Schönheitsreparaturen
1 Allgemein
Schönheitsreparaturen sind die Beseitigung von Mängeln, die durch den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache entstanden sind.
Nach der in § 28 Abs. 4 II. BV bestehenden Definition umfasst der Begriff der Schönheitsreparaturen das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, Streichen der Fußböden, der Heizkörper, der Fenster, der Innentüren und der Außentüren von innen.
Die Schönheitsreparaturen sind zu unterscheiden von den Instandhaltungsarbeiten.
Die Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen ist eine der Hauptpflichten des Mietvertrages und obliegt gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich dem Vermieter. Sie kann und wird in den meisten Fällen vertraglich auf den Mieter übertragen. Dabei ist Folgendes zu beachten:
In einem Individualvertrag (d.h. keinem Formularvertrag) kann sich der Mieter grundsätzlich unbegrenzt zur Übernahme der Schönheitsreparaturen verpflichten. Grenzen ergeben sich aus der Sittenwidrigkeit sowie aus § 134 BGB.
Wird die Übernahme der Schönheitsreparaturen in einem Formularvertrag bzw. sonstigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart, so hat die Rechtsprechung die unten dargestellten umfangreichen Vorgaben zur Zulässigkeit einer derartigen Übertragung aufgestellt.
Haben die Mietvertragsparteien die Übertragung der Schönheitsreparaturen sowohl in einem Formularvertrag als auch in einem Individualvertrag geregelt, so wird die Individualvereinbarung nicht von der Unwirksamkeit des Formularvertrages erfasst (BGH 14.01.2009 - VIII ZR 71/08).
2 Vorgaben zur Zulässigkeit der Übertragung auf den Mieter
Bei der Vereinbarung der Klausel in einem Formular-Mietvertrag sind allgemein u.a. folgende Anforderungen zu erfüllen:
Die Klausel darf nicht so ungewöhnlich sein, dass der Mieter nicht mit ihr rechnen brauchte.
Die Klausel darf den Mieter nicht unangemessen benachteiligen.
Ausgehend von der als gesetzliches Leitbild angesehenen Renovierungspflicht des Vermieters unterliegt die Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter u.a. folgenden Vorgaben:
Übernahme einer unrenovierten Wohnung/von anderen verursachte Schäden:
Die Pflicht zur Durchführung der Schönheitsreparaturen mit Beginn des Mietverhältnisses ohne eine gleichzeitige finanzielle Entlastung des Mieters (Zuschuss des Vermieters, mietfreies Wohnen für einen begrenzten Zeitraum) ist unzulässig (BGH 20.10.2004 - VIII ZR 378/03).
Auch kann keine Pflicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen vereinbart werden, wenn dem Mieter zu Beginn des Mietverhältnisses die Wohnung unrenoviert überlassenen worden war. Mit der Entscheidung BGH 18.03.2015 - VIII ZR 185/14 änderte der BGH seine vorherige Rechtsprechung.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Vermieter dem Mieter einen angemessenen Ausgleich gewährt, der ihn so stellt, als habe der Vermieter ihm eine renovierte Wohnung überlassen (BGH 22.08.2018 - VIII ZR 277/16).
Auch eine Renovierungsvereinbarung zwischen dem Vormieter und dem Nachmieter hat keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel des Mietvertrags:
"Deshalb kann das Bestehen einer Renovierungsvereinbarung des Vormieters mit dem neuen Mieter grundsätzlich keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der in dem Mietvertrag zwischen Vermieter und neuem Mieter enthaltenen Verpflichtungen - hier der Vornahmeklausel - haben, insbesondere dergestalt, dass der Vermieter so gestellt werden könnte, als hätte er dem neuen Mieter eine renovierte Wohnung übergeben" (BGH 2018 s.o.).
Mit der Entscheidung BGH 18.03.2015 - VIII ZR 185/14 hat der BGH seine Grundsätze zur Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter dahin gehend konkretisiert, dass der Mieter zudem nur zu den auf seine eigene Vertragszeit entfallenden Renovierungsleistungen verpflichtet werden darf. Sofern auch von Vormietern verursachte Schäden oder ein Abwohnen ausgebessert werden soll, hat ein finanzieller Ausgleich zu erfolgen.
Fristen:
Nach dem Urteil BGH 23.06.2004 - VIII ZR 361/03 ist ein starrer Fristenplan (z.B. Streichen der Wände nach drei Jahren) unwirksam, wenn er nicht den Zustand der Räume berücksichtigt, d.h. ein gegen § 307 BGB verstoßender starrer Fristenplan liegt dann nicht vor, wenn der Vermieter bei einem entsprechend guten Zustand der Wohnung zur Verlängerung der Fristen verpflichtet ist. Diese Rechtsprechung wurde durch das Urteil BGH 05.04.2006 - VIII ZR 178/05 bestätigt.
Auch die Formulierung "regelmäßig" beinhaltet einen starren Fristenplan (KG Berlin 22.05.2008 - 8 U 205/07).
Auch die Vereinbarung einer Quotenklausel ist nunmehr unwirksam (BGH 18.03.2015 - VIII ZR 185/14). Dies war bereits zuvor für eine Form der Quotenklauseln entschieden:
Eine Formularklausel, die den Mieter bei dem Ende des Mietverhältnisses zur zeitanteiligen Abgeltung von Renovierungskosten nach einer "starren" Berechnungsgrundlage verpflichtet, die an einem Fristenplan von drei, fünf beziehungsweise sieben Jahren ausgerichtet ist (starre Quotenklausel), ist unwirksam, da der tatsächliche Abnutzungsgrad der Wohnung nicht berücksichtigt wird (BGH 18.10.2006 - VIII ZR 52/06).
Auswahl der Farben:
Die Pflicht, die Ausführung in "neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten" vorzunehmen, greift unzulässig in den Ermessensspielraum des Mieters bezüglich der Gestaltung seiner Wohnung ein, also seines intimen Lebensbereichs (BGH 18.06.2008 - VIII ZR 224/07).
Einsatz von Fachhandwerkern:
Klauseln in Formularmietverträgen über Wohnraum, nach denen die Schönheitsreparatur nur durch einen Fachhandwerker und nicht in Eigenleistung vorgenommen werden darf, sind unwirksam (BGH 09.06.2010 - VIII ZR 294/09).
Pflichten beim Auszug:
Die Verpflichtung zum Ende des Mietverhältnisses ohne eine individuelle Feststellung des Renovierungsbedarfs ist unwirksam (BGH 12.09.2007 - VIII ZR 316/06). Dies gilt auch dann, wenn der Mieter zu laufenden Schönheitsreparaturen während der Dauer des Mietverhältnisses nicht verpflichtet war.
Unzulässig ist nach dem Urteil BGH 05.04.2006 - VIII ZR 152/05 die in einem vorformulierten Mietvertrag enthaltende Klausel, nach der der Mieter bei dem Auszug verpflichtet wird, alle angebrachten Tapeten zu entfernen.
3 Gewerblicher Mietvertrag
Handelt es sich bei dem Mieter nicht um einen Verbraucher (sondern um einen Unternehmer), so sind gemäß § 310 BGB die §§ 308, 309 BGB nicht anwendbar.
Die Überwälzung der Schönheitsreparaturen ist nach der Rechtsprechung (BGH 08.10.2008 - XII ZR 84/06) aber nicht an diesen Vorschriften, sondern an § 307 BGB zu messen. Auch ein gewerblicher Mieter gehe in der Regel nicht davon aus, in jedem Fall und unabhängig von dem Erhaltungszustand der Mieträume eine Renovierung durchführen zu müssen.
Danach sind auch starre Fristenregelungen für Mietverträge über Gewerberäume in einem Formularvertrag bzw. sonstigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.
Die formularmäßige Überwälzung der laufenden Schönheitsreparaturen ist jedenfalls auch dann unwirksam, wenn dem Mieter bei Vertragsbeginn die Räume unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen wurden und der Vermieter keinen angemessenen Ausgleich für diesen Zustand gewährt hat (OLG Celle 13.07.2016 - 2 U 45/16, LG Lüneburg 04.08.2015 - 5 O 353/14).
Bei einem Gewerbemietvertrag erfasst die (zulässige) Übernahme der Schönheitsreparaturen auch die Grundreinigung des Teppichbodens (BGH 08.10.2008 - XII ZR 15/07).
4 Folgen der Unwirksamkeit
Ist die Klausel aufgrund des Verstoßes gegen die obigen Anforderungen unwirksam, so entfällt die Pflicht des Mieters zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gänzlich. Eine geltungserhaltende Reduktion ist nicht möglich. Die Renovierungspflicht obliegt dann wieder dem Vermieter:
"An die Stelle einer nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksamen Klausel zur Durchführung von Schönheitsreparaturen durch den Mieter bei einer ohne angemessenen Ausgleich unrenoviert beziehungsweise renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung tritt nach § 306 Abs. 2 BGB die gesetzliche Regelung des § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB" (BGH 08.07.2020 - VIII ZR 163/18).
Kostenerstattung:
Hat der Mieter die Schönheitsreparaturen ausgeführt, obwohl er aufgrund der Unwirksamkeit der Vertragsklausel dazu nicht verpflichtet gewesen wäre, so bestehen für die Kostenerstattung folgende Anspruchsgrundlagen:
Der Mieter kann Schadensersatz oder Aufwendungsersatz gemäß § 536a BGB verlangen, wenn er den Vermieter zuvor in Verzug gesetzt hat.
Da jedoch ein Mieter, der die Vertragsklausel für wirksam hält, in den meisten Fällen den Vermieter auch nicht in Verzug setzt, scheidet der Anspruch in der Praxis zumeist aus.
Sofern der Vermieter zumindest fahrlässig eine unwirksame Schönheitsreparaturklausel verwendet, kann der Mieter die Kosten einer ausgeführten Schönheitsreparatur jedoch im Wege der Culpa in contrahendo ersetzt verlangen.
Daneben hat der Mieter einen Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 Abs. 1, 818 Abs. 2 BGB). Da die von den Klägern rechtsgrundlos erbrachte Leistung nicht in Natur herausgegeben werden kann, hat der Vermieter Wertersatz zu leisten. Bei rechtsgrundlos erbrachten Dienst- oder (nicht verkörperten) Werkleistungen bemisst sich der Wert der herauszugebenden Bereicherung grundsätzlich nach dem Wert der üblichen, hilfsweise der angemessenen Vergütung (BGH 27.05.2009 - VIII ZR 302/07).
Keine Anspruchsgrundlage ist die Geschäftsführung ohne Auftrag (BGH 27.05.2009 - VIII ZR 302/07).
Der BGH hat mit dem Urteil BGH 04.05.2011 - VIII ZR 195/10 zu einer lang umstrittenen Frage Stellung genommen: Der Erstattungsanspruch des Mieters auf Rückzahlung von geleisteten Schönheitsreparaturen, die ohne Kenntnis der Unwirksamkeit vorgenommen wurden, unterfällt der in § 548 BGB geregelten Verjährungsfrist von sechs Monaten ab Beendigung des Mietverhältnisses (Miete - Verjährung von Nebenansprüchen aus dem Mietverhältnis).
5 Rechte des Vermieters bei Nichtausführung / Schlechtausführung
Voraussetzung des Schadensersatzanspruches ist, dass der Vermieter dem Mieter nach der Beendigung des Mietverhältnisses eine Nachfrist zur Durchführung der Schönheitsreparaturen gesetzt hat, verbunden mit einer Ablehnungsandrohung.
Nur wenn der Mieter ernsthaft und endgültig die Renovierung ablehnt, kann der Vermieter eine Fachfirma mit der Ausführung der Arbeiten beauftragen, wobei eine Ablehnung noch nicht in dem kommentarlosen Auszug des Mieters gesehen werden kann. Der Schadensersatzanspruch verjährt in sechs Monaten, beginnend mit dem Ende der Nachfrist.
Die Nachfristsetzung ist zudem entbehrlich, wenn der Mieter die unterlassenen Arbeiten in einem Abnahmeprotokoll anerkannt hat.
Mit dem ergebnislosen Ablauf der Nachfrist kann der Vermieter einen Schadensersatzanspruch gegen den Mieter geltend machen, der die objektiven Kosten einer fachgerechten Durchführung der Schönheitsreparaturen, den Mietausfall durch die verzögerte Weitervermietungsmöglichkeit (bei zügiger Durchführung der Renovierung) und evtl. die Kosten eines Sachverständigen oder eines Beweis(sicherungs)verfahrens umfasst.
Beabsichtigt der Vermieter nach dem Ende der Mietzeit zunächst einen Umbau an der Wohnung durchzuführen und ist der Mieter mit der Durchführung der Schönheitsreparaturen in Verzug, so wandelt sich gemäß dem Urteil BGH 20.10.2004 - VIII ZR 378/03 der Anspruch auf die Durchführung der Schönheitsreparaturen in einen Ausgleichsanspruch in Geld um. Enthält der Mietvertrag nicht die Verpflichtung zur Beauftragung einer Fachfirma und wären die Schönheitsreparaturen von dem Mieter selbst bzw. einem Bekannten ausgeführt worden, so beläuft sich der Ausgleichsanspruch auf die Materialkosten sowie die Kosten der Arbeitsleistung.
Eine Verrechnung der durch die Wohnungsrenovierung entstandenen Kosten mit der Mietkaution ist unzulässig.
Ist der Mieter verpflichtet, Schönheitsreparaturen auch während des laufenden Mietverhältnisses zu erbringen und kommt er dieser Pflicht trotz des Renovierungsbedarfs nicht nach, so kann der Vermieter einen Vorschuss in Höhe der voraussichtlichen Kosten verlangen und die Maßnahme selbst durchführen.
Diese bisher nur für Gewerbemietverhältnisse bestehende höchstrichterliche Rechtsprechung wurde mit dem Urteil BGH 06.04.2005 - VIII ZR 192/04 auch auf Wohnraummietverhältnisse ausgedehnt.