Höfeordnung
HöfeO
BT-Drs. 20/12788 (zu den am 01.01.2025 in Kraft getretenen Änderungen)
HöfeVfO
LwVfG
1 Einführung
Die Höfeordnung ist die Rechtsgrundlage des land- und forstwirtschaftlichen Sondererbrechts für den Bereich der Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein. In den anderen Bundesländern gelten andere Rechtsgrundlagen bzw. besteht kein Sondererbrecht. Das land- und forstwirtschaftliche Sondererbrecht wird als »Anerbenrecht« bezeichnet. Besonderheit der Höfeordnung ist, dass das Erbe als Ganzes auf einen Erben übergeht und den anderen Erbberechtigten nur ein (geringerer) Abfindungsanspruch zusteht, d.h. das gesetzliche Pflichtteilsrecht abgeändert wird.
Das Verfahren vor den Landwirtschaftsgerichten richtet sich nach dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in Landwirtschaftssachen (LwVfG).
2 Anwendungsbereich
Die Unterwerfung des Hofes unter die Höfeordnung ist nicht zwingend. Der Eigentümer eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes hat das Wahlrecht, seinen Betrieb der Höfeordnung zu unterwerfen.
Die Anwendbarkeit erstreckt sich auf die Übergabe (unter Lebenden oder im Erbfall) von Höfen mit einem bestimmten Wert und einer zu ihrer Bewirtschaftung geeigneten Hofstelle, die im Eigentum einer Einzelperson, im gemeinschaftlichen Eigentum von Ehegatten stehen oder zum Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft gehören.
Wirtschaftswert/Einheitswert:
Der Begriff »Wirtschaftswert« wird in der reformierten Höfeordnung nicht mehr verwendet. Bezugspunkt ist nunmehr der Grundsteuerwert des Betriebs der Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 239 BewG (sogenannter Grundsteuerwert A).
Die Höfeordnung stellte in der vormaligen Fassung sowohl bei der Bewertung des Wirtschaftswerts als auch bei der Berechnung des Abfindungsanspruchs des weichenden Erben auf den Einheitswert ab.
Ab dem 1. Januar 2025 werden aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Einheitswerte nicht mehr fortgeführt, so dass keine aktualisierte Grundlage mehr besteht, um zu ermitteln, wann ein Hof im Sinne der HöfeO vorliegt und wie sich die Abfindung der weichenden Erben errechnet.
Neuer Bezugspunkt:
Ziel der Reform der Höfeordnung war es, einen Wert festzulegen, der für die Betroffenen leicht und mit möglichst geringen Transaktionskosten ermittelbar ist und der dabei einerseits den Fortbestand des Betriebs nicht gefährdet und andererseits den weichenden Erben eine angemessene Abfindung gewährt.
Ein Hof im Sinne der HöfeO ist nunmehr bei einem Grundsteuerwert von mindestens 54.000,00 EUR gegeben.
Der Mindestwert, ab dem durch Hoferklärung die Hofeigenschaft erlangt werden kann, wird wie zuvor auf die Hälfte des Wertes festgelegt, bei dem die Hofeigenschaft unterstellt wird und somit auf 27.000,00 EUR Grundsteuerwert festgelegt.
3 Abgliederung einzelner Grundstücksteile eines Hofes:
»Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts können nach § 7 Abs. 3 HöfeVfO auch Flurstücke vom Hof abgetrennt werden, die im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs nicht unter einer eigenen Nummer geführt werden und daher kein Grundstück im Rechtssinn sind. Diese verfahrensrechtliche Möglichkeit folgt aus dem materiellen Recht. Danach erstreckt sich die Hofzugehörigkeit gemäß § 2 HöfeO nicht zwingend auf ein Grundstück im Ganzen. Besteht dies aus mehreren Flurstücken, die im Liegenschaftskataster nach § 2 Abs. 2 GBO jeweils unter einer eigenen Nummer aufgeführt sind (…), können einzelne Flurstücke zum Hof gehören und andere nicht« (BGH 26.06.2014 – V ZB 1/12).
4 Hofvermerk
Der entsprechende Hofvermerk wird in das Grundbuch eingetragen.
Aus der Eintragung des Hofvermerks im Grundbuch ergibt sich eine Vermutung für die Hofeigenschaft des betreffenden Grundbesitzes. Dabei muss § 7 Abs. 1 HöfeVfO in Zusammenhang mit § 4 Abs. 2 GBO gesehen werden (BGH 20.12.2012 – V ZB 95/12).
5 Inhalt
5.1 Allgemein
Im wesentlichen Unterschied zum (allgemeinen) Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches kann der Erblasser eine Person als Hoferben bestimmen mit der Folge, dass den anderen Erbberechtigten nur ein wertmäßig weit unter dem Erbteil liegender Abfindungsanspruch zusteht.
5.2 Wirtschaftsfähigkeit des Hoferben
Allgemein:
Der Hofeigentümer ist bei der Bestimmung des Hoferben grundsätzlich frei. Eine Einschränkung ergibt sich aber aus § 7 HöfeO: Danach muss der Hoferbe wirtschaftsfähig sein, d.h. in der Lage sein, den Hof ordnungsgemäß zu bewirtschaften. Gemäß § 6 HöfeO ist wirtschaftsfähig, wer
nach seinen körperlichen und geistigen Fähigkeiten,
nach seinen Kenntnissen und
seiner Persönlichkeit in der Lage ist, den von ihm zu übernehmenden Hof selbstständig ordnungsmäßig zu bewirtschaften.
Anforderungen an die Wirtschaftsfähigkeit durch die Rechtsprechung:
Abzustellen ist auf die Art und Struktur der Bewirtschaftung des zu übernehmenden Erbhofes. Dabei sind zunächst die landwirtschaftlich-technischen Fähigkeiten zu berücksichtigen, die erforderlich sind, um einen solchen Betrieb ordnungsgemäß zu bewirtschaften (wie Einhaltung der Fruchtfolge, ordnungsgemäße Feldbestellung, rechtzeitige Einbringung und Lagerung der Ernte, etc.). Dazu müssen organisatorisch-kalkulatorische Fähigkeiten des Hoferben treten. Hierbei geht es um die »finanzielle« Wirtschaftsfähigkeit des Anwärters, das heißt, wie Einnahmen für betriebliche und private Zwecke im Verhältnis zu den Betriebseinnahmen zu bringen sind, laufende Verbindlichkeiten beglichen werden, Wirtschaftspläne aufgestellt und gebotene Investitionsentscheidungen getroffen werden. Zudem muss ein Hofanwärter den Hof jederzeit in Eigenbewirtschaftung übernehmen können. Das heißt, allein die Fähigkeit, für eine Verpachtung der Ländereien zu sorgen und die Rechte und Pflichten eines Verpächters wahrzunehmen, reicht für die Wirtschaftsfähigkeit nicht aus (OLG Hamm 11.10.2013 – 10 W 26/13).
Wirtschaftsunfähigkeit eines Abkömmlings:
Gem. § 7 Abs. 1 Satz 2, 2. Hs. HöfeO steht die Wirtschaftsunfähigkeit eines Abkömmlings seiner Bestimmung zum Hoferben nicht entgegen, wenn sämtliche Abkömmlinge wegen Wirtschaftsunfähigkeit ausscheiden und ein wirtschaftsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist.
Aufgrund dieser Regelung hat das OLG Oldenburg den Hofübergabevertrag landwirtschaftsgerichtlich genehmigt, obwohl der Hoferbe aufgrund festgestellter Verstöße gegen das Tierschutzgesetz persönlich nicht geeignet ist (OLG Oldenburg 30.01.2020 – 10 W 27/19 (Lw).
Bezugspunkt der Wirtschaftsfähigkeit:
Die Wirtschaftsfähigkeit muss in Bezug auf den konkret überlassenen Hof gegeben sein (OLG Schleswig 07.07.2022 – 60L WLw 5/22).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Wirtschaftsfähigkeit:
Maßgebend für die Beurteilung der Wirtschaftsfähigkeit (…) ist in zeitlicher Hinsicht der Eintritts des Erbfalls; nicht entscheidend ist der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Senats, da der Erbe zur Zeit des Erbfalls bestimmbar sein muss (OLG Schleswig 07.07.2022 – 60L WLw 5/22; OLG Hamm 22.07.2014 – 10 W 49/14).
5.3 Gesetzliche Erbfolge
Verstirbt der Eigentümer ohne durch letztwillige Verfügung einen Erben eingesetzt zu haben, bestimmt sich der Hoferbe nach der gesetzlichen Regelung der §§ 5 und 6 der Höfeordnung.
Im Zweifel wird danach, je nach ländlichem Brauch, das älteste bzw. jüngste Kind des Eigentümers Hoferbe. Das jeweils anzuwendende Brauchtum ist in Rechtsvorschriften der Bundesländer, wie der nordrhein-westfälischen Verordnung zur Feststellung des Erbbrauchs, niedergelegt.
An die Stelle eines vor dem Erblasser verstorbenen Geschwisterteils treten Abkömmlinge des verstorbenen Geschwisterteils, und nicht die noch lebenden Geschwister des Erblassers, d.h. es gilt das Stammesprinzip und nicht das Gradualsystem. Dies gilt jedenfalls bis zu Erben der dritten Ordnung (BGH 24.11.2006 – BLw 14/06).
5.4 Abfindungsanspruch der anderen Erben
Den Miterben, die nicht Hoferben geworden sind, steht gemäß § 12 HöfeO vorbehaltlich anderweitiger Regelung durch Übergabevertrag oder Verfügung von Todes wegen an Stelle eines Anteils am Hof ein Anspruch gegen den Hoferben auf Zahlung einer Abfindung in Geld zu.
Der Anspruch bemisst sich nach dem Hofeswert im Zeitpunkt des Erbfalls. Als Hofeswert gilt seit dem 01.01.2025 60 % des zuletzt festgestellten Grundsteuerwerts.
Beim Ehegattenhof gilt, sofern nicht bereits eine Zusammenfassung als wirtschaftliche Einheit erfolgt, der addierte Grundsteuerwert beider Ehegatten als Hofeswert.
Davon sind die Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen.
Der einzelne Anteil der Erben bemisst sich nach den allgemeinen Vorschriften des Erbrechts des BGB. Ist auch der Hoferbe gesetzlicher Erbe, ist er bei der Berechnung der einzelnen Anteile mitzurechnen.
Nachabfindung:
Bei Vorliegen der in § 13 HöfeO aufgeführten Sachlagen haben die weichenden Erben einen Anspruch auf eine Nachabfindung. Dies gilt insbesondere bei dem Verkauf des Hofes durch den Hoferben sowie einer ganz oder teilweisen anderen Nutzung als der Land- oder Forstwirtschaft (landwirtschaftsfremde Nutzung) und er dadurch erhebliche Gewinne erzielt.
Dies gilt insbesondere für den Fall der Verpachtung der Flächen zur Gewinnung von Windenergie:
»Landwirtschaftliche Nutzung i.S. von § 13 Abs. 4 Buchst. b HöfeO ist die Bodenbewirtschaftung und die mit der Bodennutzung verbundene Tierhaltung, um pflanzliche oder tierische Erzeugnisse zu gewinnen; die Zurverfügungstellung von Flächen für die Gewinnung von Windenergie fällt auch dann nicht hierunter, wenn die Flächen weiterhin zum Teil landwirtschaftlich genutzt werden können« (BGH 24.04.2009 – BLw 21/08).
Auch die unterinstanzliche Rechtsprechung folgt diesen Vorgaben (u.a. OLG Oldenburg 11.12.2017 – 10 W 24/17; AG Beckum 08.07.2029 – 100 Lw 10/19).
6 Ehegattenhof/Lebenspartnerhof
Eine andere Rechtslage besteht, wenn es sich bei dem Hof um einen Ehegattenhof/Lebenspartnerhof gemäß §§ 8, 19 HöfeO handelt.
Bei einem Ehegattenhof/Lebenspartnerhof im Sinne der Höfeordnung sind beide Ehegatten/Lebenspartner als Hofeigentümer im Grundbuch eingetragen. Unbedeutend ist, zu welchen Anteilen sie eingetragen sind und in welchem Güterstand sie leben.
Folge des Vorliegens eines Ehegattenhofs/Lebenspartnerhof ist, dass die Ehegatten nur gemeinsam einen Dritten als Hoferben bestimmen können und eine von ihnen getroffene Bestimmung nur gemeinsam wiederaufheben können. Haben die Ehegatten/Lebenspartner eine solche Bestimmung nicht getroffen oder wiederaufgehoben, so kann der überlebende Ehegatte/Lebenspartner den Hoferben allein bestimmen.
7 Verlust der Hofeigenschaft
Nach § 1 Abs. 3 HöfeO verliert eine Besitzung aber unabhängig von der Löschung des Hofvermerks die Eigenschaft als Hof, wenn keine der in § 1 Abs. 1 HöfeO aufgezählten Eigentumsformen mehr besteht oder wenn eine der übrigen in § 1 Abs. 1 HöfeO genannten Voraussetzungen auf Dauer wegfällt.
In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Hofeigenschaft einer Grundstücksgesamtheit unabhängig vom Fortbestehen des Hofvermerks im Grundbuch dann entfällt, wenn keine landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Besitzung mehr vorhanden ist, d.h. der Hof weder landwirtschaftlich noch forstwirtschaftlich genutzt wird (OLG Oldenburg 27.09.2005 – 10 W 31/04).
Soweit dann besondere Bestimmungen für das landwirtschaftliche Erbrecht fehlen, sind die Vorschriften des allgemeinen Erbrechts anzuwenden (BGH 24.11.2006 – BLw 14/06).