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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 28.04.2014, Az.: X B 12/14
Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde betreffend die Hinzuschätzung von Einnahmen aus Gewerbebetrieb mangels grundsätzlicher Bedeutung und mangels Darlegung eines Verfahrensfehlers
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 28.04.2014
Referenz: JurionRS 2014, 18637
Aktenzeichen: X B 12/14
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Münster - 27.11.2013 - AZ: 11 K 3233/10 G,U,F

Fundstellen:

BFH/NV 2014, 1383-1385

StX 2014, 507-508

BFH, 28.04.2014 - X B 12/14

Gründe

1

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erzielte in den Jahren 1997 und 1998 aus einer Eisdiele Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Sie ermittelte ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, erzielte im Wesentlichen Barumsätze und setzte zu deren Erfassung zwei Registrierkassen ein. Im Rahmen einer Außenprüfung konnte sie dem Prüfer keine Tagesendsummenbons vorlegen. In den monatlichen Kassenberichten fehlte die Angabe der täglichen Kassenbestände.

2

Der Prüfer führte einen Zeitreihen-Vergleich durch. Dabei ergaben sich für das Verhältnis zwischen den Einnahmen aus Eisverkäufen (ohne Getränke und sonstige Umsätze) und der Menge der Eiseinkäufe für zwei Zeiträume im Vergleich zum Durchschnittswert Abweichungen von + 20,8 % bzw. + 19,7 %. Der Prüfer führte aus: "Aufgrund der Ergebnisse des Zeitreihen-Vergleichs werden Zuschätzungen i.H.v. 20 % der erklärten Bruttoerlöse vorgenommen". Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) folgte dem Prüfer und erließ erstmalige bzw. geänderte Gewinnfeststellungs-, Umsatzsteuer- sowie Gewerbesteuermessbescheide für die Jahre 1997 und 1998.

3

Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Dabei begründete das FA auch in der Einspruchsentscheidung die Höhe der Hinzuschätzung mit den Ergebnissen des Zeitreihen-Vergleichs. Im anschließenden Klageverfahren bestritt es hingegen, diese Schätzungsmethode zur Begründung der Schätzung der Höhe nach herangezogen zu haben.

4

Das Finanzgericht (FG) beauftragte den gerichtseigenen Prüfer mit einer Stellungnahme. Dieser führte aus, die Buchführung der Klägerin sei wegen des Fehlens aufbewahrungspflichtiger Unterlagen formell nicht ordnungsgemäß. Dies gebe Anlass, auch die sachliche Richtigkeit des Buchführungsergebnisses anzuzweifeln. Der Zeitreihen-Vergleich könne im Streitfall aber keine aussagekräftigen Ergebnisse liefern, weil die Werte bei Eisdielen saisonal stark schwanken könnten und das FA in seinen Berechnungen die vorhandenen Warenbestände außer Acht gelassen habe. Im Ergebnis schlug der gerichtseigene Prüfer vor, auf die erklärten Umsätze einen Sicherheitszuschlag von 15 % vorzunehmen.

5

Das FG gab der Klage in Bezug auf die für das Jahr 1997 ergangenen Bescheide wegen des Eintritts der Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung statt. In Bezug auf die für das Jahr 1998 ergangenen Bescheide wies das FG die Klage ab. Es führte aus, die Buchführung sei wegen des Fehlens der Tagesendsummenbons formell nicht ordnungsgemäß. Der Senat sehe es als sicher an, dass diese erheblichen formellen Mängel sich auch auf die Höhe der von der Klägerin angegebenen Tageseinnahmen ausgewirkt hätten. Dies folge auch aus einem Vergleich mit der Richtsatzsammlung. Die von der Klägerin für das Jahr 1998 erklärten Werte lägen sowohl beim Rohgewinnaufschlagsatz als auch beim Reingewinn noch unter der Untergrenze der jeweiligen Richtsatzspanne.

6

Der Höhe nach sei eine Schätzung nach den Grundsätzen des Zeitreihen-Vergleichs hier nicht sachgerecht, weil die vom FA vorgenommene Berechnung wegen des Fehlens der erforderlichen Unterlagen nicht überprüfbar wäre. Zudem habe das FA mitgeteilt, dass es diese Schätzungsmethode nicht zur Findung der Höhe der Hinzuschätzung herangezogen habe. Vielmehr halte das FG eine griffweise Schätzung durch Vornahme eines Sicherheitszuschlags von 20 % der erklärten Erlöse für sachgerecht. Auch danach liege der Rohgewinnaufschlagsatz und der Reingewinnsatz noch unterhalb des jeweiligen Mittelwerts der Richtsatzspannen.

7

Die Klägerin hat sowohl für das Jahr 1997 als auch für das Jahr 1998 Beschwerde eingelegt, diese aber nur für das Jahr 1998 begründet. Insoweit begehrt sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und Verfahrensmängeln.

8

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

9

II. Soweit die Beschwerde das Jahr 1997 betrifft, ist sie wegen des Fehlens der gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erforderlichen Beschwerdebegründung sowie wegen fehlender Beschwer unzulässig.

10

Die Klägerin hat die Beschwerde bei ihrer Einlegung ausdrücklich auch auf die für das Jahr 1997 ergangenen Bescheide erstreckt. Eine Beschwerdebegründung ist indes nur für das Jahr 1998 eingereicht worden. Soweit die Beschwerde auch für das Jahr 1997 eingelegt worden ist, fehlt es daher an der Einreichung der erforderlichen Beschwerdebegründung. Im Übrigen würde die Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf das Jahr 1997 auch an der fehlenden Beschwer der Klägerin scheitern, da das FG der Klage insoweit in vollem Umfang stattgegeben hatte.

III.

11

Soweit die Beschwerde das Jahr 1998 betrifft, ist sie --bei Zweifeln daran, ob die gesetzlichen Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO überhaupt erfüllt sind-- jedenfalls unbegründet.

12

1. Die Beschwerde kann nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) zugelassen werden, weil die von der Klägerin im Zusammenhang mit der Schätzungsmethode des Zeitreihen-Vergleichs aufgeworfenen Rechtsfragen in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall nicht klärungsfähig wären (vgl. zum Erfordernis der Klärungsfähigkeit Senatsbeschluss vom 23. Januar 2013 X B 84/12, BFH/NV 2013, 771, unter II.1.a, m.w.N.).

13

Das FG hat seine Schätzung ausdrücklich nicht mit den Ergebnissen des vom FA vorgenommenen Zeitreihen-Vergleichs begründet, sondern sich ausschließlich auf die Schätzungsmethode des Sicherheitszuschlags gestützt. Die Rechtsfrage, ob der Zeitreihen-Vergleich eine sachgerechte Schätzungsmethode darstellt (vgl. dazu die beim erkennenden Senat anhängigen Revisionsverfahren X R 20/13 und X R 19/14), ist daher für die Beurteilung des Streitfalls ohne Bedeutung.

14

Ob das FA seine Schätzung dem Grunde und der Höhe nach auf den Zeitreihen-Vergleich gestützt hat --was ausweislich der im Betriebsprüfungsbericht und in der Einspruchsentscheidung enthaltenen Formulierungen recht offensichtlich ist, vom FA nunmehr aber bestritten wird--, ist für das vorliegende Verfahren ohne Belang, weil dem FG eine eigene Schätzungsbefugnis zusteht (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) und es diese --wenn auch nicht im betragsmäßigen Ergebnis, so doch jedenfalls, was die Wahl der Schätzungsmethode anbelangt-- abweichend vom FG ausgeübt hat.

15

2. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) hat die Klägerin nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise dargelegt.

16

a) Dies gilt zunächst für die Rüge, das FG hätte den Sachverhalt in Bezug auf die Besonderheiten des Franchise-Systems, dem die Klägerin angeschlossen gewesen sei, weiter aufklären müssen.

17

aa) Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) mit der Begründung gerügt, das FG hätte auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, sind nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben bzw. welche Tatsachen es hätte aufklären müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschlüsse vom 18. Mai 2011 X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838, unter II.2.d, und vom 22. August 2012 X B 155/11, BFH/NV 2012, 2015, unter II.1.a).

18

bb) Daran fehlt es vorliegend. Soweit die Klägerin rügt, das FG hätte wegen der Besonderheiten des Franchise-Systems nicht die sich aus der amtlichen Richtsatzsammlung ergebenden Richtsätze heranziehen dürfen, hätte sie zumindest darlegen müssen, weshalb sich dies dem FG hätte aufdrängen müssen. Sie behauptet lediglich, "im Rahmen des Verfahrens" mehrfach vorgetragen zu haben, im Franchise-System tätig gewesen zu sein. Wann sie dem FG einen derartigen Vortrag unterbreitet haben will, legt sie indes nicht dar. Auch fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin dem FG einen substantiierten Vergleich zwischen den Rohgewinnaufschlagsätzen "normaler" Eisdielen und den von Franchisenehmern erzielbaren Aufschlagsätzen vorgelegt haben könnte, der für das FG Anlass hätte sein müssen, von einer Anwendung der Richtsatzsammlung abzusehen.

19

Vor allem aber fehlt es an der Angabe, welche Beweise das FG zu den sich hierzu möglicherweise stellenden Fragen hätte erheben müssen.

20

b) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe einen Beweisantrag zum Umfang ihrer Lagerkapazitäten und zum Vorhandensein eines Warenbestands übergangen, war dies für die angefochtene Entscheidung nicht erheblich, so dass damit kein Verfahrensmangel dargelegt werden kann. Der genannte Beweisantrag war darauf gerichtet, die Ergebnisse des Zeitreihen-Vergleichs zu erschüttern. Das FG hat seine Schätzung aber --wie bereits ausgeführt-- nicht auf den Zeitreihen-Vergleich gestützt.

21

c) Auch ein Verstoß des FG gegen den klaren Inhalt der Akten ist nicht schlüssig gerügt.

22

aa) Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten und damit eine Verletzung des § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO ist gegeben, wenn das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der dem schriftlichen oder protokollierten Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht, oder wenn es eine nach den Akten klar feststehende Tatsache unberücksichtigt gelassen hat und die angefochtene Entscheidung darauf beruht (Senatsbeschlüsse vom 11. November 2010 X B 159/09, BFH/NV 2011, 610, unter II.2., und vom 26. Juni 2013 X B 244/12, BFH/NV 2013, 1578, unter II.1.c).

23

bb) Soweit die Klägerin rügt, das FG habe den Vorschlag des gerichtseigenen Prüfers übergangen, einen Sicherheitszuschlag von 15 % vorzunehmen, wird damit kein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten dargelegt. Bei diesem Vorschlag handelt es sich nicht um eine "klar feststehende Tatsache", sondern um eine eigene Sachverhaltswürdigung und Einschätzung des gerichtseigenen Prüfers, die für den beim FG entscheidenden Senat nicht bindend ist.

24

cc) Ausführungen der Klägerin zum Zeitreihen-Vergleich waren für das FG nicht entscheidungserheblich.

25

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

26

4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.

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