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Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 14.04.1966, Az.: 2 AZR 216/64

Dienstbereitschaft; Arbeitsbereitschaft; Wache Achtsamkei; Zustand der Entspannung; Dienstschicht; Splitterzeiten; Entspannungseffekt; Verlagerung der Bereitschaftszeit; Zeiten der Dienstverrichtungen; Art der Dienstverrichtung; Zeitwerte

Bibliographie

Gericht
BAG
Datum
14.04.1966
Aktenzeichen
2 AZR 216/64
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1966, 10052
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LAG Hannover 04.03.1963 - 5 Sa 19/60

Fundstellen

  • BAGE 18, 256 - 273
  • DB 1966, 1239-1240 (Volltext mit amtl. LS)
  • JZ 1967, 542-544 (Volltext mit amtl. LS u. Anm.)

Amtlicher Leitsatz

1. Der Begriff der Dienstbereitschaft ist mit dem von der Rechtsprechung der Gerichte der Arbeitsgerichtsbarkeit entwickelten Begriff der Arbeitsbereitschaft im Sinne der wachen Achtsamkeit im Zustande der Entspannung inhaltsgleich.

2. Dem Begriff der Dienstbereitschaft im Sinne des BBG § 72 Abs. 3 und des Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten (ArbZV) vom 15.06.1954 (BGBl 1954, 149) § 4 können nur solche in einer Dienstschicht liegende Zeiten einer Untätigkeit zugerechnet werden, die nach ihrer zeitlichen Ausdehnung grundsätzlich geeignet sind, einen Zustand der Entspannung herbeizuführen. Splitterzeiten sind nicht geeignet, diesen Entspannungseffekt herbeizuführen und fallen deshalb nicht unter den Begriff der Dienstbereitschaft.

3. Die Zeiten der Bereitschaft müssen nach ihrem Beginn und Ende im maßgeblichen Schichtplan ebenso wie die Zeiten der Dienstverrichtungen erkennbar werden, weil eine Entspannung nur dann eintreten kann, wenn der Arbeitnehmer spätestens bei Beginn der Bereitschaft weiß, daß er aus der dienstlichen Inanspruchnahme für eine bestimmte Zeit entlassen ist.

Eine Verlagerung der Bereitschaftszeit infolge zeitlicher Verschiebung der Dienstabwicklung nimmt der Wartezeit nicht den Charakter als Bereitschaft; desgleichen, wenn der Arbeitnehmer aus seiner eigenen Betriebserfahrung erkennen kann, daß von ihm in bestimmten Tagesabschnitten, die nach ihrer zeitlichen Ausdehnung grundsätzlich geeignet sind, einen Zustand der Entspannung herbeizuführen, im allgemeinen keine Dienstverrichtungen zu leisten sind.

4. Der Begriff der Bereitschaft in Dauerdienstvorschrift für das Betriebs- und Verkehrspersonal der Deutschen Bundesbahn (DDV) vom 01.11.1953 § 2 Abs 3 ist mit BBG § 72 Abs 3, ArbZV § 4 nicht vereinbar, weil er lediglich auf die wache Achtsamkeit abstellt, aber nicht das Element des Zustandes der Entspannung berücksichtigt, vor allem jede Wartezeit ohne Rücksicht auf die zeitliche Ausdehnung und ihre Erkennbarkeit als Bereitschaft wertet.

5. Der Bereitschaftsdienst ist eine Art der Dienstverrichtung, die wie jede Dienstverrichtung ihren erkennbaren Anfang und Ende haben muß (ArbZO § 2).

6. Es ist nicht möglich, die Bereitschaft als Differenz aus der Gesamtschichtzeit abzüglich der Summe der mit mittleren Zeitwerten belegten Dienstverrichtungen anzusehen.

7. Die fehlende Individualisierung der Bereitschaft kann nicht dadurch ausgeglichen werden, daß mittlere Zeitwerte für die zeitliche Erfassung der Dienstverrichtungen zu Grunde gelegt werden. Die in den örtlich ermittelten mittleren Zeitwerten - DDV § 8 Abs 1b enthaltenen Toleranzen mögen die Bezeichnung mittlerer Zeitwerten für die Bemessung der zu erbringenden Leistungen rechtfertigen, sind aber kein entsprechender Ausgangspunkt für die Qualifizierung einer nicht mit mittleren Zeitwerten belegten Schichtzeit als Bereitschaft.

8. Auch die Vorgabe von 30 Minuten je Schicht als Vollarbeit - DDV § 2 Abs 4 - ist kein geeignetes Mittel zur Qualifizierung der nicht mit mittleren Zeitwerten belegten Schichtzeit als Bereitschaft.