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Mutterschaftsgeld

Autor:
 Normen 

§§ 19, 20 MuSchG

§ 24i SGB V

§§ 9 ff. KVLG

§ 1 Abs. 2 AAG

§ 11a SGB II

 Information 

1. Allgemein

Das Mutterschaftsgeld ist der Gehaltsersatz während der Mutterschaftsschutzfristen.

Das Arbeitsentgelt wird während der Mutterschaftsschutzfristen zu einem Teil durch das von der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der Krankenversicherung der Landwirte gezahlte Mutterschaftsgeld, zum anderen durch den vom Arbeitgeber zu zahlenden Zuschuss zum Mutterschaftsgeld ersetzt. Nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherte Frauen erhalten gemäß § 19 Abs. 2 MuSchG das Mutterschaftsgeld zu Lasten des Bundes.

Keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben sogenannte Tagesmütter, die in ihrem Haushalt gemäß §§ 22, 43 SGB VIII Kinder betreuen (BAG 23.05.2018 – 5 AZR 263/17).

Hinweis:

Das Mutterschaftsgeld ist zu unterscheiden von dem Mutterschutzlohn gemäß § 18 MuSchG. Dabei handelt es sich um den (privatrechtlichen) Lohnersatzanspruch bei mutterschutzrechtlichen Beschäftigungsverboten außerhalb der Schutzfristen, z.B. wenn die Arbeitnehmerin aufgrund einer Gefährdungslage am Arbeitsplatz während der Schwangerschaft nicht arbeiten darf.

2. Voraussetzungen

§ 19 Abs. 1 MuSchG beinhaltet keinen eigenständigen Anspruch auf Mutterschaftsgeld, sondern verweist auf die Vorschriften des SGB V. Diese regeln in § 24i Abs. 1 SGB V die Anspruchsvoraussetzungen:

  • Nach § 24i Abs. 1 S. 1 SGB V:

    • Die Arbeitnehmerin hätte bei Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld.

      oder

    • Ihr wird wegen der Schutzfristen nach § 3 MuSchG kein Arbeitsentgelt gezahlt.

      Hierzu gehören Arbeitnehmerinnen, deren Arbeitsverhältnis wegen Geringfügigkeit nicht krankenversicherungspflichtig ist und die aus anderen Gründen in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind (Studentinnen, freiwillig Versicherte, Bezieherinnen einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung).

      Keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld haben familienversicherte Frauen, da sie nicht selbst Mitglied der Krankenkasse sind.

  • Nach § 24i Abs. 1 S. 2 SGB V:

    • Nunmehr ist die Rechtslage auch für folgende Fälle geregelt:

      • Das Beschäftigungsverhältnis endet unmittelbar am Tag vor Beginn der Mutterschutzfrist:

        Um die soziale Absicherung der betroffenen Schwangeren sicherzustellen, wird ausdrücklich klargestellt, dass auch in den Fällen ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld besteht, in denen Frauen mit Beginn der Schutzfrist nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung mit Anspruch auf Krankengeld sind. Durch die Regelung wird der Anspruch auf Mutterschaftsgeld ausdrücklich auf die in der Praxis vorkommenden Fälle erstreckt, in denen Frauen bis unmittelbar vor Beginn der Schutzfrist in einem Arbeitsverhältnis standen, wenn sie am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses (versicherungspflichtiges oder freiwilliges) Mitglied einer Krankenkasse waren. Bei Frauen, die zuletzt während der Beschäftigung freiwilliges Mitglied waren, beinhaltet die über das Ende des Arbeitsverhältnisses fortbestehende freiwillige Mitgliedschaft ebenfalls einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld.

      • Daneben wurde der Anspruch auf Mutterschaftsgeld ausdrücklich auch auf diejenigen Frauen erstreckt, die zu Beginn der Mutterschutzfrist allein deshalb keinen Anspruch auf Mutterschaftsgeld hatten, weil ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld wegen einer Urlaubsabgeltung oder wegen einer Sperrzeit ruht und eine Mitgliedschaft mit einem Krankengeldanspruch nicht begründet werden kann. Mit der Neuregelung erhalten die betroffenen Frauen unabhängig von ihrem versicherungsrechtlichen Status in der gesetzlichen Krankenversicherung einen Anspruch auf Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes. Der Anspruch auf Mutterschaftsgeld ruht, solange Anspruch auf Urlaubsabgeltung besteht.

        Dabei wird klargestellt, dass die betroffenen Frauen nicht gleichzeitig Urlaubsabgeltung und Mutterschaftsgeld erhalten können.

    • Die Arbeitnehmerin muss bei Beginn der Schutzpflicht in einer gesetzlichen Krankenversicherung versichert sein.

Zur Anspruchsberechtigung haben sich die Spitzenverbände der Krankenkassen in einem gemeinsamen Rundschreiben auf einheitliche Regelungen festgelegt (Gemeinsames Rundschreiben zu den Leistungen bei Schwangerschaft und Mutterschaft vom 06./07. Dezember 2017: https://www.vdek.com/vertragspartner/leistungen/schwangerschaft/_jcr_content/par/download/file.res/Leistungen%20bei%20Schwangerschaft%20und%20Mutterschaft.pdf).

3. Dauer

Das Mutterschaftsgeld wird während der gesamten Dauer der Beschäftigungsverbote (Mutterschaftsschutz) gezahlt.

4. Höhe

4.1 Mutterschaftsgeld

Das von der Krankenversicherung zu zahlende Mutterschaftsgeld beträgt höchstens 13,00 EUR täglich.

4.2 Zuschuss des Arbeitsgebers zum Mutterschaftsgeld

Liegt der tägliche Nettolohn der Arbeitnehmerin über 13,00 EUR Betrag, so hat der Arbeitgeber die Differenz zwischen dem täglichen Nettolohn und dem Mutterschaftsgeld als Zuschuss zu zahlen:

§ 20 MuSchG regelt den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld. Die Vorschrift ist wie folgt strukturiert:

  • Absatz 1 regelt den Anspruch auf den Arbeitgeberzuschuss.

  • Absatz 2 regelt die Berechnung des Arbeitgeberzuschusses, wenn die Frau für mehrere Arbeitgeber tätig ist.

  • Absatz 3 bestimmt die für die Zahlung des Mutterschaftsgeldes zuständige Stelle zum Zahlungsverpflichteten, wenn das Beschäftigungsverhältnis aufgrund einer Kündigung endet oder der Arbeitgeber infolge einer Insolvenz zahlungsunfähig ist.

Der tägliche Nettolohn wird aus dem durchschnittlichen Arbeitsentgelt der letzten drei abgerechneten Monate vor Beginn der Schutzfrist berechnet. Bei einem Steuerklassenwechsel ist diejenige Steuerklasse maßgebend, die bei der letzten »normalen« Gehaltsabrechnung gültig war:

»Die zur Berechnung des Zuschusses zum Mutterschaftsgeld nach § 20 Abs. 1 Satz 2 MuSchG zugrunde zu legenden letzten drei abgerechneten Kalendermonate vor Beginn der Schutzfrist vor der Entbindung müssen der Schutzfrist nicht unmittelbar vorausgegangen sein. Daher ist bei einer weiteren Geburt im unmittelbaren Anschluss an die Inanspruchnahme von Elternzeit das Arbeitsentgelt der drei Kalendermonate vor der Elternzeit maßgeblich« (BAG 19.05.2021 – 5 AZR 378/20).

Einmalige Zahlungen, wie z.B. Weihnachts- oder Urlaubsgelder, werden nicht berücksichtigt.

Im Regelfall entspricht der abgerechnete Verdienst dem im Bemessungszeitraum erzielten Verdienst. Fallen Abrechnungszeitraum und Verdienstzeitraum jedoch auseinander, ist eine Zuordnung des Entgelts zum Berechnungszeitraum notwendig:

Ein Entgelt, das für längerfristige Perioden als einen Kalendermonat zugesagt worden ist, wird nach der Entscheidung BAG 14.12.2011 – 5 AZR 439/10 »in den einzelnen Monaten des Bezugszeitraums anteilig verdient. Kennzeichnend für eine solche Regelung ist die Einbindung in das vertragliche Synallagma und die Zahlung eines anteiligen Betrags proratatemporis im Falle des vorzeitigen Ausscheidens und des unterjährigen Eintritts (…). Überschneiden sich Leistungszeitraum und Berechnungszeitraum (…), ist das Entgelt proratatemporis in den Durchschnittsverdienst für die Ermittlung des Zuschusses einzustellen.«

4.3 Erstattung des Zuschusses

Arbeitgeber sind verpflichtet, an die gesetzlichen Krankenkassen eine Umlage (U 2) zu zahlen und erhalten dafür ihre Aufwendungen erstattet, die ihnen durch die Mutterschaft von Arbeitnehmerinnen entstehen.

Gemäß § 1 Abs. 2 AAG (Aufwendungsausgleichsgesetz) haben bei den Mutterschaftsleistungen unabhängig von der Größe des Betriebes alle Arbeitgeber Anspruch auf folgende Leistungen:

  • Zuschuss zum Mutterschaftsgeld

  • Zahlung des Arbeitsentgelts der Arbeitnehmerin im Falle eines Beschäftigungsverbotes

  • Zahlung der Arbeitgeberanteile der entsprechenden Sozialversicherungskosten

Die Höhe der Umlage ergibt sich aus der Satzung der zuständigen Krankenkasse. Sie wird erhoben von den Gehältern der Angestellten, die im Krankheitsfall Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben und von der Vergütung der Auszubildenden, und zwar auch dann, wenn lediglich männliche Arbeitnehmer beschäftigt werden. Maßgebend ist das »rentenversicherungspflichtige Arbeitsentgelt«.

5. Geringfügige Beschäftigungen

Geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen sind nicht pflichtig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert und haben insofern auch keinen Anspruch auf das von der gesetzlichen Krankenversicherung gezahlte Mutterschaftsgeld.

Gemäß § 19 Abs. 2 MuSchG wird das Mutterschaftsgeld in diesen Fällen von dem Bundesamt für Soziale Sicherung (vormals Bundesversicherungsamt) gezahlt. Es ist in der Höhe jedoch auf 210,00 EUR begrenzt.

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld zu zahlen, jedoch nur in Höhe von dem 13,00 EUR täglich übersteigenden Nettoentgelt (auch wenn dieser Betrag tatsächlich nicht gezahlt wird), sodass sich in der Praxis nur ein sehr geringfügiger Anspruch der Arbeitnehmerin ergibt.

6. Weitere Schwangerschaft

Wird die Arbeitnehmerin während der Elternzeit erneut schwanger, ändert sich für den Arbeitgeber nichts. Das Ruhen des Arbeitsverhältnisses wird nicht durch die erneute Schwangerschaft überlagert.

Dies wurde erstmals in dem Urteil BAG 29.01.2003 – 5 AZR 701/01 höchstrichterlich bestätigt. Nach der Entscheidung besteht kein Anspruch auf den Zuschuss zum Mutterschaftsgeld, wenn das Arbeitsverhältnis aufgrund der Elternzeit ruht und die Arbeitnehmerin zudem keine zulässige Teilzeitarbeit leistet.

7. Sozialversicherungen

Sowohl das Mutterschaftsgeld als auch der Arbeitgeberzuschuss sind für die Arbeitnehmerin sozialversicherungs- und steuerfrei, die Mitgliedschaft bleibt aber bestehen. Der Zeitraum wird in der Rentenversicherung angerechnet.

8. Verhältnis Mutterschaftsgeld – Elterngeld

Siehe den Beitrag »Elterngeld«.

9. Keine Anrechnung auf das Bürgergeld

Das Mutterschaftsgeld wird gemäß § 11a Abs. 1 Nr. 6 SGB II bei der Berechnung des Bürgergeldes nicht als Einkommen berücksichtigt.

10. Krankentagegeldversicherung der Arbeitnehmerin

Das OLG Saarbrücken hat die Klage einer Arbeitnehmerin auf Zahlung des ungekürzten Leistungsanspruchs während der Zeit der Mutterschaftsschutzfrist abgewiesen (OLG Saarbrücken 13.07.2022 – 5 U 82/21):

»Der Anspruch auf die nach § 1a Abs. 1 und 2 MB/KT geschuldeten Leistungen entsteht von vornherein nur in Höhe des vertraglich vereinbarten Krankentagegeldes unter Anrechnung eines der versicherten Person zustehenden Anspruchs auf Mutterschaftsgeld, Elterngeld oder einen anderen anderweitigen angemessenen Ersatz für den während dieser Zeit verursachten Verdienstausfall.«

 Siehe auch 

Elterngeld

Elternzeit

Elternzeit – Erwerbstätigkeit

Elternzeit – Sonderkündigungsschutz

Elternzeit – Sonderzahlungen

Mutterschutz

BAG 25.02.2004 – 5 AZR 160/03 (Mutterschaftsgeld während des Sonderurlaubs)

BAG 31.07.1996 – 5 AZR 9/95

BAG 18.09.1991 – 5 AZR 581/90

BAG 03.06.1987 – 5 AZR 592/86

BAG 11.06.1986 – 5 AZR 365/85

Roos/Bieresborn: MuSchG – BEEG: Mutterschutz-Elterngeld-Elternzeit; Kommentar; 3. Auflage 2023