Rechtswörterbuch

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Europäischer Rechtsanwalt

 Normen 

EuRAG

Verordnung über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

EuPAG

§§ 206 - 207a BRAO

Verordnung zur Durchführung des § 206 der Bundesrechtsanwaltsordnung

BT-Drs. 19/27670

 Information 

1. Europäischer Rechtsanwalt

Die Voraussetzungen einer Tätigkeit von Rechtsanwälten aus den Staaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz in Deutschland sind in dem Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland (EuRAG) geregelt.

Voraussetzungen der Berufsausübung sind, dass der Rechtsanwalt

  • unter der Berufsbezeichnung seines Herkunftslandes auftritt,

  • in der deutschen Rechtsanwaltskammer eingetragen ist und

  • bei der zuständigen Stelle des Herkunftstaates als europäischer Rechtsanwalt eingetragen ist.

Über den Antrag auf Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer entscheidet die Rechtsanwaltskammer.

Der niedergelassene europäische Rechtsanwalt hat der Rechtsanwaltskammer jährlich eine Bescheinigung der im Herkunftstaat zuständigen Stelle über seine Zugehörigkeit zum Rechtsanwaltsberuf vorzulegen.

Lautet die heimische Berufsbezeichnung ebenfalls "Rechtsanwalt" (z.B. Österreich), so ist zur Vermeidung einer Verwechslung auch die Berufsorganisation seines Heimatlandes anzugeben.

Der niedergelassene europäische Rechtsanwalt hat eine Berufshaftpflichtversicherung gemäß § 51 BRAO vorzuweisen, es sei denn er kann nachweisen, dass er in seinem Herkunftsland eine gleichwertige Versicherung abgeschlossen hat. Diese Bescheinigung ist der Rechtsanwaltskammer ebenfalls jährlich vorzulegen.

Die praktische Bedeutung des Europäisches Rechtsanwalts ist gering: Zum 01.01.2019 waren in Deutschland nur 702 ausländische Anwälte nach dem EuRAG zugelassen.

Austritt Großbritanniens aus der EU:

Mit dem Ende der Brexit-Übergangsphase am 31.12.2020 ist auch für Rechtsanwälte aus Großbritannien das Übergangsrecht ausgelaufen.

Nunmehr werden britische Anwälte von der Regelung des § 206 BRAO erfasst (Anlage 1 der "Verordnung zur Durchführung des § 206 der Bundesrechtsanwaltsordnung"), siehe insofern die Ausführungen unten.

Allen britischen Rechtsanwälten, die nach zuvor mindestens dreijähriger Niederlassung eine Zulassung als deutscher Rechtsanwalt erlangt haben, können diese grundsätzlich behalten.

2. Dienstleistender europäischer Rechtsanwalt

Der oben dargestellte niedergelassene europäische Rechtsanwalt ist vom dienstleistenden europäischen Rechtsanwalt zu unterscheiden: Dieser möchte nur vorübergehend in Deutschland tätig werden.

Gemäß § 25 EuRAG darf ein europäischer Rechtsanwalt, sofern er Dienstleistungen im Sinne des Art. 57 Abs. 3 AEUV erbringt, vorübergehend und gelegentlich in Deutschland die Tätigkeiten eines Rechtsanwalts nach den §§ 25 ff. EuRAG ausüben.

Der vorübergehende und gelegentliche Charakter beurteilt sich unter Berücksichtigung von Dauer, Häufigkeit, regelmäßiger Wiederkehr und Kontinuität der Tätigkeit. Soweit es sich um eine stabile und kontinuierliche Berufstätigkeit handelt, die ein Rechtsanwalt in dem Aufnahmemitgliedstaat von einem festen Berufsdomizil aus ausübt, handelt es sich nicht mehr um eine vorübergehende Dienstleistung. Es ist eine Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer zu beantragen (s.o.). Der Sachverhalt fällt vielmehr unter die Vorschriften des Niederlassungsrechts (BVerfG 04.12.2013 - 2 BvE 6/13).

Der dienstleistende europäische Rechtsanwalt hat die Stellung eines Rechtsanwalts und darf in Berufungssachen vor den Oberlandesgerichten auftreten, sofern er nicht schon im ersten Rechtszug Prozessbevollmächtigter war.

Die Postulationsfähigkeit dieses europäischen Rechtsanwalts ist insoweit eingeschränkt, als dass er gemäß § 28 EuRAG in gerichtlichen und behördlichen Verfahren nur im Einvernehmen mit einem deutschen Rechtsanwalt handeln kann. Das Einvernehmen ist durch eine schriftliche Bescheinigung gegenüber der Behörde oder dem Gericht nachzuweisen.

Der Nachweis des Einvernehmens gemäß § 29 EuRAG kann dadurch erfolgen, dass die Berufungsschrift auch durch einen in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet wird (BAG 13.12.2012 - 6 AZR 303/12).

Die Aufsicht wird von den Rechtsanwaltskammern durchgeführt. Jedes Land der EU ist durch eine enumerative Aufzählung in § 32 Abs. 4 EuRAG einer Rechtsanwaltskammer zugeordnet.

Der europäische Rechtsanwalt unterliegt den CCBE-Standesregeln.

3. Ausländische Rechtsanwaltsberufe

Das Recht der rechtsanwaltlichen Tätigkeit von ausländischen Rechtsanwälten ist seit dem 01.08.2022 in den §§ 206 - 207a BRAO neu geregelt.

Allgemein können gemäß § 206 BRAO Angehörige solcher ausländischer Berufe, die in der Rechtsverordnung nach Absatz 2 aufgeführt sind, sich zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland niederlassen, wenn sie 1. nach dem Recht des Herkunftsstaats befugt sind, den Beruf im Herkunftsstaat auszuüben, und 2. auf Antrag in die für den Ort der Niederlassung zuständige Rechtsanwaltskammer aufgenommen wurden.

Daneben sollen mit den neuen Vorschriften klare Regelungen für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen durch ausländische rechts- und patentanwaltliche Berufsgesellschaften mit Sitz außerhalb der Europäischen Union geschaffen werden. Ihnen ist es jetzt erlaubt, Rechtsdienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland zu erbringen, wenn sie zuvor zulassen worden sind und die dafür erforderlichen inländischen berufsrechtlichen Anforderungen erfüllen. Für die Erbringung von Rechtsdienstleistungen im inländischen Recht muss die Gesellschaft sich stets einer dafür im Einzelfall berechtigten Person bedienen, ausländische Rechtsanwälte beziehungsweise Patentanwälte sind hiervon ausgeschlossen.

Zum 01.01.2019 waren 349 ausländische Rechtsanwälte nach § 206 BRAO in Deutschland zugelassen.

4. Anerkennung von Berufsqualifikationen

Die Richtlinie 2005/36 über die Berufsqualifikationen in der EU erfasst nicht die Anerkennung der Berechtigung zur Berufsausübung von Rechtsanwälten. Hintergrund ist, dass es sich nicht um die Anerkennung der Berufsqualifikation handelt, sondern um die Berechtigung zur Berufsausübung. Diese ist durch eine gesonderte Richtlinie geregelt, die in Deutschland durch das EuRAG in nationales Recht umgesetzt wurde.

5. Zulassung zum Referendardienst

Absolventen eines juristischen Studiengangs aus einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union, des Europäischen Wirtschaftsraums sowie der Schweiz können bei Vorliegen der Voraussetzungen ebenfalls die deutsche Referendarsausbildung absolvieren, siehe Juristenausbildung.

 Siehe auch 

Anwaltsprozess

Ausländische Hochqualifizierte

Barrister

Berufsqualifikationen - Anerkennung

Berufsqualifikationen in der EU

Juristenausbildung

Personal representative

Rechtsanwalt

Rechtsanwaltswerbung

Rechtsanwaltshaftung

EuGH 17.07.2014 - C 58/13 (Zulässigkeit einer Eintragung als Rechtsanwalt in einem anderen EU-Staat nach kurzer Zulassung)

EuGH 03.02.2011 C 395/10 (Zugang zur Berufsbezeichnung eines Rechtsanwalts)

EuGH 22.12.2010 - C 118/09 (Zulassung zur Eignungsprüfung)

VGH Baden-Württemberg 22.08.2005 - 9 S 331/05 (Zulassung zur Eignungsprüfung zur deutschen Rechtsanwaltschaft)