Bundesarbeitsgericht
Urt. v. 30.04.1965, Az.: 3 AZR 291/63
„Abdampfverwertung“
Patentstreitsachen; Zuständige Gerichte; Erfindungen eines Arbeitnehmers; Technische Verbesserungsvorschläge; Verwertung des Vorschlags; Gebot der guten Sitten; Verbot von Rechtsmißbrauch; Verbot von Willkür; Leistung schöpferischer Art; Zusätzliche Vergütung; Erstattung eines Obergutachtens
Bibliographie
- Gericht
- BAG
- Datum
- 30.04.1965
- Aktenzeichen
- 3 AZR 291/63
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1965, 10155
- Entscheidungsname
- Abdampfverwertung
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- LAG Düsseldorf 04.04.1963 - 7 Sa 247/60
Rechtsgrundlagen
Fundstellen
- BAGE 17, 151 - 158
- DB 1965, 1144 (Kurzinformation)
- DB 1965, 671 (Kurzinformation)
- MDR 1965, 860 (amtl. Leitsatz)
- NJW 1965, 1876-1879 (Volltext mit amtl. LS) "hier: zuständiges Gericht, technische Verbesserungsvorschläge, Vergütung, Gutachten"
Amtlicher Leitsatz
1. Die in ArbnErfG § 39 Abs. 1 geregelte ausschließliche Zuständigkeit der für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte gilt nur für Rechtsstreite über Erfindungen eines Arbeitnehmers im Sinne des ArbnErfG § 2, nicht dagegen für Rechtsstreite über technische Verbesserungsvorschläge eines Arbeitnehmers i.S. des ArbnErfG § 3. Für diese sind gemäß ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 2 die Gerichte für Arbeitssachen sachlich zuständig.
2. Für einen technischen Verbesserungsvorschlag steht dem Arbeitnehmer nach ArbnErfG § 20 Abs. 1 eine Vergütung nur dann zu, wenn der Arbeitgeber den Vorschlag verwertet hat. Die Prüfung und Erprobung des Vorschlags ist keine Verwertung. Ist Gegenstand des Vorschlags eine technische Einrichtung, die zunächst tatsächlich angefertigt und erprobt wird, dann ist der Zustand der Verwertung erst erreicht, wenn die Einrichtung in ihrem Gebrauch den nach ihrem Zweck allgemein an sie zu stellenden Anforderungen, mindestens aber den Anforderungen entspricht, die die Vertragsparteien in Aussicht genommen haben, und daraufhin weiter verwendet wird.
3. Die Verwertung des Verbesserungsvorschlags steht grundsätzlich im Belieben des Arbeitgebers. In seiner Ermessensfreiheit ist er lediglich begrenzt durch das Gebot der guten Sitten und durch das Verbot von Rechtsmißbrauch und Willkür.
4. Der Senat schließt sich der Auffassung an, daß eine besondere Leistung des Arbeitnehmers, insbesondere eine Leistung schöpferischer Art, die über die übliche Arbeitsleistung hinausgeht und eine echte Sonderleistung darstellt, auch ohne besondere Vereinbarung nach Treu und Glauben zusätzlich zu vergüten ist, wenn sie dem Arbeitgeber einen nicht unerheblichen Vorteil bringt. Auch hier ist wie im Falle des ArbnErfG § 20 Abs. 1 Anspruchsvoraussetzung die Verwertung der Sonderleistung durch den Arbeitgeber.
5. Das Gericht der Tatsacheninstanz darf von der Erstattung eines Obergutachtens, dessen Einholung es selbst für geboten hält, nicht deshalb absehen, weil es keinen geeigneten Sachverständigen als Obergutachter heranziehen könne. Nötigenfalls muß es die Erstattung eines solchen Gutachtens gemäß ZPO § 407 erzwingen.