Suche

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach den neuesten Urteilen in unserer Datenbank zu suchen!

Bundesgerichtshof
Urt. v. 24.04.1952, Az.: IV ZR 107/51

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
24.04.1952
Aktenzeichen
IV ZR 107/51
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1952, 12597
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Hamm - 22.12.1950
Landgerichts in Paderborn - 04.07.1950

Prozessführer

der Witwe Anna S. in D., F. Str. ...,

Prozessgegner

den Fuhrunternehmer Franz S. in D. bei L.,

Amtlicher Leitsatz

1.) Der aus §985 BGB in Anspruch genommene Beklagte, der sich in erster Linie dahin einlässt, dass weder der Kläger noch er selbst Eigentümer der Sache ist, kann sich für den hilfsweise behaupteten Eigentumserwerb vom Kläger auf §1006 BGB berufen.

2.) §855 BGB setzt ein soziales Abhängigkeitsverhältnis voraus, das nach aussen erkennbar ist.

3.) Steht fest, dass derjenige, der sich auf §1006 BGB beruft, schon vor dem Erwerb des Eigenbesitzes die tatsächliche Gewalt über die Sache in einer Weise ausgeübt hat, die die Möglichkeit einschliesst, dass es sich um Fremdbesitz handelt, so muss er beweisen, dass er nicht Fremdbesitzer sondern nur Besitzdiener war.

hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 7. April 1952 unter Mitwirkung der Bundesrichter Dr. Lersch, Ascher, Dr. Hartz, Johannsen und Dr. Kregel für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Hamm vom 22. Dezember 1950, soweit in ihm der Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts in Paderborn vom 4. Juli 1950 stattgegeben und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen werden ist, sowie in der Kostenentscheidung aufgehoben.

Die Sache wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an den 6. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die Klägerin ist die Witwe und Alleinerbin des Fuhrunternehmers Otto S.. Dieser war Leiter der Fahrbereitschaft in G./Schlesien, zu der auch der Beklagte gehörte. Ende Januar 1945 wurde die Räumung des Kreises G. angeordnet. Die Fahrbereitschaft wurde nach H. verlegt. Dorthin fuhr der Beklagte mit einer Zugmaschine und drei Anhängern, von denen zwei ihm gehörten, während der dritte geliehen war. Von N. fuhr der Beklagte weiter nach D. bei L.. Er nahm dabei noch einen weiteren Anhänger, und zwar einen dreiachsigen Zwölftonner mit. Das Strassenverkehrsamt in L. hat ihm diesen Anhänger zur vorläufigen Benutzung zugewiesen. Der Beklagte hat den Taxwert bezahlt.

2

Die Klägerin behauptet, dieser Anhänger sei Eigentum ihres Ehemannes gewesen. Dieser habe ihn dem Beklagten zur Ausführung von Räumungsfahrten, die die Fahrbereitschaft auszuführen hatte, zur Verfügung gestellt. Sie hat mit der Klage Herausgabe des Anhängers verlangt.

3

Der Beklagte hat um Klagabweisung gebeten und bestritten, dass der Anhänger Eigentum des Ehemanns der Klägerin gewesen sei. Vielmehr habe es sich um einen Wagen der Luftwaffe gehandelt, den diese bei ihren Rückzug stehen gelassen habe, und den der Ehemann der Klägerin für die Fahrbereitschaft in Benutzung genommen habe. Bei der Räumung G.s habe er, der Beklagte, zwei seiner Anhänger auf Befehl des Ehemanns der Klägerin zurücklassen müssen. Als Ersatz dafür habe ihm der Ehemann der Klägerin diesen dreiachsigen Anhänger zugewiesen. Der Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der er Zahlung von 3.500 DM als Schadensersatz dafür verlangt hat, dass er seine beiden Anhänger auf Befehl des Ehemanns der Klägerin habe zurücklassen müssen.

4

Das Landgericht Paderborn hat der Klage stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. In der Berufungsinstanz hat die Klägerin im Wege der Anchlußberufung noch beantragt, festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der rechtswidrigen Entziehung des streitigen Anhängers, sei es infolge Beschädigung, Wertminderung oder Erwerbsausfall seit dem 1. Juli 1946 entstanden ist. Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen, und zwar auch hinsichtlich des mit der Anschlußberufung verfolgten Feststellungsantrages. Soweit das Landgericht die Widerklage abgewiesen hatte, hat das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen.

5

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge auf Herausgabe des Wagens und Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten weiter. Dieser bittet um Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe:

6

Die Revision ist verspätet eingelegt. Der Klägerin war jedoch auf ihren Antrag Wiedereinsetzung gegen die Wersäumung der Frist zur Einlegung der Revision zu gewähren. Das angefochtene Urteil ist ihr am 29. Januar 1951 zugestellt. Schon mit Schriftsatz vom 27. Januar 1951, eingegangen beim Bundesgerichtshof am 1. Februar 1951, hat sie um Bewilligung des Armenrechts für die Revisionsinstanz nachgesucht. Über dieses Gesuch ist erst durch Beschluß vom 7. Juni 1951, zugestellt am 11. Juni 1951, entschieden worden. Darauf hat die Klägerin am 15. Juni 1951 Revision eingelegt und gleichzeitig Wiedereinsetzung beantragt. Die Voraussetzungen der §§233, 234 ZPO sind daher gegeben.

7

I.

Das Berufungsgericht hat unterstellt, daß der Ehemann der Klägerin Eigentümer des Arhängers gewesen ist. Es hat aber die auf §985 BGB gestützte Klage abgewiesen, weil der Beklagte Eigenbesitzer des Wagens sei und deshalb nach §1006 BGB vermutet werde, daß er Eigentümer des Anhängers ist. Dazu führt das Berufungsgericht aus, das Ergebnis der Beweisaufnahne spreche dafür, daß der Ehemann der Klägerin das Eigentum auf den Beklagten übertragen habe. Es entnimmit dies in erster Linie der von dem Zeugen B. wiedergegebenen Äußerung des Ehemanns der Klägerin, der Beklagte habe doch für seine zwei zurückgelassenen Anhänger einen anderen Anhänger erhalten, und der Entgegnung des Beklagten, daß trotzdem ein Verlust für ihn bleibe, weil er zwei Anhänger hingegeben und nur einen wiedererhalten habe. Eine Bestätigung dieser Aussage sieht das Berufungsgericht in den Angaben der Zeugen Lo. sen. und Lo. jun., die beide berichten, daß der Ehemann der Klägerin ihnen erzählt habe, er habe dem Beklagten in den letzten Kriegstagen zwei Anhänger ausspannen lassen und habe ihm dann, um ihn zu beruhigen, einen anderen Anhänger gegeben. Für die Richtigkeit dieser Aussagen sprechen nach der Auffassung des Berufungsgerichts auch die tatsächlichen Vorgänge, während die für den Beklagten ungünstige Aussage des Zeugen P. damit nur schwer in Einklang zu bringen sei. Selbst wenn man aber seiner Aussage folgen wolle, wonach der Beklagte den Anhänger nur zur Ausführung von Räumungsfahrten für die Fahrbereitschaft bekommen habe, würde damit doch die gesetzliche Vermutung des §1006 BGB nicht entkräftet. Dadurch werde nicht ausgeschlossen, daß der Ehemann der Klägerin den Beklagten den Anhänger nach diesem Vorfall zu Eigentum übertragen habe, und zwar als der Beklagte ihm Vorhaltungen wegen des Abhängens seiner beiden Anhänger gemacht habe. Solange der Beklagte den Anhänger nur für Räumungsfahrten benutzt habe, sei er nur Besitzdiener des Ehemanns der Klägerin gewesen. Besitz habe der Beklagte erst mit der Eigentumsübertragung durch den Ehemann der Klägerin erlangt. Der Beklagte habe daher den Besitz zugleich mit dem Eigentum erhalten und könne sich deshalb auch, wenn sich die Dinge so zugetragen haben sollten, wie der Zeuge Psille es schildert, auf §1006 BGB berufen. Auch die Aussage des Zeugen H., dem der Ehemann der Klägerin gesagt hat, er habe den Anhänger dem Beklagten geliehen, reiche nicht aus, um diese Vermutung zu widerlegen. Die Aussage des Zeugen Abraham, der den Anhänger als einen aus dem Fuhrpark des Ehemanns der Klägerin stammenden Wagen wiedererkannt hat, hat das Berufungsgericht nicht berücksichtigt, weil es das Eigentum des Ehemanns der Klägerin unterstellt. Insgesamt würdigt es das Ergebnis der Beweisaufnahme dahin, daß wegen der widersprechenden Aussagen der der Klägerin obliegende Beweis nicht als geführt angesehen werden könne.

8

II.

Bei diesen Ausführungen hat das Berufungsgericht unbeachtet gelassen, daß der Beklagte sich in erster Linie gar nicht auf einen rechtsgeschäftlichen Erwerb des Eigentums vom Ehemann der Klägerin beruft. Er hat bestritten, daß der Ehemann der Klägerin Eigentümer des Anhängers gewesen ist. Nach seiner Darstellung soll es sich um einen Anhänger aus den Beständen der Luftwaffe gehandelt haben, der auf dem Rückzug stehengeblieben und von dem Ehemann der Klägerin für die Fahrbereitschaft in Benutzung genommen worden ist. Der Beklagte will den Anhänger erhalten haben, weil der Ehemann der Klägerin ihm den Anhänger zugewiesen hat. Eine solche Zuweisung konnte ihm das Eigentum an dem Anhänger nicht verschaffen. Dies wäre nur möglich gewesen, wenn der Ehemann der Klägerin befugt gewesen wäre, über den Anhänger zu verfügen und ihn dem Beklagten zu Eigentum zuzuweisen. Dafür ist jedoch aus dem festgestellten Sachverhalt nichts zu entnehmen. Insbesondere liegt nichts dafür vor, daß der Ehemann der Klägerin etwa in seiner Eigenschaft als Fahrbereitschaftsleiter den Anhänger nach dem RLG zur Verfügung in Anspruch genommen und dem Beklagten zugewiesen hat. Es kann dabei auf sich beruhen, ob der Ehemann der Klägerin als Fahrbereitschaftsleiter für eine solche Inanspruchnahme überhaupt zuständig gewesen wäre. Da der Anhänger nach der Darstellung des Beklagten Eigentum der Luftwaffe gewesen sein soll, wäre schon deshalb eine Inanspruchnahme nach dem RLG nicht möglich gewesen. Das RLG ist auf Eigentum des Reiches nicht anwendbar (Pabst RLG §1, 4).

9

Der Beklagte hat auch selbst nicht verkannt, daß er durch die von ihm behauptete Zuweisung eines der Luftwaffe gehörenden Anhängers nicht das Eigentum daran erwerben konnte. Er hat daraus für seine Verteidigung nur den Schluß gezogen, daß jedenfalls auch der Ehemann der Klägerin nicht Eigentümer des Anhängers war und demgemäß die Klägerin selbst keinen Anspruch aus §985 BGB geltend machen könne (S. 7 unten, S. 8 oben der Berufungsbegründung; 94/95 d.A.). Soweit aber der Beklagte selbst nicht behauptet, Eigentümer zu sein, kann auch die Vermutung des §1006 BGB nicht zur Anwendung kommen.

10

In der Berufungsinstanz hat der Beklagte allerdings hilfsweise für den Fall, daß das Gericht das Eigentum des Ehemanns der Klägerin an dem Anhänger als nachgewiesen ansehen sollte, behauptet, dieser habe ihm sein Eigentum übertragen. Eine solche hilfsweise Verteidigung ist auch dann zulässig, wenn die dazu aufgestellten Behauptungen in Widerspruch zu der Haupteinlassung des Beklagten stehen sollten. Das ist allgemein anerkannt. Zweifelhaft könnte nur sein, ob auch in einen solchen Fall der Beklagte, der sich in erster Linie selbst dahin einläßt, daß er nicht Eigentümer ist, und der hilfsweise Eigentumderwerb auf Grund einer bestimmten, von ihm substantiiert behaupteten Eigentumsübertragung geltend macht, sich auf die Vermutung des §1006 BGB berufen kann. Indessen ist auch das nicht grundsätzlich ausgeschlossen, da das Hilfsvorbringen rechtlich selbständig zu würdigen ist.

11

Die Berufung auf die Vermutung des §1006 BGB kann in solchen Fällen auch nicht als unzulässige Rechtsausübung angesehen werden. Wenn es zulässig ist, daß der Beklagte - selbst in Widerspruch zu seinen sonstigen Vorbringen - hilfsweise Eigenbesitz behauptet, dann kann ihm auch die Berufung auf die daraus sich ergebende, im übrigen auch von Amts wegen zu berücksichtigende Vermutung des §1006 nicht verwehrt sein. Eine andere Frage ist allerdings, wie diese Art der Einlassung des Beklagten bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen ist. Der Besitzer einer beweglichen Sache, der sich auf die Vermutung des §1006 BGB beruft, ist nicht verpflichtet, aufzuklären, wie er den Besitz und das Eigentum erlangt hat. Beruft er sich aber auf einen bestimmten Vorgang, der ihn zum Eigentümer gemacht haben soll, und wird dieses Vorbringen widerlegt, so wird die Beweiswürdigung in der Regel zu seinen Ungunsten ausfallen (RGRKomm §985 Anm. 6). Aber auch abgesehen davon kann die Entkräftung der Vermutung des §1006 BGB aus den Umständen des Einzelfalles entnommen werden. Dabei handelt es sich jedoch immer um Beurteilungen, die der Tatrichter im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung vorzunehmen hat (RG in JW 1913, 229). Das Berufungsgericht hat dies bei seiner Beweiswürdigung außer acht gelassen. Die Revision hat insoweit mit Recht Verletzung des §286 ZPO gerügt.

12

III.

Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Beklagte den Besitz an dem Anhänger erst zugleich mit dem Eigentum erlangt habe, und daß er, soweit er den Anhänger vorher schon zu Räumungsfahrten benutzt habe, nur Besitzdiener gewesen sei. Die Revision rügt dazu Verletzung des §855 BGB. Ihr ist zuzugeben, daß das Berufungsgericht diese Frage nicht erschöpfend behandelt hat.

13

1.

Nach der eigenen Darstellung des Beklagten soll der Anhänger von seiner eigenen Zugmaschine, die mit zwei seiner Fahrer, französischen Kriegsgefangenen, besetzt war, von Grünberg nach Hoyerswerda gefahren worden sein. Es wäre zu unterschuchen gewesen, ob der Beklagte nicht schon dadurch Fremdbesitzer des Anhängers geworden war. Das könnte in Betracht kommen, weil die beiden Fahrer möglicherweise die tatsächliche Gewalt nicht nur über die Zugmaschine, sondern auch über den damit beförderten Anhänger für den Beklagten ausgeübt und ihm damit als seine Besitzdiener nach §855 BGB Besitz auch an dem Anhänger verschafft haben. Das Berufungsgericht wird darüber im Rahmen seiner tatrichterlichen Würdigung Feststellungen zu treffen haben.

14

2.

Wenn das Berufungsgericht dabei zu dem Ergebnis gelangt, daß der Beklagte schon zu dieser Zeit Besitz an dem Anhänger erlangt hat, wobei nur Fremdbesitz in Betracht kommt, und wenn es weiter feststellt, daß der Beklagte diesen Fremdbesitz bis zu der von ihn behaupteten Übertragung des Eigentums durch den Ehemann der Klägerin behalten hat, so würde der Beklagte sich nicht auf die Vermutung des §1006 BGB berufen können. Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Fremdbesitzer, der nachträglich Eigenbesitz erworben haben will, seinerseits das Rechtsgeschäft, das dieser Veränderung zugrunde liegen soll, beweisen muß, weil die Fortdauer des Fremdbesitzes zu vermuten ist (OGHZ 1, 285). Der Beklagte würde daher für die von ihm behauptete Eigentumsübertragung durch den Ehemann der Klägerin beweispflichtig sein.

15

3.

Wenn das Berufungsgericht dagegen zu dem Ergebnis kommt, daß der Beklagte durch die Beförderung des Anhängers von G. nach H. noch nicht Besitzer desselben geworden ist, oder daß er den Besitz in Hoyerswerda etwa durch Rückgabe des Anhängers an den Ehemann der Klägerin wieder aufgegeben hat, so wird weiter zu prüfen sein, ob der Beklagte durch eine Benutzung des Anhängers für Räumungsfahrten Besitz erworben hat. Das Berufungsgericht hat hierzu ohne weitere Begründung gesagt, der Beklagte sei dadurch, daß S. als Fahrbereitschaftsleiter ihn anwies, mit einem Wagen der Fahrbereitschaft eine Räumungsfahrt auszuführen, nicht Fremdbesitzer, sondern nur Besitzdiener geworden. Es ist nicht ersichtlich, ob das Berufungsgericht dies aus besonderen Tatumständen, deren ausdrückliche Feststellung dann erforderlich gewesen wäre, geschlossen hat, oder ob es davon ausgeht, daß allgemein durch die Zuweisung eines Anhängers durch einen Fahrbereitschaftsleiter an einen Fuhrunternehmer zur Ausführung bestimmter Fahrten kein Fremdbesitz des Fuhrunternehmers begründet wird. Ein solcher allgemeiner Satz läßt sich jedoch nicht aufstellen. Vielmehr wird es jeweils von den Umständen des Einzelfalles abhängen, ob der Fuhrunternehmer Besitzer der ihm zugewiesenen Fahrzeuge wird oder nicht. Nach §855 BGB ist Besitzdiener, wer die tatsächliche Gewalt über eine Sache für einen anderen in dessen Haushalt oder Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältnis ausübt, vermöge dessen er den sich auf die Sache beziehenden Weisungen des anderen Folge zu leisten hat. Das Besitzdienerverhältnis setzt ein soziales Abhängigkeitsverhältnis voraus, das den Besitzdiener bei Ausübung der tatsächlichen Gewalt lediglich als Werkzeug des Besitzers erscheinen läßt (RGZ 71, 248 [251]). Wirtschaftliche Abhängigkeit genügt dazu nicht. Außerdem muß das soziale Abhängigkeitsverhältnis, das sich in der Regel auch in der sozialen Stellung des Besitzdieners ausprägen wird, nach außen erkennbar sein (RG in Warn Rspr 1932 Nr. 164). Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, wenn ein selbständiger Fuhrunternehmer mit dem Anhänger eines anderen Fuhrunternehmers Fahrten für die Fahrbereitschaft ausführt, erscheint zweifelhaft, wird aber vom Berufungsgericht unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falls festzustellen sein. Dabei ist es ohne Bedeutung, daß der Ehemann der Klägerin Fahrbereitschaftsleiter und nach ihrer Behauptung zugleich Eigentümer des Anhängers war. Die Weisungsbefugnis die er als Fahrbereitschaftsleiter kraft öffentlichen Rechts hatte, muß für die Beurteilung der Frage, ob der Beklagte im Verhältnis zu ihm als dem privatrechtlichen Eigentümer Besitzdiener war, ohne Bedeutung sein. Darauf könnte es vielmehr nur ankommen, wenn der Ehemann der Klägerin schon auf Grund seiner Stellung als Fahrbereitschaftsleiter zugleich Besitzer der zur Fahrbereitschaft gehörenden Fahrzeuge gewesen wäre. Das wird allerdings in der Regel für einen Fahrbereitschaftsleiter nicht zutreffen und nur beim Vorliegen besonderer Umstände in Betracht kommen.

16

4.

Wenn das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommt, daß der Beklagte jedenfalls durch die Benutzung des Anhängers für Räumungsfahrten Fremdbesitz daran erwerben hat, so muß er, wie oben dargelegt, seinerseits die behauptete Eigentumsübertragung beweisen. Sollte es aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ungeklärt bleiben, ob der Beklagte Fremdbesitzer oder Besitzdiener war, die Möglichkeit des Fremdbesitzes also nicht auszuschließen sei, so würde das zum Nachteil des Beklagten gehen müssen. Denn derjenige, der sich auf §1006 BGB beruft, hat die Beweislast dafür, daß die Voraussetzungen der Vermutung gegeben sind. Dem wird er in der Regel genügen, wenn er beweist, daß er jetzt Eigenbesitzer ist. Steht jedoch fest, daß er auch schon vor Erwerb des Eigenbesitzes die tatsächliche Gewalt über die Sache in einer Weise ausgeübt hat, die die Möglichkeit einschließt, daß es sich um Fremdbesitz handelt, ist es Sache des Beklagten, das auszuräumen und zu beweisen, daß er nicht Fremdbesitzer, sondern nur Besitzdiener war.

17

IV.

Wenn das Berufungsgericht bei der erneuten Prüfung zu dem Ergebnis kommt, daß der Beklagte die von ihm behauptete Eigentumsübertragung durch den Ehemann der Klägerin beweisen muß, so wird es auch zu berücksichtigen haben, daß es nach den bisherigen Feststellungen an einem ausreichenden Motiv für eine unstreitig unentgeltliche Überlassung des Anhängers durch den Ehemann der Klägerin fehlt. Ein solches Motiv könnte gegeben sein, wenn der Ehemann der Klägerin verpflichtet war, den Beklagten wegen seiner beiden zurückgebliebenen Anhänger zu entschädigen. Das Berufungsgericht stellt aber dazu im Zusammenhang mit seinen Ausführungen zur Widerklage fest, daß die Voraussetzungen für eine Verpflichtung des Ehemanns der Klägerin zum Ersatz des entstandenen Schadens nicht gegeben sind. Unter diesen Umständen verdienen die Erwägungen des Landgerichts darüber Beachtung, daß ein Zwölftonner-Anhänger in einwandfreiem Zustand und mit fast neuer Bereifung ein erhebliches Wertobjekt darstellt. Deshalb wird es besonders sorgfältiger Prüfung bedürfen, ob auf Grund einer einfachen Bemerkung des Ehemanns der Klägerin an den Beklagten, er könne ja den Anhänger behalten, angenommen werden kann, daß damit ein solcher Wertgegenstand verschenkt werden ist. Dabei wäre auch zu beachten, daß es sich bei beiden Beteiligten um Flüchtlinge handelte, die in ihrem Wagenpark die wesentliche Grundlage für eine wiederaufzubauende Existenz sehen mußten, und daß der Ehemann der Klägerin sich im weiteren Verlauf der Ereignisse von dem Treck trennte und sogar noch in das inzwischen von den Russen besetzte Gebiet zurückkehrte, um auch seine dort zurückgelassenen Wagen noch heranzuholen.

18

V.

Die Revision versucht schließlich noch, die Klage auf §1007 BGB zu stützen. Dies muß jedoch daran scheitern, daß der Beklagte beim Erwerb des Besitzes in gutem Glauben war. Der gute Glaube bezieht sich dabei nur auf die Berechtigung zum Besitz. Diese kann, soweit es sich um den vom Beklagten etwa erlangten Fremdbesitz handelt, für den Zeitpunkt des Besitzerwerbs nicht zweifelhaft sein, weil der Beklagte jeweils mit Zustimmung des Ehemanns der Klägerin den Besitz erworben haben würde. Hat aber der Beklagte nicht Fremdbesitz, sondern sogleich Eigenbesitz erworben, so würde er, wenn seine Behauptung über die Eigentumsübertragung zutrifft, ebenfalls gutgläubig gewesen sein. Es kommt also auch dafür auf die Eigentumsübertragung an, die schon im Rahmen des aus §985 BGB hergeleiteten Klaganspruchs den Kern des Rechtsstreits bildet.

19

Das angefochtene Urteil war daher, soweit der Berufung des Beklagten stattgegeben werden ist, aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Von dem Ergebnis der erneuten Würdigung der Beweisaufnahme durch das Berufungsgericht wird es abhängen, ob auch den mit der Anschlußberufung der Klägerin erhobenen Ansprüchen nachzugeben ist.

Dr. Lersch Ascher Dr. Hartz Johannsen Kregel