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Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer

 Normen 

§ 316a StGB

 Information 

Der räuberische Angriff auf Kraftfahrer gemäß § 316a StGB zeichnet sich dadurch aus, dass ein Raubdelikt unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs begangen wird. Der Tatbestand des Delikts besteht aus:

Objektiver Tatbestand:

  • Verüben eines Angriffs auf Leib, Leben oder die Entschlussfreiheit:

    Angriff ist jede feindselige Handlung gegenüber einem geschützten Rechtsgut, wobei es nicht zur tatsächlichen Verletzung des Rechtsguts kommen muss.

    Der Tatbestand erfasst jede auf eine Tötung, Körperverletzung oder Nötigung gerichtete Handlung.

    Für das Merkmal des "Angriffs" reicht es nicht aus, wenn auf den Führer eines Kraftfahrzeugs mit List eingewirkt wird, um ihn in eine Situation zu bringen, in der ein Raub durchgeführt werden soll. Dies ist etwa der Fall, wenn ein vermeintlicher Fahrgast beim Taxifahrer ein falsches Fahrtziel angibt. Das Gleiche gilt für das Vortäuschen einer Autopanne sowie in den Anhalterfällen.

    Auf die Entschlussfreiheit eines Kraftfahrzeugführers wird bereits dann durch einen Angriff eingewirkt, wenn vom Täter eines geplanten Raubes eine Polizeikontrolle vorgetäuscht wird und sich der Geschädigte dadurch zum Anhalten gezwungen sieht (BGH 23.04.2015 - 4 StR 607/14). Es liegen hier Handlungen vor, welche auf den Führer eines Kraftfahrzeugs eine objektiv nötigungsgleiche Wirkung haben. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob diese Wirkung vorgetäuscht ist oder ob der objektiv Genötigte von einer Rechtswidrigkeit der Einwirkung ausgeht.

  • Das Tatopfer führt ein Kraftfahrzeug oder ist Mitfahrer (auch Mofa):

    Erforderlich ist, dass das Tatopfer diese Eigenschaft bei Beginn des Angriffs aufweist. Ausreichend ist es jedoch, wenn ein Opfer durch einen vor Fahrtantritt begonnenen Angriff zur (Mit-)Fahrt gezwungen wird und der Angriff während der Fahrt fortgesetzt wird (BGH 25.09.2007 - 4 StR 338/07).

  • Tatbegehung unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs:

    Der Täter muss eine sich aus dem fließenden Straßenverkehr ergebende, ihm eigentümliche Gefahrenlage ausnutzen.

    Nach dem Urteil BGH 28.06.2005 - 4 StR 299/04 ist der Tatbestand der "Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs" nicht bereits durch das Halten des Taxifahrers zum Kassieren des Fahrpreises erfüllt.

Subjektiver Tatbestand:

  • Vorsatz bezüglich aller objektiven Tatbestandsmerkmale

  • Absicht zur Begehung eines Raubes, eines räuberischen Diebstahls oder einer räuberischen Erpressung

    Der Raub etc. muss nicht vollendet werden, es muss nur die Absicht bestehen!

    Diese muss jedoch vor der Beendigung der Fahrt gefasst worden sein. Wird der Entschluss erst später gefasst, fehlt es am Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs.

Wird der Raub etc. nicht vollendet, hat der Täter einen versuchten Raub und einen vollendeten räuberischen Angriff auf Kraftfahrer begangen. Wird auch der Raub etc. vollendet, so besteht zwischen beiden Delikten Konkurrenz.

Mit dem Urteil BGH 20.11.2003 - 4 StR 150/03 änderte der BGH seine bisherige Rechtsprechung. Bis zu dieser Entscheidung war nach der Ansicht des BGH der Tatbestand des § 316a StGB bereits erfüllt, wenn der Täter das Opfer an eine einsame Stelle lockt, um es dann unter Ausnutzung der Vereinsamung auszurauben (d.h. Täter und Opfer fahren an einen einsamen Ort). Nach der jetzigen Rechtsprechung ist die Abgelegenheit des Überfallortes kein Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs.

 Siehe auch 

Diebstahl

Drohung

Gewalt

Hausfriedensbruch

Körperverletzung

Nötigung

Raub

BGH 21.08.2002 - 2 StR 152/02 (Räuberischer Angriff auf Taxifahrer)

Bockemühl: Handbuch des Fachanwalts Strafrecht; 6. Auflage 2014

Ferner: Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Straßenverkehrsgefährdung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer; Straßenverkehrsrecht - SVR 2004, 96