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Mietvertrag - fristlose Kündigung

 Normen 

§ 543 BGB

§ 569 BGB

 Information 

1. Allgemein

Beendigung des Mietverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist oder dem vorgesehenen Ende.

Das Recht zur außerordentlichen (fristlosen) Kündigung ist für alle Mietverhältnisse in § 543 Abs. 1 BGB und zusätzlich für Wohnraummietverhältnisse in § 569 BGB geregelt.

2. Alle Mietverhältnisse

2.1 Einführung

§ 543 Abs. 1 BGB regelt das allgemeine Recht jeder Vertragspartei, das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos zu kündigen. Die Voraussetzungen eines wichtigen Grundes sind dabei gemäß § 543 Abs. 1 S. 2 BGB wie folgt gesetzlich definiert:

Die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur ordentlichen Beendigung des Mietverhältnisses ist dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zuzumuten.

2.2 Im Gesetz genannte Beispiele für das Vorliegen eines wichtigen Grundes

Bestimmte Kündigungsgründe sind als Beispiele eines wichtigen Grundes in § 543 Abs. 2 BGB exemplarisch genannt:

  • Die nicht rechtzeitige Gewährung oder der Entzug des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietersache.

  • Der Mieter gefährdet die Mietsache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich oder er überlässt sie unbefugt Dritten.

  • Der Mieter gerät mit der Mietzahlung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB in Verzug.

    Hinweis:

    Bei gewerblichen Mietverhältnissen ist ein Mietrückstand von über einer Monatsmiete erheblich. Ein Rückstand von einer Monatsmiete oder weniger kann dann erheblich sein, wenn besondere Einzelfallumstände hinzutreten. Als solche kommen in der Gewerberaummiete neben der Kreditwürdigkeit des Mieters insbesondere die finanzielle Situation des Vermieters und die Auswirkungen des konkreten Zahlungsrückstands auf diese in Betracht (BGH 13.05.2015 - XII ZR 65/14).

    Zu Wohnraummietverhältnissen siehe die Ausführungen unten.

    Dem für einen Mietzahlungsverzug des Mieters erforderlichen Vertretenmüssen steht nicht entgegen, dass er, um die Miete entrichten zu können, auf Sozialleistungen einer öffentlichen Stelle angewiesen ist und diese Leistungen rechtzeitig beantragt hat (BGH 04.02.2015 - VIII ZR 175/14).

Der Vermieter ist bei Nichtzahlung der gesamten Kaution durch den Mieter im Rahmen eines Geschäftsraummietverhältnisses nach einer Abmahnung zur fristlosen Kündigung berechtigt (BGH 21.03.2007 - XII ZR 36/05). Zu den Voraussetzungen bei Wohnraummietverhältnissen s.u.

Ausnahmen bestehen in den Fällen, in denen

  • das Abhilfeverlangen oder die Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,

  • der Mieter mit der Miete in Verzug ist oder

  • die sofortige Kündigung aus besonderen Gründen gerechtfertigt ist.

Besteht zwischen den Parteien Uneinigkeit, ob der Vermieter den Gebrauch der Sache rechtzeitig gewährt hat oder er die Abhilfe vor Ablauf der gesetzten Frist bewirkt hat, so trifft ihn die Beweislast.

2.3 Abmahnung oder Abhilfeverlangen

Daneben besteht die gesetzliche Regelung des § 543 Abs. 3 BGB, nach der vor einer außerordentlichen fristlosen Kündigung, die auf der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag beruht, eine Abmahnung oder ein Abhilfeverlangen unter Fristsetzung ausgesprochen sein muss.

3. Zusätzlich für Wohnraummietverhältnisse

3.1 Einführung

Zusätzlich zu der für alle Mietverhältnisse geltenden Regelung enthält § 569 BGB folgende, nur auf Wohnraummietverhältnisse anwendbare Vorschriften. Dabei sind Kündigungsmöglichkeiten sowohl für den Mieter als auch für den Vermieter geregelt.

Zu beachten ist aber, dass in Wohnraummietverhältnissen der Vermieter nur aus den im Gesetz genannten Gründen kündigen kann. Zusätzlich kann von den gesetzlichen Vorschriften nicht zuungunsten der Mieter abgewichen werden.

3.2 Frist bis zum Ausspruch der Kündigung

§ 314 Abs. 3 BGB, nach dem die Kündigung in angemessener Frist ausgesprochen werden muss, findet auf die fristlose Kündigung eines (Wohnraum-)Mietverhältnisses nach §§ 543, 569 BGB keine Anwendung. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall wurde die Kündigung erst sieben Monate nach der ersten Kündigungsmöglichkeit ausgesprochen (BGH 13.07.2016 - VIII ZR 296/15).

3.3 Gesundheitsgefährdung / Störung des Hausfriedens / Nichtzahlung der Kaution

In § 569 Abs. 1 - 2a BGB werden drei weitere Sachverhalte genannt, die als wichtige Gründe eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen:

  • Kündigungsmöglichkeit für den Mieter: Die Benutzung des gemieteten Wohnraums ist mit einer erheblichen Gesundheitsgefährdung verbunden.

    Die Rechtsprechung fordert jedoch auch vor dem Ausspruch der fristlosen Kündigung wegen einer Gesundheitsgefährdung, dass der Mieter dem Vermieter eine angemessene Abhilfefrist bzw. eine Abmahnung erteilt hat (BGH 18.04.2007 - VIII ZR 182/06).

  • Kündigungsmöglichkeit für den Mieter: Eine Vertragspartei stört den Hausfrieden so nachhaltig, dass dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur nächstmöglichen Beendigung nicht zugemutet werden kann.

  • Kündigungsmöglichkeit für den Vermieter: Zudem hat der Vermieter das Recht, den Mietvertrag fristlos zu kündigen, wenn der Mieter seiner Pflicht zur Leistung der vereinbarten Mietkaution nicht nachkommt:

    Der Vermieter von Wohnraum hat das Recht zur fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung, wenn der Mieter mit einem Betrag der Sicherheitsleistung in Verzug kommt, der zwei Kaltmieten erreicht. Aufgrund der Zielrichtung der Vorschrift betrifft der neue Kündigungsgrund nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/10485) nur den ursprünglichen Anspruch auf Sicherheitsleistung, nicht hingegen etwaige Wiederauffüllungsansprüche.

3.4 Zahlungsverzug

Des Weiteren enthält § 569 Abs. 3 BGB Sonderbestimmungen für die außerordentliche fristlose Kündigung aufgrund eines Zahlungsverzugs des Mieters:

  • Zu Nr.1:

    In dem Urteil BGH 11.01.2006 - VIII ZR 364/04 nahm der BGH Stellung zu der Frage, wann bei wiederholt unpünktlicher Mietzinszahlung eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Danach kann der Vermieter die Kündigung aussprechen, wenn der auf die Abmahnung folgende erste Zahlungstermin nicht eingehalten wird.

  • Zu Nr. 2:

    Mit dem Urteil BGH 19.09.2018 - VIII ZR 231/17 hat der BGH die Rechtslage geklärt, wenn der Vermieter wegen des Zahlungsverzugs auch eine ordentliche Kündigung ausgesprochen hat:

    "Durch § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB hat der Gesetzgeber die gesetzliche Fiktion geschaffen, dass im Falle einer rechtzeitigen Schonfristzahlung oder Verpflichtungserklärung einer öffentlichen Stelle die zuvor durch eine wirksam erklärte fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs (...) bewirkte Beendigung des Mietverhältnisses rückwirkend als nicht eingetreten gilt. Bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB entfallen damit nicht nur für die Zukunft die durch die fristlose Kündigung ausgelösten Räumungs- und Herausgabeansprüche, sondern das Mietverhältnis ist als ununterbrochen fortstehend zu behandeln." (...) Aber:

    "Ein Vermieter, der eine fristlose Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses wegen Zahlungsverzugs (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB) hilfsweise oder vorsorglich mit einer ordentlichen Kündigung (...) verknüpft, bringt bei der gebotenen Auslegung seiner Erklärungen zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung in allen Fällen Wirkung entfalten soll, in denen die zunächst angestrebte sofortige Beendigung des Mietverhältnisses aufgrund einer - entweder schon bei Zugang des Kündigungsschreibens gegebenen oder nachträglich gemäß § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB (unverzügliche Aufrechnung durch den Mieter) oder gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB (Schonfristzahlung oder behördliche Verpflichtung) rückwirkend eingetretenen - Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung fehlgeschlagen ist."

    Auswirkungen der Zahlung auf die ordentliche Kündigung:

    "Ein innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB erfolgter Ausgleich des Mietrückstands beziehungsweise eine entsprechende Verpflichtung einer öffentlichen Stelle hat lediglich Folgen für die auf § 543 Abs. 1, 2 Satz 1 Nr. 3 BGB gestützte fristlose, nicht jedoch für eine aufgrund desselben Mietrückstands hilfsweise auf § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB gestützte ordentliche Kündigung" (BGH 05.10.2022 - VIII ZR 307/21).

  • Zu Nr. 3:

    Mit dem Urteil BGH 18.07.2012 - VIII ZR 1/11 hat der BGH zu dem bis dahin umstrittenen Regelungsgehalt des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB Stellung genommen. Danach ist die rechtskräftige Verurteilung des Mieters nur Voraussetzung für die Sperrfrist und keine Voraussetzung für die Kündigung wegen Zahlungsverzugs.

    Die Beseitigung der Rückstände kann der Mieter durch Zahlung (Erfüllung) oder die Leistung von Erfüllungssurrogaten (z.B. Aufrechnung) erbringen. Nicht möglich ist die Aufrechnung mit der Mietkaution oder der noch nicht fälligen Rückzahlung von Betriebskostenvorschüssen.

    Der Kündigunsgrund wird nur durch eine vollständige Zahlung des Rückstandes vor Zugang der Kündigung ausgeschlossen. Und auch eine ausgesprochene Kündigung wird nur unwirksam, wenn durch unverzügliche Aufrechnung die gesamten Rückstände getilgt werden (BGH 24.08.2016 - VIII ZR 261/15).

3.5 Modernisierungsmaßnahmen

Das Recht des Mieters zur außerordentlichen Kündigung wegen einer bevorstehenden Modernisierungsmaßnahme ist in § 555e BGB geregelt.

Satz 1 legt fest, dass der Mieter mit Wirkung zum Ablauf des übernächsten Monats, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt, kündigen darf. Die Kündigung muss nach Satz 2 bis spätestens zum Ablauf des Monats erfolgen, der auf den Zugang der Modernisierungsankündigung folgt. Ist die Kündigung insoweit rechtzeitig, endet das Mietverhältnis unabhängig vom konkreten Kündigungszeitpunkt immer mit Ablauf des übernächsten Monats nach Zugang der Modernisierungsankündigung.

Ausnahmen bestehen gemäß § 555e Abs. 2 BGB für Maßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die Mietsache verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen.

 Siehe auch 

Mietvertrag

Mietvertrag - Kündigungsfrist

Mietvertrag - ordentliche Kündigung

Mietvertrag - Sonderkündigungsrecht

Mietvertrag - Sozialklausel

BGH 03.07.2013 - VIII ZR 191/12 (Fristlose Kündigung wegen Schimmelbefall)

BGH 17.09.2008 - XII ZR 61/07 (Fristlose Kündigung bei jährlich zu entrichtender Miete)

BGH 15.06.2005 - XII ZR 291/01 (Verwirkung des Kündigungsrechts durch zunächst hingenommenen Zahlungsverzug)

BGH 04.05.2001 - XII ZR 254/01 (Fristlose Kündigung bei Flächenabweichung im Mietvertrag)

BGH 15.03.2000 - XII ZR 81/97 (Schadensersatz bei vom Vermieter zu vertretender fristlosen Kündigung)

Harz/Riecke/Schmid: Handbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht; 7. Auflage 2021

Häublein: Die fristlose Kündigung im Mietrecht nach Miet- und Schuldrechtsreform; Zeitschrift für das Mietrecht - ZMR 2005, 1

Neuhaus: Handbuch der Geschäftsraummiete; 8. Auflage 2023

Schumacher: Zur Privilegierung des Mieters bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Gesundheitsgefährdung; Wohnungs- und Mietrecht - WoM 2004, 311

Selk: Schimmelbefall in vermieteten Wohnräumen; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2013, 2629