Rechtswörterbuch

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Rechtsanwaltswerbung

 Normen 

§§ 43b, 113, 114 BRAO

§§ 6 - 10 BORA

§ 3 UWG

 Information 

1. Vorgaben für die Rechtsanwaltswerbung

1.1 Vorgaben durch die Dienstleistungs-Richtlinie

In der Dienstleistungs-Richtlinie ist die kommerzielle Kommunikation für den Bereich der reglementierten Berufe wie folgt vorgegeben:

  1. a)

    Gemäß Art. 24 RL 2006/123 müssen die Mitgliedstaaten sämtliche absoluten Verbote der kommerziellen Kommunikation für die reglementierten Berufe aufheben.

  2. b)

    Daneben sind die Mitgliedstaaten verpflichtet sicherzustellen, dass die kommerzielle Kommunikation der Angehörigen der reglementierten Berufe mit den Vorschriften in Einklang steht, durch die insbesondere die Unabhängigkeit, die Würde, die Integrität des Berufsstandes sowie die Wahrung des Berufsgeheimnisses gewahrt wird.

    Dabei muss jedoch die die kommerzielle Kommunikation einschränkende Vorschrift sachlich gerechtfertigt sein und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren.

Kommerzielle Kommunikation umfasst nach der Rechtsprechung des EuGH somit nicht nur die klassische Werbung, sondern auch andere Formen der Werbung und der Übermittlung von Informationen mit dem Ziel, neue Kunden zu gewinnen. Auch Kundenakquisehandlungen werden hiervon erfasst (EuGH 05.04.2011 - C 119/09).

Der Europäische Gerichtshof hat mit der Entscheidung EuGH 05.04.2011 - C 119/09 das Werberecht der französischen Wirtschaftsprüfer für unwirksam erklärt. Danach erfasst kommerzielle Kommunikation im Sinne von Art. 24 RL 2006/123 (Dienstleistungsrichtlinie) nicht nur die klassische Werbung, sondern auch andere Formen der Werbung und der Übermittlung von Informationen mit dem Ziel, neue Kunden zu gewinnen.

1.2 Regelung in der BRAO

Nach § 43b BRAO ist dem Rechtsanwalt Werbung nur erlaubt, soweit sie über die berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichtet. Die Werbung muss sich als formal sachbezogene Weitergabe von Informationen darstellen.

Nach der Rechtsprechung sind diese Vorgaben jedoch immer im Sinne der Dienstleistungs-Richtlinieauszulegen (BGH 10.07.2014 - I ZR 188/12). Damit gilt auch für Rechtsanwälte das Werberecht des unlauteren Wettbewerbs.

So ist auch die vormalige Rechtsprechung gekippt worden, nach der eine Rechtsanwaltswerbung unzulässig war, wenn der Umworbene in einem konkreten Einzelfall der Beratung oder Vertretung bedurfte und der Werbende dies in Kenntnis der Umstände zum Anlass für seine Werbung nahm:

  • So ist es zulässig, dass ein Rechtsanwalt in einem konkreten Anschreiben seine Dienstleistungen anbietet, sofern diese Person weder belästigt o.Ä. wird und die angebotenen Leistungen für ihn von Nutzen sein können.

  • Unter Berücksichtigung der Vorgaben für die kommerzielle Kommunikation ist die Zulässigkeit einer Kontaktaufnahme nach der Entscheidung BGH 13.11.2013 - I ZR 15/12 nunmehr wie folgt zu beurteilen: "... dass ein Werbeverbot zum Schutz des potenziellen Mandanten vor einer Beeinträchtigung seiner Entscheidungsfreiheit durch Belästigung, Nötigung und Überrumpelung gerechtfertigt sein kann. Aus der gesetzlichen Anordnung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ergibt sich ferner, dass eine Interessenabwägung im Einzelfall vorzunehmen ist. Dabei sind neben der Beeinträchtigung der Unabhängigkeit, der Würde oder der Integrität der Rechtsanwaltschaft auch Art und Grad der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers durch Form, Inhalt oder das verwendete Mittel der Werbung zu berücksichtigen. Außerdem kommt es darauf an, ob und inwieweit die Interessen des Verbrauchers deshalb nicht beeinträchtigt sind, weil er sich in einer Situation befindet, in der er auf Rechtsrat angewiesen ist und ihm eine an seinem Bedarf ausgerichtete sachliche Werbung Nutzen bringen kann."

Zulässig sind immer:

  • Werbung im Radio, in den Printmedien oder im Internet.

  • Die Versendung von Rundschreiben.

  • Die sachliche Information über die anwaltliche Tätigkeit in dem Internetauftritt der Kanzlei.

Einzelfälle:

  • Die in dem Briefkopf zulässig aufgeführten Angaben sind in § 10 BORA normiert. Bei der Nennung von ausgeschiedenen Mitarbeitern ist das Ausscheiden kenntlich zu machen.

  • Die Rechtsanwaltskammer kann gemäß § 17 Abs. 2 BRAO einem Rechtsanwalt, der wegen hohen Alters oder aus gesundheitlichen Gründen auf die Zulassung verzichtet, erlauben, seine Berufsbezeichnung mit dem Zusatz "im Ruhestand" (abgekürzt i.R.) weiter zu führen.

  • Nach dem Urteil BGH 25.07.2005 - AnwZ (B) 42/04 ist die Angabe von Kooperationspartnern auf dem Briefkopf einer Anwaltskanzlei mit den Vorgaben des § 8 BORA vereinbar. In dem zu entscheidenden Fall hatte die Rechtsanwaltskanzlei auf dem Briefbogen einen Architekten als Kooperationspartner aufgeführt.

  • Die Bezeichnung einer Rechtsanwaltskanzlei als "Bodenseekanzlei" wurde durch das OLG Stuttgart (OLG Stuttgart 16.03.2006 - 2 U 147/05) als wettbewerbswidrig angesehen, da für Mandanten der Eindruck erweckt würde, dass der Kanzlei im Bodenseeraum eine herausragende Stellung zukomme. Aber die Entscheidung ist nach der aktuellen Rechtsprechung fraglich.

Die Nennung von Qualifikationen sowie die Werbung als "Spezialist" unterliegt gesonderten Anforderungen. Siehe hierzu den Beitrag "Rechtsanwalt - Teilbereiche der Berufstätigkeit".

2. Folgen unzulässiger Werbung

Überschreitet ein Rechtsanwalt die Grenzen der zulässigen Werbung, kann der Verstoß sowohl wettbewerbsrechtlich als auch standesrechtlich geahndet werden:

Konkurrierende Rechtsanwälte können gemäß dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bei unzulässiger Werbung auf Unterlassung, Folgenbeseitigung und/oder Schadensersatz klagen (s. Unlauterer Wettbewerb - Rechtsfolgen).

Unzulässige Werbung eines Rechtsanwaltes kann durch die Berufsorganisation wie folgt geahndet werden:

  1. a)
  2. b)

    Mit der Rüge des Kammervorstandes (§ 74 BRAO).

 Siehe auch 

Corporate Identity - Anwaltskanzlei

Rechtsanwaltsgerichtliches Verfahren

Rechtsanwaltswerbung - Internet

Tätigkeitsschwerpunkt

BGH 30.01.2012 - AnwZ (Brfg) 27/11 (Werbung mit der Angabe "Rechtsanwalt beim LG und beim OLG")

BGH 11.07.2005 - NotZ 8/05 (Unzulässigkeit der Bezeichnung "Notariat" in Internet-Domain eines Anwaltsnotars)

BGH 27.01.2005 - I ZR 202/02 ("Optimale Interessenvertretung")

BGH 15.03.2001 - I ZR 337/98 (Werbung mit einer Gesetzesänderung)

BGH 01.03.2001 - I ZR 300/98 (Einladung zu einer Informationsveranstaltung)

BVerfG 28.07.2004 - 1 BvR 159/04 (Zulässigkeit der Bezeichnung als Spezialist)

OLG Stuttgart 15.06.2001 - 2 U 4/01 (Werbung durch Zeitungsanzeige)

Fischer: Anwaltliche Werbung mit dem Hinweis "Steuerberatung"; Neue Wirtschafts-Briefe - NWB direkt 2011, 219

Grunewald: Die Entwicklung des anwaltlichen Berufsrechts; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2021, 3696

Grunewald/Henssler: Werbung von Rechtsanwälten mit von "Privaten" erworbenen Titeln; NJW 2003, 1099