Bundesgerichtshof
Urt. v. 20.10.1955, Az.: II ZR 75/54
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 20.10.1955
- Aktenzeichen
- II ZR 75/54
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1955, 12833
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- Oberlandesgerichts in Hamm - 22.02.1954
- Landgericht in Bochum - 27.05.1953
Fundstellen
- DB 1956, 157 (Volltext mit amtl. LS)
- DB 1956, 136 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
der Firma Wilhelm te H. in W., D. Straße ...,
Prozessgegner
den Kaufmann J. P. F. in M., W.allee Nr. ...,
hat der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 1955 unter Mitwirkung der Bundesrichter Dr. Selowsky, Dr. Delbrück, Dr. Haidinger, Dr. Fischer und Artl für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Hamm vom 22. Februar 1954 hinsichtlich der Kostenentscheidung sowie insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist,
- a)
auch für die Zeit nach dem 21. Dezember 1951 abzurechnen,
- b)
für die Zeit vom 17. Juli 1951 bis zum 21. Dezember 1951 auch über diejenigen Geschäfte abzurechnen, die sie unter Mitwirkung des Klägers mit den Besatzungsmächten abgeschlossen hat,
- c)
ihre Handelsbücher vorzulegen.
Insoweit wird die Klage unter Abänderung des Teilurteils der Kammer für Handelssachen bei dem Landgericht in Bochum vom 27. Mai 1953 abgewiesen.
Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden zu 3/4 dem Kläger und zu 1/4 der Beklagten, die Kosten der Revision zu 2/3 dem Kläger und zu 1/3 der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Durch Vertrag vom 11. Februar 1950 übernahm der Kläger die Vertretung der Beklagten für Besatzungsaufträge auf Lieferung von Matratzen und Polstermöbeln zu einem Provisionssatz von zunächst 5 %, der "für alle direkten und indirekten Aufträge von seiten der Besatzungsmächte" gezahlt werden sollte. Der Kläger verpflichtete sich, in diesen Artikeln nur die Beklagte zu vertreten, andernfalls die Beklagte berechtigt sein sollte, den sonst halbjährlich, jedoch nicht vor dem 31. Dezember 1950 kündbaren Vertrag sofort zu kündigen. In einem Nachtrag vom 2. Januar 1951 wurde der Provisionssatz auf 3 % ermäßigt und ferner bestimmt, daß der Vertrag bis zum 31. Dezember 1951 weiterlaufen und sich dann stillschweigend um ein weiteres Jahr verlängern sollte, wenn er nicht von einem der beiden Kontrahenten ein halbes Jahr vorher gekündigt wurde. Am 16. Mai 1950 gab der Kläger eine Bestellung der britischen Besatzungsbehörde zum Gesamtbetrag von 1.983 DM, die sich u.a. auch auf sechs Matratzen im Werte von 720 DM bezog, an die von ihm hauptsächlich in anderen Artikeln vertretene Firma K. & G. in H. weiter. Diesen Sachverhalt hat der Kläger nach der im Berufungsverfahren durchgeführten Beweisaufnahme zugestanden, nachdem er ihn zunächst wiederholt bestritten hatte. Durch Schreiben vom 21. Dezember 1951 kündigte die Beklagte den Agenturvertrag fristlos unter Hinweis auf die ihr inzwischen bekannt gewordene Verletzung der Wettbewerbsklausel. Der Kläger hält die fristlose Kündigung für nicht gerechtfertigt, sieht den Vertrag daher erst mit dem 31. Dezember 1952 als beendet an und fordert noch bis zu diesem Zeitpunkt Provision. Mit der weiteren Begründung, die Beklagte habe über ihre provisionspflichtigen Geschäfte, so insbesondere über die Lieferung von 750 Diwanen an die amerikanische Besatzungsmacht, seit Mitte 1951 noch nicht abgerechnet, hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Vorlage der Handelsbücher über alle in der Zeit vom 17. Juli 1951 bis 1. Dezember 1952 mit oder ohne seine direkte Mitwirkung von ihr mit den Besatzungsmächten abgeschlossenen Geschäfte Abrechnung zu erteilen und den hiernach geschuldeten Provisionsbetrag an ihn zu bezahlen.
Die Beklagte hat um Klageabweisung gebeten und geltend gemacht, der Kläger habe durch seinen Vertragsbruch, den er zudem erst nach langem Leugnen zugegeben habe, das Vertrauensverhältnis der Parteien so sehr gestört, daß die Fortsetzung des Vertrages für sie unzumutbar gewesen sei. Ihre Kündigung vom 21. Dezember 1951 sei daher sofort, spätestens aber zum 30. Juni 1952 wirksam geworden. Eine Abrechnung könne der Kläger nicht verlangen, weil sie bereits ordnungsgemäß abgerechnet habe. Für die Diwanlieferung an die amerikanische Besatzung vom November 1951 sei keine Provision zu zahlen, weil dieses Geschäft nicht durch Vermittlung des Klägers, sondern unmittelbar auf Grund einer Ausschreibung zustande gekommen sei. Die Beklagte hat weiter die Ansicht vertreten, der Vertretervertrag mit dem Kläger sei wegen Verstoßes gegen die Preisvorschriften nichtig, zumindest sei die Geschäftsgrundlage weggefallen, weil die Lieferaufträge für die Besatzungsmacht jetzt durch deutsche Stellen ausgeschrieben würden.
Demgegenüber hat sich der Kläger darauf berufen, daß er der Beklagten allein, in der Zeit vom 7. März 1950 bis 17. Juli 1951 bereits für insgesamt etwa 850.000 DM Besatzungsaufträge verschafft habe; angesichts dieser Summe falle der Auftrag über sechs Matratzen zum Preise von 720 DM, den er nur aus Gefälligkeit auf Ersuchen der englischen Dienststelle an K. & G. weitergeleitet und für den er keine Provision erhalten habe, überhaupt nicht ins Gewicht. Er habe den Vorgang als ganz belanglos angesehen und ihn daher nicht etwa wider besseres Wissen abgeleugnet, sondern einfach nicht mehr daran gedacht.
Das Landgericht hat durch Teilurteil der Klage auf Rechnungslegung für die Zeit vom 17. Juli 1951 bis 31. Dezember 1952 stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Verurteilung der Beklagten auf den Abrechnungszeitraum vom 17. Juli 1951 bis 30. Juni 1952 beschränkt, im übrigen aber die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision, um deren Zurückweisung der Kläger bittet, erstrebt die Beklagte die völlige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
I.
1.)
Das Berufungsgericht hält die fristlose Kündigung des Agenturvertrages durch die Beklagte für nicht gerechtfertigt und führt dazu im wesentlichen folgendes aus: Aus dem in den Vertrag vom 11. Februar 1950 aufgenommenen Wettbewerbsverbot habe der Kläger ersehen können, daß es der Beklagten entscheidend darauf angekommen sei, sich beim Absatz ihrer Polstermöbel und Matratzen seine ungeteilte Arbeitskraft zu sichern. Er hätte daher besonders peinlich und genau darauf bedacht sein müssen, bei seiner Vermittlertätigkeit für mehrere Firmen, auch wenn sie sich in der Hauptsache auf unterschiedliche Artikel bezogen habe, Überschneidungen zu vermeiden. Trotzdem habe der Kläger im Mai 1950 einen gemischten Auftrag, der u.a. auch Matratzen zum Gegenstand gehabt habe, zunächst telefonisch und dann schriftlich an K. & G. weitergegeben. Dabei habe es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht lediglich um einen aus Gefälligkeit gegenüber der britischen Dienststelle geleisteten Botendienst gehandelt, sondern um eine im Rahmen der Gesamttätigkeit des Klägers für die andere Firma liegende Vertretung, durch die der Kläger mindestens gegen den Sinn des vertraglichen Konkurrenzverbotes verstoßen habe. Dennoch bleibe zweifelhaft, ob die Beklagte zur fristlosen Kündigung berechtigt gewesen sei. Denn auch wenn der Vertrag vom 11. Februar 1950 ausdrücklich bei vertragswidriger Vertretung einer Konkurrenzfirma die sofortige Kündbarkeit vorsehe und daraus zu erkennen sei, daß nach dem Willen der Beklagten auf diesen Punkt besonderer Wert habe gelegt werden sollen, komme es doch stets darauf an, ob im Hinblick auf alle Umstände nach Treu und Glauben der Beklagten anzusinnen gewesen sei, über den Verstoß des Klägers hinwegzusehen. Im Zeitpunkt der Kündigung sei der Kläger bereits 1 3/4 Jahre mit gutem Erfolg als Vertreter der Beklagten tätig gewesen. Im Verhältnis, zu den allein für die Zeit vom 13. Januar bis 14. März 1951 von der Beklagten abgerechneten Matratzenlieferungen im Werte von 193.600 DM falle der ihr entgangene gemischte Auftrag von u.a. sechs Matratzen für 720 DM kaum ins Gewicht. Allerdings komme es weniger auf die tatsächliche Schädigung der Beklagten als darauf an, ob vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens ihre Befürchtung gerechtfertigt sei, ihre Belange seien beim Kläger gefährdet. Zur Zeit der Kündigung habe der Vorfall mit den sechs Matratzen aber bereits 1 1/2 Jahre zurückgelegen. Die Beklagte könne offenbar selbst nicht behaupten, daß der Kläger sich hinterher noch weitere Verstöße gegen das Konkurrenzverbot habe zu Schulden kommen lassen; auch die Zeugin L., der die Beklagte ihr Wissen hauptsächlich verdanke, habe von gleichen oder ähnlichen Vorkommnissen nichts bekunden können, obgleich sie als frühere Angestellte des Klägers dessen Bürogeschäfte allein erledigt habe.
Das Berufungsgericht befaßt sich weiter mit dem Verhalten des Klägers nach der Kündigung und stellt dazu fest, daß der Kläger nicht nur seine Offenbarungspflicht verletzt, sondern darüber hinaus in einfach unverständlicher Weise den Verstoß gegen die Wettbewerbsklausel selbst dann noch rundweg abgeleugnet habe, als ihm bestimmte Einzelheiten des betreffenden Geschäfts von der Beklagten vorgehalten und diese Angaben von der Zeugin Lebek bestätigt worden seien. Noch in der Berufungsbeantwortung habe er sich sogar zum Eid dafür erboten, daß bei K. & G. keine Matratzen bestellt worden seien. Darauf, daß ihm der Vorgang entfallen sei, könne sich der Kläger nicht berufen, nachdem ihn die Beklagte immer wieder eindringlich und in einer Weise, aus der sich ihre genaue Kenntnis ergeben habe, auf das Geschäft hingewiesen habe. Der Kläger hätte als ehrbarer Kaufmann die Angelegenheit nicht als unwesentlich behandeln, sondern auch von sich aus um eine Aufklärung bemüht sein müssen, schon um den Vorwurf, das Vertrauen der Beklagten schuldhaft erschüttert zu haben, nicht auf sich sitzen zu lassen und den für ihn vorteilhaften Vertrag nicht leichtfertig zu gefährden. Dennoch kommt das Berufungsgericht schließlich zu dem Ergebnis, daß der Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses im Hinblick auf die sonstigen umfangreichen Matratzengeschäfte der Parteien zuzumuten gewesen sei, weil es sich um einen einmaligen, weit zurückliegenden Vorfall von geringer wirtschaftlicher Bedeutung gehandelt habe, der jedenfalls nicht von vornherein eine Wiederholungsgefahr in sich geborgen und der Beklagten auch unter Berücksichtigung aller sonstigen Umstände zu einem ernstlichen Mißtrauen kaum Anlaß gegeben habe.
2.)
Diese Beurteilung des Sachverhalts unterliegt wie der Revision zuzugeben ist, rechtlichen Bedenken. Die fristlose Kündigung des Vertretervertrages durch die Beklagte hatte ihre Rechtsgrundlage in einer ausdrücklichen Bestimmung dieses Vertrages. Während bei der gesetzlichen Kündigung nach § 92 Abs. 2 a.F. (§ 89 a n.F.) HGB im Einzelfalle jeweils erst zu untersuchen ist, ob das den Anlaß der Kündigung bildende Ereignis in der Tat einen wichtigen Kündigungsgrund darstellt, ob es also so schwerwiegend ist, daß dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände ein Festhalten am Vertrag bis zu dem bei ordentlicher Kündigung in Frage kommenden Endzeitpunkt nicht mehr zugemutet werden kann, haben die Parteien hier von vornherein vertraglich festgelegt, daß ein bestimmtes Verhalten des Klägers, nämlich die Verletzung des Wettbewerbsverbots, die Beklagte stets zur sofortigen Kündigung des Vertrages berechtigen sollte. Sie haben damit die Bedeutung der Wettbewerbsklausel klar herausgestellt und deren Befolgung als eine wesentliche Grundlage für den Portbestand der Vertragsbeziehungen gekennzeichnet. Allerdings ist es richtig, daß auch die Ausübung eines vertraglichen Kündigungsrechts den Grundsätzen von Treu und Glauben unterliegt. Eine Kündigung, die als Rechtsmißbrauch angesehen werden muß, ist unbeachtlich, selbst wenn, wie im vorliegenden Fall, der vertragliche Kündigungstatbestand erfüllt ist. Bei der hiernach notwendigen Prüfung, ob die Beklagte wider Treu und Glauben handelt, wenn sie sich auf ihr vertragliches Kündigungsrecht beruft, ist aber ein weit schärferer Maßstab anzulegen, als wenn es nur um die Frage geht, ob ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des Gesetzes zu verneinen ist. Dabei darf man es auch nicht allein auf die vertragswidrige Tätigkeit des Klägers für die Firma K. & G. abstellen, die nur den unmittelbaren Anstoß zur fristlosen Kündigung des Vertrages gegeben hat, sondern muß das gesamte mit diesem Vertragsbruch zusammenhängende Verhalten des Klägers berücksichtigen, so wie es sich im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht darstellte. Das hat das Berufungsgericht nicht genügend beachtet.
Das Berufungsgericht, hat wohl richtig erkannt, daß es für die Frage, ob die Beklagte kündigen durfte, weniger auf die tatsächliche Schädigung der Beklagten durch das verbotene Wettbewerbsgeschäft als vielmehr darauf ankommt, ob sie von ihrem subjektiven Standpunkt aus, der allerdings eine beachtliche objektive Grundlage haben muß, ihre Belange bei verständiger kaufmännischer Beurteilung für gefährdet halten durfte (RGZ 148, 48 [57]). Gerade der auf Dauer berechnete Vertretervertrag begründet zwischen Unternehmer und Vertreter ein besonderes Vertrauensverhältnis, das ein vertrauensvolles beiderseitiges Zusammenwirken erfordert und den Handelsvertreter insbesondere verpflichtet, die Interessen des Unternehmers zu wahren und ihm wichtige Umstände zu offenbaren (§ 84 a.F., § 86 n.F. HGB; Würdinger RGR Komm zum HGB 2. Aufl. § 84 Anm. 17). Das Schwergewicht liegt hier auf der Störung des Vertrauensverhältnisses und nicht auf der wirtschaftlichen Bedeutung und dem Zeitpunkt des der Beklagten entgangenen Geschäfts. Gleichwohl hat das Berufungsgericht im Widerspruch zu seinen eigenen Rechtsausführungen seine Entscheidung über die Zulässigkeit der von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung im wesentlichen nur auf den letzteren Gesichtspunkt gestützt. Es hat sich mit der weiteren Tatsache, daß der Kläger den ihm vorgeworfenen Verstoß immer wieder hartnäckig bestritten hat, bis er ihm endlich einwandfrei nachgewiesen worden ist, zwar auch auseinandergesetzt und dieses Verhalten des Klägers verurteilt, es jedoch rechtlich nicht in den richtigen Zusammenhang eingeordnet und daraus nicht die notwendigen Folgerungen gezogen. Gerade in Verbindung mit der Kernfrage, ob die Beklagte genügenden Grund gehabt hat, dem Kläger ernstlich zu mißtrauen, spielt das wahrheitswidrige Leugnen des Klägers eine ausschlaggebende Rolle.
Sieht man nämlich den entscheidenden Gesichtspunkt in dem gestörten Vertrauen der Beklagten, so erscheint die fristlose Kündigung aus der heutigen Sicht nach dem Gesamtverhalten des Klägers, also auf Grund der Vertragsverletzung in Verbindung mit deren späterem Ableugnen, mit Treu und Glauben durchaus vereinbar. Schon in seiner Antwort vom 29. Dezember 1951 auf das Kündigungsschreiben der Beklagten, das bereits genauere Angaben über den von ihm an K. & G. übermittelten Auftrag auf Lieferung von Matratzen für die englische Besatzungsmacht enthielt, hat der Kläger rundweg abgestritten, für diese oder eine andere Firma ein solches Geschäft vermittelt zu haben. Er hat dann im Verlaufe dieses Rechtsstreits fast mit jedem Schriftsatz, zuletzt noch unter Eideserbieten in seiner Berufungsbeantwortung, ganz entschieden in Abrede gestellt, für die Firma K. & G. Geschäfte in Matratzen vermittelt zu haben, ungeachtet der Tatsache, daß die Beklagte bereits in der Klagebeantwortung die Geschäftsnummer des britischen Auftrages angegeben und die früher beim Kläger tätige Zeugin L. ihre Darstellung bestätigt hatte. Mit Recht hat das Berufungsgericht für dieses Verhalten keine Entschuldigung gelten lassen und ausgeführt, das Leugnen des Klägers habe bei der Beklagten den Verdacht hervorrufen müssen, daß der Kläger etwas zu verheimlichen habe und daß das Geschäft mit K. & G. nicht das einzige hinter ihrem Rücken abgeschlossene Konkurrenzgeschäft sei; darauf, ob diese Annahme wirklich zutraf, kommt es nicht entscheidend an. Die wahrheitswidrige Art und Weise, wie sich der Kläger auf die ständigen Vorhaltungen der Beklagten vor und in diesem Rechtsstreit geäußert hat, wirft auf ihn und seine Einstellung zum Vertrag ein höchst ungünstiges Licht und läßt damit auch die Gründe, welche die Beklagte zur sofortigen Kündigung bewogen haben, als schwerwiegender erscheinen, als wenn man nur den unmittelbaren Anlaß berücksichtigt. Es hat sich dadurch immer deutlicher gezeigt, daß weder auf die vertraglichen noch auf die außervertraglichen Zusicherungen des Klägers Verlaß ist und daß das erstmalig durch die Entdeckung der vertragswidrigen Tätigkeit des Klägers für K. & G. geweckte Mißtrauen der Beklagten nur allzu berechtigt gewesen ist, mag auch der konkrete Anlaß, für sich allein gesehen, ihre wirtschaftlichen Interessen nicht wesentlich berührt haben. Somit kommt man rückschauend zu dem Ergebnis, daß die Beklagte mit gutem Grund das vertragliche Vertrauensverhältnis als unheilbar zerstört angesehen und geglaubt hat, sich eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr zumuten zu können. Von einer unzulässigen Rechtsausübung kann daher keine Rede sein. Deshalb war die angefochtene Entscheidung zunächst insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als die Beklagte zur Abrechnung für die Zeit nach dem 21. Dezember 1951 verurteilt worden ist.
II.
Für die Zeit vom 17. Juli 1951 bis zum 21. Dezember 1951 hat das Berufungsgericht einen Abrechnungsanspruch des Klägers aus der Erwägung bejaht, daß die Beklagte ihre Provisionspflicht wegen der 700 oder 750 an die amerikanische Besatzung gelieferten Diwane überhaupt bestritten habe. Das rechtfertige den Verdacht, daß sie auch andere, ähnliche Geschäfte weggelassen habe. Nach dem Vertrag vom 11. Februar 1950 erhalte der Kläger Provision für alle "direkten und indirekten" Aufträge von seiten der Besatzungsmächte, d.h. für alle Geschäfte im Sinne des § 89 a.F. HGB, und zwar auf diesem begrenzten Gebiet ohne Rücksicht darauf, ob er beim Zustandekommen irgendwie mitgewirkt habe. Die Ansicht der Beklagten, darunter fielen jedenfalls nicht solche Auftrages die sie im Ausschreibungsweg hereingeholt habe, sei unzutreffend.
Zu Unrecht bezeichnet die Revision diese Auslegung des Vertrages als rechtsirrig und meint, nach dem Sinn des Vertrages seien nur solche Aufträge provisionspflichtig, die durch "mittelbare oder unmittelbare Tätigkeit des Klägers entstanden" seien. Die vielfach gebräuchliche Klausel, daß für alle "direkten und indirekten" (oder "unmittelbaren und mittelbaren") Geschäfte eine Provision zu zahlen sei, ist eindeutig und für Agenturverträge dieser Art typisch. Mit ihr will man im Sprachgebrauch des Handelsverkehrs stets ausdrücken, daß der Vertreter als wirtschaftliche Gegenleistung dafür, daß er die Wahrnehmung der Belange des Unternehmers in dem betreffenden Geschäftsbereich allgemein übernommen hat, auch für solche Geschäfte Provision beanspruchen kann, die der Unternehmer ohne seine Mitwirkung, also "direkt" (vom Geschäftsherrn aus gesehen) in diesem Bereich abgeschlossen hat (Schmidt-Rimpler, Ehrenberg HdB V 1 S. 278). Die Tätigkeit des Vertreters braucht hier also für den Geschäftsabschluß nicht ursächlich gewesen zu sein; darin besteht gerade die Bedeutung einer solchen Vertragsbestimmung, die sonst überflüssig wäre, weil für Geschäfte, für deren Zustandekommen die Tätigkeit des Agenten ursächlich oder auch nur mitursächlich gewesen ist, ohnehin schon nach dem Gesetz eine Provision zu zahlen ist (§ 88 a.F., § 87 Abs. 1 n.F. HGB). Bei dieser klaren Rechtslage ist es unerheblich, daß der Kläger sich in einigen Schriftsätzen mißverständlich ausgedrückt oder vielleicht auch die rechtliche Grundlage seines Anspruchs zeitweise nicht richtig gesehen und als "indirekte" Aufträge solche bezeichnet hat, die zwar von der Beklagten selbst abgeschlossen worden seien, zu deren Zustandekommen aber die von ihm angebahnten Geschäftsbeziehungen und Bekanntschaften maßgeblich beigetragen hätten; damit wollte der Kläger offenbar nur geltend machen, daß im Gegensatz zur Darstellung der Beklagten seine Tätigkeit auch für die Abschlüsse mit der amerikanischen Besatzungsmacht mitursächlich gewesen sei. Maßgebend ist jedenfalls der Inhalt des Vertrages, auf den sich der Kläger auch in erster Linie berufen hat, so bereits in seinem Schriftsatz vom 2. Mai 1952. Danach ist der Kläger durch ausdrückliche Vereinbarung (die der jetzt geltenden Fassung des Gesetzes, § 87 Abs. 2 HGB, entspricht) ähnlich einem Bezirksvertreter gestellt worden, nur mit dem Unterschied, daß sein Tätigkeitsfeld nicht, wie bei diesem örtlich, sondern sachlich abgegrenzt worden ist. Damit erledigt sich zugleich der Einwand der Revision, § 89 a.F. HGB sehe eine Provision für unmittelbar durch den Unternehmer abgeschlossene Geschäfte nur "im Zweifel" vor; Zweifel sind hier durch den Vertrag ausgeschlossen.
III.
Das Berufungsgericht hat den Nichtigkeitseinwand der Beklagten mit der Begründung zurückgewiesen, ein Verstoß gegen die Preisvorschriften könne höchstens zu einer Ermäßigung der vereinbarten Provision auf den angemessenen Satz führen, niemals aber den Anspruch auf Rechnungslegung ausschließen. Es hat ferner auch verneint, daß durch die Neuregelung des Ausschreibungsverfahrens für Besatzungsbedarf die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Der Beklagten habe die ordentliche Kündigung offengestanden, zudem seien die Vertragsbeziehungen durch diese Änderung nicht in einer für sie unzumutbaren Weise berührt worden, weil auch nach dem Übergang der Ausschreibungen auf deutsche Stellen noch genügend Raum für eine Betätigung des bei der britischen Besatzungsmacht gut eingeführten Klägers geblieben sei. Diese Ausführungen sind im Ergebnis nicht zu beanstanden und mit der Revision auch nicht angegriffen. Zu bemerken ist allerdings, daß im Handelsvertreterrecht der Rücktritt wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage durch die Sonderregelung des § 92 Abs. 2 a.F. (§ 89 a n.F.) HGB, die eine Kündigung aus wichtigem Grunde vorsieht, überhaupt ausgeschlossen ist (Schlegelberger-Schröder HGB 3. Aufl. § 89 a Anm. 1). Doch gelten die Gründe, aus denen das Berufungsgericht den Wegfall der Geschäftsgrundlage verneint hat, sinngemäß auch für die Kündigung aus wichtigem Grund.
IV.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Vorlage der Handelsbücher Abrechnung zu erteilen. Der Abrechnungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 88 Abs. 4 a.F. HGB (die Neufassung des Gesetzes findet, auf das bereits vor dem 1. Dezember 1953 beendete Vertragsverhältnis keine Anwendung, Art. 6 Abs. 1, 2 Satz 3 des Gesetzes vom 6.8.1953 BGBl 771); er beschränkt sich indessen aus den zu I und II erörterten Gründen auf die Zeit vom 17. Juli bis 21. Dezember 1951. Aber auch für diesen Zeitraum ist die Beklagte nicht zur Abrechnung schlechtin verpflichtet. Denn über diejenigen Geschäfte, die durch Vermittlung des Klägers abgeschlossen worden sind, hat sie bereits abgerechnet. Das hat der Kläger in der Berufungsinstanz nicht mehr bestritten, jedenfalls ergeben sich aus seinem vom Berufungsgericht wiedergegebenen Vortrag keine Anhaltspunkte dafür, daß die von der Beklagten im letzten Verhandlungstermin vom 27. Mai 1953 vor dem Landgericht vorgelegten Abrechnungsunterlagen hinsichtlich der - von ihr aus gesehen - "indirekten" Geschäfte, von denen ja der Kläger selbst wissen mußte, lückenhaft oder unrichtig seien. Hingegen hat die Beklagte über eine ganze Gruppe von Geschäften überhaupt noch nicht Rechnung gelegt, nämlich über jene Besatzungsaufträge, die sie ohne jede Mitwirkung des Klägers unmittelbar hereingeholt haben will. Insoweit muß sie ihre Abrechnung noch vervollständigen (RGZ 84, 41 [44]; 100, 150). Darüber hinaus hätte der Kläger nach § 91 a.F. HGB von der Beklagten einen Buchauszug fordern können. Einen dahingehenden Antrag hat er jedoch nicht gestellt.
Dagegen ist die Beklagte zur Zeit nicht verpflichtet, dem Kläger ihre Handelsbücher vorzulegen. Zwar ergab sich eine solche Verpflichtung des Unternehmers jedenfalls bis zum Inkrafttreten des § 87 c Abs. 4 n.F. HGB, der diese Frage ausdrücklich regelt, unter Umständen aus § 810 BGB. Diese Vorschrift setzt aber auf seiten des Handelsvertreters ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme in die Urkunde voraus. Auf der anderen Seite stehen das nicht minder beachtliche Interesse des Geschäftsherrn an der Geheimhaltung seiner Handelsbücher und im Einklang damit die Gesetzesbestimmung des § 91 a.F. HGB. wonach dem Interesse des Agenten regelmäßig und in erster Linie durch Mitteilung des Buchauszuges genügt werden soll. Nur soweit dieser Rechtsbehelf versagt, der Buchauszug also in einem nicht nur geringfügigen Maße unrichtig oder unvollständig ist, ist das rechtliche Interesse des Handelsvertreters an der Einsichtnahme in die Bücher des Unternehmers gemäß § 810 BGB anzuerkennen (RGZ 87, 10 [16]). Der Kläger muß sich daher vorerst auf die Rechte aus §§ 88 Abs. 4, 91 a.F. HGB verweisen lassen.
Demnach war das Berufungsurteil auch insoweit aufzuheben, als die Beklagte zur Abrechnung auch über die mittelbaren Geschäfte sowie zur Vorlage ihrer Handelsbücher verurteilt worden ist. Insoweit war die Klage ebenfalls abzuweisen. Im übrigen war die Revision zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92, 97 ZPO.