Rechtswörterbuch

Nutzen Sie die Schnellsuche, um nach Themen im Rechtswörtebuch zu suchen!

Transfermaßnahmen

 Normen 

§ 110 SGB III

 Information 

1. Allgemein

Die Förderung der Teilnahme von Arbeitnehmern, die aufgrund von Betriebsänderungen oder im Anschluss an die Beendigung eines Berufsausbildungsverhältnisses von Arbeitslosigkeit bedroht sind, an Transfermaßnahmen ist in § 110 SGB III geregelt.

Der Anwendungsbereich der Förderung ist nicht (mehr) auf Sozialplanmaßnahmen beschränkt, erfasst auch diese jedoch weiterhin. Die Voraussetzungen sind jedoch nicht erfüllt, wenn es sich um einen vorläufigen Sozialplan handelt.

Transfermaßnahmen sind nach der gesetzlichen Definition in § 110 Abs. 1 S. 2 SGB III alle Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt, an deren Finanzierung sich die Arbeitgeber angemessen beteiligen. Die Leistung erfolgt grundsätzlich noch während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses.

Die Durchführung von Transfermaßnahmen wird in einem Sozialplan oftmals anstelle der Zahlung einer Abfindung vereinbart.

2. Voraussetzungen der Leistung

Anspruch auf die Förderung haben bei Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 110 SGB III alle Arbeitnehmer, die aufgrund einer Betriebsänderung von Arbeitslosigkeit bedroht sind.

Das Vorliegen einer Betriebsänderung bestimmt sich allein nach den gesetzlichen Voraussetzungen des § 111 BetrVG. Grundsätzlich kann auch ein schrittweise erfolgter Personalabbau in den Anwendungsbereich der Transfermaßnahmen fallen, sofern die Maßnahmen zusammengefasst werden.

Voraussetzungen der Förderung sind gemäß § 110 SGB III:

  • Die Betriebsparteien haben sich im Vorfeld der Entscheidung durch die Agentur für Arbeit beraten lassen.

    Damit soll nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/1945) sicher gestellt werden, dass die Agenturen für Arbeit die Betriebsparteien frühzeitig über arbeitsmarktpolitisch sinnvolle Maßnahmen zur Eingliederung der von Arbeitslosigkeit bedrohten Arbeitnehmer beraten können.

  • Die Maßnahme wird von einem Dritten durchgeführt.

  • Die Maßnahme dient der Eingliederung in den Arbeitsmarkt.

  • Die Durchführung der Maßnahme ist gesichert.

  • Ein System zur Qualitätssicherung wird angewendet.

Wann ein Arbeitnehmer von Arbeitslosigkeit bedroht ist, richtet sich nach der enumerativen Aufzählung des § 17 SGB III. Erfasst werden grundsätzlich auch Arbeitnehmer, die zwar ordentlich unkündbar sind, bei denen aber die Voraussetzungen einer außerordentlichen Kündigung vorliegen.

3. Art der Leistung

Transfermaßnahmen / Transferleistungen können u.a. Folgendes beinhalten:

  • psychologische Beratung zum Umgang mit der Arbeitslosigkeit

  • kurze Qualifizierungsmaßnahmen

  • Feststellung des Qualifizierungsbedarfs, der Arbeitsmarktchancen etc.

  • Beratung bei der Arbeitsplatzsuche bzw. Erstellung der Bewerbungsunterlagen

  • Unterstützung bei der Suche nach einem Arbeitgeber zur Fortführung der Berufsausbildung

  • Existenzgründerberatung

  • Praktika

  • Stellenakquise / Unterbreitung von Vermittlungsangeboten

4. Höhe der Förderung

Die Förderung wird gemäß § 110 Abs. 2 SGB III als Zuschuss in Höhe von höchstens 50 % der erforderlichen und angemessenen Maßnahmekosten gewährt, insgesamt ist der von der Agentur für Arbeit gewährte Zuschuss auf 2.500,00 EUR je geförderten Arbeitnehmer begrenzt.

Hinweis:

Erforderlich sind Maßnahmekosten, wenn keine günstigere Maßnahme verfügbar ist, durch die das verfolgte Ziel gleichermaßen erreicht werden kann. Das Kriterium der Angemessenheit der Maßnahmekosten erlaubt die notwendige Feststellung der Verhältnismäßigkeit zwischen dem verfolgten Ziel und den eingesetzten Mitteln.

Der Zuschuss ist als Leistung an den Arbeitnehmer ausgestaltet. Anspruchsberechtigt ist der einzelne Arbeitnehmer. Zugunsten des Arbeitgebers sollte bei der Vereinbarung eines Sozialplans daher darauf geachtet werden, dass der Zuschuss auf die Leistung des Arbeitgebers angerechnet wird.

Der Zuschuss kann auch nachträglich beantragt werden. Es besteht dabei eine Frist von drei Monaten, die mit dem Ablauf des Monats beginnt, in dem die zu fördernde Maßnahme beginnt.

5. Ausschluss der Förderung

Die Förderung ist gemäß § 110 Abs. 3 SGB III ausdrücklich ausgeschlossen, wenn sie dazu dient, den Arbeitnehmer auf eine Anschlussbeschäftigung im gleichen Betrieb bzw. einem anderen Betrieb des Unternehmens oder des Konzerns vorzubereiten.

Daneben ist die Förderung gemäß § 110 Abs. 3 S. 2 SGB III ausgeschlossen, wenn der Arbeitgeber aufgrund anderer Vorschriften zur Übernahme der Eingliederungskosten verpflichtet ist. Die Regelung des § 110 SGB III ist somit subsidiär zu anderen Vorschriften.

6. Transferkurzarbeitergeld

6.1 Allgemein

Zur Vermeidung von Entlassungen und zur Verbesserung ihrer Vermittlungsaussichten haben Arbeitnehmer gemäß § 111 SGB III Anspruch auf das Kurzarbeitergeld zur Förderung der Eingliederung bei betrieblichen Restrukturierungen.

Voraussetzungen der Leistung sind gemäß § 111 SGB III:

  • Die Arbeitnehmer sind von einem dauerhaften unvermeidbaren Arbeitsausfall mit Entgeltausfall betroffen.

    Ein dauerhafter Arbeitsausfall liegt vor, wenn infolge einer Betriebsänderung die Beschäftigungsmöglichkeiten für die Arbeitnehmer nicht nur vorübergehend entfallen. Der Entgeltausfall kann auch jeweils 100 % des monatlichen Bruttoentgelts betragen (Kurzarbeit Null).

  • Die betrieblichen Voraussetzungen sind erfüllt. Dazu gehört u.a.:

    • Die Organisation und Mittelausstattung der betriebsorganisatorisch eigenständigen Einheit lässt den angestrebten Integrationserfolg erwarten.

      Voraussetzung für eine erfolgreiche Eingliederungstätigkeit ist - unabhängig von den Bedingungen des jeweiligen Arbeitsmarktes - vor allem eine der Anzahl der übernommenen Arbeitnehmer entsprechende angemessene Infrastruktur des Trägers zur Umsetzung des Eingliederungskonzepts. Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/1945) zählen hierzu beispielsweise die Gewährleistung eines Betreuungsschlüssels von mindestens 1:50, der Einsatz von qualifizierten Beratern oder die Anwendung von Anreizsystemen zur frühzeitigen Arbeitsaufnahme.

    • Es wird eine Qualitätssicherung durchgeführt.

      Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/1945) soll dabei zum einen am Ende der Maßnahmen die Zufriedenheit der Teilnehmer und des ehemaligen Arbeitgebers systematisch erhoben werden. Zum anderen sollen die Beratungsinhalte und Aktivitäten sowie Vermittlungserfolge und die Verbleibsquote sechs Monate nach Abschluss der Maßnahmen dokumentiert werden. Die Daten zum Maßnahmeerfolg sollen sowohl dem ehemaligen Arbeitgeber als auch der Bundesagentur für Arbeit zur Verfügung gestellt werden.

      In den Geschäftsanweisungen der Bundesagentur für Arbeit sollen in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu diesen betrieblichen Voraussetzungen bundeseinheitliche Kriterien formuliert werden, die die örtlichen Agenturen für Arbeit in die Lage versetzen, über das Vorliegen der betrieblichen Voraussetzungen zu entscheiden.

  • Die persönlichen Voraussetzungen sind erfüllt.

    Die erforderlichen betrieblichen Voraussetzungen sind in § 111 Abs. 4 SGB III aufgeführt. Dazu gehört:

    Der Arbeitnehmer muss sich vor der Überleitung in die betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit bei der Agentur für Arbeit Arbeit suchend gemeldet haben und an einer Maßnahme zur Feststellung der Eingliederungsaussichten teilgenommen haben.

    Mit dieser Arbeitsuchendmeldung machen Bezieher von Transferkurzarbeitergeld ihren Anspruch auf Vermittlung geltend. Bei dieser Potenzialanalyse gemäß § 37 SGB III werden die für die Vermittlung erforderlichen beruflichen und persönlichen Merkmale, die beruflichen Fähigkeiten und die Eignung der Bezieher von Transferkurzarbeitergeld festgestellt und Umstände ermittelt, welche die berufliche Eingliederung erschweren. Der daraus abgeleitete arbeitsmarktpolitische Handlungsbedarf wird in einer Eingliederungsvereinbarung festgehalten. Da das Ergebnis dieser Feststellungen auch die Grundlage für die Eingliederungsarbeit des Arbeitgebers beziehungsweise Transferanbieters sein wird, entfällt gleichzeitig die bisherige persönliche Voraussetzung für den Bezug von Transferkurzarbeitergeld, an einer Maßnahme zur Feststellung der Eingliederungsaussichten teilzunehmen. Die Agentur für Arbeit stellt dem Arbeitgeber beziehungsweise dem Transferanbieter die Ergebnisse der Potenzialanalyse und die Eingliederungsvereinbarung nach Einwilligung des Beziehers von Transferkurzarbeitergeld zur Verfügung.

    Von der Neuregelung unberührt bleibt die Verpflichtung, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses persönlich bei der Agentur für Arbeit Arbeit suchend zu melden.

  • Die Betriebsparteien haben sich im Vorfeld der Entscheidung über die Inanspruchnahme von Transferkurzarbeitergeld beraten lassen.

  • Der dauerhafte Arbeitsausfall wurde der Agentur für Arbeit angezeigt.

6.2 Förderung der beruflichen Weiterbildung bei Transferkurzarbeitergeld

Daneben besteht mit § 111a SGB III eine eigenständige Rechtsgrundlage für die Förderung der beruflichen Weiterbildung während der Beschäftigung in einer Transfergesellschaft. Grundsätzlich dient die Zeit in der Transfergesellschaft der Vermittlung in eine neue Beschäftigung (Job - to - Job). Ist dieses Ziel jedoch nur durch die Beseitigung von Qualifizierungsdefiziten erreichbar, soll der Bezug von Transferkurzarbeitergeld auch für die gezielte Weiterbildung und Qualifizierung der von Restrukturierungen betroffenen Arbeitnehmer genutzt werden, um den Übergang in eine andere Beschäftigung zu erleichtern und Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Dies gilt insbesondere für an- oder ungelernte Arbeitnehmer, aber auch für ältere Beschäftigte, deren Arbeitsmarktchancen durch entsprechende Anpassungsqualifizierungen erhöht werden können.

Förderfähig sind nach einer Änderung zum 29.05.2020 alle Maßnahmen, die die Voraussetzungen dieses Absatzes erfüllen, wozu die Kofinanzierung durch den Arbeitgeber in Höhe von mindestens 50 % gehört. Durch Aufhebung der Beschränkung auf Ältere und Geringqualifizierte wird der Förderrahmen erheblich erweitert. Der Art nach kommen sowohl Maßnahmen der Anpassungsqualifizierung und der beruflichen Eingliederung in Betracht, als auch solche der beruflichen Weiterbildung, wenn und soweit sie noch während des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld enden. Satz 2 verweist auf die Verfahrensvorschriften aus der Förderung beruflicher Weiterbildung und den Förderrahmen des § 83 SGB III.

Mit der Änderung des Absatzes 2 wurde der Anwendungsbereich auf die Förderung aller Maßnahmearten nach § 81 SGB III erweitert, die während des Bezugs von Transferkurzarbeitergeld beginnen und über die Bezugsdauer des Transferkurzarbeitergelds hinauslaufen. Dabei handelt es sich nach der Gesetzesbegründung (BR-Drs. 130/20) um eine Rechtsgrundverweisung auf § 81 SGB III.

In Absatz 3 wird die für die Förderung notwendige Kostenbeteiligung der Arbeitgeber an den Lehrgangskosten für kleine und mittelständische Unternehmen von zuvor mindestens 50 % auf 25 % gesenkt. Damit soll es kleineren und mittelständischen Unternehmen erleichtert werden, Transfergesellschaften einzurichten und darin Qualifizierung anzubieten.

 Siehe auch 

Agentur für Arbeit

Arbeitsgelegenheit

Arbeitslosengeld

Bürgergeld

Kurzarbeitergeld

Sozialgeld