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Bundesgerichtshof
Urt. v. 11.06.1953, Az.: 5 StR 760/52

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
11.06.1953
Aktenzeichen
5 StR 760/52
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1953, 11196
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Berlin - 14.07.1952

Verfahrensgegenstand

Meineid

In der Strafsache
wegen Meineides
hat der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs
in der Sitzung vom 11. Juni 1953,
an der teilgenommen haben:
Senatspräsident Dr. Geier als Vorsitzender,
Bundesrichter Sarstedt,
Bundesrichterin Dr. Koffka,
Bundesrichter Schmidt,
Bundesrichter Siemer als beisitzende Richter,
Bundesanstalt Dr. ... als Vertreter der Bundesanwaltschaft,
Justizobersekretär ... als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts in Berlin vom 14. Juli 1952 aufgehoben.

Der Angeklagte wird freigesprochen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Landeskasse.

Gründe

1

I.

Der Angeklagte hat am 30. März 1951 auf Veranlassung der F.schen Erben den Offenbarungseid geleistet. In dem überreichten Vermögensverzeichnis hat er die Nr. B 2, betreffend "Forderungen auf Gehalt, Lohn, Renten u.ä., und zwar auch, soweit die Forderungen des Schuldners aus seinen Verträgen auf Leistung an seine Angehörigen gehen", mit dem Vermerk "keine" versehen.

2

Die Strafkammer hält insoweit das Vermögensverzeichnis für unvollständig und meint, diese Unvollständigkeit sei dem Angeklagten bekannt gewesene. Er habe daher ein unrichtiges Vermögensverzeichnis in Kenntnis seiner Unrichtigkeit beschworen.

3

Die Strafkammer hat deshalb den Angeklagten wegen Meineides zu acht Monaten Gefängnis verurteilt und ihm die bürgerlichen Ehrenrechte für ein Jahr und die Fähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, für dauernd aberkannt.

4

Hiergegen richtet sich die Revision des Angeklagten, die Verletzung des sachlichen Strafrechts rügt. Daß Rechtsmittel hat Erfolg.

5

II.

Bei der rechtlichen Würdigung geht die Strafkammer davon aus, der Angeklagte hätte unter Nr. B 2 des Vermögensverzeichnisses eine Forderung auf Zahlung von monatlich 60,- DM Aufwandsentschädigung gegen die "U. V. H." (UVHV) angeben müssen, die er an seine Ehefrau abgetreten habe. Die Abtretung, die er am 2. Februar 1951 vorgenommen habe, sei zwar ernstlich gemeint und rechtlich wirksam gewesen, es habe sich auch nicht um eine nur treuhänderische Abtretung gehandelt. Trotzdem hätte die Forderung unter der erwähnten Nummer angegeben werden müssen. Nach dem Sinn und Zweck des Offenbarungseides, den Schuldner im Interesse des Gläubigers zu einer erschöpfenden Aufdeckung seines gesamten Vermögensbestandes zu zwingen, seien die in der Rubrik B aufgeführten Forderungen und Rechte der Übersicht halber nach verschiedenen Kategorien aufgeteilt. Die einzelnen Nummern seien weitherzig auszulegen. Danach fielen der Anspruch auf Aufwandsentschädigung gegen die UVHV unter die Gruppe der in Nr. 2 beispielhaft aufgeführten Wiederkehrforderungen, wie Gehalt, Lohn, Renten u.ä. Es sei zwar nicht zu verkennen, daß die anschließende Fassung der Nr. 2 "und zwar auch, soweit die Forderungen des Schuldners aus seinen Verträgen auf Leistung an seine Angehörigen gehen" dem Wortlaut nach nur den Fall betreffe, daß die Leistung einer solchen Wiederkehrzahlung an einen Angehörigen des Schuldners nicht aufgrund einer Forderungsabtretung, sondern aufgrund eines den Angehörigen unmittelbar berechtigenden Vertrages zu Gunsten Dritter erfolge. Die Strafkammer trage jedoch keine Bedenken, "im Sinne der aus den dargelegten Gründen gebotenen weitherzigen Auslegung des nur beispielhaften Formulartextes des Vermögensverzeichnisses auch eine der Ehefrau aufgrund einer Abtretung zustehende Wiederkehrforderung in den Kreis der offenbarungspflichtigen Forderungen gemäß Nr. 2 des Vermögensverzeichnisses mit einzubeziehen".

6

Bei diesen Ausführungen verkennt die Strafkammer, daß für die Frage, was objektiv zu dem Vermögen gehört, das der Schuldner nach § 807 ZPO anzugeben hat, und auf dessen Vollständigkeit und Richtigkeit sich der Offenbarungseid bezieht, nicht die Fassung des dem Schuldner ausgehändigten Formblatts maßgebend ist, sondern der Rechtsbegriff des Vermögens. Gegenstände oder Forderungen, die rechtlich nicht zum Vermögen des Schuldners gehören, fallen nicht deshalb unter seine Offenbarungspflicht, weil sie in dem Formblatt aufgeführt sind, wie umgekehrt die Offenbarungspflicht objektiv niemals dadurch eingeschränkt werden könnte, daß ein Vermögenswert nicht ausdrücklich in dem Formular aufgeführt würde. Die Strafkammer hätte daher prüfen müssen, ob die abgetretene Forderung zum Vermögen des Angeklagten gehörte. Diese Frage ist zu verneinen. Obgleich die Sachdarstellung zunächst den Eindruck macht, der Angeklagte habe nur die rückständigen, nicht auch die laufenden Forderungen auf Büromiete und Aufwandsentschädigung an seine Ehefrau abgetreten, ergeben die weiteren Ausführungen des Urteils, daß der Angeklagte sowohl die rückständigen als auch die noch nicht fälligen Forderungen aus seinem Vertrag mit der UVHV vor Leistung des Offenbarungseides an seine Ehefrau abgetreten hatte. Dann aber gehörten diese Forderungen zur Zeit der Eidesleistung nicht zu seinem Vermögen und fielen daher auch nicht unter seine Offenbarungspflicht. Das würde auch dann gelten, wenn die Abtretung nach § 3 AnfG anfechtbar wäre. Denn die Anfechtungsmöglichkeit nach diesem Gesetz würde ja nicht dem Angeklagten, sondern nur seinem Gläubiger zustehen; dem Angeklagten würde daher die Forderung auch in diesem Falle nicht etwa unter der auflösenden Bedingung der Anfechtung zustehen (vgl. KG JW 38, 2685). Die weitergehende Offenbarungspflicht der §§ 4 Nr. 3, 69 VerglO gilt für § 807 ZPO nicht (vgl. Stein-Jonas-Schönke Bem. III zu § 807 ZPO). Hieran hat sich auch durch § 10 LPfVO nichts geändert, auf dem die von der Strafkammer erwähnte Nr. B 2 des vom Angeklagten ausgefüllten Formblatts offenbar beruht. Diese Bestimmung rechnet allerdings bestimmte Forderungen Dritter (gleichgültig ob es sich um Angehörige des Schuldners handelt oder nicht), die ihren Grund in Arbeits- oder Dienstleistungen des Schuldners haben, zu dessen pfändbarem Vermögen. Deshalb fallen diese Forderungen auch unter § 807 ZPO. § 10 LPfVO setzt aber voraus, daß der Anspruch des Dritten auf einer Vereinbarung zwischen diesem und dem Empfänger der Dienste oder Arbeiten des Schuldners beruht; er findet keine Anwendung auf abgetretene Forderungen des Schuldners (vgl. Stein-Jonas-Schönke Bem. B 2 a zu § 10 LPfVO).

7

Da demnach das Vermögensverzeichnis des Angeklagten nicht unrichtig war, konnte seine Verurteilung wegen Meineides nicht erfolgen, der Angeklagte war vielmehr freizusprechen.

8

Die Entscheidung entspricht dem Antrag des Oberbundesanwalts.

Dr. Geier
Sarstedt
Dr. Koffka
Schmidt
Siemer