Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.10.1954, Az.: VI ZR 49/54
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 13.10.1954
- Aktenzeichen
- VI ZR 49/54
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1954, 13513
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Kassel
- OLG Frankfurt/Main - 12.11.1953
Rechtsgrundlagen
Fundstelle
- ZZP 1955, 51-55
Prozessführer
1. des Rechtsanwalts und Notars Dr. Hö. in V., Konkursverwalters über das Vermögen des Kaufmanns Leo Sch., Inhaber der Firma Felix Sch. in V.,
2. des Schreiners Engelbert Sch. in M.strasse ...,
3. der No. Versicherungsgesellschaft, vertreten durch die Vorstandsmitglieder Hugo B., Walter G. S., Erdewin P., Oskar von St. sämtlich in H. Alter W.,
Prozessgegner
den Ingenieur Adolf Le. in V., K.strasse ...,
Amtlicher Leitsatz
- 1.
Will der Berufungsbeklagte über die Verteidigung gegen die Berufung hinausgehen und neue Klageanträge stellen, so kann dies nur im Wege der Anschlussberufung erfolgen.
- 2.
Die unselbständige Anschlussberufung muss sich gegen den Berufungskläger wenden. Werden mit der Anschlussberufung Anträge gegen eine bisher nicht am Verfahren beteiligte Partei gestellt, so ist die Anschlussberufung auch bei Einverständnis dieser Partei mit dem gewählten Verfahren als unzulässig zu verwerfen.
- 3.
Die Zulässigkeit der Anschlussberufung ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen.
hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 13. Oktober 1954 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Prof. Dr. Meiß und der Bundesrichter Dr. Kleinewefers, Dr. Meyer, Dr. Bode und Dr. Hauß
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Drittbeklagten wird das Grund- und Teilurteil des 2. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts in Frankfurt am Main vom 12. November 1953 aufgehoben.
Die Anschlussberufung des Klägers wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten der Anschlussberufung und der Revision werden dem Kläger auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Am 6. April 1950 wurde der Kläger, der mit seinem Fahrrad die Landstrasse von W. nach V. befuhr, von einem von hinten kommenden Lieferwagen angefahren, obwohl er bei Wahrnehmung des Motorengeräusches ganz nach rechts bis an die Grasnarbe des Strassenbanketts ausgewichen war. Der Lieferwagen gehörte zu dem Wagenpark des später in Konkurs gefallenen Erstbeklagten. Er wurde von dessen 19-jährigen Sohn Engelbert, dem Zweitbeklagten, gesteuert, der nicht im Besitz eines Führerscheins war und vor Fahrtantritt einige Schnäpse getrunken hatte. Der Zweitbeklagte hatte den auf dem Fabrikhof seines Vaters unverschlossen stehenden Wagen mit einem in seinem Besitz befindlichen Zündschlüssel in Betrieb gesetzt. Er ist wegen fahrlässiger Körperverletzung rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Der Kläger, der von beiden Beklagten Schadensersatz fordert, hat behauptet, durch den Unfall sei eine Entzündung des rechten Hüftgelenks eingetreten, die eine Gehbehinderung zur Folge habe. Er hat dem Erstbeklagten vorgeworfen, dieser habe die Schwarzfahrt seines Sohnes durch Vernachlässigung seiner väterlichen und betrieblichen Aufsichtspflicht ermöglicht. Der Zweitbeklagte habe schon vor dem Unfall unter Billigung seines Vaters dessen Kraftwagen gesteuert und sei bereits wegen Fahrens eines Lastkraftwagens ohne Führerschein bestraft worden, er habe auch vorher einmal beim Herumfahren auf dem Fabrikhof einen dort stehenden Tisch entzweigefahren. Mit der Klage hat der Kläger Ersatz des Kleidungsschadens, der Behandlungskosten, einen Teil des Erwerbsausfalles und einen mit 150 DM bezifferten Teil des Schmerzensgeldes, zusammen 2.600 DM verlangt und um die Feststellung gebeten, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet seien, den aus dem Unfall entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen.
Die beiden Beklagten haben um Klageabweisung gebeten. Der Erstbeklagte hat im einzelnen vorgetragen, dass er seiner Aufsichtspflicht nachgekommen sei und keine Möglichkeit gehabt habe, die Schwarzfahrt seines Sohnes zu verhindern, ferner hat er behauptet, dass die Erwerbsbehinderung des Klägers auf eine schon vor dem Unfall bestehende Arthrosis zurückzufuhren sei.
Das Landgericht hat durch Grund- und Teilurteil den bezifferten Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und festgestellt, dass die beiden Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger den weiteren Unfallschaden zu ersetzen hätten. Gegen dieses am 28. April 1952 zugestellte Urteil hat der Erstbeklagte mit Schriftsatz vom 27. Mai 1952, der am 28. Mai 1952 bei Gericht eingegangen ist, Berufung eingelegt und beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger hat um Zurückweisung der Berufung gebeten. Nachdem am 4. September 1952 das Konkursverfahren über das Vermögen des Erstbeklagten eröffnet war, hat der Kläger seine Schadensersatzforderungen kapitalisiert und sie mit insgesamt 50.979,93 DM zur Konkurstabelle angemeldet. Der Konkursverwalter hat die Forderung im Prüfungstermin bestritten. In dem gegen den Konkursverwalter aufgenommenen Verfahren hat der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils zur Konkurstabelle festzustellen,
- a)
dass ihm ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus der Unfallentschädigungsforderung des Gemeinschuldners als Versicherungsnehmer in Höhe von 50.979,93 DM zustehe,
- b)
hilfsweise, dass ihm eine Schädensersatzforderung gegen den Gemeinschuldner aus dem Unfall in Höhe von 50.979,93 DM zustehe.
Mit Schriftsatz vom 18. September 1953, der am 19. September 1953 bei dem Berufungsgericht eingegangen ist, hat der Kläger Anschlussberufung eingelegt und mit dieser beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Haftpflichtversicherer des Gemeinschuldners, die Drittbeklagte, zur Zahlung von 50.979,93 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. September 1953 als Gesamtschuldner mit dem Zweitbeklagten zu verurteilen. Zur Begründung der Kapitalforderung hat der Kläger vorgetragen, er sei infolge seiner Gehbehinderung dauernd ausserstande, seinem Beruf als Tonverarbeitungsfachmann nachzugehen, und wolle deshalb durch eine Geschäftsgründung den Unterhalt seiner Familie sichern. Der Prozessbevollmächtigte des Konkursverwalters hat erklärt, dass er auch für die Drittbeklagte auftrete und der Einreichung der Klage nicht widerspreche. Die Drittbeklagte hat um Zurückweisung der Anschlussberufung gebeten und die Ansicht vertreten, für den Gemeinschuldner trete kein Deckungsschutz ein, soweit die Klageansprüche auf §832 BGB gestützt würden. Im Verhandlungstermin hat der Kläger erklärt, dass er gegen den Konkursverwalter vorerst keine Anträge stellen wolle.
Das Oberlandesgericht hat durch Grund- und Teilurteil auf die Anschlussberufung des Klägers den Klageanspruch gegen die Drittbeklagte dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten. Mit der Revision beantragt die Drittbeklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Anschlussberufung zurückzuweisen. Der Kläger bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
Das Revisionsgericht hatte von Amts wegen zu prüfen, ob die Prozessvoraussetzungen gegeben sind, von deren Vorhandensein die Gültigkeit und Wirksamkeit des Revisionsverfahrens abhängig ist. Zu diesen Voraussetzungen gehört auch die Zulässigkeit der Berufung (BGHZ 6, 369 [370]). Nur wenn ein in einem zulässigen Verfahren ergangenes Berufungsurteil vorliegt, ist für eine Sachentscheidung des Revisionsgerichts Raum. Ist das Berufungsurteil auf eine Anschlussberufung hin ergangen, so muss deren Ordnungsmässigkeit in gleicher Weise gegeben sein wie sonst die Zulässigkeit der Berufung (RGZ 156, 291 [294]). Daher musste auch hier unabhängig von einer Revisionsrüge geprüft werden, ob die vom Kläger erhobene Anschlussberufung zulässig war.
Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht war durch die Berufung des Erstbeklagten eingeleitet worden, mit der dieser um eine Abänderung des zu seinen Ungunsten ergangenen Grund- und Teilurteils des Landgerichts gebeten hatte. Der Zweitbeklagte, der bisher Streitgenosse des Erstbeklagten gewesen war, hatte das landgerichtliche Urteil gegen sich rechtskräftig werden lassen und war daher an dem Berufungsverfahren nicht beteiligt. Mithin war der Umfang der Nachprüfung des Berufungsgerichts begrenzt durch das landgerichtliche Urteil, soweit dieses im Verhältnis des Klägers zum Erstbeklagten entschieden hatte. Die Wirkungen, die die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Erstbeklagten auf das Verfahren hatte, ergeben sich aus den §§240, 250 ZPO und den §§3, 138 ff, 146 KO. Das Verfahren wurde zunächst unterbrochen. Da die Schadensersatzforderungen des Klägers Konkursforderungen im Sinn des §3 Abs. 1 KO waren, hatte der Kläger die Forderung unter Berücksichtigung der §§65 und 70 KO zur Konkurstabelle anzumelden, den Prüfungstermin abzuwarten und beim Widerspruch des Konkursverwalters das Verfahren gegen diesen unter Abänderung des Antrags auf eine Feststellung der Forderung zur Konkurstabelle weiter zu verfolgen. Demgemäss ist auch im vorliegenden Fall verfahren und das bisher gegen den Erstbeklagten gerichtete Verfahren gegen den Konkursverwalter aufgenommen worden. Eine Besonderheit der sachlichrechtlichen Lage besteht nur insoweit, als gemäss §157 VVG dem Kläger aus der Konkurseröffnung über das Vermögen seines Haftpflichtschuldners das Recht erwuchs, abgesonderte Befriedigung aus dessen Entschädigungsforderung gegen den Haftpflichtversicherer zu verlangen. Diese abgesonderte Befriedigung hatte gemäss §4 Abs. 2 KO unabhängig vom Konkursverfahren zu erfolgen. Das Reichsgericht hat unter Bestätigung der von Jaeger (Konkursordnung 7. Aufl. Anm. 12 zu §49) vertretenen Auffassung für die Durchführung dieser Befriedigung die für das Forderungspfandrecht geltende Vorschrift des §1282 BGB entsprechend angewandt und dem Schadensersatzgläubiger die Befugnis zugesprochen, die Versicherungsforderung des Gemeinschuldners zur Deckung seines Schadensersatzanspruchs nach dessen rechtskräftiger Feststellung selbst einzuziehen (RGZ 93, 209; 135, 295). Damit sind zwischen dem Geschädigten und dem Versicherer des Schädigers unmittelbare Rechtsbeziehungen hergestellt worden, die sonst nicht vorhanden sind. Der Schadensersatzgläubiger kann aber, wie bei jedem Absonderungsrecht, seine Forderung, für die der Gemeinschuldner persönlich haftet, zur Konkurstabelle anmelden (§64 KO) und den Widerspruch des Konkursverwalters durch eine Feststellungsklage überwinden. Auch der durch das Absonderungsrecht gedeckte Teil der Konkursforderung ist in der Konkurstabelle voll festzustellen (Jaeger Anm. 11 zu §64; RGZ 155, 95 [101]). Erst die Befriedigung aus der Konkursmasse ist auf den Betrag beschränkt, mit welchem der Konkursgläubiger bei der abgesonderten Befriedigung ausgefallen ist oder zu welchem er auf abgesonderte Befriedigung verzichtet hat. Der Schadensersatzgläubiger hat an der Überwindung des Widerspruchs des Konkursverwalters durch eine Feststellungsklage schon deshalb Interesse, weil der Versicherer grundsätzlich auch im Fall des §157 VVG nicht eher zur Zahlung verpflichtet ist, bevor nicht der Streit über das Bestehen der Schadensersatzforderung zwischen den Beteiligten rechtskräftig ausgetragen ist (RGZ 93, 209 [212]; vgl. auch §154 Abs. 1 VVG). Die ohne Widerspruch oder nach Überwindung eines Widerspruchs erfolgte Feststellung der Schadensersatzforderung zur Konkurstabelle hat gegenüber dem Konkursgläubiger die Wirkung eines rechtskräftigen Urteils (§145 Abs. 2 KO). Ist die Haftpflicht des Schadensersatzschuldners aber rechtskräftig festgestellt worden, so ist diese Feststellung auch gegenüber dem Versicherer massgebend (RGZ 167, 243 [246]; Ehrenzweig: Deutsches (Österreichisches) Versicherungsrecht 1952 S. 370). Die nur mit einer Fortsetzung des Verfahren zu erreichende Feststellung der Forderung zur Konkurstabelle hatte auch insoweit Bedeutung, als sie eine Umwandlung der Rentenforderungen in eine Kapitalforderung gemäss §70 KO bewirkt, die über den Konkurs hinaus wirkt und die der Versicherer gegen sich gelten lassen muss (RGZ 93, 204 [212]).
Der Kläger hat "vorerst" davon abgesehen, den Klageantrag gegen den Konkursverwalter weiter zu verfolgen und damit den Rechtsstreit in der Form weiterzuführen, wie es den gesetzlichen Vorschriften entspricht, die den Einfluss des Konkurses auf schwebende Rechtsstreitigkeiten über Konkursforderungen regeln. Statt dessen hat er gemäss §157 VVG den Versicherer als Gemeinschuldner unmittelbar auf Schadensersatzleistung in Anspruch genommen. Nun mag sachlichrechtlich kein Bedenken gegen ein solches Vorgehen bestehen, wenn sich der Versicherer mit ihm einverstanden erklärt und davon absieht, vom Schadensersatzgläubiger zunächst Durchführung des Rechtsstreits gegen den Schadensersatzschuldner und nach dessen Konkurs gegen den Konkursverwalter zu verlangen. Die Frage ist aber, ob es prozessual angängig war, in einem anhängigen Rechtsstreit eine zusätzliche Partei und einen ganz neuen Anspruch einzuführen, indem nunmehr auch das in seinem Umfang streitige Deckungsverhältnis des Versicherungsvertrags der Entscheidung des Gerichts unterbreitet wurde. Die Stellung dieses neuen Antrags gegen eine bisher nicht am Verfahren beteiligte Partei ist im zweiten Rechtszug erfolgt und zwar vom Berufungsbeklagten nach Ablauf der Berufungsfrist. Der Berufungsbeklagte kann sich grundsätzlich nur gegen die Berufung wehren. Will er über die Verteidigung hinausgehen und zu seinem Vorteil Anträge stellen, über die das erstinstanzliche Gericht noch nicht entschieden hatte, so steht ihm zu diesem Zweck nur das Mittel der Anschlussberufung zur Verfügung (RGZ 148, 131 [134]; 156, 291 [294]; RG JW 1938, 895; Stein-Jonas-Schönke I zu §521). Dieser Weg ist vom Kläger auch gewählt worden, um den neuen Klageantrag in das Verfahren einzuführen. Die unselbständige Anschlussberufung ist aber nach dem Gesetz auf sehr enge Weise mit der Berufung verbunden, was darin zum Ausdruck kommt, dass sie von selbst ihre Wirkung verliert, wenn die Berufung zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird (§522 Abs. 1 ZPO). Da sie Antragstellung innerhalb einer fremden Berufung ist, wobei das Rechtsmittel selbst das einheitliche, vom Berufungskläger eingelegte bleibt (BGHZ 4, 229 [233]), setzt sie ihrem Wesen nach voraus, dass sie sich mit ihren Anträgen gegen den Berufungskläger wendet, dessen Rechtsmittel sie sich "anschliesst". Die subjektive Seite der Anschlussberufung ist, wie Walsmann (Die Anschlussberufung 1928) ausführt, dadurch bestimmt, dass auf der Passivseite nur ein Streitgenosse betroffen werden kann, der die Berufung eingelegt hat (S. 148). Die wichtigste Zulässigkeitsvoraussetzung der Anschlussberufung sei, dass eine Berufung des Gegners der Anschlussberufung vorliege (S. 187). Demgemäss hat auch das Reichsgericht erklärt, eine Anschlussberufung sei unzulässig, wenn sie Anträge gegen einen Streitgenossen verfolge, der aus dem Verfahren ausgeschieden sei (RGZ 46, 415). Die Erläuterungswerke zur Zivilprozessordnung legen den gleichen Standpunkt als selbstverständlich zugrunde (Stein-Jonas-Schönke I 2 zu §521; Baumbach ZPO 21. Aufl. 1 B zu §521). Es würde in der Tat eine völlig ungewöhnliche Verfahrenslage entstehen, wenn man dem Berufungsbeklagten die Möglichkeit einräumen würde, innerhalb fremder Berufung Klageanträge gegen einen Dritten zu stellen und deren Wirksamkeit von dem Schicksal der Berufung (§522 Abs. 1 ZPO) abhängig zu machen, wobei insbesondere darauf hinzuweisen ist, dass der Berufungskläger bei einer Rücknahme seines Rechtsmittels auch die Kosten der nunmehr erledigten Rechtsverfolgung gegen den Dritten tragen müsste (BGHZ 4, 229). Die enge "Verzahnung" zwischen Berufung und Anschlussberufung muss, wie das Reichsgericht (RGZ 159, 293) ausgeführt hat, auch dazu führen, dass eine selbständige Entscheidung über die unselbständige Anschlussberufung durch Teilurteil vor Erledigung der Berufung unzulässig ist; denn es gehe nicht an, dass der Bestand des Teilurteils durch eine mögliche Rücknahme der Berufung in Frage gestellt werde. Das Reichsgericht hat die Unzulässigkeit eines solchen Teilurteils über eine Anschlussberufung ohne Revisionsrüge berücksichtigt und das Teilurteil aufgehoben. Erst recht darf die Anschlussberufung nicht dazu benutzt werden, um einen Streit des Berufungsbeklagten mit einem Dritten ohne Rücksicht auf das Schicksal der Berufung auszutragen. Es bedarf keiner Erörterung, in welchem Umfang sonst ein gewillkürter Parteibeitritt in einem anhängigen Verfahren zulässig ist; jedenfalls haben es die Parteien nicht in der Hand, durch eine Abrede zu bestimmen, dass ihr Streit unter Umgehung des ersten Rechtszuges innerhalb einer von einer anderen Partei eingelegten Berufung dem Gericht zur Entscheidung gestellt wird. Sah der Kläger davon ab, den Rechtsstreit gegen den Konkursverwalter weiterzuführen und entschloss er sich, den Versicherer des Gemeinschuldners unmittelbar in Anspruch zu nehmen, so musste er gegen diesen die Klage vor dem Gericht des ersten Rechtszugs erheben. Da die eingelegte Anschlussberufung nicht statthaft war und daher keine Grundlage für die Sachentscheidung des Berufungsgerichts abgeben konnte, war das Berufungsurteil auf die Revision der Drittbeklagten aufzuheben und die Anschlussberufung als unzulässig zu verwerfen (§§522 a Abs. 3, 519 b Abs. 1 ZPO).
Bestand bei der erforderlichen Prozessabweisung auch keine Möglichkeit, auf die mit der Anschlussberufung eingereichte "Klage" gegen den Drittbeklagten in sachlicher Hinsicht einzugehen, so mag doch darauf hingewiesen werden, dass gegen diese Klage und damit gegen die Zulässigkeit eines Zwischenurteils über den Grund des Anspruchs weitere verfahrensrechtliche Bedenken bestehen. Die Begründung der Klage gegen den Drittbeklagten nimmt auf die Begründung der Feststellungsklage gegen den Konkursverwalter Bezug. Die mit dieser Klage verfolgten Schadensersatzansprüche waren in dem Schriftsatz vom 15. Juli 1953 - Bl. 166 der Akten - auf 64.774,93 DM beziffert worden, wobei die "wiederkehrenden Hebungen" im Sinn des §70 KO kapitalisiert waren. Hinzu sollte ein Schmerzensgeld von 10.000 DM treten (Schriftsatz vom 15. Oktober 1953 - Bl 207 -). Wenn von dieser Gesamtforderung nur ein Teilbetrag, nämlich die zur Konkurstabelle angemeldeten 50.929,53 DM geltend gemacht wurden, so war dabei offengelassen, aus welchen der verschiedenen Einzelforderungen sich die Teilklageforderung zusammensetzen sollte. Ohne eine klare Abgrenzung fehlte aber der Klage die nach §253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO notwendige bestimmte Angabe des Gegenstandes und Grundes des erhobenen Anspruchs, sodass ein Urteil über den Grund des Anspruchs, bei dem zweifelhaft blieb, wieweit die Bindung des Gerichts für das Nachverfahren ging, nicht ergehen durfte (RGZ 157, 321 [326]; BGHZ 11, 192).
Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO (vgl. BGHZ 4, 229 [240]).