben", weil in der Vereinbarung der Parteien weder die Abtretung des Auflassungsanspruchs noch die Begründung einer Abtretungsverpflichtung liege. Daß und warum dem so sei, wird anschließend mit eingehenden Erörterungen dargelegt. Aus den wiedergegebenen Urteilsausführungen geht sonach hervor, daß das Berufungsgericht die Auslegung des Vertrages keineswegs offengelassen hat, wie die Revision meint. Offen geblieben ist lediglich die Schlüssigkeit des auf Grundstücksauflassung gerichteten Klagebegehrens, sodaß alles, was das angefochtene Urteil hierüber ausgeführt hat, sich als bloße Hilfserwägung darstellt. Der Inhalt der Vereinbarung vom 22. Juni 1950 dagegen ist vom Berufungsgericht unmißverständlich in einem von der Behauptung der Klägerin abweichenden Sinne ausgelegt worden. Hierauf - und nicht auf der nicht zu Ende geführten Schlüssigkeitsprüfung - beruht die Entscheidung. Die Ansicht, daß für die Revisionsinstanz von der Richtigkeit der Auslegung der Klägerin ausgegangen werden müsse, ist deshalb verfehlt, und damit entfallen auch alle rechtlichen Schlußfolgerungen, welche die Revision aus dieser Auslegung ziehen zu können glaubt.

10

3.

Die weiteren Revisionsangriffe richten sich gegen die Vertragsauslegung des Berufungsgerichts. Dieses verkennt nicht einen "gewissen Widerspruch" in der Vereinbarung vom 22. Juni 1950, deren Nr. 3 b bestimme, daß der Beklagte "das Hausgrundstück alsbald nach der Auflassung durch die Gräfl. Rentkammer an den gemeinschaftlichen Sohn Josef aufzulassen" habe, während nach Nr. 6 die Eigentumsübertragung "unmittelbar seitens der Gräflichen Rentkammer auf den Sohn Josef der Parteien" erfolgen sollte. Es meint jedoch, die Klägerin könne daraus nichts für sich herleiten. Die vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen seien nämlich im wesentlichen in Nr. 3 enthalten. Die Nr. 6 dagegen beruhe, wie aus ihrem weiteren Inhalt hervorgehe, auf bloßen Kostenerwägungen. Dem Verfasser des Vertragsentwurfs habe vorgeschwebt, die Kosten der einen Überschreibung zu sparen. Er habe indessen nicht bedacht, daß die Eintragung der in Nr. 3 vorgesehenen "Einsitzrechte" nur habe erfolgen können, wenn der Beklagte - sei es auch nur für kurze Zeit - Grundstückseigentümer war. Die Bestellung dieser Rechte sei einer der Hauptzwecke der Vereinbarung gewesen und habe insbesondere auch im Interesse des Beklagten selbst gelegen, weil dadurch, etwa im Falle einer Wiederverheiratung der Klägerin, der Lebensbedarf seiner Kinder wenigstens teilweise gesichert werde und seine Unterhaltspflicht den Kindern gegenüber sich verringere. Hätte sich aber dieser Zweck, wenn eine Abtretung des Auflassungsanspruchs oder die Verpflichtung hierzu vereinbart worden wäre, nicht erreichen lassen, so könne die Vereinbarung nicht so ausgelegt werden, wie die Klägerin es wünsche. Der Wille der Vertragsschließenden müsse vielmehr dahin gegangen sein, daß der Beklagte zunächst selbst das Eigentum am Grundstück erwerben und es - nach Bestellung der vorgesehenen dinglichen Rechte - auf den Sohn Josef übertragen sollte.

11

a)

Die Revision wendet hiergegen ein, das Berufungsgericht hätte, wenn es schon - mit Recht - innere Widersprüche in dem Wortlaut der Vereinbarung festgestellt habe, auch berücksichtigen müssen, daß die Vertragsurkunde von dem Beklagten "bzw. dessen Vertreter" (gemeint ist der frühere Prozeßbevollmächtigte des Beklagten im Ehescheidungsrechtsstreit) entworfen worden sei; infolgedessen müßten sich alle Unklarheiten und Zweifel, die der Wortlaut offen lasse, zu lasten des Beklagten auswirken. Ob ein solcher allgemeiner Auslegungsgrundsatz - für eine Individualvereinbarung - besteht (verneinend z.B. Urteil des BGH vom 25. Oktober 1957, I ZR 25/57 S. 20; in BGHZ 26, 7 insoweit nicht abgedruckt), mag indessen auf sich beruhen. Auf jeden Fall wäre für seine Anwendung hier schon deshalb kein Raum, weil das Berufungsgericht bei seiner Vertragsauslegung unter Würdigung aller maßgeblichen Umstände, insbesondere auch "nach dem Sinn und Zweck der ganzen Vereinbarung" (BU S. 8), schließlich zu einem eindeutigen, etwaige Unklarheiten und Zweifel ausschließenden Ergebnis gelangt ist.

12

b)

Nach Ansicht der Revision beruht die Auslegung im angefochtenen Urteil ferner insofern auf einer unrichtigen Voraussetzung, als davon ausgegangen worden ist, die "Einsitzrechte" hatten nur dann entstehen und im Grundbuch eingetragen werden können, wenn zuvor der Beklagte, der Besteller dieser Rechte, als Grundstückseigentümer eingetragen werde. Hierbei habe das Berufungsgericht übersehen, daß nach dem Zusammenhang des Parteivorbringens der ursprüngliche Eigentümer, der Graf zu Erbach-Fürstenau, trotz fehlender notarieller Verlautbarung stets zu seinem Wort gestanden und das Eigentum habe übertragen wollen; es sei kein Grund ersichtlich, warum er bei einem entsprechenden Wunsch der Parteien nicht bereit gewesen sein sollte, die Veräußerung des Grundstücks in der Weise vorzunehmen, daß er in einer und derselben Urkunde zunächst von sich aus die "Einsitzrechte" bestellte und alsdann das mit diesen Rechten belastete Grundstück unmittelbar an den Sohn der Parteien aufließ. Eine solche wirtschaftlich vernünftige und naheliegende Herbeiführung des mit der Urkunde vom 22. Juni 1950 angestrebten Erfolges habe das Berufungsgericht nicht erwogen. Bevor es seine Entscheidung auf den angegebenen Gesichtspunkt abstellte, hätte es nach § 139 ZPO den Parteien Gelegenheit zur Äußerung geben müssen; die Klägerin hätte dann vorgetragen, daß der frühere Eigentümer ohne weiteres zu einer entsprechenden Mitwirkung bereit gewesen wäre, und sie hätte dafür den Vorstand der Gräflichen Rentkammer, einen Herrn I., als Zeugen benannt.

13

Die Rüge greift nicht durch. Es bedeutet eine Überspannung der richterlichen Fragepflicht, wenn die Revision vom Berufungsgericht verlangt, es hätte die durch Rechtsanwälte vertretenen Parteien, die in zwei Instanzen den Fall unter den verschiedensten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten sehr eingehend erörtert hatten, noch zusätzlich auf die - der ganzen Sachlage nach verhältnismäßig fernliegende - Möglichkeit hinweisen müssen, daß der Graf zu Erbach-Fürstenau bereit gewesen sein könnte, seinerseits vor Veräußerung des Grundstücks daran für Personen, die ihn nichts angingen, Wohnrechte zu bestellen. Im übrigen aber wäre, selbst wenn die Klägerin diese Behauptung aufgestellt und eine etwaige Beweisaufnahme ihre Richtigkeit ergeben hätte, damit für die Klägerin nichts gewonnen gewesen. Denn eine Bereitwilligkeit des ursprünglichen Grundstückseigentümers, in der geschilderten Weise zur Begründung der Wohnrechte mitzuwirken, würde für sich allein noch nicht zum Beweise dafür ausreichen, daß der Wille der Parteien, entgegen dem Wortlaut des schriftlichen Vertrages, auf eine Abtretung des Auflassungsanspruchs oder eine Verpflichtung des Beklagten hierzu gerichtet gewesen sei. Für das Vorhandensein dieser Willensrichtung bietet der Sach- und Streitstand keinen Anhaltspunkt. Daß die Parteien am 22. Juni 1950 eine dahingehende Vereinbarung getroffen oder auch nur an eine solche Regelung gedacht hätten, ist von der Klägerin nicht behauptet, geschweige denn unter Beweis gestellt worden. Auch die früheren Prozeßbevollmächtigten der Parteien, die in der Berufungsinstanz über das Zustandekommen des privatschriftlichen Vertrages als Zeugen vernommen worden sind, haben über eine derartige Abmachung nichts bekundet.

14

c)

Mit ihrer Rüge, daß das Berufungsgericht es zu Unrecht abgelehnt habe, die Vereinbarung der Parteien gemäß § 140 BGB in eine Verpflichtung des Beklagten zur Abtretung des Auflassungsanspruchs umzudeuten, kann die Revision ebenfalls keinen Erfolg haben. Daß die Parteien bei Kenntnis der Nichtigkeit etwas Derartiges gewollt haben würden, bezeichnet das angefochtene Urteils als "ausgeschlossen" (S. 9). Darin liegt eine tatrichterliche Würdigung, die durch das Revisionsgericht nur in beschränktem Umfang nachgeprüft werden kann. Einen Rechtsverstoß läßt sie, entgegen der Ansicht der Revision, auch insoweit nicht erkennen, als das Urteil sich in diesem Zusammenhang auf seine "vorstehenden Darlegungen" (d.h. diejenigen über die Auslegung der Klauseln Nr. 3 b und 6 des Vertrages) bezogen hat; denn diese Darlegungen halten, wie oben ausgeführt wurde, einer rechtlichen Nachprüfung stand.

15

4.

Das Formerfordernis des § 313 BGB wäre nach Ansicht des Berufungsgerichts dann entfallen, wenn etwa der Beklagte auf Grund eines Auftragsverhältnisses (§§ 662 ff BGB) das Grundstück für den Sohn der Parteien hätte erwerben sollen; das sei jedoch, da unstreitig ein Erwerb mit eigenen Mitteln und für eigene Rechnung des Beklagten vorgesehen gewesen sei, nicht der Fall. Die Revision macht hiergegen geltend: Auch wenn der Beklagte im Verhältnis zum ursprünglichen Grundstückseigentümer als Käufer und Schuldner der Kaufpreisforderung aufgetreten sei, schließe das nicht aus, daß er sich durch einen weiteren Vertrag einem anderen gegenüber verpflichtet haben könne, das Grundstück nicht für sich persönlich, sondern nur als Beauftragter oder Treuhänder des Dritten zu erwerben. In diesem Falle aber wäre er, ohne daß es dazu einer gerichtlichen oder notariellen Beurkundung bedurft hätte, zur Herausgabe an den Auftraggeber verpflichtet (§ 667 BGB). Das Auftragsverhältnis könne auch in der Weise abgewandelt werden, daß der Beauftragte das abredegemäß erworbene Grundstück zunächst mit dinglichen Wohnrechten zu belasten und es erst dann an den Auftraggeber aufzulassen habe. Da das Berufungsgericht diese rechtliche Möglichkeit verkannt habe, sei es von falschen Voraussetzungen ausgegangen.

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Dem kann jedoch nicht beigetreten werden. Über das Zustandekommen einer Vereinbarung des Inhalts, daß der Beklagte bei dem Erwerb des Grundstücks nur als Beauftragter oder Treuhänder eines Dritten habe handeln sollen, hat die Klägerin in den Tatsacheninstanzen nichts vorgetragen. Die Möglichkeit, daß etwa der minderjährige Josef Schuster selbst der Auftraggeber gewesen sei, scheidet von vornherein aus, da die Klägerin insoweit gemäß §§ 1630 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1, 1795 Nr. 1 BGB nicht als Vertreterin ihres Sohnes hätte auftreten können. Aber auch für die Annahme, der angebliche Auftrag sei dem Beklagten von der Klägerin zugunsten des gemeinschaftlichen Sohnes mit der Maßgabe erteilt worden, daß Josef Schuster unmittelbar den Anspruch aus § 667 BGB gegen seinen Vater erwerben sollte (§ 328 BGB), fehlt jegliche Grundlage. Bei der Revisionsrüge handelt es sich in Wirklichkeit um neues tatsächliches Vorbringen, mit dem die Klägerin gemäß § 561 Abs. 1 ZPO in dem gegenwärtigen Stande des Rechtsstreits nicht mehr gehört werden kann.

17

5.

Den Einwand der Klägerin, daß der Beklagte arglistig handle, wenn er sich auf die Formnichtigkeit der Vereinbarung vom 22. Juni 1950 berufe (§ 242 BGB), hat das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Landgericht, dessen eingehende Ausführungen zu diesem Punkt (S. 12 bis 19 des erstinstanzlichen Urteils) es sich im vollen Umfange zu eigen gemacht hat, nicht durchgreifen lassen. Die Revision bittet um Nachprüfung dieses Standpunktes. Ein Rechtsverstoß liegt indessen nicht vor. Der erkennende Senat hat in Übereinstimmung mit dem Reichsgericht (RGZ 117, 121; 157, 207; 169, 65; 170, 203) und dem Obersten Gerichtshof in Köln (OGHZ 1, 217; NJW 1950, 25 Nr. 2; vgl. ferner OLG Stuttgart HEZ 2, 233; OLG Frankfurt MDR 1951, 422; LG Lübeck MDR 1952, 745) und unter Ablehnung der Ansicht von Matthießen (Deutsches Gemein- und Wirtschaftsrecht 1938, 213; 1939, 223) sowie des Oberlandesgerichts Koblenz (HEZ 2, 1) zwar wiederholt die Auffassung vertreten, daß es in besonders gelagerten Fällen sich verbiete, Vertragsansprüche an einem Formmangel scheitern zu lassen, sofern dies nach den Beziehungen der Beteiligten und nach den gesamten Umständen mit Treu und Glauben nicht vereinbar wäre (BGHZ 12, 286, 303 ff; 16, 334, 337; 23, 249, 254 ff). Bei solchen Durchbrechungen der nach § 125 BGB gebotenen Formstrenge kann es sich jedoch - worüber der Senat in seinen Entscheidungen keinen Zweifel gelassen hat - immer nur um Ausnahmen handeln; grundsätzlich ist im Interesse der Rechtssicherheit die Einhaltung gesetzlicher Formvorschriften unerläßlich (BGH NJW 1955, 1065; BGHZ 23, 255 f). An dieser Rechtsprechung, die auch im Schrifttum weitgehend Zustimmung gefunden hat (Nachweisungen in BGHZ 23, 256), ist festzuhalten. Der Senat hat die Gesichtspunkte, aus denen gerade der Formvorschrift des § 313 BGB regelmäßig der Vorrang gegenüber Billigkeitserwägungen gebührt, in seinem (nicht veröffentlichten) Urteil vom 9. Dezember 1955, V ZR 60/54, noch einmal zusammengefaßt und in Ergänzung hierzu in dem Urteil vom 25. September 1957, V ZR 188/55 (WM 1957, 1440) ausgeführt, daß ein Ausnahmefall, in dem der Veräußerer eines Grundstücks an einen formnichtigen Vertrag gleichwohl nach Treu und Glauben gebunden sei, nicht schon dann vorliege, wenn die Richtanerkennung des Vertrages zu einem harten Ergebnis für den anderen Teil führen würde; das Ergebnis müsse vielmehr ein schlechthin untragbares sein. Daß in dem hier zur Entscheidung stehenden Fall diese besonderen Voraussetzungen gegeben seien, ist von den Vorinstanzen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände mit Recht verneint worden.

18

Als frei von Rechtsirrtum erweisen sich auch die - im wesentlichen auf dem Gebiete tatrichterlicher Würdigung liegenden - Erwägungen, aus denen das Landgericht (vgl. S. 19 ff seines Urteils) und, ihm folgend, das Berufungsgericht den Schluß gezogen haben, daß die Nichtigkeit des auf die Grundstücksübereignung bezüglichen Teils der Vereinbarung vom 22. Juni 1950 auch ihren übrigen Inhalt, insbesondere die Verpflichtung zur Bestellung der Wohnrechte, hinfällig mache (§ 139 BGB). Die Revision zieht das zwar in Zweifel, erhebt aber insoweit keine ins einzelne gehenden Einwendungen.

19

6.

Die Revision macht schließlich noch geltend, das Berufungsgericht habe unter Verletzung des § 286 ZPO wesentliches Tatsachenvorbringen der Klägerin unbeachtet gelassen. Diese habe behauptet und unter Beweis gestellt, daß sie eigene Geldmittel zum Erwerb des Grundstücks beigesteuert und sich bei der Errichtung des Hauses "in einer den Umständen entsprechenden Weisel" an den Bauarbeiten beteiligt habe; ferner sei von ihr, ebenfalls unter Beweisantritt, vorgetragen worden, die Parteien hätten mit dem Grafen zu E.-F. vereinbart, daß das Grundstück an sie beide - also nicht nur an den Beklagten allein - übereignet werden sollte. Werde aber dieser Sachvortrag der Klägerin als richtig unterstellt, dann müsse - so meint die Revision - davon ausgegangen werden, daß hinsichtlich des Hausbaues zwischen den Parteien eine Gesellschaft oder zum mindesten ein gesellschaftsähnliches Verhältnis vorgelegen habe, was sich im übrigen auch aus dem Wesen der Ehe ergebe. Das Gesellschaftsvermögen habe aus den Ansprüchen gegen den Grafen zu Erbach-Fürstenau bestanden, die entweder auf Eigentumsübertragung oder auf entsprechenden Ausgleich und Schadensersatz gerichtet gewesen seien. Der Vertrag vom 22. Juni 1950 sei seinem Inhalt nach nichts anderes gewesen als eine Auseinandersetzung der gemeinschaftlichen Vermögenswerte. Soweit zu diesen ein Auflassungsanspruch gehörte, habe man über denselben formlos verfügen können. Auf jeden Fall müsse der Vertrag unter Anwendung des § 140 BGB in dem angegebenen Sinn umgedeutet werden.

20

Auch dieser Rüge war der Erfolg zu versagen.

21

Es braucht nicht entschieden zu werden, ob das unter Beweis gestellte Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift vom 3. April 1954 (S. 2) sowie in ihren Schriftsätzen vom 22. Januar 1955 (S. 2, 4) und vom 11. Februar 1955 (S. 2), sofern eine Beweisaufnahme seine Richtigkeit ergeben hätte, ausreichen würde, um das Vorhandensein eines Gesellschafts- oder gesellschaftsähnlichen Verhältnisses zwischen den Parteien darzutun (vgl. Urteil des Senats vom 11. Dezember 1957, V ZR 168/56, S. 7 ff). Auf jeden Fall ließe sich, falls ein solches Verhältnis bestanden hat, daraus nicht ohne weiteres die Folgerung ziehen, daß die Vereinbarung vom 22. Juni 1950 - selbst wenn man in ihr, wie die Revision dies tut, die Auseinandersetzung des genannten Verhältnisses erblickt - nicht der Form des § 313 BGB bedurft hätte. Ob diese Form etwa dann entbehrlich gewesen wäre, wenn die Vertragsschließenden zum Zwecke der Auseinandersetzung eine Abtretung der gegen den ursprünglichen Grundstückseigentümer gerichteten Ansprüche an die Klägerin vereinbart hätten, mag auf sich beruhen (vgl. dazu RGZ 108, 60; 111, 298, 300). Die Besonderheit des Streitfalles liegt gerade darin, daß hier nicht einer der bisherigen "Gesellschafter" das Grundstück erwerben, sondern daß dieses einem Dritten, außerhalb der gesellschaftlichen Beziehungen Stehenden zu Eigentum übertragen werden sollte. Eine dahingehende Verpflichtung ergab sich aber keineswegs von selbst aus dem etwaigen Gesellschaftsverhältnis der Parteien. Sie mußte vielmehr erst neu begründet werden. Dazu war indessen nach § 313 BGB gerichtliche oder notarielle Beurkundung des Vertrages erforderlich. Wenn übrigens die Revision in diesem Zusammenhang noch ausführt, nach dem Inhalt der Vereinbarung hätten die Parteien den Auflassungsanspruch nicht in eigener Person geltend machen wollen, sondern sie seien dahin Anspruch mit befreiender Wirkung ihnen gegenüber auch durch Auflassung an ihren gemeinschaftlichen Sohn Josef habe erfüllen können, so setzt sie sich damit in Widerspruch zu der für das Revisionsgericht bindenden Vertragsauslegung des Berufungsgerichts, wonach der Beklagte zunächst selbst Eigentümer des Grundstücks werden und es dann erst, nach Bestellung der Wohnrechte, an Josef Sc. weiterübereignen sollte.

22

Zu erwägen wäre allenfalls, ob man etwa dann zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis gelangen würde, wenn die Vereinbarung vom 22. Juni 1950 nicht, wie die Revision meint, als Gesellschaftsauseinandersetzung aufzufassen wäre, sondern wenn die Parteien mit ihr entweder die Begründung eines neuen Gesellschaftsverhältnisses oder doch eine Umwandlung der bisherigen Gesellschaft in eine andere beabsichtigt hätten, und zwar mit einem neuen Gesellschaftszweck, der dahin gegangen wäre, daß sie gemeinschaftlich - der Beklagte durch käuflichen Erwerb des Grundstücks mit eigenen Mitteln und die Klägerin durch Verzicht auf ihre Ansprüche gegen den bisherigen Grundstückseigentümer - darauf hinzuwirken sich verpflichteten, ihrem Sohn das Eigentum an dem Grundstück zu verschaffen. In dieser Hinsicht reicht jedoch das Vorbringen der Klägerin in den Tatsacheninstanzen nicht aus, um eine solche Behauptung als schlüssig vorgetragen anzusehen; aus dem unter Beweis gestellten, vom Berufungsgericht unberücksichtigt gelassenen Sachvortrag ergibt sich kein Anhaltspunkt für eine dahingehende Willensrichtung der Parteien bei Abschluß der Vereinbarung. Nicht anders verhält es sich mit dem Einwand der Revision, der Beklagte habe nach dem Willen der Vertragsschließenden die Rechtsstellung eines Grundstückseigentümers nur als Treuhänder des Sohnes Josef und mit der Maßgabe erlangen sollen, daß er nach erfolgter Wohnrechtsbestellung das Eigentum an diesen zu übertragen hatte; insoweit kann auf die früheren Ausführungen zu diesem Punkt (oben zu Nr. 4 am Ende) verwiesen werden. Bei der geschilderten Sachlage war endlich auch für eine entsprechende Umdeutung des Vertrages gemäß § 140 BGB kein Raum.

23

Das Berufungsgericht ist daher mit Recht davon ausgegangen, daß die Vereinbarung vom 22. Juni 1950 der Form des § 313 BGB bedurft hätte. Ob die Klägerin in dem von ihr behaupteten Umfange zu dem Erwerb des Grundstücks und zur Erbauung des Hauses beigetragen hat und ob ein im Zusammenhang hiermit etwa begründetes Gesellschaftsverhältnis der Parteien heute noch besteht, kann dahingestellt bleiben. Denn daraus könnten lediglich der Klägerin selbst Ansprüche gegen den Beklagten erwachsen sein; sie klagt aber nicht auf Leistung an sich, sondern an ihren Sohn.

24

7.

Nach allem war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Dr. Tasche Dr. Augustin Schuster Rothe Dr. Mattern