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Sicherheit und Ordnung - öffentliche

 Normen 

Polizei- und Ordnungsgesetze der Länder

 Information 

1. Im deutschen Recht

1.1 Allgemein

Die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist ein zentraler Begriff in den Polizei- und Ordnungsgesetzen der Länder:

  • Öffentliche Sicherheit: Das Schutzgut umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie der Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt (z.B. § 2 BremPolG).

  • Öffentliche Ordnung: die Gesamtheit der geschriebenen und ungeschriebenen Regeln, deren Beachtung als unerlässlich für ein geordnetes Zusammenleben empfunden wird.

Die Polizei- und Ordnungsbehörden haben die Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Der Begriff der "öffentlichen Ordnung" ist jedoch aus zahlreichen Länderpolizeigesetzen gestrichen worden, da er als wenig zeitgemäß und konkret fassbar empfunden wurde.

Beim Vorliegen einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung hat die Polizei Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu treffen.

1.2 Sicherung von Veranstaltungen durch die Polizei

Das Bundesverwaltungsgericht hat mit der Entscheidung BVerwG 29.03.2019 - BVerwG 9 C 4/18 die Erhebung einer Veranstalter-Gebühr für zulässig erachtet:

"Eine landesgesetzliche Regelung (hier § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG), die dem Veranstalter einer gewinnorientierten Großveranstaltung, die wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung vorhersehbar erforderlich macht, zur Deckung des Mehraufwandes eine Gebühr auferlegt, steht mit dem Steuerstaatsprinzip (Art. 104a ff. GG) grundsätzlich in Einklang. Eine solche Gebühr, die den Veranstalter nicht als Störer der öffentlichen Sicherheit, sondern ausschließlich als Nutznießer der verstärkten Polizeipräsenz in Anspruch nimmt, steht in keinem Wertungswiderspruch zum Polizeirecht. Zur Vermeidung einer unzulässigen Überdeckung müssen aber "Doppelabrechnungen" gegenüber dem Veranstalter und dem Störer vermieden werden."

2. Im Europarecht

2.1 Öffentliche Sicherheit

In der deutschen Rechtsprechung und Literatur wird die öffentliche Sicherheit im Sinne des Art. 45 AEUV vielfach als innere und äußere Sicherheit des Staates verstanden. Die hierfür herangezogenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshof beschäftigen sich mit der inneren und äußeren Sicherheit des Staates, ohne jedoch die allgemeine Kriminalität ausdrücklich aus dem Begriff auszuscheiden oder überhaupt eine erschöpfende Definition zu versuchen (BVerfG 25.08.2008 - 2 BvR 2213/06).

2.2 Öffentliche Ordnung

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (u.a. EuGH, 14.03.2000 - C 54/99) umfasst der Begriff der öffentlichen Ordnung den Schutz vor einer tatsächlichen und hinreichend erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, wie z.B.

  • die menschliche Würde,

  • den Schutz von Minderjährigen und hilfsbedürftigen Erwachsenen sowie

  • den Tierschutz.

Die Auslegung des Begriffs der öffentlichen Ordnung obliegt dabei nicht den einzelnen Mitgliedstaaten, d.h. es kann nicht von der in Deutschland anerkannten Auslegung des Begriffs ausgegangen werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (so u.a. EuGH 14.10.2004 - C 36/02) ist der Begriff Teil des Gemeinschaftsrechts und insbesondere, wenn er eine Ausnahme von der Dienstleistungsfreiheit rechtfertigen soll, eng zu verstehen.

Allerdings räumt der Europäische Gerichtshof ein, dass die konkreten Umstände, die möglicherweise die Berufung auf den Begriff der öffentlichen Ordnung rechtfertigen, von Mitgliedsland zu Mitgliedsland und im zeitlichen Wechsel verschieden sein können. Insoweit ist den zuständigen innerstaatlichen Behörden ein Beurteilungsspielraum innerhalb der durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gesetzten Grenzen zuzubilligen.

 Siehe auch 

Gefahr - öffentliche

Gefahr - Putativgefahr