Bundesgerichtshof
Urt. v. 13.12.1951, Az.: III ZR 83/51
Rechtsmittel
Bibliographie
- Gericht
- BGH
- Datum
- 13.12.1951
- Aktenzeichen
- III ZR 83/51
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1951, 11279
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Verden/Aller - 13.12.1949
- OLG Celle - 07.12.1950
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BGHZ 4, 170 - 182
- DB 1952, 269 (Volltext mit amtl. LS)
- JZ 1952, 182 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1952, 299-301 (Volltext mit amtl. LS)
Prozessführer
der Witwe Else B. geb. H., Sch. Nr., Krs N. (We.),
Prozessgegner
1.) den Kaufmann Otto St., Inhaber der Firma Otto St., N., M. L.strasse,
2.) den kaufmännischen Angestellten Wilhelm W., N., Am Ne. K.,
3.) den Kraftfahrer Rudolf Ha., N., Z., Ba.,
Amtlicher Leitsatz
Die Witwe eines Getöteten muss sich auf die Schadensersatzrente aus §844 Abs. 2 BGB Einkünfte, die sie aus eigenem Erwerb tatsächlich erzielt hat oder hätte erzielen können, insoweit anrechnen lassen, als sie gegen Treu und Glauben verstossen würde, wenn sie die Übernahme einer ihr zumutbaren Erwerbstätigkeit ablehnen würde.
An der Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 154, 236) wird festgehalten, dass auch auf die Rentenansprüche aus §844 Abs. 2 BGB die Grundsätze des §254 Abs. 2 BGB (Mitverschulden bei Verstoss gegen die Verpflichtung zur Schadensminderung) Anwendung finden.
hat der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 3. Dezember 1951 unter Mitwirkung des Senatspräsidenten Dr. Riese und der Bundesrichter Dr. Pagendarm, Dr. Kleinewefers, Dr. Gelhaar und Dr. Bock für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Celle vom 7. Dezember 1950, soweit es die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Zahlung von 788 DM zurückgewiesen hat, und im Kostenpunkt aufgehoben.
Insoweit wird auf die Berufung der Klägerin das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts in Verden (Aller) vom 13. Dezember 1949 gegen die Beklagten zu 1) und 2) dahin abgeändert:
Die Beklagten zu 1) und 2) werden als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 3) verurteilt, an die Klägerin zu zahlen:
- 1.)
819,40 DM,
- 2.)
monatlich im voraus, die Rückstände jedoch sofort, folgende Renten:
- a)
30 DM für die Zeit vom 1. Juli 1950 bis 31. Mai 1951,
- b)
40 DM für die Zeit vom 1. Juni 1951 bis 31. März 1963,
- c)
20 DM für die Zeit vom 1. Mai 1963 bis 31. März 1968.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen:
für den ersten Rechtszug die Klägerin zu einem Viertel, die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu drei Vierteln, und zwar zu einem Drittel als Gesamtschuldner auch mit dem Beklagten zu 3),
für den zweiten Rechtszug die Klägerin zu einem Zehntel, die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu neun Zehnteln,
für den dritten Rechtszug die Klägerin zu einem Drittel und die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner zu zwei Dritteln.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des Bäckermeisters Eduard B. der am 1. April 1948 bei einem Verkehrsunfall den Tod gefunden hat. Sie hat die drei Beklagten auf Schadensersatz aus diesem Verkehrsunfall ihres Ehemannes wegen Bestattungskosten in Höhe von 180,90 RM = umgestellt in 18,09 DM und wegen einer monatlichen Unterhaltsrente von 74 DM bis zu ihrem 65. Lebensjahr abzüglich der von Versicherungsanstalten gezahlten Rentenbeträge in Anspruch genommen mit der Begründung, dass ihr Ehemann ihr während der mutmasslichen Dauer seines Lebens Unterhalt in dieser Höhe zu gewähren gehabt haben würde.
Das Landgericht hat den Beklagten zu 3) antragsgemäss verurteilt, die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) abgewiesen. Die Klägerin hat gegen das landgerichtliche Urteil, soweit es die Klage gegen die Beklagten zu 1) und 2) abgewiesen hat, Berufung eingelegt; sie hat im Berufungsrechtszuge nur noch Unterhaltsbeträge geltend gemacht. Unter Bezifferung der bis zum 31. Mai 1950 fällig gewordenen Beträge hat sie beantragt,
die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner mit dem Beklagten zu 3) zu verurteilen, an die Klägerin
- a)
819,40 DM,
- b)
eine monatliche Rente vom 1. Juni 1950 bis 31. Mai 1951 in Höhe von 30 DM und vom 1. Juni 1951 in Höhe von 40 DM monatlich im voraus bis zum 65. Lebensjahr ihres Ehemannes
zu zahlen.
Die Beklagten zu 1) und 2) haben Zurückweisung der Berufung beantragt.
Das Oberlandesgericht hat auch die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner mit dem bereits im ersten Rechtszuge rechtskräftig verurteilten Beklagten zu 3) zur Leistung von Unterhaltszahlungen an die Klägerin verurteilt. Von den nach Schätzung des Oberlandesgerichts der Klägerin zustehenden Unterhaltsbeträgen hat das Oberlandesgericht gewisse Beträge abgesetzt, nämlich Einnahmen aus eigener Tätigkeit der Klägerin, aus Zahlungen der Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung und aus einer ihr ab April 1963 zu zahlenden Invalidenrente.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin zunächst schlechthin Revision eingelegt. Sie beantragt nunmehr, die Einnahmen aus ihrer eigenen Tätigkeit und aus den Zahlungen der Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung auf die ihr zugebilligten Unterhaltsansprüche nicht anzurechnen. Die Beklagten zu 1) und 2) bitten um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
Im Revisionsrechtszuge ist nur noch zu prüfen, ob und wieweit die Klägerin sich auf den ihr als Witwe ihres tödlich verunglückten Ehemannes nach §844 Abs. 2 BGB bezw. §10 Abs. 2 KrfzG zustehenden Schadensersatz wegen Fortfalls des ihr von ihrem Ehemann zu gewährenden Unterhalts Einnahmen aus eigener Erwerbstätigkeit und aus ihr gezahlter Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung anrechnen lassen muss.
I.
Die Frage, ob mögliche oder tatsächlich erzielte Einnahmen aus eigener Erwerbstätigkeit der Ehefrau auf diesen Schadensersatzanspruch anzurechnen sind, ist nicht einheitlich beantwortet worden.
1.)
Unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung hat der III. Zivilsenat des Reichsgerichts (Urteil vom 9. Dezember 1927 - III ZR 148/27) die tatsächlich erzielten Einnahmen aus eigenem Erwerb auf diese Schadensersatzansprüche angerechnet, während er unentschieden gelassen hat, ob auch der Gewinn aus einem Erwerb, dem die Witwe nachgehen könnte, aber tatsächlich nicht nachgegangen ist, anzurechnen ist (vgl. dazu RGZ 154, 236 [239/40]). Für den Sonderfall, dass die Frau ein früher vom Ehemann betriebenes Erwerbsgeschäft fortführt, spricht auch der VI. Zivilsenat des Reichsgerichts (JW 1907, 130; RGZ 72, 437) davon, "die Witwe habe in vermögensrechtlicher Beziehung durch den Tod ihres Ehemannes neben Nachteilen auch Vorteile gehabt, und das müsse nach allgemeinen Grundsätzen bei der Frage, ob und in welchem Umfange ihr Schadensersatz zu leisten sei, in dem Masse berücksichtigt werden, als die Tätigkeit der Frau den Umfang der Arbeiten nicht überschreite, zu denen sie bei Fortdauer der Ehe ihrem Manne gegenüber verpflichtet gewesen wäre". Die Anwendung der Grundsätze über Vorteilsausgleichung auf Fälle der vorliegenden Art ist aber nicht gerechtfertigt. Den Wegfall der häuslichen Pflichten gegenüber dem Ehemann (§1356 BGB) und das dadurch bedingte Freiwerden der Arbeitskraft als einen mit dem Verlust des Ehemannes verbundenen "Vorteil" zu bezeichnen, würde eine Beurteilung darstellen, die dem Wesen der Ehe als einer den ganzen Menschen ergreifenden Lebensgemeinschaft nicht gerecht würde, in der die Erfüllung der häuslichen Pflichten auf Seiten der Frau und die Unterhaltsleistung auf Seiten des Mannes nicht in ein Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gebracht werden können (RGZ 152, 208 [211]; 154, 236 [240]). Mit Recht hat das Reichsgericht (Recht 1909 Nr. 3559; RGZ 154, 236 [240]) auch ausgeführt, dass nicht das Freiwerden der Arbeitskraft der Frau, sondern erst ihre Arbeitsleistung den Verdienst und damit den "Vorteil" schafft. Die Einnahmen der Ehefrau aus eigener Erwerbstätigkeit können daher nicht unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung auf die Schadensersatzansprüche aus §844 Abs. 2 BGB angerechnet werden (ebenso BGB RGRKom Aufl. 9 §844 Anm. 6 c; Palandt Aufl. 9 §844 Anm. 6 b; Esser, Schuldrecht 1949 S. 487).
Ebensowenig kann davon gesprochen werden, der Schaden, den die Frau durch den Tod ihres Ehemannes erlitten hat, werde dadurch aufgehoben oder gemindert, dass ihre Arbeitskraft infolge Fortfalls ihrer häuslichen Pflichten gegenüber ihrem Ehemanne. (§1356 [xxxxx]
Schadensereignisses bestanden hätten. Verlange man von der Ehefrau zur Schadensminderung nach dem Tode des Mannes eine Erwerbstätigkeit, obgleich sie während der Ehe eine solche nicht ausgeübt habe, so würde man damit die Frau entgegen §249 BGB nicht in den Zustand versetzen, in welchem sie sich vor dem schadenstiftenden Ereignis befunden habe. Daraus folgert der Oberste Gerichtshof, die Witwe brauche sich auf die Rentenansprüche solche Beträge, die sie durch eine Erwerbstätigkeit verdienen könnte, nur dann und nur insoweit anrechnen zu lassen, als sie eine solche Erwerbstätigkeit während der Ehe ausgeübt habe oder auch ohne das schadenstiftende Ereignis voraussichtlich aufgenommen hätte.
Dieser Ansicht kann nicht beigetreten werden. Der in §249 BGB ausgesprochene Grundsatz der Wiederherstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre - ein Grundsatz, der im übrigen in §844 Abs. 2 BGB nur in beschränktem Umfange Ausdruck findet (vgl. Böhmer, Recht des Kraftfahrers 1949, 47) -, steht der Anwendbarkeit des §254 Abs. 2 BGB nicht entgegen. Die Pflicht zur Wiederherstellung des früheren Zustandes gemäss §249 BGB wird unter den Voraussetzungen des §254 Abs. 2 BGB eingeschränkt. Kommt der Geschädigte der Verpflichtung zur Schadensbeseitigung oder -Minderung aus §254 Abs. 2 BGB nicht nach, so besteht die Pflicht zur Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht oder nicht in vollem Umfange (vgl. Giesecke SJZ 1949, 548). Die Frau kann den nach §249 BGB ohne Rücksicht auf ihre Erwerbsfähigkeit im ersten Stadium der richterlichen Prüfung zu bejahenden Schadensersatzanspruch verloren haben durch die im zweiten Stadium der richterlichen Prüfung etwa zu bejahende Verletzung ihrer nach §254 Abs. 2 BGB bestehenden Pflicht zur Schadensminderung (Schale in NJW 1949, 340 [OGH Köln 26.11.1948 - I ZS 102/48]). Ob und wann eine solche Pflicht besteht, kann niemals aus §249 BGB hergeleitet werden.
Schon deshalb verweist der Oberste Gerichtshof für die Britische Zone zu Unrecht darauf, dass die Ehefrau Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehemann ohne Rücksicht auf ihre eigene Erwerbsfähigkeit habe. Danach bemisst sich zwar die Höhe der Schadenersatzansprüche; daraus ergibt sich aber nicht das Mass der Verpflichtung zur Schadensminderung aus §254 Abs. 2 BGB. Ob und wieweit eine schuldhafte Unterlassung der nach §254 Abs. 2 bestehenden Verpflichtung der Schadensminderung vorliegt, beantwortet sich nicht nach familienrechtlichen Gesichtspunkten, sondern allein nach allgemein schuldrechtlichen Grundsätzen (Schale a.a.O.).
Das Unterlassungsverschulden im Sinne des §254 Abs. 2 BGB setzt nicht die Verletzung einer besonderen Rechtspflicht voraus, sondern umfasst jeden Verstoss gegen Treu und Glauben, mithin auch ein Unterlassen derjenigen Massnahmen, die jeder ordentliche und verständige Mensch ergreifen müsste, um Schaden von sich abzuwenden. Von dieser gefestigten Rechtsprechung des Reichsgerichts (RGZ 52, 349 [351]; 71, 212 [216]; 100, 42 [44]; 105, 115 [119]) abzuweichen, besteht kein Anlass.
Der Oberste Gerichtshof irrt, wenn er davon ausgeht, das Reichsgericht habe die Verpflichtung zur Schadensminderung daraus hergeleitet, dass durch den Wegfall der häuslichen Pflichten die Arbeitskraft der Frau frei werde; es habe auch den Unterhaltsanspruch der Frau als Gegenleistung für ihr bis zum Tode des Mannes obliegende häusliche Pflichten angesehen. Das Reichsgericht hat derartige Erwägungen vielmehr anlässlich, der Prüfung der Frage, ob infolge des Todes des Ehemannes ein Vorteilsausgleich Platz greift, ausdrücklich als mit dem Wesen der Ehe unvereinbar erklärt (RGZ 154, 240).
Giesecke (SJZ 1949, 548) glaubt, den Obersten Gerichtshof vielleicht dahin verstehen zu können: So wie der Unterhaltsanspruch der Trau gegen den Ehemann von der Erwerbsfähigkeit der Frau unabhängig sei, so sei auch der Schaden, den sie durch den Verlust dieses Unterhaltsanspruchs erleide, von ihrer Erwerbsfähigkeit unabhängig mit der Folge, dass die Frau gar nicht die Möglichkeit habe, ihn durch eigene Erwerbstätigkeit abzuwenden oder zu mindern und dass deshalb die Anwendbarkeit des §254 Abs. 2 BGB entfalle. Sollte das Urteil des Obersten Gerichtshofs in der Tat so zu verstehen sein, so würde, wie Giesecke zutreffend ausführt, der Oberste Gerichtshof den "Schaden" im Sinne des §254 Abs. 2 BGB zu eng verstanden haben.
Mit Recht ist daher die Ansicht des Obersten Gerichtshofs im wesentlichen auf Ablehnung gestossen (Giesecke a.a.O.; Schale a.a.O.; Palandt Aufl. 9 §844 Anm. 6; OLG Stuttgart, Verkehrsrechtssammlung 2, 106). Die von Giesecke angeführten Beispiele zeigen auch, dass die Auffassung des Obersten Gerichtshofs zu unbilligen Ergebnissen führt. Nur Friese (Reichshaftpflichtgesetz Aufl. 1950 §3 Anm. C II 2 c S. 176) billigt die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs; er erwähnt jedoch die abweichende Auffassung von Giesecke nicht und setzt sich daher nicht mit den von Giesecke entwickelten grundsätzlichen Bedenken gegen die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auseinander, während Warneyer (Aufl. 1951 Anm. zu §844) die neuere Rechtsprechung des Reichsgerichts und die des Obersten Gerichtshofs so nebeneinander anführt, als wenn es sich bei der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur um eine Fortentwicklung der bisherigen reichsgerichtlichen Rechtsprechung handelte, die aber keine grundsätzliche Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung des Reichsgerichts enthalte. Dagegen ist die vom Reichsgericht vertretene Anwendbarkeit des §254 Abs. 2 BGB auch auf die Ansprüche aus §844 Abs. 2 BGB mit Ausnahme von Friese (a.a.O.) durchweg zustimmend beurteilt worden (BGB RGRKom Aufl. 9 §844 Anm. 6 c; Geigel, Haftpflichtprozess Aufl. 4 zu §844 Anm. 3 S. 32; Müller, Strassenverkehrsrecht, Aufl. 16 §10 KrfzG Abs. 2 Anm. B III S. 280).
Es ist daher an der neueren Rechtsprechung des Reichsgerichts, wie sie in RGZ 154, 236 begründet worden ist, festzuhalten. Auch auf die Ansprüche aus §844 Abs. 2 BGB ist §254 Abs. 2 BGB anzuwenden.
2.)
Da das Unterlassungsverschulden im Sinne des §254 Abs. 2 BGB, wie oben bereits erwähnt wurde, nicht die Verletzung einer besonderen Rechtspflicht voraussetzt, sondern jeden Verstoss gegen Treu und Glauben umfasst, kann die Frage, ob sich die Witwe einen Erwerb, den sie erzielen könnte, anrechnen lassen muss, nicht allgemein bejaht oder allgemein verneint werden. Vielmehr muss im einzelnen Falle geprüft werden, ob und in welchem Umfange der Witwe den Umständen nach zuzumuten ist, selbst einem Erwerb nachzugehen und dadurch den Schaden abzuwenden oder wenigstens zu mindern.
Dabei ist hinsichtlich der Zumutbarkeit von der heutigen Anschauung auszugehen. Deshalb kann dem Reichsgericht insoweit nicht gefolgt werden, als es in RGZ 154, 236 [241] ausführt, "es widerspreche dem gesunken Volksempfinden, wenn eine arbeitsfähige junge Witwe ohne Kinder, die, wenn sie nicht geheiratet hätte, einem Erwerb nachgegangen wäre, nach dem Tode ihres Ernährers von der Möglichkeit, ihren Unterhalt selbst zu erwerben, keinen Gebrauch mache, sondern auf Kosten eines für den Tod des Mannes verantwortlichen Dritten ein Rentnerleben führe; in solchem Falle fordere es geradezu das eigene Interesse der kinderlosen Witwe, ihr, nachdem ihr durch den Tod des Mannes ihre bisherige Lebensaufgabe und ihr wesentlichster Lebensinhalt genommen worden sei, nicht den Segen der Arbeit vorzuenthalten, sondern sie zu einer ihren Kräften, ihrem Alter und ihrer Lebensstellung entsprechenden Arbeit zu nötigen". Diese allgemein aufgestellten Grundsätze engen das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und der individuellen Gestaltung des Berufs unzulässig ein. Wenn geradezu eine "Nötigung zur Arbeit" für erforderlich gehalten wird, "damit der Witwe der Segen der Arbeit nicht vorenthalten werde", so finden diese Forderungen ihre ideenmässige Grundlage in dem Programmsatz der nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei: "Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muss sein, geistig oder körperlich zu schaffen", aus dem während des nationalsozialistischen Regimes in immer stärkerem Umfange die zwangsweise Heranziehung zur Arbeit entstanden ist. Mit Recht spricht daher auch der Oberste Gerichtshof davon, die Auffassung des Reichsgerichts sei von nationalsozialistischer Weltanschauung beeinflusst. Der wertende Begriff Treu und Glauben muss aus den Bindungen an einen totalitären Zwangsstaat gelöst und aus den Umständen des Einzelfalles entwickelt werden. Es kann zu diesem Zweck an die in RGZ 52, 349 [352] ausgesprochenen Grundsätze angeknüpft werden: "Wer pochend auf die Schadensersatzpflicht eines anderen jede Massregel zur Abwendung und zur Minderung eines ihm drohenden Schadens unterlässt, der verstösst wider Treu und Glauben, wenn er gleichwohl den vermeidlich gewesenen Schaden von dem anderen ersetzt verlangt". Entscheidend sind daher die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse zu berücksichtigen, sowie ob nach Alter, Leistungsfähigkeit und den sonstigen Lebensverhältnissen, vor allem bei eigener früherer Erwerbsfähigkeit oder Berufsausbildung, die Ausübung einer Erwerbstätigkeit von der Witwe verlangt werden kann. Der Umstand, dass die Frau bereits bei Lebzeiten des Mannes in dessen Erwerbsgeschäft mitgearbeitet hat, wird regelmässig dafür sprechen, dass ihr auch für die Zukunft eine entsprechende Tätigkeit zumutbar ist.
3.)
Auch die Frage, ob die Witwe sich einen Verdienst anrechnen lassen muss, den sie durch eigene Erwerbstätigkeit tatsächlich erzielt, kann weder allgemein bejaht noch allgemein verneint werden. Auch hier kommt es darauf an, ob für die Witwe eine sich aus §254 Abs. 2 BGB im Einzelfalle ergebende Pflicht zur Schadensminderung vorliegt oder nicht. Dabei ist wieder auf die Billigkeit sowie auf Treu und Glauben abzustellen. In Fällen, in denen eine Witwe - sei es aus Not, sei es aus besonderer Arbeitsfreudigkeit oder aus welchem Grunde immer - eine Erwerbstätigkeit aufgenommen hat, obwohl ihr das den Umständen nach nicht zuzumuten gewesen wäre, erscheint die Anrechnung des erzielten Erwerbs auf den Schadensersatzanspruch nicht gerechtfertigt (RGZ 154, 236 [241]). Es erschiene geradezu unbillig, wenn der Witwe die Früchte ihrer Arbeit zugunsten des Schädigers entzogen würden in Fällen, in denen keine Verpflichtung zur Schadensminderung besteht.
4.)
Das Berufungsgericht hat den eigenen Arbeitsverdienst der Klägerin in Höhe von monatlich 20 DM aus Zubereitung der Schulspeisung auf den Unterhaltsanspruch aus §844 Abs. 2 BGB angerechnet. Es hat dabei erwogen, bei der Schulspeisung handle es sich um eine Tätigkeit, die die Klägerin nur wenige Stunden am Tage in Anspruch nehme und die zudem einem guten, verdienstlichen Zweck gewidmet sei; die Klägerin habe ein solches Angebot, den ihr durch den Tod ihres Ernährers entstandenen Schaden wenigstens zum Teil zu verkleinern, annehmen müssen.
Zeitlich war eine derartige Arbeit der Klägerin in der Tat zuzumuten, wenn sie auch, wie das angefochtene Urteil unter Ziff 6 ausführt, zugleich den Haushalt für ihren betagten Vater und für den am 20. Mai 1933 geborenen, damals (1948-50) also etwa 15-17-jährigen als Lehrling tätigen Sohn Siegfried führen musste. Dagegen fehlt eine ausdrückliche Prüfung darüber, welche einzelnen Verrichtungen die Tätigkeit mit sich brachte, und ob diese Tätigkeit im Hinblick auf die mit ihr etwa verbundenen Mühen und Anstrengungen der Klägerin als einer damals (1948-50) etwa 45-47-jährigen Frau zuzumuten war. Irgendwelche Beanstandungen sind von der Revision insoweit jedoch nicht erhoben worden. Da die Beurteilung der Zumutbarkeit im wesentlichen Tatfrage ist, kann die allgemeine Beurteilung der Tätigkeit als zumutbar auch unter diesem Gesichtspunkt ausreichen.
Dagegen sind weitere Umstände nicht berücksichtigt: Es handelt sich um eine Tätigkeit, die, wie das Berufungsgericht in Ziff 5 des Urteils feststellt, täglich "wenige Stunden" Zeit erforderte; dafür erhielt die Klägerin von der Gemeinde im Monat ausserhalb der Ferienzeit 20 DM; dass die Klägerin neben diesem Geldbeträge noch Naturalbezüge, etwa in Form freier Verköstigung hatte, ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden. Praktisch entfällt also auf den Arbeitstag nur etwa 1 DM, bei 2-3 stündiger täglicher Arbeit, also nur eine Vergütung von 35-50 Pfg. in der Stunde, eine Vergütung, die höchstens am unteren Rande der für Reinemachefrauen gezahlten Stundensätze liegt. Gerade dieser Umstand lässt die Beurteilung dieser Zahlung durch die Gemeinde verständlich erscheinen, die in der Bescheinigung vom 12. Juli 1950 erklärt hat: "Die Klägerin hat hier zu keiner Zeit irgendeine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt ... Zur Unterstützung hat sie von der Gemeinde monatlich 20 DM erhalten. Dafür hat sie die Schulspeisung bereitet." Es handelt sich demnach also nicht eigentlich um eine Erwerbstätigkeit, sondern um eine in die Form eines Entgelts für eine soziale - nach dem Berufungsgericht "einem guten und verdienstlichen Zweck gewidmete" - Tätigkeit gekleidete Unterstützung. Diese "Tätigkeit" wurde nicht an die Klägerin als an irgendeine Arbeitnehmerin vergeben, sondern deshalb, um gerade ihr eine unterstützende Zuwendung zu machen. Hätte der Ehemann der Klägerin noch gelebt und die Klägerin von ihm einen - wenn auch recht bescheidenen - Unterhalt empfangen, so würde man ihr diese "Tätigkeit" kaum gegen Bezahlung zugemutet haben. Unter diesen Umständen würde es "kein Pochen auf die Schadensersatzpflicht der Beklagten" bedeutet haben, wenn die Klägerin als Witwe eines bis zur Vertreibung aus Ostpreussen selbständigen Bäckermeisters eine solche Tätigkeit gegen eine so geringe Bezahlung abgelehnt hätte. Dass sie diese Tätigkeit übernommen hat, ist vielmehr aus Not erfolgt, weil die Beklagten ihrer Verpflichtung zur Rentenzahlung nicht rechtzeitig nachgekommen sind. War aber die Klägerin zur Übernahme dieser Tätigkeit nach Treu und Glauben nicht verpflichtet, so sind ihr die aus der dennoch übernommenen Tätigkeit erwachsenen Einnahmen auf die Unterhaltsrente nach §844 Abs. 2 BGB nicht anzurechnen.
II.
Die Revision rügt weiter mit Recht, dass das Berufungsgericht von der Unterhaltsrente die an die Klägerin gezahlte Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung abgesetzt hat in der Erwägung, "dass diese Beträge an die Stelle des Anteils der Klägerin an dem Arbeitslohn, den ihr Mann verdient haben würde, wenn er am Leben geblieben wäre, getreten sind".
1.)
Die Klägerin hat in der Zeit vom 30. Juli 1948 bis 15. Mai 1950 Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung erhalten. Die Zahlung dieser Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung beruht auf der Verordnung Nr. 117 der Britischen Militärregierung (ABlBrMilReg S. 652) über Arbeitslosenfürsorge nebst Anhang, die nach ihrem Art VI am 1. Januar 1948 in Kraft getreten ist. Danach erhalten alle
"Arbeitslosen, die der Arbeitsvermittlung zur Verführung stehen, soweit sie keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung haben ... Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung, falls sie arbeitsfähig, arbeitswillig, aber unfreiwillig arbeitslos sind, sich beim Arbeitsamt arbeitsuchend gemeldet haben ... bedürftig sind ...".
Da die Klägerin in der genannten Zeit nur eine Witwenrente des Gemeindeunfallversicherungsverbandes in Höhe von monatlich 32 DM und die zu I) erwähnten 20 DM für die Zubereitung der Schulspeisung, dagegen keine Schadensersatzrente nach §844 Abs. 2 BGB von den Beklagten erhalten hat, ist ihre Bedürftigkeit vom Arbeitsamt bejaht und ihr die Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung gewährt worden. Sollte das Berufungsgericht mit seiner Wendung, "die Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung sei an die Stelle des Anteils der Klägerin an dem Arbeitslohn des Mannes getreten", dahin verstanden werden wollen, dass die Klägerin diese Leistungen als Folge der früheren Tätigkeit ihres Ehemannes erhalten hat, so wäre eine solche Beurteilung falsch. Vielmehr ergibt sich aus den angeführten Bestimmungen, dass die Klägerin diese Beträge nicht aus dem Recht ihres verstorbenen Mannes, sondern aus eigenem Recht wegen ihrer eigenen Arbeitslosigkeit erhalten hat. Die Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung wird an die Klägerin gezahlt, weil sie selbst wegen Arbeitslosigkeit eigene Erwerbstätigkeit nicht ausüben kann. Sie ist aber andererseits nur gezahlt worden, weil die Klägerin als "bedürftig" angesehen wurde.
Hätte die Klägerin damals bereits die Schadensersatzrente aus §844 Abs. 2 BGB von den Beklagten tatsächlich erhalten, so wäre ihr die Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung mangels "Bedürftigkeit" verweigert worden, auch wenn die Klägerin damals arbeitslos gewesen wäre.
2.)
Nun sind nach Art III der MilRegVO Nr. 117 die Bestimmungen des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927 (RGBl. I, 187) in seiner am 1. Januar 1948 geltenden Fassung auch auf die Arbeitslosenfürsorge anzuwenden. In §177 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung in der am 1. Januar 1948 gültigen Fassung der Änderung vom 12. Oktober 1929 (RGBl. I, 153, 162) heisst es:
"Die Arbeitslosenunterstützung ist von Amts wegen zu entziehen, sobald die Voraussetzungen, zum Bezuge nicht mehr vorliegen oder sich herausstellt, dass sie schon bisher nicht vorgelegen haben. Im letzteren Falle ist gleichzeitig festzustellen, ob und inwieweit der Unterstützungsempfänger Beträge, die er zu Unrecht erhalten hat, zu erstatten hat. Von einer Erstattung ist abzusehen, wenn die Unterstützung deshalb bewilligt worden war, weil die Stelle, die sie bewilligt hat, sich in einem Rechtsirrtum über eine Voraussetzung der Unterstützung befunden hat."
Erhält also die Klägerin für die Vergangenheit die Schadensrente aus §844 Abs. 2 BGB von den Beklagten ausgezahlt, so muss sie damit rechnen, dass die ihr gezahlte Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung vom Arbeitsamt zurückgefordert wird, weil sie in der in Betracht kommenden Unterstützungszeit wegen der ihr für diese Zeit zustehenden und auch durchsetzbaren Ersatzansprüche gegen die Beklagten nicht bedürftig gewesen ist. Diese Erwägungen zeigen, dass die Leistungen aus Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung in der Tat als möglicherweise zur Rückzahlung verpflichtende Unterstützung gezahlt sind und dass sie nicht voll an die Stelle eines Arbeitsverdienstes der Klägerin getreten sind. Sie können daher nicht wie ein Arbeitsverdienst der Klägerin nach §254 Abs. 2 BGB beurteilt werden. Als Unterstützung kommen sie jedoch allein der Klägerin zugute, sind aber nicht auf die Schadensrente gemäss §844 Abs. 2 BGB zugunsten der Beklagten anzurechnen (vgl. Zusammenstellung der Rechtsprechung in BGRRGRKom Aufl. 9 §844 Anm. 6 c).
3.)
Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Schadensersatzansprüche der Klägerin aus §844 Abs. 2 BGB gegen die Beklagten in Höhe der unberechtigt gezahlten Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung kraft Gesetzes auf das Arbeitsamt übergegangen wären.
Ein solcher Übergang ist im §7 Abs. 4 des Anhanges zu der Verordnung Nr. 117 der Britischen Militärregierung betreffend Arbeitslosenfürsorge (ABlBrMilReg S. 652) unter gewissen Voraussetzungen vorgesehen. Diese Bestimmung lautet:
"Verweigert ein Angehöriger, dessen Einkommen auf die Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung des Arbeitslosen anzurechnen ist, die Unterhaltsleistung, so kann das Arbeitsamt unter Ausserachtlassung dieses Einkommens Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung gewähren und durch eine Anzeige an den Angehörigen bewirken, dass die Rechtsansprüche des Arbeitslosen gegen den Angehörigen in Höhe der Mehraufwendungen an Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung, die durch Ausserachtlassung des Einkommens entstanden sind, auf das Arbeitsamt übergehen. Hat der Arbeitslose sonstige Rechtsansprüche, nach denen ein Dritter Leistungen zur Deckung seines Lebensbedarfes, insbesondere der Sozialversicherung zu gewähren hat, so kann das Arbeitsamt durch eine Anzeige an den Dritten bewirken, dass die Rechtsansprüche in Höhe der Mehraufwendungen an Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung, die durch Ausserachtlassung dieser Leistungen entstanden sind, auf das Arbeitsamt übergehen."
Dass das Arbeitsamt eine solche Anzeige an die Beklagten zu 1) und 2) bewirkt hat, ist von diesen Beklagten nicht vorgetragen worden. Auf Grund dieser Bestimmung ist also ein Übergang der Ansprüche der Klägerin auf das Arbeitsamt nicht erfolgt.
4.)
Auch auf Grund anderer Bestimmungen ist ein solcher Übergang kraft Gesetzes nicht eingetreten. Zwar sind nach der MilRegVO Nr. 117 die Bestimmungen des Gesetzes über Arbeitslosenvermittlung und Arbeitslosenunterstützung ganz allgemein auf die Arbeitslosenfürsorge anzuwenden. Dieses Gesetz sieht sowohl in §113 Abs. 2 (vgl. Reichsversicherungsamt in Reichsarbeitsblatt 1931 IV 380 Nr. 4184; Reichsarbeitsgericht in Sammlung Bensheimer der Reichsarbeitsgerichtsentscheidungen 5, 55), wie in §218 unter gewissen Voraussetzungen den Übergang der Ansprüche des Unterstützten auf das Arbeitsamt vor. Beide Bestimmungen können jedoch keine unmittelbare Anwendung finden.
Noch §113 Abs. 2 gehen die Ansprüche des Arbeitslosen "aus dem Arbeitsverhältnis (Arbeitsentgelt, Abfindung, Entschädigung)" auf das Arbeitsamt über, falls dem Arbeitslosen trotz Bestehens solcher Ansprüche Arbeitslosenversicherung gezahlt worden ist; im vorliegenden Falle stehen der Klägerin aber nicht Ansprüche aus "Arbeitsentgelt", sondern Ansprüche auf Schadensersatz wegen Fortfalls der Unterhaltsansprüche gegen ihren Ehemann zu. Zwar hätte im Hinblick auf diese Ansprüche die Bedürftigkeit der Klägerin und damit die Auszahlung der Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung verweigert werden können, mindestens dann, wenn diese Ansprüche damals bereits realisierbar gewesen wären. Eine ausdehnende Auslegung des §113 Abs. 2 dahin, dass alle diejenigen Ansprüche, die bei rechtzeitiger Berücksichtigung zum Wegfall der Ansprüche auf Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung geführt hätten, kraft Gesetzes auf das Arbeitsamt übergehen, entfernt sich zu weit vom Wortlaut des Gesetzes; sie ist vom Gesetzgeber aber auch offenbar selbst nicht gewollt, wie sich aus der oben zu Ziff 3 erörterten abweichenden Regelung des Überganges derartiger Ansprüche in §7 Abs. 4 des Anhanges zur MilRegVO Nr. 117 ergibt.
Ebenso kann §218 keine unmittelbare Anwendung finden, in dem bestimmt ist:
"Kann ein nach diesem Gesetz Versicherter nach anderen gesetzlichen Vorschriften Ersatz eines Schadens beanspruchen, der ihm durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit entstanden ist, so geht der Anspruch insoweit auf die Reichsanstalt über, als diese den Entschädigungsberechtigten nach diesem Gesetze Leistungen zu gewähren hat."
Der Klägerin ist ein Schaden, für den die Beklagten haften, nicht durch Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit, sondern durch den Fortfall ihres Ernährers entstanden. Eine sinngemässe Anwendung des §218 auf die Ersatzansprüche wegen dieses Schadens ist vor allem wegen der abweichenden Regelung des Überganges derartiger Ansprüche im §7 Abs. 4 der Anlage zur MilRegVO Nr. 117 ebensowenig wie bei §113 Abs. 2 gerechtfertigt.
Da ein Übergang von Ansprüchen der Klägerin auf das Arbeitsamt im vorliegenden Falle nur über §7 Abs. 4 der Bestimmungen über die Arbeitslosenfürsorge durch Anzeige des Arbeitsamtes an die Beklagten hätte erfolgen können, eine solche Anzeige aber nicht ergangen ist, so ist die von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung angezogene Entscheidung des Reichsgerichts in RGZ 74, 274 nicht einschlägig. Diese Entscheidung setzt einen Rechtsübergang gewisser Ansprüche gerade voraus und erörtert nur, ob Ansprüche aus §844 Abs. 2 BGB zum Kreis dieser übergegangenen Ansprüche gehören.
Ist ein Übergang kraft Gesetzes nicht eingetreten, so können die als Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung geleisteten Zahlungen nicht von der Schadensrente nach §844 Abs. 2 BGB abgesetzt werden, da die Klägerin diese Zahlungen unberechtigt erhalten hat und daher mit der Möglichkeit rechnen muss, dass das Arbeitsamt sie von ihr gemäss §177 des Gesetzes zurückfordert, und da die Klägerin durch Zubilligung der vollen Schadensrente aus §844 Abs. 2 BGB in den Stand versetzt werden muss, etwaigen Rückforderungsansprüchen des Arbeitsamts wegen der zuviel gezahlten Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung nachzukommen. Ob das Arbeitsamt von dieser ihm nach §177 des Gesetzes gegebenen Möglichkeit Gebrauch macht, muss ihm überlassen werden. Nacht es von dieser Rückforderungsmöglichkeit keinen Gebrauch, so begünstigt es damit die Klägerin, keinesfalls aber die Beklagten, die auf eine solche Unterstützung keinerlei Anspruch haben.
Auch die Zahlungen aus Arbeitslosen-Fürsorgeunterstützung sind daher vom Berufungsgericht unberechtigt von der Schadensrente nach §844 Abs. 2 abgesetzt worden.
III.
Es sind der Klägerin daher folgende Schadensrenten zuzubilligen:
a) | für die Zeit vom 1.4.1948-30.6.1948 gemäss Ziff 8 a 1 des angefochtenen Urteils unstreitig | 11,40 DM |
---|---|---|
b) | für die Zeit vom 1.7.1948-31.5.1949 gemäss Ziff 8 a 2 des angefochtenen Urteils monatlich 70 - 32 = 38 DM, mithin für 11 Monate | 418,- DM |
Übertrag: | 429,40 DM | |
c) | für die Zeit vom 1.6.1949-15.5.1950 gemäss Ziff 8 a 3 des angefochtenen Urteils monatlich 70 - 40 = 30 DM, mithin für 11 ½ Monate | 345,- DM |
d) | für die Zeit vom 15.5.1950-30.6.1950 gemäss Ziff 8 a 4 des angefochtenen Urteils monatlich 70 - 40 = 30 DM, mithin für 1 ½ Monate | 45,- DM |
Insgesamt ist der Klägerin daher anstelle des vom Berufungsgerichts zugebilligten Festbetrages von 31,40 DM ein Betrag von zuzusprechen. | 819,40 DM |
Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben und das landgerichtliche Urteil entsprechend abzuändern.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §92 ZPO, da die Klägerin im ersten Rechtszuge zu etwa drei Vierteln, im zweiten Rechtszuge zu etwa neun Zehnteln und im dritten Rechtszuge im Hinblick auf die zunächst unbeschränkt eingelegte Revision (vgl. BGHZ 1, 205 [BGH 16.02.1951 - III ZR 105/50]) zu zwei Dritteln durchgedrungen ist.