Bundesgerichtshof
Urt. v. 31.10.1952, Az.: V ZR 36/51
Errichten eines Hauses in massiver Bauweise als Behelfsheim; Feststellungsbegehren hinsichtlich der Eigentümerschaft an Gebäuden; Anforderungen an die Begründung eines "Rechts an einem fremden Grundstück" im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB ; Zum "nur vorübergehenden Zweck" im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wenn die Sache nach Beendigung des Mietverhältnisses auch den Zwecken des Vermieters dienen soll; Erteilung einer Verfügung zur Errichtung von Behelfsheimen
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 31.10.1952
- Aktenzeichen
- V ZR 36/51
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1952, 10506
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- OLG Oldenburg - 02.03.1951
- LG Osnabrück - 20.04.1950
Rechtsgrundlage
Fundstellen
- BGHZ 8, 1 - 8
- DB 1952, 1031-1032 (Volltext mit amtl. LS)
- MDR 1953, 87-89 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)
- NJW 1953, 137-138 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
Bauunternehmer Theodor G. in N., N. Strasse 196.
Prozessgegner
Bauer (Hofbesitzer) Berend H. in N.-B., N. Strasse 212.
Amtlicher Leitsatz
- 1.)
Derjenige, zu dessen Gunsten auf Grund des Reichsleistungsgesetzes ein Grundstück zur Errichtung eines Behelfsheims in Anspruch genommen wird, ist bei Anwendung des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB einem Grundstücksmieter gleichzustellen.
- 2.)
Ein Gebäude, welches ein Mieter auf dem gemieteten Grundstück errichtet, ist im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem nur vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden, wenn es nur den Zwecken des Mieters dienen soll: es ist nicht zu einem nur vorübergehenden Zweck errichtet, wenn es sowohl den Zwecken des Mieters als auch nach Beendigung des Mietverhältnisses den Zwecken des Vermieters dienen soll.
In dem Rechtsstreit
hat der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
auf die mündliche Verhandlung vom 31. Oktober 1952
unter Mitwirkung
des Senatspräsidenten prof. Dr. Pritsch und
der Bundesrichter Dr.v. Normann, Dr. Heck, Schuster und Dr. Oechssler
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 1. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Oldenburg vom 2. März 1951 aufgehoben und dahin erkannt:
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts in Osnabrück vom 20. April 1950 abgeändert:
Die Klage Wird abgewiesen.
Der Kläger hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über das Eigentum des auf dem Grundstück N., H.strasse 27, befindlichen Hauses.
Am 29. August 1944 erliess der Landrat in B. an den Kläger folgende Verfügung:
"Die Bauunternehmer Theodor G. in N. und B. & C. in N. benötigen für die Errichtung von 8 bezw. 6 Behelfsheimen etwa 3.000 qm und 2.250 qm Grund und Boden. Auf Grund des Reichsleistungsgesetzes vom 1. September 1939 (RGBl I S 1645) in Verbindung mit der Bekanntmachung des Herrn Reichsministers des Innern vom 30. August 1939 (RGBl I S 1541) und des Erlasses des Herrn Reichswohnungskommissars vom 22. September 1943 - II Kr 2141/19/43 - spreche ich hiermit die Inanspruchnahme des Ihnen gehörigen Grundstücks in N. an der Ecke P./H.straße aus es folgt die Beschreibung des Grundstücks. Das vorbezeichnete Grundstück ist somit beschlagnahmt und auf Grund des § 10 Abs. 1 des Reichsleistungsgesetzes den Unternehmern G. und B. und C. in N. bis auf weiteres zur Verfügung zu stellen. Die Unternehmer G. und B. & C. haben Ihnen, sobald das Grundstück in Anspruch genommen wird eine Entschädiglang zu gewähren. Der Anspruch auf Gewährung einer Entschädigung ist innerhalb eines Monats bei G. und bei B. & C. anzumelden, sonst erlischt er (vgl § 27 RLG)."
Im Anschluss an diese Verfügung genehmigte der Bürgermeister in N. als Ortspolizeibehörde, dass der Beklagte, Bauunternehmer Theodor G., auf dem vorerwähnten Gelände acht Behelfsheime errichten dürfe. Der Beklagte erbaute daraufhin, unter Mitwirkung der Firma B. & C. das gegenwärtig auf dem Grundstück N., H.strasse 27, befindliche Doppelhaus (Zweifamilienhaus) sowie zwei weitere Häuser (P. Strasse 75 und 77).
Am 25. Mai 1949 hob der Landrat des Kreises Grafschaft B. die Verfügung vom 29. August 1944 auf.
Darauf erhob der Kläger Klage mit dem Antrag,
festzustellen, dass er Eigentümer des Hauses N. H.strasse 27, sei.
Er machte geltend, dass das streitige Haus nicht, wie es der Erlass über die Errichtung des Deutschen Wohnungshilfswerks vom 9. September 1943 (RGBl I S 535) und die zur Durchführung dieses Erlasses vom Reichswohnungskommissar getroffenen Anordnungen vorgesehen hätten, in Holz, sondern in massiver Bauweise errichtet worden sei; schon hieraus ergebe sich, dass das streitige Haus kein bloßes "Behelfsheim" und nicht nur zu einem vorübergehenden Zwecke (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BGB) errichtet worden sei. Eine lediglich vorübergehenden Zwecken dienende Errichtung des Hauses sei nicht geplant gewesen. Der Landrat habe seine, des Klägers, Vorstellungen gegen die Verfügung vom 29. August 1944 am 4. Oktober 1944 mit der Begründung zurückgewiesen, dass das Grundstück
"in dem von der Stadt N. aufgestellten und genehmigten Bebauungsplan als Baugelände für Kleinsiedlungen vorgesehen"
sei; der Gauwohnungskommissar habe am 30. Oktober 1944 seine, des Klägers, Beschwerde gegen die Entscheidung des Landrats mit folgender Begründung zurückgewiesen:
"Das für den Bau von Behelfsheimen in Anspruch genommene Grundstück Ihres Erbhofes ist bereits in dem in den Jahren 1939/40 ... aufgestellten Wirtschaftsplan der Stadt N. als Kleinsiedlungsgelände vorgesehen.
Da die Behelfsheime in Massivbauweise als Doppelheime derart errichtet werden, dass sie nach dem Kriege als Einfamilienhäuser benutzt werden können, steht die jetzige Inanspruchnahme für den Behelfsheimbau im Sinklang mit diesem. ... Wirtschaftsplan der Stadt E."
Diese Äusserungen des Landrats und des Gauwohnungskommissars seien sowohl dem Beklagten als auch der Pirna B. & C. bei der Errichtung der angeblichen Behelfsheime bekannt geworden; bei Errichtung der Häuser sei "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" damit zu rechnen gewesen und von den Erbauern auch damit gerechnet worden, dass die in der Verfügung des Landrats vom 29. August 1944 bezeichneten Baustellen enteignet werden würden. Im übrigen sei durch die auf Grund des Reichsleistungsgesetzes ergangene Anordnung des Landrats vom 29. August 1944 kein "Recht an einem fremden Grundstück" im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet worden: sie habe den Kreis der dinglichen Rechte nicht erweitern können. Schliesslich sei das streitige Gebäude nicht durch den Beklagten, sondern durch die Firma B. & C. errichtet worden.
Der Beklagte beantragte,
die Klage abzuweisen.
Er machte geltend, die auf Grund des Reichsleistungsgesetzes ergangene Anordnung des Landrats vom 29. August 1944. durch welche das darin bezeichnete Grundstück beschlagnahmt und ihm, dem Beklagten, zur Errichtung von acht Behelfsheimen zur Verfügung gestellt worden sei, habe für ihn ein "Recht an einem fremden Grundstück" im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB begründet, nämlich das Recht, das Grundstück des Klägers zur Errichtung von Behelfsheimen zu benutzen Sowohl der Größe als auch der Bauweise nach halte sich das Gebäude in dem für "Behelfsheime" üblichen Rahmen; es sei auch als "Behelfsheim" anerkannt worden. Es sei von vorneherein nicht tunlich und seit Beginn des Jahres 1944 auch nicht mehr zulässig gewesen, Behelfsheime nur in Holzbauart auszuführen; übrigens lasse sich das Gebäude ohne erhebliche Materialverluste wieder abreißen. Er habe unter diesen Umständen bei Errichtung des Gebäudes auch nicht den Willen gehabt, das Gebäude unter allen Umständen, d.h. auch dann, wenn ihm das Grundstück des Klägers, entsprechend der Verfügung des Landrats, nur "bis auf weiteres" zur Verfügung stehen sollte, stehen zu lassen, denn mit einem Erwerb des Grundstücks habe er keineswegs sicher rechnen können. Er allein sei Bauherr des streitigen Behelfsheims gewesen; darüber bestehe zwischen ihm und den Inhabern der Firma B. & C. Einigkeit.
Das Landgericht gab der Klage statt. Die Berufung des Beklagten, mit welcher er seinen Antrag, die Klage abzuweisen, weiter verfolgte, wurde zurückgewiesen. Gegen das Berufungsurteil hat der Beklagte Revision eingelegt. Er hat die Revision auf Verletzung der §§ 95 Abs. 1 Satz 2, 133, 157 BGB und der §§ 139, 286 ZPO gestutzt und beantragt
unter Abänderung des Berufungsurteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Das Berufungsurteil trifft die tatsächliche Fest-Stellung, dass der Beklagte bei der Erbauung des streitigen Behelfsheims der Überzeugung gewesen sei, dass er Eigentümer des Grundstücks werde und daher nicht genötigt sein würde, das Behelfsheim wieder zu beseitigen. Daraus zieht es den Schluss, dass der Beklagte das streitige Behelfsheim nicht zu einem nur vorübergehenden Zweck im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB errichtet habe und dass das Behelfsheim Eigentum des Klägers geworden sei. Diese Erwägungen halten der rechtlichen Nachprüfung jedoch nicht stand.
Die staatliche Förderung der Errichtung von Behelfsheimen für Luftkriegsbetroffene wurde durch den Erlass vom 9. September 1943 (RGBl I S 555) eingeleitet; in ihm wurde als "besonderes Ziel" des durch den Erlass geschaffenen "Deutschen Wohnungshilfswerks" die "Aufstellung von einfachen Behelfsheimen in Siedlungsform" bezeichnet. Die näheren Bestimmungen über die Errichtung von Behelfsheimen sind in einem ausführlichen Erlass des Reichswohnungskommissars vom 22. September 1943 (II Nr. 214/19/43 MBL i.V. S 1796) enthalten, der ermächtigt worden war, die zur Durchführung des Erlasses vom 9. September 1943 Erforderlichen Vorschriften und Anordnungen zu treffen. In Ziffer 3 des Erlasses vom 22. September 1943 ist über die Beschaffung von Bauland für Behelfsheime unter Buchst. a) Abs. 2 und 3 folgendes gesagt:
"Verfügen Bauwillige nicht über ein geeignetes Grundstück, so sollen Körperschaften des öffentlichen Rechts, namentlich die Gemeinden (Gemeindeverbände) aus ihrem Besitz geeignetes Gelände bereitstellen, dann dem Bauwilligen auf diesem Wege kein geeignetes Gelände beschafft werden, so kann die untere Verwaltungsbehörde (Landräte oder Oberbürgermeister) derartiges Gelände auf Grund des Reichsleistungsgesetzes in Anspruch nehmen ... Von Enteignung ist anzusehen. Statt dessen soll der Grundstückseigentümer dazu angehalten werden, auf seinem Gelände Behelfsheime zu errichten oder errichten zu lassen."
Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf diesen Erlass und zugleich auf das Reichsleistungsgesetz hat der Landrat in B. die im Tatbestande wiedergegebene Verfügung vom 29. August 1944 erlassen, durch welche dem Kläger auferlegt wurde, sein in N. Ecke P.strasse und H.strasse gelegenes Grundstück dem Beklagten zur Errichtung von acht Behelfsheimen und der Firma B. & C. in N. zur Errichtung von sechs Behelfsheimen "bis auf weiteres zur Verfügung zu stellen". Dass das streitige, auf dem Grundstück H. ...strasse 27 befindliche Wohngebäude errichtet worden ist sei es durch den Beklagten, sei es durch die Firma B. & C., sei es durch diese Firma und den Beklagten gemeinsam, ist ausser Streit.
Der Erlass des Reichswohnungskommissars vom 29. September 1943 besagt in Ziffer 13 Abs. 1:
"Da die Behelfsheime nur auf einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden werden, werden sie Eigentum der Bauherren, auch wenn diese nicht Eigentümer der Grundstücke sind."
Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Bestimmung eine selbständige Rechtsvorschrift sein soll (wie ja andere Ziffern des Erlasses vom 22. September 1943 - beispielsweise die Ziffern 12, 14 und 15 - unzweifelhaft Rechtsvorschriften enthalten) oder ob sie nur auf Grund der Tatsache, dass die Behelfsheime ihrer Natur nach nur zu vorübergehender Benutzung bestimmte Notwohnungen sein sollten, und aus der Anordnung, dass private Grundstücke zwecks Errichtung von Behelfsheimen nicht zugunsten der Erbauer enteignet, sondern den Erbauern auf Grund des Reichsleistungsgesetzes nur zur Benutzung überlassen werden sollten, die durch § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB gebotene Folgerung ziehen wollte (im letzteren Sinne OGHZ Bd. 1 S 168 f). Jedenfalls ist die Bestimmung des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB hier unmittelbar anwendbar; denn es kann keinen Unterschied machen, ob ein Grundstück auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages (Pacht-, Miet-, Leihvertrages) oder durch öffentlich-rechtliche Anordnung, etwa auf Grund des Reichsleistungsgesetzes, jemandem zur vorübergehenden Nutzung überlassen wird.
Folgeweise gilt auch zugunsten desjenigen, dem auf Grund des Reichsleistungsgesetzes ein Grundstück "bis auf weiteres" zur Errichtung eines Behelfsheims zur Verfügung gestellt wurde, der zugunsten des Mieters oder Pächters eines Grundstücks seit langem anerkannte Satz, dass regelmäßig vermutet wird, dass der Mieter oder Pächter eines Grundstücks ein Gebäude auf diesem Grundstück lediglich in seinem Interesse, nicht auch in der Absicht errichtet, daß das Gebäude nach Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses dem Vermieter oder Verpächter zufallen solle (RGZ Bd. 55 S 281 ff, Bd. 87 S 43 ff). Diese Vermutung gilt, wie gleichfalls in der Rechtsprechung anerkannt ist (RGZ Bd. 55 S 281 ff; OLG Königsberg in Seuff. A. Bd. 60 Nr. 1), auch dann, wenn das Gebäude in massiver Bauart errichtet worden ist und daher ohne Zerstörung nicht entfernt werden kann. Dem Preussischen Oberverwaltungsgericht (OVG Bd. 57 Bl 128 ff) ist darin zuzustimmen, dass die Annahme, ein von dem Pächter oder Mieter auf dem Pacht- oder Mietgrundstück errichtetes Gebäude (in dem damals entschiedenen Falle handelte es sich um die Errichtung eines massiven Lagerhauses) sei stets für den dauernden Grundstückszweck bestimmt, "nichts weiter als eine petitio principii" ist, d.h. die offenstehende Entscheidung vorwegnimmt. Darum hat die Rechtsprechung insbesondere angenommen, dass ein vom Meter oder Pächter eines Grundstücks errichtetes massives Gebäude nicht in das Eigentum des Grundstückseigentümers fällt, wenn der Miet- oder Pachtvertrag bestimmt, dass der Mieter oder Pächter die von ihm errichteten Gebäude nach Beendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses zu entfernen und den früheren Zustand wiederherzustellen habe (RGZ Bd. 55 S 20 ff; ebenso die Entscheidung des erkennenden Senats vom 20. Juni 1952 in Sachen V ZR 167/51: Errichtung massiver Gebäude auf einem der Bundesbahn gehörigen Lagerplatz durch den Mieter dieses Lagerplatzes), umgekehrt fallen in das Eigentum des Vermieters oder Verpächters solche von dem Mieter oder Pächter eines Grundstücks errichteten Gebäude, die der Mieter oder Pächter im Rahmen der ihm obliegenden Instandhaltungspflicht aufgeführt hat (RGZ Bd. 153 S 236) oder deren entgeltliche (RG in JW 1937 S 2265 ff) oder unentgeltliche (RGZ Bd. 158 S 400) Überlassung an den Grundstückseigentümer vereinbart war. Nur dann, wenn zwischen dem Mieter (Pächter) und dem Vermieter (Verpächter) eines Grundstücks Vereinbarungen über die vom Mieter (Pächter)errichteten Gebäude nicht ausdrücklich getroffen sind und sich auch nicht aus einer Auslegung des Miet- oder Pachtvertrages ergeben, kann der Umstand, dass der Mieter (Pächter) ein Gebäude in massiver Bauart errichtet hat, im Hinblick auf § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB von Bedeutung sein, falls dieser Umstand den sicheren Schluß darauf zuläßt, daß das errichtete Gebäude nach dem Willen des Mieters (Pächters) dem Vermieter (Verpächter) habe zufallen sollen. Dem Obersten Gerichtshof ist darin zuzustimmen, daß ein solcher Schluß bei der Errichtung eines Behelfsheims auf fremdem Grundstücke kaum denkbar ist, da auf alle in massiver Bauweise errichteten Behelfsheime zutreffe, dass sie nur unter wesentlicher Beschädigung von Grund und Boden gelöst werden könnten (OGHZ Bd. 1 S 170). Dem ist noch hinzuzufügen, dass aus dem Erlass des Reichswohnungskommissars vom 22. September 1943 nicht zu ersehen ist, daß die Behelfsheime ausschliesslich oder auch nur vorzugsweise nicht in massiver Bauweise, sondern aus Holz errichtet werden sollten; das in Ziffer 6 des Erlasses erwähnte "Schaubild" eines Behelfsheimes zeigt ein Behelfsheim, das offensichtlich in massiver Bauweise mit 30 Zentimeter (= einem Ziegel) Mauerstärke ausgeführt ist. Der Runderlass des Reichsforstmeisters vom 13. März 1944 betr. Holzabgabe für Behelfsheime (RMBlFv 1944 S 41) bezeichnet in Ziffer I, 3 den Fall, dass Behelfsheime vollständig aus Holz gebaut werden, ausdrücklich als Ausnahmefall.
Danach erweist es sich als zutreffend, wenn der Erlass des Reichswohnungskommissars vom 22. September 1943 in Ziffer 13 Abs. 1 besagt, dass auf fremdem Grund und Boden (der gemäß Ziffer 3 des Erlasses zur Errichtung von Behelfsheimen auf Grund des Reichsleistungsgesetzes in Anspruch genommen worden war), errichtete Behelfsheime im Eigentum der Erbauer ("Bauherren") blieben, weil den Erbauern - von dem Fall gegenteiliger Vereinbarung abgesehen - der Wille fehlte, dass die Behelfsheime, nach Aufhebung der auf Grund des Reichsleistungsgesetzes ergangenen Verfügungen, Eigentum der Grundstückseigentümer werden sollten (vgl auch Ziffer IV des Erlasses des Reichsfinanzministers vom 23. Februar 1944-S 1921 - 1360 III -: "Behelfsheime und Grund und Boden werden wegen des vorübergehenden Zwecks der Behelfsheime nicht zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt ... Die Errichtung eines Behelfsheims führt zu keinerFortschreibung des Einheitswerts für den Grund und Boden, auf dem es errichtet ist. Das gilt auch bei Errichtung eines Behelfsheims auf fremdem Grund und Boden").
Das Berufungsgericht stellt fest, bei Errichtung des streitigen Gebäudes könne die Absicht, es wieder von dem Grund und Boden zu trennen, nicht bestanden haben, weil die "Bauherren" bei dem "allbekannten autoritären Machtwillen der damaligen Regierung" auf Grund des ihnen bekannt gewordenen Bescheides des Gauwohnungskommissars vom 30. Oktober 1944 der Überzeugung gewesen seien, daß damit das Gebäude endgültig als Teil der beabsichtigten Siedlung stehen bleiben solle; es verkennt aber die Rechtslage, wenn es aus seiner Feststellung den Schluss zieht, daß das streitige Behelfsheim nicht zu einem nur vorübergehenden Zwecke errichtet worden sei. Der Gegensatz eines "vorübergehenden" Zwecks im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB ist hier nicht, wie das Berufungsgericht annimmt, die bloß negative Annahme des Errichters des Gebäudes, er werde das Gebäude nicht zu beseitigen brauchen (etwa in der Erwartung, daß es ihm gelingen werde, das betreffende Grundstück zu erwerben, oder daß die zu seinen Gunsten auf Grund des Reichsleistungsgesetzes erfolgte Inanspruchnahme des Grundstücks niemals aufgehoben werden würde), sondern die positive Absicht, das Gebäude auch bei Aufhebung des Anspruchs auf Benutzung des Grundstücks in das Eigentum des Grundstückseigentümer fallen zu lassen. Ein Gebäude, welches ein Mieter oder anderer Nutzungsberechtigter auf dem gemieteten Grundstück errichtet, ist im Sinne des § 95 Abs. 1 Satz 1 BGB zu einem nur vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden, wenn es nur den Zwecken des Mieters dienen soll; es ist nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck errichtet, wenn es sowohl den Zwecken des Mieters als auch nach Beendigung des Mietverhältnisses den Zwecken des Vermieters dienen soll. Daher muss aus der vorerwähnten Feststellung des Berufungsgerichts der Schluss gezogen werden, dass der Klageanspruch unbegründet ist.
Ob das streitige Gebäude, wie der Beklagte behauptet hat, durch ihn selbst oder, wie der Kläger behauptet hat, durch die Firma B. & C. errichtet worden ist, kann auf sich beruhen, da nach der Anordnung des Landrats vom 29. August 1944 sowohl der Beklagte als auch die Firma B. & C. berechtigt waren, auf dem Grundstück des Klägers Behelfsheime zu errichten und von den insgesamt vorgesehenen vierzehn Behelfsheimen nur sechs errichtet worden sind.
Aus den vorstehenden Gründen war der Revision des Beklagten stattzugeben und, wie geschehen, zu erkennen. Die Kosten des zu seinen Ungunsten entschiedenen Rechtsstreits hat der Kläger gemäss § 91 ZPO zu tragen.
Dr.v. Normann
Dr. Heck
Schuster Dr. Oechssler