Heimarbeit
1 Allgemein
Heimarbeiter ist, wer in selbstgewählter Arbeitsstätte im Auftrag von Gewerbetreibenden oder Zwischenmeistern allein oder mit seinen Familienangehörigen erwerbsmäßig arbeitet. Der Heimarbeiter arbeitet erwerbsmäßig, wenn die Heimarbeit auf gewisse Dauer angelegt ist und zum Lebensunterhalt beitragen soll.
Auch qualifizierte Angestelltentätigkeiten können Heimarbeit sein, wenn sie unter den Bedingungen der Heimarbeit ausgeführt werden. Heimarbeit ist nicht auf gewerbliche oder diesen vergleichbare Tätigkeiten beschränkt (BAG 14.06.2016 - 9 AZR 305/15)
Die Heimarbeit ist von der Mobilen Arbeit im Home-Office zu unterscheiden.
Hinweis:
Auf eine Verkehrsanschauung dahin gehend, ob es sich um gewerbliche Tätigkeiten handelt, kommt es seit der Einführung des Tatbestandsmerkmals "erwerbsmäßig" unter gleichzeitiger Streichung des Merkmals "gewerblich" nicht mehr an. Ebenso wenig ist eine nach der Verkehrsanschauung bestehende besondere Schutzbedürftigkeit erforderlich.
Heimarbeiterinnen gleichgestellte Arbeitnehmerinnen sind die in § 1 Abs. 2 HAG aufgeführten Personengruppen. Voraussetzung ist, dass die Gleichstellung wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit der jeweiligen Person gerechtfertigt erscheint. Die für die Entscheidung über die Gleichstellung zuständige Behörde sind gemäß § 1 Abs. 4 und 5 HAG der Heimarbeiterausschuss bzw. die Arbeitsbehörde.
Die in Heimarbeit Tätigen werden durch das Heimarbeitsgesetz geschützt. Heimarbeiter sind arbeitnehmerähnliche Selbstständige, für die daneben weitere Ausnahmen bestehen.
Kennzeichnend für die Heimarbeit ist, dass der Heimarbeiter wirtschaftlich von seinem Auftraggeber abhängig ist, persönlich jedoch unabhängig ist, d.h. u.a. seine Arbeitszeit frei einteilen kann sowie den Umfang seiner Arbeit frei bestimmen kann.
2 Besonderheiten
Insgesamt ist das Heimarbeitsverhältnis u.a. durch folgende Besonderheiten gekennzeichnet:
Es besteht ein Anspruch auf Urlaub sowie das Urlaubsentgelt gemäß § 12 BUrlG.
Heimarbeiterinnen unterliegen gemäß § 1 MuSchG dem Mutterschutzgesetz.
Es besteht ein Anspruch auf Heimarbeitszuschläge gemäß § 10 EFZG.
An Feiertagen ist das Gehalt fortzuzahlen (§ 11 EFZG).
Die Heimarbeit ist für den Bereich des Sozialversicherungsrechts in § 12 SGB IV definiert.
Zuständige Gerichtsbarkeit ist die Arbeitsgerichtsbarkeit (§ 5 Abs. 1 ArbGG).
Es besteht ein Anspruch auf Elternzeit (§ 20 Abs. 2 BEEG).
Heimarbeiter unterliegen dem BetrVG (§ 5 Abs. 1 S. 2 BetrVG).
Das Arbeitsplatzschutzgesetz ist teilweise anwendbar (§ 7 ArbPlSchG).
Ein früheres Heimarbeitsverhältnis steht einer sachgrundlosen Befristung eines späteren Arbeitsverhältnisses nicht entgegen (BAG 24.08.2016 - 7 AZR 625/15).
Gemäß § 4 HAG sind von der zuständigen Behörde Heimarbeitsausschüsse einzurichten. Die Ausschüsse sind jeweils für die Gewerbearten und Beschäftigungsarten einzurichten, in denen in nennenswerten Umfang Heimarbeit ausgeübt wird. Die Ausschüsse sind paritätisch mit jeweils drei Mitgliedern aus Kreisen der Auftraggeber und der Heimarbeiter sowie einem von der Aufsichtsbehörde bestimmten Vorsitzenden zu besetzen. Die Aufgaben sind in § 4 HAG aufgeführt, siehe dazu auch die Ausführungen zur Vergütung unter Punkt 4.
3 Zuständiges Gericht
Zuständiges Gericht für Streitigkeiten zwischen den Heimarbeitnehmern und den Auftraggebern bzw. Zwischenmeistern ist gemäß § 5 ArbGG das Arbeitsgericht.
4 Vergütung
Im Bereich der Vergütung der Heimarbeit besteht folgende Rechtslage:
Rechtsgrundlagen der Vergütung sind gemäß § 17 HAG:
Vertragsvereinbarungen der Parteien
bindende Festsetzungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Soziales
Beispiel:
Bekanntmachung einer bindenden Festsetzung zur Änderung der bindenden Festsetzung von Entgelten und sonstigen Vertragsbedingungen für Adressenschreiben, Abschreibearbeiten und ähnliche Arbeiten in Heimarbeit vom 2. November 2011.
Mindestarbeitsbedingungen für fremde Hilfskräfte
Da das Heimarbeitsverhältnis kein Arbeitsverhältnis ist, können die Parteien keine Tarifverträge im arbeitsrechtlichen Sinne abschließen. Es handelt sich daher bei diesen Tarifverträgen um ähnlich verbindlich kollektiv-verbindliche Regelungen.
Im Bereich der Vergütung gehört es zu den Aufgaben der Heimarbeitsausschüsse
auf das Zustandekommen von Tarifverträgen hinzuwirken
bindende Festsetzungen für Entgelte zu treffen
Bindende Festsetzungen sind gemäß § 17 HAG von dem Heimarbeitsausschuss festgelegte Entgelte und sonstige Vertragsbedingungen, die für beide Vertragsparteien verbindlich festgelegt werden.
5 Sozialversicherungspflicht
Die Sozialversicherungspflicht von Heimarbeitern bestimmt sich nach § 12 Abs. 2 SGB IV. Danach sind Heimarbeiter Personen, die in eigener Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Gewerbetreibenden etc. gewerblich arbeiten. Sie gelten gemäß § 12 Abs. 2 SGB IV als Beschäftigte und sind in allen Zweigen der Sozialversicherungspflicht versicherungspflichtig.
6 Sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis im Anschluss an die Heimarbeit
Der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses in der Form der Zeitbefristung ist zulässig, da es sich bei einem Heimarbeitsverhältnis nicht um ein Arbeitsverhältnis i.S.v. § 14 Abs. 2 TzBfG handelt (BAG 24.08.2016 - 7 AZR 342/14).