Rechtswörterbuch

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Gastschulaufenthalt

 Normen 

§ 651u BGB

RL 2015/2302

 Information 

1. Einführung

Zeitweiliger Schulbesuch eines Kindes/Heranwachsenden im Ausland.

Die reiserechtlichen Grundlagen von Gastschulaufenthalten sind in § 651u BGB gesondert geregelt. Hintergrund ist, dass nach den Vorgaben des EU-Rechts die Vorschriften des allgemeinen Rechts des Reisevertrags auf Gastschulaufenthalte nicht anwendbar ist (EuGH 11. Februar 1999 in der Rechtssache C-237/97). Diese Rechtsprechung des EuGH wird durch die neue Reiserechts-Richtlinie (RL 2015/2302) nicht geändert. Ein Gastschulaufenthalt erfüllt daher nach wie vor nicht die Kriterien einer Pauschalreise europäischen Rechts.

Jedoch ist es dem Gesetzgeber unbenommen, sie auf nationaler Ebene als solche zu qualifizieren. Dies ist mit § 651u BGB erfolgt.

Die Erwägungen, die seinerzeit zur Einführung des § 651l a.F. geführt haben, haben nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 18/10822) nach wie vor Bestand. Gastschulaufenthalte im Ausland bleiben beliebt, sind aber nicht ohne Risiko. Die Schülerinnen und Schüler sowie auch ihre Eltern sind in besonderem Maße auf Informationen und Unterstützung angewiesen.

2. Reiserecht

Voraussetzungen der Anwendbarkeit der Norm sind, dass

  • es sich um einen Aufenthalt eines Gastschülers in einer Gastfamilie eines anderen Staates handelt,

  • der Aufenthalt mit dem geregelten Besuch einer Schule verbunden ist

    und

  • mindestens drei Monate dauert.

Bei Gastschulaufenthalten, die die Dauer von drei Monaten unterschreiten, ist die Norm nur anwendbar, wenn dies zwischen den Vertragsparteien vereinbart ist.

Gemäß § 651u Abs. 2 BGB ist der Reiseveranstalter verpflichtet, für eine angemessene Unterbringung, Beaufsichtigung und Betreuung des Gastschülers zu sorgen, wobei sich der Maßstab der Angemessenheit nach den Verhältnissen des Aufnahmelandes richtet.

Daneben hat er die Voraussetzungen des Schulbesuchs zu schaffen.

Die Informationspflichten des Reiseveranstalters sind in Art. 250 § 6 Abs. 2 EGBGB und § 651d BGB (allgemein) sowie Art. 250 § 9 EGBGB (speziell Gastschulaufenthalt) geregelt.

Der Reisende kann vor Vertragsbeginn jederzeit von dem Vertrag zurücktreten.

Die dem Reiseveranstalter dann nach § 651h BGB zustehende Entschädigung entfällt gemäß § 651u Abs. 3 BGB, wenn der Reiseveranstalter den Reisenden nicht spätestens zwei Wochen vor Antritt der Reise über

  • den Namen und die Anschrift der Gastfamilie,

  • den Namen und die Erreichbarkeit eines Ansprechpartners im Aufnahmeland informiert hat und

  • den Reisenden auf den Aufenthalt angemessen vorbereitet hat.

Bis zur Beendigung der Reise kann der Reisende den Vertrag kündigen. In diesem Fall hat er den vereinbarten Reisepreis unter Abzug der ersparten Aufwendungen des Reiseveranstalters zu zahlen. Dies gilt nicht, wenn dem Reisenden ein Kündigungsrecht wegen eines Reisemangels oder wegen höherer Gewalt nach gemäß § 651l BGB zusteht.

Die Zulässigkeit eines Gastschulaufenthaltes eines Schülers aus einem nicht zur Europäischen Union gehörenden Staates (Drittstaat) bestimmt sich nach der RL 2004/114 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums, zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst.

3. Ausbildungsförderung

Die Kosten des Gastschulaufenthalts werden bei Vorliegen der Voraussetzungen mit dem BAföG gefördert.

Dies erfasst gemäß § 12 Abs. 4 BAföG auch die Kosten der Hinreise und Rückreise zum Ausbildungsort.

Die pauschale Vergütung einer zusätzlichen Heimreise im Laufe eines Auslandsschuljahres wurde gestrichen, da die Praxis gezeigt hat, dass Heimreisen im Laufe des Jahres bei organisierten Austauschprogrammen nicht nur nicht vorgesehen, sondern aus pädagogischen Gründen ausdrücklich unerwünscht sind. Dies führte beim Schüleraustausch in der gymnasialen Oberstufe regelmäßig dazu, dass die pauschal ohne Reisenachweis gewährte Leistung bisher in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle überhaupt nicht für den vorgesehenen Zweck genutzt wurden.

Nach der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 17/1551) erschien es aus den von den Reiseaustauschorganisationen angeführten pädagogischen Gründen zugleich sinnvoll, auch für selbst organisierte Schüler-Auslandsaufenthalte keine finanziellen Anreize für Zwischenheimreisen mehr zu setzen. Sie werden damit den auch für Studierende geltenden Konditionen unterworfen, wonach nur noch die für den Auslandsaufenthalt unvermeidliche Hin- und einmalige Rückreise berücksichtigt wird.

Für individuelle Härtefälle wird im § 12 Abs. 4 S. 3 BAföG die Möglichkeit einer zusätzlichen Zwischenheimreise eröffnet.

 Siehe auch 

Reisevertrag

Reisevertrag - Rechte des Reisenden

OLG Köln 03.09.2007 - 16 U 11/07 (Vorzeitige Kündigung des Vertrages)

LG Köln 02.03.2004 - 11 S 279/03 (vorzeitige Beendigung des Gastschulaufenthalts)

Klein: Reiserechtliche Besonderheiten des Gastschulaufenthaltes; Reiserecht aktuell - RRa 2004, 50

Pohar: Ferienlager, Gastschulaufenthalte und Vereinsfahrten als Gegenstände des Pauschalreiserechts; Reiserecht aktuell - RRa 2004, 247

Pohar: Gastschulaufenthalt: Abhilferecht des Reiseveranstalters versus sofortiges Kündigungsrecht des Reisenden; Reiserecht aktuell - RRa 2005, 202