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Bundesgerichtshof
Urt. v. 14.06.1951, Az.: IV ZR 42/50

Rechtsmittel

Bibliographie

Gericht
BGH
Datum
14.06.1951
Aktenzeichen
IV ZR 42/50
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1951, 11215
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
OLG Düsseldorf - 26.05.1950

Fundstellen

  • BGHZ 2, 287 - 300
  • DNotZ 1951, 515-517
  • NJW 1951, 643-645 (Volltext mit amtl. LS)

Prozessführer

der Verkäuferin Margarethe H. in R., M.strasse ...,

Prozessgegner

die Witwe Wilhelm F. Hedwig geb. T. in R., D. Str. ...,

Amtlicher Leitsatz

  1. I)
    1. 1.

      Die nach §1747 erforderliche Einwilligung der Eltern und der unehelichen Mutter zu einem Kindesannahmevertrag kann nur zu einem bestimmten Annahmevertrag erklärt werden (RGZ 121, 30).

    2. 2.

      Der Einwilligende braucht Person und Namen des Annehmenden nicht zu kennen (Inkognitoadoption). Es genügt, dass die Person des Annehmenden zur Zeit der Abgabe der Einwilligungserklärung feststeht. Die Bezeichnung des Annehmenden in der Erklärung durch objektive Merkmale ist nicht unbedingt notwendig, wenn sich aus den die Abgabe der Einwilligung begleitenden Umständen ergibt, dass der Erklärende nicht allgemein zur Annahme des Kindes durch eine beliebige Person, sondern nur zu einer solchen durch eine bereits bestimmte. Person einwilligen will.

  2. II)

    Die Widerrechtlichkeit einer Drohung, durch die jemand zur Abgabe einer Willenserklärung auf dem Gebiete des Familienrechts bestimmt worden ist, kann nicht schon deswegen bejaht werden, weil dem Drohenden kein Anspruch auf die Abgabe der Erklärung zusteht. Eine Drohung ist, soweit es sich um solche Rechtsgeschäfte, z.B. den Abschluss einer Ehe oder eines Kindesannahmevertrages handelt, auch dann nicht für widerrechtlich zu erachten, wenn der Drohende an der Willenserklärung ein berechtigtes Interesse hat und die ausgesprochene Drohung nach der Auffassung aller billig und gerecht Denkenden ein angemessenes Mittel zur Erreichung des nicht zu missbilligenden Zwecks ist.

hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs auf die mündliche Verhandlung vom 31. Mai 1951 unter Mitwirkung des Bundesrichters Dr. Lersch als Vorsitzenden und der Bundesrichter Ascher, Raske, Johannsen und Dr. Kregel

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts in Düsseldorf vom 26. Mai 1950 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1

Die ledige Klägerin hat am 4. März 1948 das Kind Hermann Josef H. in der Wohnung ihrer Eltern in M. geboren. Der Erzeuger des Kindes ist verheiratet und Vater dreier ehelicher Kinder. Kurz nach der Geburt wurde die Klägerin mit dem neugeborenen Lind in das Kamillianerkrankenhaus in M. verbracht. Am 6. März 1948 wurde das Kind von ihr getrennt und in das Krankenhaus in R. gebracht. Am 13. März 1948 kehrte die Klägerin in ihre elterliche Wohnung zurück. Am 20. März 1948 gab die Klägerin zu Protokoll des Notars Dr. H. in R. folgende Erklärung ab:

"Ich habe am 4. März 1948 zu M. ein Kind geboren, welches den Namen Hermann Josef H. führt.

Ich gebe meine Einwilligung dazu, dass mein vorgenanntes Kind Hermann Josef von den Eheleuten als gemeinschaftliches Kind an Kindesstatt angenommen wird, die das Jugendamt in R. dafür aussucht, ferner dazu, dass das Kind fortan ausschliesslich den Familiennamen der annehmenden Eheleute führen wird, und dass der Vorname geändert wird.

Ich verzichte auf jede weitere Benachrichtigung und bin mit der Eintragung des Sperrvermerks im Geburtsregister des Kindes einverstanden.

Ich gebe den annehmenden Eheleuten als auch den zuständigen Gerichtsstellen und dem Jugendamt in R. gegenüber diese Erklärung unwiderruflich ab und bitte, eine beglaubigte Abschrift an das Jugendamt in R. zu senden."

2

Inzwischen hatte sich die Mutter der Klägerin darum bemüht, geeignete Pflegeeltern für das Kind ausfindig zu machen, die auch für die Adoption in Frage kämen. Diese fanden sich in der Beklagten und ihrem im Verlaufe des Rechtsstreits verstorbenen Ehemann. Das kind wurde von ihnen kurze Zeit nach dem 20. März 1948 im Krankenhaus in R. abgeholt und wird seitdem bei den Pflegeeltern aufgezogen.

3

Unter dem 18. August 1948 widerrief die Klägerin in einem Schreiben an das Amtsgericht M.-Gladbach ihre Einwilligung zur Adoption. In einem weiteren Schreiben an das Jugendamt in R. vom 15. Dezember 1948 focht sie ihre Einwilligungserklärung an, da sie von den Eltern unter Druck gesetzt worden sei.

4

Am 20. Dezember 1948 schloss der Amtsvormund des Kindes mit der Beklagten und ihrem Ehemann zu notariellem Protokoll einen Kindesannahmevertrag ab. Dieser Vertrag wurde am 31. Dezember 1948 vormundschaftsgerichtlich genehmigt. Das Bestätigungverfahren ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits ausgesetzt.

5

Die Klägerin behauptet, der Kindesannehmevertrag sei unwirksam. Er enthalte eine unzulässige Doppelbevollmächtigung des beurkundenden Notars zur Entgegennahme der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Vor allem aber sei ihre Einwilligungserklärung vom 20. März 1948 unwirksam und nichtig. Es sei ihr zur Zeit der Abgabe unbekannt gewesen, dass die Adoptiveltern schon ausgewählt gewesen seien. Es handele sich also um die Einwilligung zu einem noch unbestimmten Kindesannahmevertrag, die wirkungslos sei (sog Inkognitoadoption). Sie, die Klägerin, habe ihre Erklärung auch rechtzeitig widerrufen. Ausserdem sei sie nichtig, weil sie von ihr wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und Drohung angefochten sei. Sie sei darüber im Unklaren gelassen worden, dass ihre Mutter die Adoptiveltern bereits ausgesucht habe. In Gespräcken, die mit ihr geführt worden seien, sei immer nur von Pflegeeltern die Rede gewesen. Sie habe die Erklärung auch nur unter einem von ihrer Mutter ausgeübten Drucke abgegeben. Schon vom Tage nach der Geburt habe ihr ihre Mutter erklärt, ihr Vater trage sich mit Selbstmordgedanken wegen der der Familie zugefügten Schande. Sie könne nur dann in das Elternhaus zurückkehren, wenn sie sich von dem Kinde völlig trenne und in eine Adoption einwillige. Hierin liege eine widerrechtliche Drohung. Sie habe die Erklärung auch in einem Zustand der Störung der Geistestätigkeit abgegeben.

6

Mit der Klage begehrt die Klägerin,

7

festzustellen, dass der am 20. Dezember 1948 von den Beklagten mit dem Amtsvormund in R. bezüglich des Kindes Hermann Josef H. geschlossene Kindesannahmevertrag und die am 20. März 1948 seitens der Klägerin in einer notariellen Urkunde erklärte Einwilligung, ihr Kind an vom Jugendamt R. auszusuchende Eheleute an Kindesstatt abzugeben, unwirksam und nichtig seien.

8

Die Beklagte und ihr mitverklagter Ehemann haben beantragt,

9

die erhobene Klage abzuweisen.

10

Sie sind der Behauptung der Klägerin entgegengetreten, dass die Einwilligung zu einer unzulässigen Inkognitoadoption erteilt worden sei. Wenn der Klägerin auch nicht der Name der in Aussicht genommenen Adoptiveltern bekannt gewesen sei, so sei sie doch über alle wesentlichen Umstände von ihrer Mutter unterrichtet worden. Die Mutter der Klägerin habe nicht widerrechtlich gehandelt, wenn sie, um den Fehltritt der Klägerin nicht offenbar werden zu lassen, diese dahin beeinflusst habe, einer Adoption zuzustimmen. Die Klägerin habe daher ihre Einwilligung weder wegen Irrtums oder Täuschung, noch wegen Drohung anfechten können. Sie sei mit der Adoption völlig einverstanden gewesen und habe erst später ihre Meinung geändert. Auch sei die Anfechtung nicht gegenüber der Beklagten und ihrem Ehemann ausgesprochen worden.

11

Das Landgericht in M.-Gladbach hat durch Urteil vom 16. August 1949 der Klage stattgegeben, weil die Klägerin ihre Einwilligung wegen widerrechtlicher Drohung wirksam angefochten habe. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Klägerin Revision eingelegt und beantragt,

12

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils

  1. 1)

    gemäss ihren zuletzt gestellten Anträgen zu erkennen, hilfsweise

  2. 2)

    die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

13

Die Beklagte hat um Zurückweisung der Revision gebeten. Die Revision ist vom Berufungsgericht zugelassen worden.

Entscheidungsgründe:

14

1)

Das Berufungsgericht hat in der Sache selbst entschieden, ohne sich zunächst mit der von Amts wegen zu prüfenden Frage zu befassen, ob die Klägerin an der von ihr begehrten Feststellung ein rechtlickes Interesse hat (§256 ZPO). Der Annahmevertrag, um den es sich hier handelt, ist noch nicht gerichtlich bestätigt und daher noch nicht wirksam geworden (§1754 Abs. 1 BGB i.d.F. der VO ZJA vom 12. März 1948 [BrZVOBl. S. 71]). Alle Fragen, die im vorliegenden Rechtsstreit der gerichtlichen Nachprüfung unterbreitet werden, sind von dem Amtsgericht im Bestätigungsverfahren ebenfalls zu prüfen. Das Bestätigungsverfahren ist eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§65 ff FGG). Die Organe der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind an die Rechtskraft der Urteile des Prozessrichters nur im Rahmen ihrer Wirkung gebunden (Rosenberg, ZPO 5. Aufl. §13 III 2 a); das Amtsgericht ist daher in der tatsächlichen und rechtlichen Würdigung des Sachverhalts frei, insoweit es sich nicht um die Parteien dieses Rechtsstreits handelt, insbesondere also auch gegenüber dem Kinde der Klägerin. Trotzdem ist das rechtliche Interesse der Klägerin an der beantragten Feststellung zu bejahen. Wenn die Adoption auch noch nicht wirksam ist, so liegt doch ein in der Entstehung begriffenes Rechtsverhältnis vor. Dies ergibt sich schon daraus, dass nicht nur die Parteien an den Kindesannahmevertrag bis zur Bestätigung gebunden sind, sondern auch diejenigen Personen, deren Einwilligung zu dem Vertrag nach §§1746, 1747 BGB notwendig ist, diese nicht frei widerrufen können (§1748 Abs. 1 BGB). Die Feststellung ist aber auch nicht bedeutungslos. Die Bestätigung des Annahmevertrages heilt materielle Mängel des Kindesannahmevertrages mit Ausnahme der in §1756 Abs. 1 BGB genannten nicht (Urteil des Senats vom 7. Mai 1951 - IV ZR 3/51 -). Auch nach der Bestätigung des Annahmevertrages können die Beteiligten die Frage der Unwirksamkeit des Vertrages wegen eines Mangels der Einwilligungserklärung im streitigen Verfahren zum Aus trag bringen. Eine Entscheidung dieser Fragen vor der Erteilung der Bestätigung ist nicht überflüssig, da dadurch ein Rechtsstreit zwischen den Parteien dieses Prozesses nach der Bestätigung vermieden werden kann.

15

2)

Das Berufungsgericht stellt zunächst fest, dass der Annahmevertrag ordnungsgemäss dem Vormund des Kindes gegenüber vormundschaftsgerichtlich genehmigt und dies vom Vormund den Annehmenden mitgeteilt worden ist (§1829 Abs. 1 BGB). Mit Recht hält es deshalb eine Erörterung der Frage für unnötig, ob die dem beurkundenden Notar in dem Vertrag erteilte Ermächtigung zur Entgegennahme des Beschlusses des Vormundschaftsgerichts und der Mitteilung von der Genehmigung wirksam ist. Insoweit erhebt die Revision auch keine Angriffe gegen das Urteil des Berufungsgerichts.

16

3)

Streitig unter den Parteien ist die Frage, ob die nach §1747 BGB erforderliche Einwilligung der Klägerin den gesetzlichen Erfordernissen genügt oder ob es sich um eine unstatthafte Einwilligung zu einer sog. Inkognitoadoption handelt. In der Rechtsprechung und im Schrifttum geht die weitaus vorherrschende Meinung dahin, dass die Einwilligung der Eltern bezw. der unehelichen Mutter zu der Adoption ihres Kindes nicht allgemein im voraus zu einem mit noch unbestimmten Adoptiveltern abzuschliessenden Vertrag erteilt werden kann, sondern nur zu einem bestimmten Adoptionsvertrag (RGZ 121, 30 [37]; RG in JW 1933, 2700; KG in JW 1926, 834 und DJ 1935, 379; RGRKomm §1747 Anm. 1; Staudinger §1748 Anm. 1; Palandt 7. Aufl. §1748 Anm. 1; a.A. v. Blume JW 1926, 834). Diese Ansicht, der sich der Senat anschliesst, stützt sich nicht sowohl auf den hierzu unergiebigen Wortlaut des §1747 BGB als vielmehr auf die zutreffende Erwägung, dass bei der einschneidenden Wirkung, die eine Adoption auf die Beziehung des Kindes zu seinen natürlichen Eltern hat, eine sachgemässe Entscheidung von den Eltern bezw. der Kindesmutter nur getroffen werden kann, wenn die Einwilligung nicht zu einer möglichen Adoption schlechthin, sondern nur zu einem bestimmten Adoptionsvertrag erteilt wird.

17

Fraglich ist, ob diesem Erfordernis der Bestimmtheit dann Genüge getan wird, wenn den Zustimmenden der Name der Adoptiveltern nicht bekanntgegeben wird, diese aber der Person nach feststehen. Das Bedürfnis, den Kindeseltern, insbesondere Müttern unehelicher Kinder, den Namen der Adoptiveltern zu verheimlichen, hat sich aus der Erfahrung ergeben. Diese hat gezeigt, dass gerade uneheliche Mütter, die zunächst mit der Adoption ihres Kindes einverstanden sind, später versuchen, mit den Kindern wieder in Verbindung zu treten und dadurch das Einleben der Kinder in der neuen Umgebung erschweren. Es entspricht dem Interesse der Kinder, diese Störungen zu verhindern. In der Rechtsprechung der Gerichte hat sich daher die Ansicht durchgesetzt, dass zwar die Einwilligung der Kindeseltern nur zu einem bestimmten Adoptionsverhältnis erteilt werden kann, dass aber diesem Erfordernis auch genügt wird, wenn den Einwilligenden der Name der Annehmenden nicht bekannt gemacht Werde (so RG u KG a.a.O.). Im Schrifttum, insbesondere den führenden Kommentaren, ist diese Ansicht überwiegend gebilligt worden (abweichend nur Enneccerus-Kipp-Wolff, Familienrecht §91 Note 19). Nicht endgültig geklärt ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Einwilligung zu einem bestimmten Annahmevertrag erklärt ist. In dem vom Reichsgericht in RGZ 121, 30 entschiedenen Fall waren die Adoptiveltern in der Einwilligungserklärung durch Bezugnahme auf die Liste der Adoptionserteilung eines Vereins für Säuglingsfärsorge und Wohlfahrtspflege gekennzeichnet, in der die Adoptiveltern unter einer bestimmten (ebenfalls das der Erklärung ersichtlichen) Nummer geführt wurden. Diese Kennzeichnung hielt das RG für ausreichend. Auf Grund dieser Entscheidung hat Schlegelberger, BGB §1747 Anm. 8 ausgeführt, dass die Adoptiveltern in der Einwilligungserklärung durch objektive Merkmale bezeichnet werden müssen. Auch die Praxis der mit der Vermittlung von Adoptionen betrauten Stellen und Organisationen hat sich nach dieser Entscheidung gerichtet (Ballarin DJ 1938, 335; Bluhn DR 1942, 1309).

18

Der Senat sieht keinen Anlass, von der in der Rechtsprechung seit Jahrzehnten bewährten Praxis abzugehen. Bedenken könnten gegen sie allenfalls daraus hergeleitet werden, dass durch die Verheimlichung des Namens der Adoptiveltern vor der unehelichen Mutter die Ausübung eines dieser zustehenden und durch die Adoption nicht berührten rechts auf den persönlichen Verkehr mit dem Kinde unmöglich gemacht wird. Diese Bedenken können aber als stichhaltig nicht anerkannt werden. Zunächst ist es fraglich, ob neben dem Recht der Sorge für die Person des Kindes, das die Eltern mit dem Wirksamwerden der Adoption zunächst verlieren (§1765 Abs. 1 BGB), ein selbständiges Verkehrsrecht besteht (so Staudinger BGB §1765 Anm. 1; a.A. RGZ 64, 47; 153, 238; RGRKomm §1765 Anm. 2). Zu dieser Frage braucht hier aber nicht Stellung genommen zu werden. Selbst wenn man ein solches Recht anerkennt, ist seine Ausübung den berechtigen Interessen des Kindes unterzuordnen. Diese lassen eine Verheimlichung der Person der Annehmenden in vielen Fällen mindestens solange angebracht erscheinen, bis das Kind sich in der neuen Umgebung eingelebt hat und seine Beziehungen zu dem Annehmenden durch die Kindesmutter nicht mehr so empfindlich gestört werden können, dass das Kind an Leib und Seele Schaden nimmt, wenn es von seinen Verwandtschaftsbeziehungen zu einer ihm entfremdeten Person erfährt. Ausserdem würde die Ausübung des Rechts zum Verkehr durch die anfängliche Geheimhaltung der Adoptiveltern wenn auch erheblich erschwert, so doch nicht gänzlich unmöglich gemacht werden. Die Person der Adoptiveltern ergibt sich aus den Akten der beteiligten Behörden (Gerichte und Jugendämter), und es wird im pflichtgemässen Ermessen dieser Stellen stehen, ob sie der Kindesmutter die Adoptiveltern namhaft machen, wenn diese ein hinreichendes Interesse dartut, mit dem Kinde in Verbindung zu treten.

19

Die Zulässigkeit der Einwilligung der Eltern oder der unehelichen Mutter zu einem Kindesannahmevertrag ist daher zu bejahen, wenn auch dem weiteren Erfordernis genügt wird, dass die Zustimmung zu einem bestimmten Vertrag, d.h. einem Vertrag mit bestimmten, zur Zeit der Abgabe der Einwilligung schon feststehenden Annehmenden erteilt wird. Dabei ist es nicht unerlässlich notwendig, dass in der Einwilligungserklärung der natürlichen Eltern die Adoptiveltern gerade in der erwähnten Entscheidung des RG bestimmten Art gekennzeichnet werden. Es genügt, dass die Einwilligung zu einem Adoptionsvertrag mit einer bestimmten Person erteilt wird, die das Kind annehmen will.

20

Ob diesen Erfordernissen genügt ist, kann sowohl durch Auslegung der Erklärung als auch aus den Umständen entnommen werden, unter denen die Erklärung abgegeben wird.

21

Gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Erklärung der Klägerin sich auf einen bestimmten Adoptionsvertrag bezog, wendet sich die Revision. Ihre Bedenken können nicht geteilt werden, Zwar ist der Wortlaut der Erklärung der Klägerin nicht eindeutig, er lässt die Auslegung zu, dass die Klägerin ihre Zustimmung zu einer Adoption durch Eheleute erklärt, die erst noch von dem Jugendamt in R. ausgesucht werden. Eine solche Erklärung würde allerdings den gesetzlichen Erfordernissen nicht genügen. Das Berufungsgericht entnimmt aber sowohl dem Wortlaut als den Umständen, unter denen die Erklärung von der Klägerin abgegeben wurde, dass sie nicht so zu verstehen ist. Unter den vom Berufungsgericht erörterten Umständen, aus denen es entnimmt, die Klägerin habe einem Vertrag mit bestimmten Adoptionseltern zugestimmt, ist insbesondere die Erklärung der Klägerin vor dem Vormundschaftsgericht hervorzuheben, in der sie angibt, sie habe eine Ausfertigung der Erklärung in dem Krankenhaus abgegeben und zwar, wie sie angenommen habe, zwecks Übergabe an die Adoptiveltern. Die Klägerin war sich demnach in dem Augenblick, als sie sich der Urkunde entäusserte, bewusst, dass ihr Kind von einem bestimmten Ehepaar angenommen werden sollte. Damit ist aber die Feststellung, dass die Klägerin einem bestimmten Adoptionsverhältnis zugestimmt hat, hinreichend Betroffen.

22

Wenn die Revision geltend macht, diese Feststellung sei unter Verletzung des §286 ZPO getroffen, weil sie dem Ergebnis der Beweisaufnahme (Aussagen der Zeugen B. und H.) widerspreche, so kann ihr hierin nicht gefolgt werden. Die Unterredungen mit diesen beiden Zeugen haben mehrere Tage vor dem 20. März 1948 während des Aufenthalts der Klägerin im K. stattgefunden. Selbst wenn damals darüber gesprochen wurde, dass das Kind nur in Pflege gegeben werden sollte und für das Jugendamt eine Adoption erst bei einem Alter des Kindes von 1 bis 1 1/2 Jahren in Frage komme, so widerspricht es nicht den Denkgesetzen, wenn das Berufungsgericht aus dem Inhalt und den Umständen, unter denen am 20. März 1948 die Erklärung von der Klägerin zu Protokoll gegeben wurde, und aus der Weitergabe der Ausfertigung an das Krankenhaus entnimmt, dass nunmehr in dem allein maßgebenden Zeitpunkt die Klägerin darüber im Bilde war, dass bereits ein bestimmtes Ehepaar als Adoptiveltern in Aussicht genommen war. Denn inzwischen konnte sie Kenntnis davon erhalten haben, dass die Sache bereits weiter gediehen war. Angesichts dieser Tatsache, dass die Kindesmutter annahm, die Ausfertigung solle den Adoptiveltern ausgehändigt werden, ist, wie das Berufungsgericht richtig ausführt, auf den Wortlaut der Erklärung entscheidendes Gewicht nicht zu legen. Es kommt demgegenüber auch nicht ausschlaggebend auf die Schlüsse an, die das Berufungsgericht aus dem Inhalt der Erklärung zieht. Ob hierbei auch §139 ZPO verletzt ist, wie die Revision meint, kann daher dahingestellt bleiben. Keinesfalls ist dagegen etwas zu erinnern, dass das Berufungsgericht daraus, dass schon von Eheleuten als Annehmenden die Rede war, den Schluss zieht, dass sich die Klägerin schon damals bewusst war, dass sich bestimmte Adoptiveltern gefunden hatten.

23

4)

Die Revision ist weiter der Ansicht, dass eine unwiderrufliche Einwilligungserklärung von seiten der Klägerin überhaupt nicht abgegeben worden sei. Auch hier kann der Revision nicht gefolgt werden. Nach §1748 Abs. 1 BGB hat die Einwilligung entweder dem Annehmenden oder dem Kinde oder dem für die Bestätigung zuständigen Gerichte gegenüber zu erfolgen; sie ist unwiderruflich. Ob die Ansicht von Palandt §1748 Anm. 1 richtig ist, dass die Unwiderruflichkeit bereits mit der Abgabe der Einwilligung und nicht erst im Augenblick ihres Zugehens an eine der in §1748 genannten Personen (§130 Abs. 1 BGB) eintritt, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn selbst wenn man sich auf den gegenteiligen Standpunkt stellt, ist die Erklärung der Klägerin in dem Augenblick unwiderruflich geworden, als sie einige Tage nach dem 20. März 1948 den annehmenden Eheleuten zugegangen war.

24

Zu Unrecht bezweifelt die Revision, dass sich aus dem angefochtenen Urteil eine hinreichende Feststellung des wirksamen Zugehens der Erklärung entnehmen lässt. Es ist der Revision zwar zuzugeben, dass die im Tatbestand getroffene Feststellung, einige Tage nach dem 20. März 1948 hätten die Beklagte und ihr Ehemann sowie das Jugendamt in R. Abschriften der notariellen Erklärung erhalten, nicht ersehen lässt, ob die Erklärung, wie dies nach §1748 Abs. 1 BGB notwendig ist, gegenüber dem Annehmenden oder dem Kind erfolgt ist. Das Jugendamt in R. war damals noch nicht gesetzlicher Vertreter des Kindes, sondern das Jugendamt in M.-Gladbach (§§35, 39 JWG).

25

Dem Jugendamt in R. gegenüber konnte die Einwilligung als dem gesetzlichen Vertreter des Kindes überhaupt nicht erklärt werden (§131 Abs. 1 BGB). Es kommt daher darauf an, ob die Erklärung der Beklagten und ihrem Ehemann zugegangen ist. Hier lässt der Tatbestand nicht ersehen, ob die Annehmenden eine Ausfertigung oder eine beglaubigte oder unbeglaubigte Abschrift der Erklärung erhalten haben, und ob dies auf Veranlassung der Klägerin geschehen ist. Hier finden jedoch die Feststellungen des Tatbestandes ihre Ergänzung in den Urteilsgründen und dem eigenen Vorbringen der Klägerin. In den Gründen bezieht sich das Berufungsgericht auf die schon erwähnte Aussage der Klägerin vor dem Vormundschaftsrichter, dass sie in dem Krankenhaus in R. eine Ausfertigung der Erklärung abgegeben habe, die nach ihrer Annahme für die Adoptiveltern bestimmt gewesen sei. Diese Ausfertigung ist die "Abschrift", die die Beklagte und ihr Ehemann erhalten haben. Zwar stellt dies das Berufungsgericht nicht ausdrücklich fest. Jedoch hat die Klägerin selbst sich in dem Schriftsatz vom 11. Januar 1950 - Bl. 81 GerA - auf eine Erklärung der Eheleute F. gegenüber dem Vormundschaftsrichter bezogen, sie hätten die Einwilligungserklärung am 22. März 1948 im Krankenhaus erhalten, wo sie durch die Großmutter und die Mutter des Kindes zwecks Übermittlung an sie abgegeben worden sei (Bl. 17 R der beigezogenen Akten VIII 12466 des AG Rheydt). Die Richtigkeit dieser Angabe ist von der Klägerin nicht in Abrede gestellt worden. Es ergibt sich also aus ihrem eigenen im Tatbestand in Bezug genommenen Vorbringen, dass eine Ausfertigung der Erklärung mit ihrem Willen der Beklagten und ihrem Ehemann übergeben worden ist. Aus dieser Erklärung, an die die Klägerin gebunden ist, ist zu entnehmen, dass die Einwilligung den Annehmenden zugegangen ist. Damit ist aber spätestens die in §1748 Abs. 1 Halbsatz 2 BGB ausgesprochene Unwiderruflichkeit eingetreten. Dass die Klägerin ihre Erklärung vorher widerrufen hat, hat sie nicht behauptet. Ein Widerruf nach diesem Zeitpunkt war unwirksam.

26

5)

Die Klägerin hat weiter geltend gemacht, die Erklärung sei nichtig, weil sie sich zur Zeit der Abgabe der Einwilligung in einem Zustand vorübergehender Störung der Geistestätigkeit befunden habe (§105 Abs. 2 BGB). Das Berufungsgericht hat hierfür hinreichende Anhaltspunkte nicht als vorliegend angesehen, insbesondere, so wird im Urteil ausgeführt, reiche es nicht aus, dass die Klägerin auf die Zeugin H. bei dem Besuch im Krankenhaus einen "apathischen" Eindruck gemacht habe. Die Einwilligung sei über zwei Wochen nach der Geburt und eine Woche nach der Entlassung aus dem Krankenhaus abgegeben worden. Die Revision meint, dass das Berufungsgericht sich nicht auf seine unzureichende Sachkunde verlassen und die medizinische Frage, wie lange die durch die "uneheliche" Geburt hervorgerufene Gemütsbewegung angedauert habe, nicht ohne Zuziehung eines Sachverständigen habe entscheiden dürfen. Mit dieser Rüge kann die Revision nicht gehört werden. Sie behauptet selbst nicht, dass die Klägerin sich auf das Gutachten Sachverständiger bezogen habe. Die Vernehmung eines Sachverständigen von Amts wegen (§144 ZPO) steht im freien Ermessen des Gerichts. Seine Ausübung ist einer Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen.

27

6)

Es kommt daher darauf an, ob die Einwilligung der Klägerin durch die von ihr erklärte Anfechtung nichtig geworden ist (§142 Abs. 1 BGB).

28

a)

Soweit die Anfechtbarkeit auf arglistige Täuschung oder Irrtum der Klägerin gestützt ist (§§119, 123 BGB), hat das Berufungsgericht ein Anfechtungsrecht der Klägerin zutreffend verneint. Die Feststellung, dass die Klägerin sich des Sinnes und der Bedeutung ihrer Erklärung in dem allein, maßgebenden Zeitpunkt ihrer Abgabe bewusst war, ist frei von Rechtsirrtum getroffen. Die von der Revision erhobenen Bedenken, dass das Berufungsgericht zu diesem Ergebnis unter Verletzung des §286 ZPO gelangt sei, weil die Aussage der Zeuginnen B. und H. nicht beachtet worden seien, sind bereits in anderem Zusammenhang als unzutreffend dargetan, so dass auf diese Ausführungen Bezug genommen werden kann.

29

b)

Die Klägerin hat sich weiter darauf berufen, dass sie zur Abgabe der Einwilligung durch eine Drohung ihrer Mutter bestimmt und deshalb zur Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung gemäss §123 BGB berechtigt gewesen sei.

30

Aus dem Tatbestand und den in den Gründen enthaltenen Feststellungen des Berufungsurteils ergibt sich, dass die Mutter der Klägerin schon am Tage nach der Geburt und später auf die Klägerin einwirkte, sie solle sich bereit erklären, das Kind abzugeben. Sie machte der Klägerin Vorwürfe, dass sie durch das Verhältnis mit einem verheirateten Manne Schande über die Familie gebracht habe, und äusserte, der Vater der Klägerin habe Selbstmordgedanken geäussert. Sie habe ihr erklärt, sie könne nur dann in das Elternhaus zurückkommen, wenn sie sich von dem Kinde völlig trenne. Hierzu wird in den Entscheidungsgründen noch ergänzend ausgeführt, der Vater habe unter dem überraschenden und deprimierenden Eindruck der Geburt seiner Frau erklärt, dass seine Tochter von einem verheirateten Manne ein Kind bekommen habe, überlebe er nicht, er tue sich ein Leid an. Das Berufungsgericht führt weiter aus, aus der Bekundung der Zeugin Sch. ergebe sich nicht, dass die Mutter der Klägerin gegenüber geäussert habe, der Vater würde sich dann das Leben nehmen, wenn sie das Kind nicht abgäbe. Es sieht deshalb nicht als bewiesen an, dass die Mutter die Äusserung als Druckmittel benutzt habe.

31

Diese Darlegungen des Berufungsurteils ergeben, dass die Äusserung der Mutter der Klägerin über Selbstmordgedanken des Vaters keine Drohung im Sinne des §123 BGB enthält, wenn man sie aus dem Zusammenhang mit dem Gesamtinhalt der der Tochter gemachten Vorstellungen herausnimmt. Drohung kann nach herrschender Meinung nur die Ankündigung eines künftigen. Übels sein, auf dessen Eintritt oder Nichteintritt der Drohende einwirken zu können behauptet, nicht aber die Ausnutzung eines bestehenden Übels (Palandt, BGB 9. Aufl. §123 Anm. 3 a). Ob die Drohung eine widerrechtliche gewesen wäre, wenn die Mutter sich dahin geäussert hätte, der Vater werde sich ein Leid antun, wenn die Klägerin einer Adoption nicht zustimme, kann unerörtert bleiben, da eine solche Äusserung nicht festgestellt ist.

32

Dagegen sind durch die Erklärung der Mutter die Merkmale der Drohung insoweit erfüllt, als die Mutter der Klägerin eröffnet hat, sie könne nur ins Elternhaus zurückkehren, wenn sie sich von dem Kind trenne. Die von der Mutter in Aussicht gestellte Verstossung der Tochter bedeutete für diese, wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat, ein empfindliches Übel. Es kann sich nur darum handeln, ob das Vorgehen der Mutter als widerrechtliche Drohung anzusehen ist.

33

Wie der Wortlaut des Gesetzes ergibt, kommt es darauf an, ob der Anfechtende durch die Drohung zur Abgabe einer Willenserklärung widerrechtlich bestimmt wird (RGRKomm §123 Anm. 3 mit Nachw). Die Benutzung der Drohung als Mittel der Willensbeeinflussung muss widerrechtlich sein. Dies ist immer dann der Fall, wenn der mit der Drohung verfolgte Zweck oder das angedrohte Mittel rechtswidrig ist (Palandt a.a.O. mit Nachw). Richtig hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass aus diesen Gründen die von der Mutter ausgesprochene Drohung nicht unrechtmässig war. Weder der erstrebte Zweck, die Abgabe des Kindes an Adoptiveltern, noch die Ankündigung, die Tochter aus der elterlichen Wohnung weisen zu wollen, standen im Widerspruch zur Rechts- und Sittenordnung. Unbegründet ist die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen §286 ZPO nicht beachtet, dass der Klägerin ein Wohnrecht bei ihren Eltern zugestanden habe, und dass sie bei einer Verstoßung keine andere Möglichkeit des Unterkommens gehabt habe, da ihr das Wohnungsamt bei der Einstellung der Eltern keine andere Wohnung zugeteilt haben würde. Die Androhung, nicht zurückkehren zu dürfen, sei daher widerrechtlich. In dem Vorbringen der Klägerin in den Vorinstanzen war ein Anhaltspunkt für ein solches Wohnrecht der Klägerin nicht gegeben. Es bestand daher auch keine Veranlassung für das Berufungsgericht, ein derartiges Recht zu berücksichtigen. Im übrigen trägt die Klägerin hier neue Tatsachen vor, mit denen sie in der Revisionsinstanz nicht mehr gehört werden kann.

34

Wenn nun auch weder das angedrohte Mittel noch der mit einer Drohung erstrebte Zweck rechtswidrig sind, so sind damit die Möglichkeiten einer rechtswidrigen Drohung nicht erschöpft. Die Androhung einer von der Rechtsordnung erlaubten Handlung zu einem von ihr nicht mißbilligten Zweck kann auch dann noch eine rechtswidrige Drohung im Sinne des §123 BGB sein, wenn die Anwendung eines bestimmten Druckmittels zur Herbeiführung des ins Auge gefassten Zweckes von der Rechtsordnung als gegen Treu und Glauben oder die guten Sitten verstossend mißbilligt wird (Staudinger, BGB 10. Aufl. §123 Anm. 12). Das angedrohte Übel muss, um die Widerrechtlichkeit der Drohung auszuschliessen, ein angemessenes Mittel zur Erreichung des Zweckes sein, wie das Berufungsgericht unter Berufung auf Enneccerus-Nipperdey, Lehrbuch des bürgerlichen Rechts 1931 §161, 2 ausführt. Vielfach wird die Ansicht vertreten, dass die Drohung dann rechtswidrig sei, wenn ein Erfolg erstrebt werde, auf den kein Anspruch bestehe, so z.B. Palandt, 9. Aufl. §123 Anm. 3 a.E. Diese Ansicht findet eine Stütze in älteren Entscheidungen des RG (Jw 1905, 134; 1913, 638; 1917, 459). Auch die Revision stützt sich hierauf, wenn sie ausführt, die von der Mutter der Klägerin ausgesprochene Drohung sei deshalb rechtswidrig, weil die Eltern der Klägerin auf die Einwilligung zur Adoption kein Recht gehabt hätten. Hierauf kann es aber nicht ausschliesslich ankommen. Die angeführten Entscheidungen betreffen Fälle, in denen eine vermögensrechtliche Leistung von einer Person erzwungen war, auf die diese keinen Anspruch hatte. Selbst für Geschäfte des Vermögensrechts hat das Reichsgericht später nicht ausschliesslich auf diesen Umstand abgestellt, so z.B. wenn ein Gläubiger durch Drohung von seinem Schuldner den Abschluss eines Vergleichs erlangt hat (RGZ 112, 226 [228]). Wie das Reichsgericht in JW 1931, 2140 ausführt, ist ein allgemeiner Satz, dass einem von einem Gläubiger verlangten Opfer das Merkmal der Widerrechtlichkeit anhafte, sofern der Gläubiger auf den Vorteil keinen Rechtsanspruch habe, abzulehnen.

35

Auf keinen Fall kann dieser Satz dann gelten, wenn durch die Drohung eine rechtsgeschäftliche Erklärung herbeigeführt werden soll, die nicht vermögensrechtlicher Natur ist, wie z.B. der Abschluss einer Ehe. Da niemand einen erzwingbaren Anspruch auf Abschluss einer Ehe hat, so würde diese Ansicht dazu führen, dass eine durch Drohung erzwungene Ehe nach §34 EheG stets auf Klage des bedrohten Ehegatten aufzuheben wäre. Dann käme, worauf Hoffmann-Stephan EheG §34 2 C hinweisen, dem Merkmal der Widerrechtlichkeit überhaupt keine Bedeutung zu. Das wäre aber mit seiner ausdrücklichen Hervorhebung in §34 EheG und §123 BGB nicht vereinbar. Die gleichen Erwägungen treffen auch bei anderen Rechtsgeschäften des Familienrechts zu, wie beim Kindesannahmevertrag oder der Einwilligung hierzu. Dem Erfolg, auf den ein Rechtsanspruch besteht, sei, wie das genannte Erläuterungsbuch unter Hinweis auf RGZ 126, 40 (46) meint, der gleichzustellen, der dem Drohenden aus Billigkeitsgründen zukomme. Man wird darüber hinausgehend eine Drohung auch dann nicht für widerrechtlich zu erachten haben, wenn der Drohende an der Erreichung des von ihm Bezweckten ein berechtigtes Interesse hat und die deswegen ausgesprochene Drohung nach der Auffassung aller billig und gerecht Denkenden ein angemessenes Mittel darstellt. Im vorliegenden Fall sollte nach der Absicht der Mutter der Klägerin durch die Weggabe des Kindes verhindert werden, dass der von der Rechts- und der Sittenordnung zu verurteilende Fehltritt der Klägerin ruchbar und dadurch nicht nur diese, sondern auch ihre Eltern Demütigungen ausgesetzt würden. Es handelte sich also nicht um die Frage, ob die Eltern der Klägerin ein Recht auf eine Adoption des Kindes hatten, sondern darum, ob sie ein sittlich nicht zu missbilligendes Recht darauf hatten, der Tochter die Aufnahme mit dem Kind in ihr Haus zu verweigern. Selbst wenn die Lösung, die die Mutter der Klägerin suchte, um die aus dem verpönten Vorhalten der Klägerin für diese selbst und ihre Eltern erwachsenen Folgen möglichst zu mildern, nicht die einzige war, die sich bot, so war sie doch eine der in Betracht kommenden Möglichkeiten. Es verstösst aber weder gegen Rechts- noch gegen Sittengesetze, wenn Eltern eine erwachsene, nicht unterhaltsberechtigte Tochter, die sich durch einen ehebrecherischen Verkehr vergangen hat, vor die Wahl stellen, entweder die Familiengemeinschaft zu verlassen oder das aus diesem Verkehr hervorgegangene Kind an Adoptiveltern abzugeben.

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Die Ausübung einer solchen Befugnis unterliegt wie die jedes Rechts und wie jeder Handlungsmöglichkeit nur der dafür in §226 BGB gesetzten Grenze. Die Ausübung darf nicht mißbräuchlich werden (RGRKomm §123 Anm. 3). Ein solcher Mißbrauch kann darin liegen, dass dem Bedrohten jede Möglichkeit der Überlegung oder sachlichen Prüfung und damit die Wahl genommen wird, ob er dem auf ihn ausgeübten Druck nachgeben oder das angedrohte Übel in Kauf nehmen will (JW 1905, 134). Dass diese Grenze gewahrt und das angemessene Maß der Beeinflussung nicht unnötig überschritten wird, wird gerade in Fällen wie dem vorliegenden genau zu prüfen sein, in denen es sich um eine der höchstpersönlichen Entschliessung des Bedrohten überlassene Handlung mit weitreichenden Folgen für die fernere Gestaltung der familienrechtlichen Beziehungen handelt.

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Hierzu stellt das Berufungsgericht fest, die Mutter der Klägerin habe schon am Tage nach der Geburt ihr Streben, die Klägerin zur Abgabe des Kindes zu bewegen, energisch verfolgt und dabei Mangel an Rücksicht auf den Zustand der Klägerin gezeigt. Ob das Verhalten der Mutter der Klägerin nur als Mangel an der gebotenen Rücksicht zu werten ist oder ob es gegen sittliche Grundsätze verstiess, kann hier aber dahingestellt bleiben, da das Urteil hierauf nicht beruht.

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Voraussetzung für die Anfechtbarkeit der Erklärung der Klägerin wegen widerrechtlicher Drohung ist, dass die Klägerin ihre Einwilligung unter dem von ihrer Mutter ausgeübten Druck abgegeben hat. Die Drohung muss für die Erklärung ursächlich gewesen sein. Es muss also dargetan sein, dass der Erklärende ohne die Drohung die Erklärung überhaupt nicht oder nicht zu der Zeit, wie geschehen, oder anders abgegeben hätte. Dabei genügt es, dass die Drohung neben anderen Motiven mitbestimmend war (Palandt a.a.O. §123 Anm. 4 mit Nachw).

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Für diesen Punkt sind folgende Feststellungen des Berufungsgerichts von Bedeutung: Im Zusammenhang mit den Erörterungen, die sich auf die Widerrechtlichkeit der Drohung beziehen, wird ausgeführt, die Mutter der Klägerin habe nicht jeden fremden Einfluss von ihr ferngehalten. Die Beamtinnen des Jugendamtes in M., die Zeuginnen B. und H. hätten Gelegenheit gehabt, auf die Klägerin einzuwirken und hätten sich gegen eine Weggabe des Kindes ausgesprochen. Die Klägerin, die alt genug und wirtschaftlich unabhängig gewesen sei, sodass sie nicht wahllos den Wünschen ihrer Mutter hätte folgen müssen, habe die von den Zeuginnen vorgebrachten Gesichtspunkte bei ihrer Entschliessung berücksichtigen können. Wenn sie trotz der Gegenwirkungen, die sowohl von der Zeugin Sch. als von den beiden Beamtinnen ausgegangen seien, sich den Vorstellungen ihrer Mutter entsprechend verhalten habe, dann könne das nur so ausgelegt werden, dass sie es vorgezogen habe, dem Einvernehmen mit den Eltern und der Möglichkeit, für das Kind eine Zukunft ohne den Makel der unehelichen Geburt aus einem Ehebruch zu schaffen, ihre Muttergefühle zu opfern. Diese Ausführungen besagen, dass unter Berücksichtigung des Alters und der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Klägerin und der Einwirkungen der genannten Zeuginnen der von der Mutter auf die Klägerin ausgeübte Druck keinen Einfluss mehr auf ihre Entschliessung ausgeübt hat, sondern dass die Klägerin nach eigener Abwägung des Für und Wider zu dem Entschluss gekommen ist, in die Adoption ihres Kindes einzuwilligen. Damit ist aber der ursächliche Zusammenhang zwischen einer Drohung der Mutter der Klägerin und deren Entschliessung verneint, besonders wenn beachtet wird, dass zwischen der Drohung der Mutter und der Erklärung der Klägerin ein Zeitraum von etwa zwei Wochen liegt. Ist die Drohung nicht mehr mitbestimmend für die von der Klägerin abgegebene Einwilligung gewesen, sondern hat sie sich nach freier Wahl zwischen dem weiteren Zusammenleben mit ihren Eltern oder mit ihrem Kind entschlossen, dann entfällt die rechtliche Möglichkeit sie anzufechten. Es fehlt an der nach §123 Abs. 1 BGB notwendigen widerrechtlichen Bestimmung des Willens des Erklärenden.

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Dem Berufungsgericht ist daher im Ergebnis beizutreten. Die Revision war mit der sich aus §97 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Dr. Lersch Raske Johannsen Kregel Bundesrichter Ascher ist durch Krankheit an der Unterschrift verhindert Dr. Lersch