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Versuch - unbeendeter

 Normen 

§ 24 StGB

 Information 

Ein Versuch einer Straftat ist dann als unbeendet anzusehen, wenn der Täter noch nicht alles getan hat, was nach seiner Vorstellung zur Herbeiführung des Erfolges erforderlich oder möglicherweise ausreichend ist (BGH 28.03.1995 - 4 StR 106/95). Der Täter kann hier allein durch das Unterlassen weiterer Handlungen vom Versuch strafbefreiend zurücktreten.

Beispiel:

A holt mit einem Messer zum Stich gegen den schlafenden B aus, um diesen zu töten, überlegt es sich jedoch im letzten Moment anders und gibt sein Tötungsvorhaben auf.

In den Fällen des mehraktigen Versuchs bzw. in den Fällen der Wiederholbarkeit bzw. anderweitigen Fortsetzungsmöglichkeit des Angriffs ist nach der herrschenden Gesamtbetrachtungslehre der Versuch insgesamt unbeendet, wenn der Täter glaubt, dass zur Tatbestandsverwirklichung im Rahmen der begonnenen Tatausführung weitere Tätigkeiten unerlässlich sind, und wenn die vorgenommenen Einzelakte in einem derart engen zeitlich-räumlichen Zusammenhang stehen, dass sie einen einheitlichen Lebensvorgang (bzw. eine natürliche Handlungseinheit) bilden (BGHSt 34, 53 [57]; BGH NStZ 1994, 493; 1996, 96; BGH 01.03.1994 - 1 StR 33/94). Bedeutungslos ist dabei, ob sich der Täter artgleicher oder artverschiedener Tatmittel bedient. In der Verwendung eines neuen Tatmittels liegt, auch wenn der Täter an dieses bei der gedanklichen Vorbereitung nicht gedacht hat, lediglich die Festigung des Tatentschlusses, den er mit nacheinander zum Einsatz gebrachten Mitteln verwirklicht (BGHSt 34, 53 [57]).

Beispiel:

A will B erschießen. Die Waffe hat jedoch Ladehemmung. A benutzt darauf hin die Waffe als Schlaginstrument, um den B durch Schläge auf den Kopf zu töten. B gelingt es jedoch, dem A die Waffe aus der Hand zu schlagen. Schließlich stürzt sich A auf B, um ihn zu erwürgen. A würgt den B bis zur Bewusstlosigkeit, nimmt dann jedoch zu guter Letzt Abstand von dem ursprünglichen Vorhaben und lässt den B am Leben.

A ist vom unbeendeten Versuch strafbefreiend zurückgetreten. Er hat damit - wenn auch unbewusst - die "goldene Brücke in die Legalität" betreten und gezeigt, dass sein verbrecherischer Wille letztlich nicht stark genug zur Durchführung des Verbrechens war (vgl. Fahrenhorst, Anm. zu BGH, Urt. v. 10.04.1986, NStZ 1987, 277 [278]).

Ein unbeendeter Versuch kommt auch dann in Betracht, wenn der Täter nach seinem Handeln den Erfolgseintritt zwar zunächst für möglich hält, unmittelbar darauf aber, sei es auch in Verkennung der tatsächlich eingetretenen Gefährdung, zu der Annahme gelangt, sein bisheriges Tun könne den Erfolg nicht herbeiführen und er nunmehr von weiteren fortbestehenden Handlungsmöglichkeiten absieht (BGH 07.11.2001 - 2 StR 428/01).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind bei gefährlichen Gewalthandlungen und schweren Verletzungen an die für die Annahme eines unbeendeten Versuchs erforderlichen Voraussetzungen strenge Anforderungen zu stellen (so u.a. BGH 23.08.2006 - 5 StR 151/06).

 Siehe auch 

Rücktritt - strafrechtlicher

Versuch - beendeter

Versuch - fehlgeschlagener

Versuch - irrealer

Versuch - untauglicher

BGH 22.12.1993 - 2 StR 664/93

BGH 07.04.1992 - 4 StR 148/92

BGH 19.03.1991 - 5 StR 516/90

BGH 01.02.1989 - 2 StR 703/88

BGH 10.04.1986 - 4 StR 89/86

Puppe: Zur Unterscheidung von unbeendetem und beendetem Versuch bei Rücktritt, NStZ 1986, 14

Ranft: Zur Abgrenzung von unbeendetem und fehlgeschlagenem Versuch bei erneuter Ausführungshandlung, JURA 1987, 527