Rechtswörterbuch

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Kontopfändungsschutz

 Normen 

§ 850k ZPO

BT-Drs. 19/19850

 Information 

1. Allgemein

Das Recht des Pfändungsschutzkontos wurde zum 01.12.2021 überarbeitet.

2. Einrichtung und Gebühren eines Pfändungsschutzkontos

2.1 Einrichtung

Bei dem Pfändungsschutzkonto handelt es sich um ein herkömmliches Girokonto, das aufgrund einer - den Girovertrag ergänzenden - Vereinbarung zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Rechtsgrundlage sind seit dem 01.12.2021 die §§ 850k und 805l ZPO sowie die §§ 899 - 910 ZPO.

In Satz 1 wird geregelt, dass eine natürliche Person jederzeit verlangen kann, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird. Mit dieser Vorschrift wird sichergestellt, dass jeder Bürger in der Bundesrepublik ein P-Konto unterhalten kann.

Hinweis:

Für Basiskonten enthält § 33 ZKG entsprechende Regelungen. § 33 ZKG bestimmt, dass das Basiskonto auch von Beginn an als P-Konto geführt werden kann.

Mit der Formulierung "kann jederzeit von dem Kreditinstitut verlangen" wird klargestellt, dass der Kunde einen Anspruch auf die Umwandlung hat. Auch der kraft Rechtsgeschäfts oder aufgrund anderer Vorschriften bevollmächtigte Vertreter ist nunmehr zu der Abgabe der Erklärung befugt. Eine Aufzählung der vertretungsberechtigten Personen ist nach der Systematik des Vertretungsrechts nicht erforderlich.

Kontensaldo:

In Satz 2 wird klargestellt, dass der Anspruch, dass ein Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird, unabhängig davon besteht, ob das Zahlungskonto einen positiven oder negativen Saldo aufweist. In Satz 3 wird festgelegt, dass das Pfändungsschutzkonto ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden darf. Bei Zahlungskonten mit einem negativen Saldo darf dieser also nicht auf das P-Konto übertragen, sondern muss getrennt verbucht werden. Die technische Umsetzung wird durch den Entwurf nicht vorgegeben; eine Möglichkeit der Umsetzung für Kreditinstitute dürfte aber das sogenannte "Zwei-Konten-Modell" sein, von dem bereits jetzt umfangreich Gebrauch gemacht wird

Der Schuldner kann gemäß Absatz 2 für den Fall, dass Guthaben auf dem Zahlungskonto bereits gepfändet worden ist, die Führung dieses Kontos als Pfändungsschutzkonto zum Beginn des vierten auf sein Verlangen folgenden Geschäftstages fordern.

Zulässige Anzahl von P-Konten:

Jede Person darf gemäß Absatz 3 nur ein Pfändungsschutzkonto unterhalten.

Vorgehensweise, wenn der Schuldner mehrere P-Konten unterhält:

In diesem Fall ordnet gemäß Absatz 4 das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers an, dass nur das von dem Gläubiger in seinem Antrag bezeichnete Zahlungskonto dem Schuldner als Pfändungsschutzkonto verbleibt. In Satz 2 ist geregelt, dass der Gläubiger den Umstand, dass ein Schuldner entgegen Satz 1 mehrere Zahlungskonten als Pfändungsschutzkonten unterhält, durch Vorlage entsprechender Erklärungen der Drittschuldner glaubhaft zu machen hat. Eine Anhörung des Schuldners durch das Vollstreckungsgericht unterbleibt (Satz 3). Die Anordnung nach Satz 3 ist allen Drittschuldnern zuzustellen (Satz 4). Mit der Zustellung der Anordnung an diejenigen Kreditinstitute, deren Zahlungskonten nicht zum Pfändungsschutzkonto bestimmt sind, entfallen die Wirkungen dieser Pfändungsschutzkonten (Satz 5).

2.2 Höhe des Entgelts

Das Zahlungsinstitut ist nicht berechtigt, für die Führung des Pfändungsschutzkontos ein höheres Entgelt zu verlangen (OLG Frankfurt am Main 28.03.2012 - 19 U 238/11). Mit der Entscheidung BGH 13.11.2012 - XI ZR 500/11 hat der BGH folgende Grenzen gesetzt:

  • Bei der Umwandlung eines bestehenden Girokontos dürfen die Gebühren nicht höher liegen als zuvor für das Girokonto vereinbart.

  • Bei der Neueinrichtung dürfen die Gebühren nicht höher liegen als für ein als Gehaltskonto angebotenes Standardkonto.

3. Höhe und Dauer des Kontopfändungsschutzes

Der Pfändungsschutz besteht automatisch in Höhe des monatlichen Pfändungsfreibetrages unter Aufrundung auf den nächsten vollen 10-Euro-Betrag (§ 899 Abs. 1 ZPO). Unerheblich sind die Art der Einkünfte sowie der Eingangszeitraum der Einkünfte.

Der Pfändungsschutz wird grundsätzlich für die Dauer des Kalendermonats gewährt, in dem der Pfändungsbeschluss dem Kreditinstitut zugestellt worden ist (d.h. die Blockadewirkung entfällt). Ein in einem Kalendermonat nicht ausgeschöpfter Grundfreibetrag wird auf das Guthaben der nächsten drei Monate übertragen und erhöht die für diese Monate geltenden Freibeträge entsprechend (§ 899 Abs. 2 ZPO).

4. Pfändungsschutz von Gemeinschaftskonten

Rechtsgrundlage der Pfändung eines Gemeinschaftskontos ist § 850l ZPO:

Satz 1 regelt für den Fall, dass eine natürliche Person mit einer anderen natürlichen oder mit einer juristischen Person oder mit einer Mehrheit von Personen ein Gemeinschaftskonto unterhält und Guthaben auf diesem Konto gepfändet wird, die Pflichten des Kreditinstituts: Dieses darf nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung des Überweisungsbeschlusses aus dem Guthaben, das auf dem Konto besteht oder in dem vorgenannten Zeitraum dort eingeht, an den Gläubiger leisten oder den Betrag hinterlegen.

Anwendbar ist die Regelung nur dann, wenn das Guthaben auf dem Gemeinschaftskonto wirksam gepfändet wird. Dies ist bei sogenannten "Oder"-Konten bereits dann der Fall, wenn gegen einen der Kontoinhaber ein Vollstreckungstitel vorliegt. Bei "Und"-Konten kann das Guthaben dagegen nur dann wirksam gepfändet werden, wenn gegen alle Kontoinhaber ein Vollstreckungstitel vorliegt. Daraus folgt, dass bei "Und"-Konten, bei denen ein Vollstreckungstitel nicht gegen alle Kontoinhaber vorliegt, eine wirksame Pfändung nicht erfolgt ist und mithin die Regelung nicht greift.

5. Pfändungsschutz für Selbstständige

Nach § 850i ZPO kann Pfändungsschutz durch die Entscheidung des Vollstreckungsgerichts für sämtliche Arten von Einkünften, die keinem besonders geregelten Pfändungsschutz unterliegen, gewährt werden. Der Begriff der "sonstigen Einkünfte, die kein Arbeitseinkommen sind", ist dabei nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 16/7615) autonom und nicht nach den Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes auszulegen.

Dabei hat das Gericht einen Zeitraum zu bestimmen, für den die Einkünfte bemessen sein müssen. Dies hängt im Wesentlichen davon ab, wann der Schuldner mit weiteren Einkünften rechnen kann, um seinen und den Unterhalt seiner Familie zu bestreiten. Dabei sind nach wie vor die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners, also insbesondere sonstige Verdienstmöglichkeiten und Vermögen zu berücksichtigen. Mehrere Vergütungsansprüche sind zusammenzurechnen und auch laufendes Einkommen ist heranzuziehen. Die Belange des Gläubigers sind zu prüfen, also etwa, ob er sich selbst in einer Notlage befindet, oder auf welchem Rechtsgrund sein Titel beruht.

Handelt es sich bei den sonstigen Einkünften nicht um Erwerbseinkünfte, können solche Einkünfte nur für unpfändbar erklärt werden, soweit dies erforderlich ist, damit dem Schuldner ein unpfändbares Einkommen in Höhe der von § 850c Abs. 1, 2a ZPO bestimmten Beträge verbleibt. Hingegen dient § 850i Abs. 1 S. 1 Fall 2 ZPO nicht dazu, sonstige Einkünfte, die kein Erwerbseinkommen darstellen, in einem die Pfändungsfreigrenzen des § 850c Abs. 1, 2a ZPO übersteigenden Umfang von der Pfändbarkeit freizustellen. Mithin kann der Schuldner nicht verlangen, sonstige Einkünfte nach § 850i Abs. 1 ZPO ganz oder teilweise für unpfändbar zu erklären, wenn er aus anderen Quellen über ein pfändungsfreies Einkommen in Höhe der nach § 850c Abs. 1, 2a ZPO unpfändbaren Beträge verfügt. Um dieses Ziel zu verwirklichen, ist es nur erforderlich, das Erwerbseinkommen eines Selbständigen entsprechend den für ein Arbeitseinkommen geltenden Bestimmungen pfändungsfrei zu stellen. Die vom Gesetzgeber beabsichtigte Gleichbehandlung von selbständig tätigen und abhängig beschäftigten Personen erfordert jedoch nicht, Einkünfte, die nicht auf einer Erwerbstätigkeit beruhen, als Arbeitseinkommen zu behandeln und im gleichen Umfang wie Arbeitseinkommen pfändungsfrei zu stellen (BGH 07.04.2016 - IX ZB 69/15).

Abfindungen eines Arbeitnehmers unterfallen dem Anwendungsbereich der Norm.

Der Pfändungsschutz für sonstige Einkünfte umfasst auch Einkünfte aus einer Untervermietung (BGH 23.04.2015 - VII ZB 65/12).

6. Pfändung des Kindergeldes / einer Sozialleistung

Die in § 76a EStG geregelte Schutzfrist für den Anspruch auf Auszahlung des auf das Konto überwiesenen Kindergeldes beträgt 14 Tage.

Dies gilt gemäß § 55 SGB I ebenso für die Pfändung von Sozialleistungen.

 Siehe auch 

Basiskonto

Dispositionskredit

Grenzüberschreitende Kontopfändung

Kontokorrent

Pfändung von Forderungen

Pfändungsschutz Altersvorsorge

Zahlungsdienste

Ahrens: Entgeltklauseln für Pfändungsschutzkonten; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2013, 975

Ahrens: Das neue Pfändungsschutzkonto; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2010, 2001

Becker: Mängelbeseitigung bei Kontopfändungsschutz; Neue Juristische Wochenschrift - NJW 2011, 1317

Goebel: Die Reform der Kontopfändung. Der Gesetzgeber definiert erstmals den Pfändungsumfang bei der Kontopfändung; Forderung und Vollstreckung - FoVo 2010, 21

Griesche: Der neue Kontopfändungsschutz bei Unterhaltsansprüchen; Familie - Partnerschaft - Recht - FPR 2010, 170

Hellwich: Die neuen Pfändungstabellen ab 01.07.2015. Erweiterter Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen, Renten und Kontoguthaben; Das juristische Büro - JurBüro 2015, 340

Heyn: Übersicht über Entscheidungen zum Pfändungsschutzkonto; Zeitschrift für das Insolvenzbüro - InsbürO 2012, 163

Mock: Kontopfändungsschutz: Das bewirkt das neue "P-Konto" für Gläubiger; Vollstreckung effektiv - VE 2010, 1

Schwintowski: Bankrecht, 6. Auflage 2022

Stritz: Aktuelle Fragen rund ums Pfändungsschutzkonto; Zeitschrift für das Insolvenzbüro - InsbürO 2012, 207