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Bundesgerichtshof
Urt. v. 08.07.1954, Az.: IV ZR 67/54

Entstehen des Anspruchs auf Gewährung einer Aussteuer zum Zeitpunkt der Eheschließung; Rückwirkende Kraft des Gleichberechtigungsgrundsatzes auf vor seinem Inkrafttreten entstandene Rechte und Rechtsverhältnisse; Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Aussteuerpflichtigen

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
08.07.1954
Aktenzeichen
IV ZR 67/54
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1954, 10166
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Nürnberg - 15.01.1954

Fundstellen

  • BGHZ 14, 205 - 210
  • DB 1954, 718 (amtl. Leitsatz)
  • NJW 1954, 1522 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

1. Ehefrau Maria W. in Z., S. straße ...

2. Georg W. in Z., S. straße ...,

Prozessgegner

Ehefrau Marianne B. geb. U. in O., H.-Kaserne

Amtlicher Leitsatz

Der seit dem 1. April 1953 geltende Grundsatz der Gleichberechtigung von Mann und Frau läßt Aussteueransprüche, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, unverändert bestehen.

Eine Ordnungsmässige Verfahrensrüge erfordert, daß die Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben sollen, in den wesentlichen Punkten genau und bestimmt angegeben werden.

In dem Rechtsstreit
hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 1954
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten Schmidt,
der Bundesrichter Raske, Johannsen, Dr. v. Werner und Wüstenberg
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Nürnberg vom 15. Januar 1954 wird auf Kosten der Beklagten Maria W. zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist die am ... geborene Tochter der Beklagten Maria W. aus deren erster geschiedener Ehe. Ihr Vater, der erste Mann der Beklagten Maria W., ist seit März 1945 im Kriege vermißt. Am 19. April 1949 hat die Klägerin die elterliche Wohnung verlassen und am 11. August 1949 mit Helmut Gerhard B. die Ehe geschlossen. Eine Aussteuer hat sie von ihren Eltern noch nicht erhalten.

2

Die Klägerin verlangt von ihrer Mutter Herausgabe verschiedener Gegenstände, die ihr, wie sie behauptet, von dieser geschenkt sind, jetzt aber vorenthalten werden. Ferner beansprucht sie die Gewährung einer Aussteuer. Ihr Vater, so trägt sie vor, sei völlig vermögenslos gewesen, Ihre Mutter dagegen besitze ein beachtliches Vermögen. Sie sei alleinige Inhaberin einer Damenschneiderei in Z. und zur Hälfte Miteigentümerin an einem Anwesen in W. Ihr Gesamtvermögen habe einen Wert von mindestens 25.000,- DM, sie, die Klägerin, sei daher berechtigt, von ihrer Mutter eine angemessene Aussteuer zu fordern. Sie habe weder eine diesem Anspruch entsprechende Berufsausbildung genossen, noch habe sie jemals auf die Aussteuer verzichtet. Der jetzige Ehemann ihrer Mutter sei zu der Zeit, als er mit dieser die Ehe geschlossen habe, vermögenslos gewesen und habe damals den Offenbarungseid geleistet.

3

Die Klägerin hat im ersten Rechtszuge beantragt:

  1. I.

    Die Beklagte zu 1) zur Herausgabe einiger (im Antrag näher bezeichneter) Gegenstände zu verurteilen. (Dieser Antrag ist nicht Gegenstand des Berufungs- und Revisionsverfahrens geworden).

  2. II.

    Die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie, die Klägerin, zur Beschaffung einer angemessenen Aussteuer einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Betrag, als welchen sie eine Summe von 5.000,- DM vorschlägt, zu zahlen.

  3. III.

    Den Beklagten zu 2) zu verurteilen, die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut der Beklagten zu 1) zu dulden.

4

Die Beklagten haben Abweisung der Klage beantragt und ausgeführt:

5

Zur Leistung der Aussteuer sei in erster Linie der Vater der Klägerin, der keineswegs vermögenslos sei, verpflichtet. Auch im Falle der Vermögenslosigkeit des Vaters könne die Klägerin eine Aussteuer in dem beantragten Ausmaße nicht verlangen. Das gewerbliche Unternehmen gehöre nicht der Beklagten zu 1), sondern ihrem Ehemanne. Dieser habe die Damenschneiderei in Z. aufgebaut, sie, die Beklagte zu 1), selbst habe kein Vermögen. Die Klägerin sei außerdem bis zu ihrem 25. Lebensjahre von ihr, der Beklagten zu 1), unterhalten worden und habe auf ihre Kosten eine vollständige und kostspielige Berufsausbildung erhalten. Sie habe auch auf ihren Aussteueranspruch wirksam verzichtet.

6

Das Landgericht hat durch Teilurteil vom 11. Juni 1953 die Klage zu Ziff. II in vollem Umfange und zu Ziff. III insoweit abgewiesen, als die Klägerin die Verurteilung des Beklagten zu 2) zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut seiner Ehefrau wegen des Anspruchs zu Ziff. II beantragt hatte.

7

Das Landgericht hat diese Entscheidung damit begründet, daß der Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter gemäß Art. 3 Abs. 2, Art. 117 Abs. 1 GrundG mit Ablauf des 31. März 1953 unmittelbar geltendes Recht geworden sei und daß die Gewährung einer Aussteuer nach Maßgabe des § 1620 BGB sich mit diesem Grundsatz nicht vereinbaren lasse, weil sie eine Bevorzugung der Töchter gegenüber den Söhnen bedeute. Seit der Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuches hätten sich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse grundlegend geändert; die Töchter würden heute fast ausnahmslos eine ebenso wertvolle Berufsausbildung erhalten wie die Söhne, der Grund für die Gewährung einer Aussteuer an die Töchter sei daher entfallen.

8

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil, soweit sie darin mit ihrem Aussteueranspruch gegen die Beklagte zu 1) abgewiesen ist, Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat auf ihre Berufung das Teilurteil des Landgerichts teilweise, nämlich insoweit, als es, mit der Berufung angefochten war, aufgehoben und den Aussteueranspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1) dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt.

9

Mit der Revision, die das Berufungsgericht zugelassen hat, erstrebt die Beklagte zu 1) die völlige Wiederherstellung des landgerichtlichen Teilurteils.

10

Die Klägerin bittet, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

11

I.

Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, daß der von der Klägerin gegen ihre Mutter erhobene Anspruch auf Gewährung einer Aussteuer dem Grunde nach zu Recht bestehe.

12

Der Aussteueranspruch gelange, wie das Reichsgericht in ständiger Rechtsprechung anerkannt habe, im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Aussteuer, zur Einrichtung des Haushalts zu dienen, mit der Eheschließung zur Entstehung. Dieser Zeitpunkt sei für die Leistungsfähigkeit des aussteuerpflichtigen Elternteils wie auch für die Leistungsbedürftigkeit der Tochter maßgebend (RGZ 58, 139 f [141] JW 1915, 331; 1925, 354; Warn 1921 Nr. 129; Rechtsspr. OLG 39, 7).

13

Die Klägerin habe am 11. August 1949 die Ehe geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hätten die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Aussteuerpflicht ihrer Mutter bestanden: Der Vater der Klägerin sei seit dem 13. März 1945 vermißt. Von ihm sei kein Vermögen vorhanden. Die Aussteuerpflicht treffe deshalb nach § 1620 Abs. 1 S 2 BGB die Mutter. Diese sei auch, wie schon die bisher getroffenen vorläufigen Feststellungen über ihre Vermögens- und Einkommensverhältnisse ergäben, ohne Gefährdung ihres standesmässigen Unterhalts zur Gewährung einer Aussteuer imstande. Die Klägerin habe bei ihrer Eheschließung kein zur Beschaffung der Aussteuer ausreichendes Vermögen gehabt.

14

Es seien auch keine Umstände gegeben, durch die der einmal entstandene Aussteueranspruch der Klägerin wieder erloschen sei. Insbesondere sei dies nicht dadurch geschehen, daß die Gleichstellung von Mann und Frau seit dem 1. April 1953 gemäß Art. 3, Abs. 2, Art. 117, Abs. 1 GrundG unmittelbar geltendes Recht geworden sei, ähnlich wie etwa vor Anlegung der Grundbücher bereits entstandene Rechte durch das Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in ihrem Bestande nicht berührt worden seien und wie für die Frage ihres Entstehens das frühere Recht maßgebend bleibe (Art. 169, 185, 187 EGBGB.) so sei auch der einmal - vor dem 1. April 1953 - entstandene privatrechtliche Aussteueranspruch durch den am 1. April 1953 eingetretenen Rechtszustand nicht berührt worden. Den angezogenen Bestimmungen des GrundG komme jedenfalls insoweit rückwirkende Kraft nicht zu. Die Vernichtung eines einmal erworbenen privatrechtlichen Anspruchs durch eine spätere gesetzliche Norm würde einer entschädigungslosen Enteignung gleichkommen, die mit dem Grundgesetz selbst (Art. 14 Abs. 2) in Widerspruch stehe. Für Erörterungen darüber, ob der Anspruch etwa durch eine genossene Berufsausbildung aufgebraucht sei, sei daher im Zusammenhang mit diesem Rechtsstreit kein Raum. Das bis zum 1. April 1953 geltende Aussteuerrecht habe insoweit eine Ausgleichspflicht der Tochter für Vorausempfänge nicht vorgesehen.

15

Gegen diese letzteren Darlegungen richtet sich der Hauptangriff der Revision, die dazu ausführt: in seinem Urteil vom 3. Dezember 1953 - BGHZ 11, 206 ff [207] - habe der erkennende Senat ausgesprochen, daß ein Aussteueranspruch mit dem Ablauf des 31. März 1953, soweit zu diesem Zeitpunkt noch nicht rechtskräftig über ihn erkannt worden sei, nach dem seither geltenden Recht, also unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Gleichberechtigung zu beurteilen sei. Damit sei zum Ausdruck gebracht, daß die Rückwirkung des Art. 17 GrundG nur in einer vor dem 31. März 1953 rechtskräftig gewordenen Entscheidung ihre Schranke habe. Ein Aussteueranspruch, der vor dem 31. März 1953 entstanden, jedoch noch nicht rechtskräftig zuerkannt sei, unterliege also den Beschränkungen, die der Senat in seiner obigen Entscheidung vom 3. Dezember 1953 aus dem neuen Rechtszustand hergeleitet habe.

16

Es ist zuzugeben, daß der Satz, den die Revision aus dieser Entscheidung, der jedoch ein anderer Sachverhalt zugrunde lag, anführt, für sich genommen auf den ersten Blick die von ihr vertretene Auffassung zu rechtfertigen scheint. In Wirklichkeit sollte damit aber, wie sich aus dem Zusammenhang der betreffenden Darlegungen ergibt, lediglich gesagt sein, daß die Norm, nach der seit dem 1. April 1953 über einen Aussteueranspruch zu entscheiden ist, in dem seit diesem Tage geltenden neuen Recht gegeben sei. Das bedeutet, daß das neue Recht auch für die Beantwortung der Frage maßgebend ist, ob und inwieweit ihm rückwirkende Kraft zukommt, daß also eine etwaige Weitergeltung des bisherigen Rechts für Verhältnisse und Vorgänge, die der Vergangenheit angehören ihre Grundlage in dem neuen Recht hat, weil "jeder Rechtssatz zugleich eine Norm über die zeitlichen Grenzen der ihm zukommenden Wirksamkeit in sich birgt" (Motive zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches I, 21). Darüber aber, in welchem Sinne die Frage nach der Rückwirkung des neuen Rechtszustandes zu beantworten ist, hat jene Entscheidung des Senats sich nicht ausgesprochen. Zu einer Stellungnahme hierzu bestand damals kein Anlaß, weil die Klägerin in jenem Rechtsstreit die Ehe noch nicht geschlossen, sondern auf künftige Erfüllung eines Aussteueranspruchs klagte, der erst nach dem 31. März 1953 zur Entstehung gelangen sollte.

17

Das Berufungsgericht ist nun in Übereinstimmung mit der feststehenden, auch von der Revision nicht angegriffenen Rechtsprechung davon ausgegangen, daß der Aussteueranspruch mit der Eheschließung entsteht. Am 11. August 1949, als die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreits sich verehelichte, galt aber § 1620 BGB noch ohne Rücksicht auf den Grundsatz der Gleichberechtigung der Geschlechter. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, das diesem Grundsatz in Art. 3 Gesetzeskraft verlieh, war zwar damals bereits in Kraft getreten. Es hatte jedoch in Art. 117 Abs. 1 ausdrücklich angeordnet, daß das diesem Grundsatz entgegenstehende Recht bis zum 31. März 1953 fortgelten solle. Demgemäß ist, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, die frage, ob und in welchem Umfange der Aussteueranspruch der Klägerin gegen ihre Mutter entstanden ist, nach dem damals geltenden Recht, also nach dem den Forderungen des Gleichberechtigungsgrundsatzes noch nicht angepaßten Inhalt des § 1620 BGB zu beurteilen.

18

Eine ausdrückliche Bestimmung darüber, ob der mit dem Ablauf des 31. März 1953 in Kraft getretene neue Rechtszustand einen vor diesem Zeitpunkt entstandenen und noch bestehenden (insbesondere noch unerfüllten) Aussteueranspruch nach Inhalt oder Umfang ändert, enthält das Grundgesetz nicht. Es wäre Sache des in Art. 117 Abs. 1 GrundG in Aussicht genommenen, bisher indes vom Gesetzgeber noch nicht erlassenen Anpassungsgesetzes gewesen, darüber eine Übergangsregelung zu treffen (vgl. v. Mangold, das Bonner Grundgesetz, Vorbem vor Art. 116 S 607). Solange sie nicht vorliegt, muß der Richter sie entsprechend der ihm durch die Rechtsentwicklung auf dem Gebiet des Familienrechts zugefallenen Aufgabe nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu finden suchen.

19

Für die Frage, inwieweit einem Gesetz rückwirkende Kraft zukommt, gilt aber der allgemeine Grundsatz, daß eine Rückwirkung nur anzunehmen ist, wenn das Gesetz sie in bestimmter Weise gebietet oder wenn besondere Gründe die Annahme rechtfertigen, daß der Gesetzeswille auf sie gerichtet ist. Insbesondere bleiben danach für Rechte und Rechtsverhältnisse, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes entstanden sind, die bisherigen Gesetze maßgebend, sofern nicht eine Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot der Rückwirkung aus dem neuen Gesetz, insbesondere aus seinen Übergangsvorschriften zu entnehmen ist (vgl. Staudinger-Keidel Einf. G zum BGB, 9. Aufl 1. Teil, Vorbem zum vierten Abschn. III, 1 und IV A [S 399 und 400]).

20

Hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage, ob der seit dem 1. April 1953 im Familienrecht geltende neue Rechtszustand auch auf Aussteueransprüche zurückwirkt, die vor diesem Zeitpunkt entstanden sind, besteht für die Anerkennung einer solchen Ausnahme kein innerer Grund. Die Frage, ob und in welchem Umfang der Gleichberechtigungsgrundsatz nach diesem Zeitpunkt noch die Entstehung eines Aussteueranspruchs zuläßt, ist im Gesamtrahmen der durch diesen Grundsatz herbeigeführten Rechtsänderung von verhältnismässig untergeordneter Bedeutung. Nach der Entscheidung des erkennenden Senats vom 3. Dezember 1953 bringt der neue Rechtszustand in Bezug auf den Aussteueranspruch keine grundsätzliche Änderung, sondern lediglich die Einschränkung, daß die Gewährung einer Aussteuer im Einzelfalle nicht zu einer Bevorzugung der Tochter vor den Söhnen führen soll. Ein dringendes Bedürfnis, auch bereits unter dem bisherigen Recht zur Entstehung gelangte Aussteueransprüche dieser Einschränkung zu unterwerfen, besteht nicht. Einen bereits erfüllten Aussteueranspruch unter diesem Gesichtspunkt einer erneuten Prüfung auszusetzen, wäre schon im Interesse des Rechtsfriedens und der Rechtssicherheit nicht zu verantworten. Andererseits aber würde eine unterschiedliche Behandlung der erfüllten und der noch nicht erfüllten Ansprüche dem Gebot der Gerechtigkeit und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GrundG) zuwiderlaufen. Nach allem hat das Berufungsgericht eine Rückwirkung des neuen Rechtszustandes in dem von der Revision vertretenen Sinne mit Recht verneint.

21

II.

"Fürsorglich" hat die Revision noch gerügt, das Berufungsgericht habe die Leistungsfähigkeit der Beklagten zu 1) unter Verletzung des Verfahrensrechts bejaht. Es habe die von der Beklagten bezüglich ihrer Vermögens- und Einkommens Verhältnisse unter Beweisantretung aufgestellten Behauptungen ebenso unberücksichtigt gelassen, wie die vom Landgericht getroffenen einschlägigen Feststellungen.

22

Auch diese Rüge kann keinen Erfolg haben. Das Berufungsgericht hat die Frage, ob die Beklagte ohne Gefährdung ihres standesmässigen Unterhalts in der Lage sei, ihrer Tochter eine Aussteuer zu gewähren, lediglich im Grundsatz bejaht. In welchem Umfang der Anspruch angemessen sei, hat es noch nicht entschieden, weil es zur Beantwortung dieser Frage noch einer genaueren Feststellung der Vermögenslage der Beklagten am 11. August 1949 und einer Bewertung ihres Grundbesitzes bedürfe (BU S 11). Die grundsätzliche Bejahung ihrer Leistungsfähigkeit hat es auf die Feststellung gegründet, daß die Beklagte Alleininhaberin des auf ihren Namen angemeldeten Gewerbebetriebes ("Schneiderei, Konfektionsherstellung von Damenkleidern und Wäschestücken") und zur Hälfte Miteigentümerin eines Grundstückes in Wintersdorf sei. Das Berufungsgericht hat im einzelnen dargelegt, worauf es diese Feststellungen stützt. Wenn die Revision demgegenüber nur allgemein geltend macht, das Berufungsgericht habe "die von der Beklagten bezüglich ihrer Vermögens- und Einkommensverhältnisse aufgestellten Behauptungen und die vom Landgericht getroffenen einschlägigen Feststellungen" unberücksichtigt gelassen, so kann darin eine der Vorschrift des § 554 Abs. 2 Nr. 2 b ZPO entsprechende ordnungsmässige Verfahrensrüge nicht erblickt werden. Nach dieser Vorschrift müssen die Tatsachen, die den Verfahrensmangel ergeben sollen, in den wesentlichen Punkten genau und bestimmt angegeben werden (vgl. Stein-Jonas-Schönke ZPO 18. Aufl § 554 Bem III A 3 b; RGZ 87, 5 f 792, 68 ff und 126, 245 ff [248, 249]). Um dieser Vorschrift, die der Entlastung des Revisionsgerichts zu dienen bestimmt ist, zu genügen, hätte die Revision mindestens auf die entsprechenden Stellen und Blattzahlen der von der Beklagten vorgetragenen Schriftsätze hinweisen müssen, welche die von ihr behaupteten und nach ihrer Meinung übergangenen Behauptungen und Beweisangebote enthalten sollen. Es kann nicht Aufgabe des Revisionsgerichts sein, den - möglicherweise erfolglos bleibenden - Versuch zu unternehmen, mittels Durchforschung des gesamten Akteninhalts festzustellen, welche Behauptungen und Beweisangebote den Gegenstand der erhobenen Revisionsrüge bilden sollen. Die Feststellungen des landgerichtlichen Urteils waren als solche für das Berufungsgericht nicht bindend. Es brauchte sich also damit nicht auseinanderzusetzen.

23

Nach allem war die Revision zurückzuweisen. Ihre Kosten fallen gemäß § 97 ZPO der Beklagten zur Last.

Schmidt
Raske
Johannsen
v. Werner
Wüstenberg