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Bundesfinanzhof
Beschl. v. 07.02.2011, Az.: XI S 29/10
Anforderungen an die Substanziierung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Beschluss
Datum: 07.02.2011
Referenz: JurionRS 2011, 11354
Aktenzeichen: XI S 29/10
ECLI: [keine Angabe]

Fundstelle:

BFH/NV 2011, 824-826

BFH, 07.02.2011 - XI S 29/10

Gründe

1

Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.

2

1.

Nach § 133a Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Die Rüge muss das Vorliegen der genannten Voraussetzungen darlegen (§ 133a Abs. 2 Satz 5 FGO).

3

2.

Die Klägerin, Beschwerdeführerin und Rügeführerin (Klägerin) greift mit ihrer Anhörungsrüge den Senatsbeschluss vom 23. November 2010 XI B 67/09 an, durch den der Senat die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision als unbegründet zurückgewiesen hat.

4

3.

Entgegen der Auffassung der Klägerin enthält der Beschluss eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Begründung; insoweit greift ihre Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht durch.

5

a)

Der Anspruch auf rechtliches Gehör kann nur dann i.S. von § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO in entscheidungserheblicher Weise verletzt sein, wenn der Bundesfinanzhof (BFH) bei seiner Beschwerdeentscheidung ein Vorbringen im Zusammenhang mit der Darlegung der Gründe für die Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat und die Revision bei Berücksichtigung dieses Vorbringens hätte zugelassen werden müssen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. August 2005 XI S 2/05, BFH/NV 2005, 2232). Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst dann verletzt, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls deutlich ergibt, dass das Gericht Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Mai 2005 VII S 17/05, BFH/NV 2005, 1614; vom 12. Mai 2006 VIII S 12/06, BFH/NV 2006, 1849). Daran fehlt es hier.

6

b)

Der Senat hat bei seiner Entscheidung das gesamte Beschwerdevorbringen der Klägerin berücksichtigt. Er hat seinen Beschluss begründet und zusätzlich ausgeführt, gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO werde von einer weiteren Begründung abgesehen, weil sie nicht geeignet sei, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen sei (S. 4 des Beschlusses). Der gerügte Senatsbeschluss gibt aus Sicht des Senats die für die Entscheidung wesentlichen Erwägungen wieder.

7

Im Übrigen kann im Hinblick auf § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO nicht davon ausgegangen werden, dass der BFH bei seiner Entscheidung über die Revisionszulassung im Beschluss nicht erörtertes Vorbringen nicht erwogen hat (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 1849). Diese Regelung ist verfassungsrechtlich unbedenklich (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 4. März 1977 1 BvR 815/76, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 1977, 255; BFH-Beschlüsse vom 3. Mai 2005 I S 10/05, BFH/NV 2005, 1600; vom 2. September 2005 I S 11/05, BFH/NV 2006, 97, m.w.N.; in BFH/NV 2006, 1849).

8

Aus dem Umstand, dass die Beschlussgründe keine detaillierte Befassung mit sämtlichen Erwägungen der --hier mehrere 100 Seiten umfassenden-- Beschwerdebegründung enthalten, kann nicht darauf geschlossen werden, der Senat habe diese nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen (vgl. BVerfG-Beschluss vom 5. Dezember 1995 1 BvR 1463/89, HFR 1996, 153; BFH-Beschlüsse vom 25. März 2010 I S 7/10, BFH/NV 2010, 1297; vom 13. Juli 2010 V S 10/10, BFH/NV 2011, 47).

9

4.

Die übrigen Rügen der Klägerin entsprechen nicht den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO.

10

a)

Nach dieser Bestimmung muss der Rügeführer insbesondere schlüssig und substantiiert darlegen, zu welchen Sach- oder Rechtsfragen er sich im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren (hier: Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren XI B 67/09) nicht habe äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen des Rügeführers das Gericht nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen habe (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 20. April 2010 VI S 1/10, BFH/NV 2010, 1467, m.w.N.; vom 14. Oktober 2010 XI S 24/10, BFH/NV 2011, 63). Zudem muss er u.a. vortragen, inwiefern dadurch die mit der Anhörungsrüge angefochtene Entscheidung --auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts-- anders hätte ausfallen können (vgl. BFH-Beschlüsse vom 15. Mai 2007 IV S 6/07, [...]; vom 14. Oktober 2010 X S 24/10, BFH/NV 2011, 279). Daran fehlt es im Streitfall.

11

b)

Mit dem Vorbringen, der Tatbestand des Urteils des Finanzgerichts (FG) sei unrichtig, hat die Klägerin nach gefestigter Rechtsprechung des BFH keinen Revisionszulassungsgrund geltend gemacht.

12

Diese Rüge ist zur Darlegung eines Verfahrensmangels i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ungeeignet, denn damit wendet sich die Klägerin nicht gegen das vom FG gehandhabte Verfahren (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Mai 2007 XI B 71/06, BFH/NV 2007, 1685, unter 2.d). Eine etwaige falsche Darstellung tatsächlicher Entscheidungsgrundlagen kann nicht im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde gerügt werden, sondern ist mit dem Antrag auf Tatbestandsberichtigung nach § 108 Abs. 1 FGO geltend zu machen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 5. Juli 2004 VII B 350/03, BFH/NV 2004, 1543; vom 16. Mai 2006 VII B 259/05, BFH/NV 2006, 1885, unter II.4.; vom 29. November 2007 III B 21/07, [...], unter 4.; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 81, m.w.N.). Auch mit dem Hinweis auf einen Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 108 Abs. 1 FGO wird kein Zulassungsgrund geltend gemacht (vgl. BFH-Beschluss vom 6. April 2005 IX B 174/04, BFH/NV 2005, 1354). Das Gleiche gilt für den Vortrag der Klägerin, es sei eine auf Richtigstellung des Tatbestands zielende Urteilsergänzung beantragt worden.

13

Deshalb konnte der Senat insoweit in seinem Beschluss vom 23. November 2010 XI B 67/09 von einer ausdrücklichen Auseinandersetzung mit dieser Rüge gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 2. Halbsatz FGO absehen.

14

c)

Soweit die Klägerin mit ihrer Anhörungsrüge (sinngemäß) geltend macht, der Senat hätte seine Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde bis nach einer Bescheidung ihrer Anträge auf Tatbestandsberichtigung und Urteilsergänzung durch das FG zurückstellen müssen, behauptet die Klägerin zwar einen Verfahrensfehler des Senats, aber nicht schlüssig, dass der Senat ihr Vorbringen nicht zu Kenntnis genommen habe.

15

Im Übrigen hat die Klägerin die Vorgreiflichkeit einer Entscheidung des FG über ihre Anträge nicht dargelegt, denn sie hat nicht vorgetragen, bei welchem der von ihr geltend gemachten Zulassungsgründe die Berücksichtigung des ihrer Meinung nach zutreffenden Tatbestands entscheidungserheblich ist.

16

d)

Soweit die Klägerin ferner rügt, das FG habe ihr keine vollständige Akteneinsicht gewährt, hat sie nicht dargelegt, inwieweit eine vollständige Akteneinsicht Bedeutung für den angefochtenen Senatsbeschluss gehabt hätte.

17

e)

Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, sie habe in der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde umfangreich einen Sachaufklärungsmangel gerügt, hat sie lediglich behauptet, dass bei Durchführung einer ordnungsgemäßen Beweisaufnahme und Sachaufklärung das FG eine für sie günstigere Entscheidung getroffen hätte. Das genügt den dargelegten Begründungsanforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO nicht.

18

Im Übrigen könnte die Klägerin mit einer Rüge gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Senats, ohne eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend zu machen, im Anhörungsrügeverfahren nicht gehört werden (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2006 VI S 5/06, BFH/NV 2006, 1337; vom 16. Juni 2009 XI S 4/09, [...]).

19

5.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133a Abs. 4 Satz 4 FGO ab.

20

6.

Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 50 EUR erhoben (vgl. Nr. 6400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes --Kostenverzeichnis--).

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