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Bundesfinanzhof
Urt. v. 23.09.2009, Az.: II R 61/08
Zulässigkeit eines steuerfreien Grundstückerwerbs bei Änderung der grunderwerbssteuerrechtlichen Zuordnung eines Grundstücks
Gericht: BFH
Entscheidungsform: Urteil
Datum: 23.09.2009
Referenz: JurionRS 2009, 32064
Aktenzeichen: II R 61/08
ECLI: [keine Angabe]

Verfahrensgang:

vorgehend:

FG Köln - 19.12.2007 - AZ: 5 K 4403/03

Fundstellen:

BFH/NV 2010, 680-682

GmbHR 2010, 501-502

BFH, 23.09.2009 - II R 61/08

Gründe

1

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GbR, erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag vom 6. August 1999 von der N-AG ein Grundstück zum Preis von 5,4 Mio. DM. Die N-AG war zu diesem Zeitpunkt Gesellschafterin der Klägerin und zu 100 v.H. an deren Vermögen beteiligt. Die Klägerin wurde am 7. September 2009 als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen.

2

Bereits am 11. März 1999 hatten die N-AG und die A-AG einen Verschmelzungsvertrag geschlossen, nach dem die N-AG auf die A-AG verschmolzen wurde. Die Verschmelzung wurde wie vorher vereinbart am 24. September 1999 in das Handelsregister eingetragen.

3

Zwei Tage vor Eintragung der Verschmelzung, am 22. September 1999, verkaufte die Klägerin das Grundstück an die KAG ebenfalls für 5,4 Mio. DM. Die KAG wurde am 7. Februar 2000 als neue Eigentümerin in das Grundbuch eingetragen. Dieser Grundstückserwerb wurde der Grunderwerbsteuer unterworfen.

4

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte gegen die Klägerin durch Bescheid vom 5. April 2001 für den Erwerb des Grundstücks von der N-AG 189.000 DM Grunderwerbsteuer fest und gab dabei an, die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) könne nicht gewährt werden, da die N-AG aufgrund eines bereits bei der Grundstücksübertragung bestehenden "Plans" ihre Beteiligung an der Klägerin durch die Verschmelzung mit der A-AG aufgegeben habe.

5

Nach erfolglosem Einspruch hob das Finanzgericht (FG) den Grunderwerbsteuerbescheid auf. Es ließ das Bestehen eines Plans dahinstehen. Sollte ein solcher nicht bestanden haben, sei schon aus diesem Grund die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 2 GrEStG zu gewähren. Auch bei einem Plan, gleich, ob er die Weiterveräußerung des Grundstücks vor dem Ausscheiden beinhaltete oder nicht, sei die Steuerbefreiung nicht zu versagen: Zwar sei es bei vor dem Jahr 2000 verwirklichten Erwerbsvorgängen steuerschädlich gewesen, wenn der übertragende Alleineigentümer (N-AG) nach einem bei Übertragung des Grundstücks auf die Gesamthand (Klägerin) bereits bestehenden Plan alsbald aus der Gesamthand ausscheide. Die Vergünstigung sei aber dann nicht zu versagen, wenn --wie im Streitfall-- die Gesamthand das erworbene Grundstück bereits vor dem Ausscheiden des übertragenden Alleineigentümers grunderwerbsteuerpflichtig weiterveräußert habe. Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 610 veröffentlicht.

6

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung des § 5 Abs. 2 GrEStG. Da der Plan das tatsächliche Ausscheiden auf den Zeitpunkt der Grundstücksübertragung zurückbeziehe, sei der grundstücksübertragende Alleineigentümer nicht mehr als an der Gesamthand beteiligt anzusehen, so dass danach eintretende Umstände wie hier die Veräußerung des Grundstücks nicht mehr berücksichtigt werden könnten.

7

Das FA beantragt,

die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

II.

Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zutreffend angenommen, dass der Grundstückserwerb der Klägerin gemäß § 5 Abs. 2 GrEStG steuerfrei ist.

10

1.

Nach § 5 Abs. 2 GrEStG wird beim Übergang eines Grundstücks von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand Grunderwerbsteuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Die Steuervergünstigung beruht auf der Erwägung, dass trotz des durch die Veräußerung herbeigeführten Rechtsträgerwechsels eine Besteuerung in dem Umfang unterbleiben soll, in dem sich die Berechtigung des bisherigen Alleineigentümers an dem Grundstück fortsetzt, weil der formale Wechsel der Rechtszuständigkeit wirtschaftlich zu keiner Änderung führt, soweit der das Grundstück auf die Gesamthand übertragende Gesamthänder über seine Gesamthandsberechtigung auch weiterhin am Grundstückswert beteiligt bleibt.

11

Die Vergünstigung des § 5 Abs. 2 GrEStG ist deshalb für Erwerbsvorgänge, die wie im Streitfall vor dem 1. Januar 2000 verwirklicht wurden und auf die der durch Art. 15 Nr. 3 des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl. I 1999, 402) eingeführte § 5 Abs. 3 GrEStG (vgl. § 23 Abs. 6 Satz 2 GrEStG) noch nicht anzuwenden ist, nicht zu gewähren, wenn trotz bestehender gesamthänderischer Mitberechtigung des grundstücksübertragenden Alleineigentümers im Zeitpunkt der Übertragung in wirtschaftlicher Hinsicht eine weitere Beteiligung des Alleineigentümers am Grundstückswert nicht bestehen bleiben soll. Dies ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) dann der Fall, wenn das Grundstück zu einem Zeitpunkt auf die Gesamthand übertragen wurde, zu dem zwischen den Gesamthändern abgesprochen (geplant) war, dass der grundstücksübertragende Alleineigentümer seine Beteiligung aufgibt oder verringert (BFH-Entscheidungen vom 16. Januar 1991 II R 38/87, BFHE 163, 246, BStBl II 1991, 374; vom 4. August 1999 II B 3/99, BFHE 189, 547, BStBl II 1999, 834; zu den Besonderheiten beim Ausscheiden durch Verschmelzung: BFH-Urteile vom 25. Juni 2003 II R 20/02, BFHE 203, 178, BStBl II 2004, 193; vom 15. Dezember 2004 II R 37/01, BFHE 208, 59, BStBl II 2005, 303).

12

Soweit das FA annimmt, dem Plan komme dabei eine Bedeutung in dem Sinne zu, dass der grundstücksübertragende Alleineigentümer bereits im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung als aus der Gesamthand ausgeschieden anzusehen sei und danach eintretende Umstände wie die Veräußerung des Grundstücks keine Berücksichtigung mehr finden dürften, kann dem nicht gefolgt werden. Das Erfordernis eines bereits im Zeitpunkt der Grundstücksübertragung bestehenden Plans hat lediglich die Funktion, die spätere tatsächliche Aufgabe oder Verringerung der Gesamthandsbeteiligung des bisherigen Alleineigentümers auf den Zeitpunkt der Grundstücksübertragung zurückzubeziehen, weil im Zeitpunkt der Verwirklichung eines Erwerbstatbestandes entschieden werden muss, ob und in welchem Umfang eine Steuervergünstigung zu gewähren ist (vgl. zur Aufgabe des Plans nach der Übertragung des Grundstücks, der als rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung die Versagung der Steuerbefreiung entfallen lässt: BFH-Urteil vom 10. Dezember 2008 II R 55/07, BFHE 224, 285, BStBl II 2009, 473; ferner BFH-Entscheidungen in BFHE 189, 547, [BFH 04.08.1999 - II B 3/99] BStBl II 1999, 834; in BFHE 203, 178, [BFH 25.06.2003 - II R 20/02] BStBl II 2004, 193).

13

Wird hingegen die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung des Grundstücks zur Gesamthand vor dem plangemäßen Ausscheiden des grundstücksübertragenden Alleineigentümers durch einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang (z.B. den Abschluss eines Kaufvertrags) beendet (vgl. zur Zuordnung von Grundstücken bei der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG: BFH-Entscheidungen vom 16. März 1966 II 70/63, BFHE 86, 158, BStBl III 1966, 378; vom 17. Juli 1985 II S 5/85, BFH/NV 1986, 115), bleibt die Steuerbefreiung des § 5 Abs. 2 GrEStG vielmehr auch dann erhalten, wenn der grundstücksübertragende Alleineigentümer anschließend tatsächlich aus der Gesamthand ausscheidet. Denn durch die Veräußerung realisiert sich gerade die von § 5 Abs. 2 GrEStG gewollte und vorausgesetzte Beteiligung des grundstücksübertragenden Alleineigentümers am Grundstückswert. § 5 Abs. 2 GrEStG verlangt lediglich, dass sich die sachenrechtliche Berechtigung des Alleineigentümers nunmehr als Gesamthandseigentum am Grundstück fortsetzt, und nicht, dass seine bloße Beteiligung an der erwerbenden Gesamthand weiter besteht. Ob die Weiterveräußerung des Grundstücks vor dem Ausscheiden des grundstücksübertragenden Alleineigentümers Teil eines Gesamtplans war, ist unerheblich. Entscheidend ist, dass das Grundstück tatsächlich vor dem Ausscheiden verkauft wird.

14

Das GrEStG knüpft nicht generell an Veränderungen im Personenbestand von Gesamthandsgemeinschaften an, sondern setzt voraus, dass sich hierdurch die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung eines Grundstücks ändert. So ist auch die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 bis 3 GrEStG nicht gemäß § 6 Abs. 4 GrEStG ausgeschlossen (teleologische Reduktion), wenn der Erwerber seinen Anteil an der Gesamthand erworben hat, bevor zu ihrem Vermögen das Grundstück gehörte (BFH-Urteil vom 25. Februar 1969 II 142/63, BFHE 95, 292, BStBl II 1969, 400).

15

2.

Im Streitfall sollte die N-AG zwar nach der Grundstücksübertragung aus der Klägerin ausscheiden, denn sie schloss vor der Grundstücksübertragung mit der A-AG einen Verschmelzungsvertrag ab. Die Klägerin verkaufte das Grundstück jedoch noch vor dem Ausscheiden der N-AG an die KAG. Durch den Abschluss des Kaufvertrags als grunderwerbsteuerbaren Vorgang endete die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung des Grundstücks zum Vermögen der Klägerin, ohne dass es auf den dinglichen Vollzug der Grundstücksübertragung durch Eintragung der KAG in das Grundbuch ankam. Somit blieb der Erwerb des Grundstücks durch die Klägerin in Übereinstimmung mit dem FG --gleichgültig, ob der Plan die Weiterveräußerung des Grundstücks einschloss-- nach § 5 Abs. 2 GrEStG steuerfrei.

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